Der Oberst hat niemand, der ihm schreibt - Gabriel García Márquez

  • Mein erster Márquez, aber sicher nicht mein letzter....


    OT: El coronel no tiene quien le escriba


    Kurzbeschreibung:
    56 Jahre lang wartet der Oberst auf einen Brief, in dem die Regierung ihm seine Veteranenpension bestätigt. Doch der Brief kommt nicht. In einer Sprache, »so klar, so knapp und knochendürr wie die Gestalt seines Helden«, erzählt Gabriel García Márquez die Geschichte des Oberst, der mit seiner Frau in tiefer Armut lebt und dessen einziger Besitz ein Kampfhahn ist. Doch nicht einmal der Hunger bringt den Oberst dazu, den Hahn zu verkaufen.


    Über den Autor:
    Gabriel García Márquez, geboren 1927 in Aracataca, Kolumbien, gilt als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Schriftsteller der Welt. 1982 erhielt er den Nobelpreis für Literatur für seine Werke, »in denen sich das Phantastische und das Realistische […] vereinen, die Leben und Konflikt eines Kontinents widerspiegeln«. Gabriel García Márquez hat ein umfangreiches erzählerisches und journalistisches Werk vorgelegt. Er starb am 17. April 2014 in Mexiko City.


    Meine Meinung:
    "Der Oberst hat niemand, der ihm schreibt" - so die lapidare Erwiderung des Postbeamten auf die Frage, ob in seinem Postsack heute in Brief für eben jenen Oberst dabei ist. Tatsächlich wartet dieser schon seit Jahrzehnten auf den erlösenden Brief, der ihm sein Anrecht auf eine Veteranenpension bestätigt. Auf gerade einmal etwas mehr als 120 Seiten in großer Schrift beschreibt Márquez die nahezu aussichtslose Situation seiner Titelfigur und dessen kranker Frau in einem Stil, der sich nur als Mischung aus Klarheit, Präzision und Sprachgewalt beschreiben lässt - sofern es solch eine Mischung überhaupt gibt. Oder anders ausgedrückt: Márquez benötigt nur wenige Worte, um eine politische, gesellschaftliche oder emotionale Situation präzise zu beschreiben und zwar so eindrücklich, dass der Leser nicht nur um diese Situation weiß, sondern sie auch in gewisser Weise fühlt. Einerseits würde man gerne noch viel mehr erfahren, über den Oberst, seine Frau, seinen Sohn, die übrigen Figuren, die hier auftreten, über die politische Situation der Vergangenheit und Gegenwart und natürlich, wie es weitergeht. Andererseits ist alles, was man wissen muss, hier beschrieben. Dennoch: Das selbst in der größten wirtschaftlichen Not starre Festhalten des Oberst an dem Hahn erlaubt verschiedene Interpretationen, die Márquez jedoch nicht vorgibt, sondern komplett dem Leser überlässt. So hallt diese Novelle noch länger im Gedächtnis nach, zwingt förmlich zum Nachdenken und macht Lust auf weitere Werke aus der Feder des kolumbianischen Literaturnobelpreisträgers.


    Von mir 9 Punkte.