Der Herr der kleinen Vögel - Yoko Ogawa

  • Die Autorin (Quelle: Amazon
    Yoko Ogawa gilt als eine der wichtigsten japanischen Autorinnen ihrer Generation. Für ihr umfangreiches Werk wurde sie mit vielen Literaturpreisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Tanizaki-Jun’ichiro-Preis. Für ihren Roman 'Das Geheimnis der Eulerschen Formel' erhielt sie den begehrten Yomiuri-Preis. Bei Liebeskind erschienen u.a. die Romane 'Hotel Iris', 'Das Museum der Stille' und 'Schwimmen mit Elefanten'. Yoko Ogawa lebt mit ihrer Familie in der Präfektur Hyogo.


    Das Buch (Quelle: Amazon)
    Auf dem Gelände eines ehemaligen Waisenhauses steht eine Voliere, in der ganz unterschiedliche Vogelarten gehalten werden: Kanarienvögel, Haussperlinge und Prachtfinken, aber auch Papageien. Jeden Tag besucht ein Mann die Voliere, um im Schatten eines Ginkgos dem Gesang der Vögel zu lauschen und mit ihnen zu sprechen. Eines Nachmittags jedoch bricht er neben dem Käfig zusammen und stirbt kurze Zeit später. Die Vögel sind über den Verlust ihres treuen Freundes so bestürzt, dass seinem jüngeren Bruder die Obhut der Voliere anvertraut wird, um sie zu beruhigen. Von den Kindern in der Stadt wird der jüngere Bruder fortan der 'Herr der kleinen Vögel' genannt – so aufopferungsvoll kümmert er sich um die Tiere. Er lebt einsam und zurückgezogen, nur zwei Menschen gelingt es, sein Vertrauen zu gewinnen. Einer jungen Bibliothekarin, die er kennenlernt, als er in der Stadtbücherei Fachbücher über Vogelkäfige konsultiert. Und einem alten Mann, der stets eine kleine Holzschachtel mit einer Grille bei sich trägt, um sich an ihrem Gesang zu erfreuen … Als eines Tages ein kleines Mädchen vermisst gemeldet wird, gerät die ansonsten so friedliche Stadt in helle Aufregung. Und der Herr der kleinen Vögel wird von zwei Polizisten über seinen merkwürdigen Bekannten mit der Grille befragt, der ebenfalls spurlos verschwunden ist.


    Meinung
    Es sind die leisen Töne, die den Leser zur Frage führen: Wer ist Herr und wer ist Knecht?


    Ist der dem System dienende Herr der lauten Töne nur scheinbar ein Herr? Ist der unscheinbar Andere, der Herr der leisen Töne, der schnell Verstoßene, der Unterschätzte, der Ausgestoßene ... der wahre Herr?


    Anscheinend ist er das, zumindest nach dem Lesen dieses Buches.
    Denn ein Herr kann nur der sein, der genau hinsieht und genau hinhört und dadurch die Welt in ihrer ganzen Pracht erlebt.


    Ein ganz anderes Buch, ein schönes Buch, ein sehr gut geschriebenes Buch. Kurz: Ein lesenswertes Buch

  • Ich habe das Buch soeben beendet und muss sagen - ich fand die Lektüre sehr angenehm. "Der Herr der kleinen Vögel" ist definitiv ein Buch der leisen Töne. Manchmal ist so etwas genau das Richtige. :-]
    Im Laufe des Buches zieht das gesamte Leben des "Herrn der kleinen Vögel" am Leser vorbei: Das Familienleben bis zum Tod der Eltern. Dann das Zusammenleben mit seinem (vermutlich autistischen) großen Bruder, dessen selbst erfundene Sprache nur er versteht und von dem er die Begeisterung für Vögel hat. Seine Begegnung mit der jungen, freundlichen Bibliothekarin etc.
    Das Buch plätschert ohne große Action vor sich hin und lebt von der ruhigen, etwas einsamen Atmosphäre. Einen wirklichen roten Faden gibt es nicht. Ich persönlich habe die Lektüre sehr genossen.