clemens laar: meines vaters pferde

  • clemens laar: meines vaters pferde


    ISBN: 3827118832
    (komisch, unter der anderen isbn stand bei amazon "lieferbar", aber trotzdem kommt hier kein bild. versuchen wir es halt mal mit der hier, großdruck)




    autor:


    Clemens Laar eigentlich Eberhard Koebsell (*1906; † 1960)
    1936 veröffentlichte er den Roman "...reitet für Deutschland" der bald verfilmt und dessen Titel sprichwörtlich wurde. 1951 folgte der ebenfalls verfilmte Roman "Meines Vaters Pferde". Später geriet Laar in Vergessenheit und starb durch Selbstmord.



    inhalt:


    deutschland, kurz nach dem WKII: in einem von einem recht bärbeißigen, aber eigentlich weichherzigen und um das wohl seiner patienten bemühten arzt geleiteten krankenhaus liegt jürgen godeysen.
    bei ihm geht es buchstänlich um leben und tod. entscheidend könnte sich sein fehlender lebenswille auswirken. da taucht eine junge frau auf, ihre großmutter und jürgens vater kaspar standen sich einst sehr nahe, und bringt ihm das erbe seines vaters: ein pferd namens nicoline und die tagebücher von kaspar.
    in den stunden vor der alles entscheidenden operation liest sie ihm daraus vor.
    kaspar godeysens leben lässt sich in einzelne episoden einteilen, in denen immer eine ganz besondere frau und ein ganz besonderes pferd eine rolle spielten. es handelt sich hier aber weder um einen liebes- oder um einen pferderoman noch gar um ein kinderbuch.
    vom ausklang des 19. jahrhunderts bis in die jüngste vergangenheit spannt sich ein bogen berührender begebenheiten. die schauplätze sind berlin, irland (vor dem historischen hindergrund der freiheitskämpfe unter parnell) und ostpreussen.



    meine meinung:


    ich liebe dieses buch.
    sein stil ist für manche vielleicht ein wenig gewöhnungsbedürftig, es ist der "krempelt die ärmel hoch und baut auf!"-stil, der die in trümmern lebenden menschen ermutigen sollte.
    gelegentlich eingestreute bemerkungen verleiten einen zum lächeln (so bezeichnet der protagonist eines tages in gedanken einen ein pferd falsch behandelnden pfleger als "halbidioten" und bemerkt dann: "sein gesicht liess mich die halbierung des begriffes als ausgesprochenes fehlurteil erkennen."), andere regen zum nachdenken an (zB die these, dass man eigentlich in jedem geliebten partner im laufe eines lebens immer einen mehr oder weniger kongruenten teil einunddesselben traumbildes liebt) und andere machen ein wenig traurig (kaspar bringt es nicht über sich, einem anderen menschen zu zeigen, wie wichtig er ihm ist. es war die letzte begegnung mit diesem bald darauf sterbenden menschen, und kaspar resümiert: "es ist die verdammte feigheit, die unter den menschen die große einsamkeit heraufbeschwört!").
    immer, wenn es mir mal "dreckig" im leben ging, hat mich dieses buch "rausgerissen". natürlich kenne ich inzwischen andere bücher, zB das von ruth picardie, die eigene problemchen in die rechte relation setzen, aber dieses buch möchte ich trotzdem nicht missen.
    es wurde, wie oben erwähnt, verfilmt. der film ist mE trotz großartiger schauspieler wie curd jürgens abscheulich.
    als ich kürzlich erfuhr, dass ausgerechnet laar, der diese in meinen augen großartige hymne an das leben und die liebe schrieb, sich das leben nahm, fühlte ich mich irgendwie verraten. aber vielleicht muss man selbst verzweifelt sein, um sich so richtig in die seelennöte anderer menschen hineinfühlen zu können.
    es gibt einen nachgeschriebenen vorläufer ("garde du corps", das schicksal von kaspars vater) und einen nachfolger ("morgen"), die aber in meinen augen nicht an MVPf heranreichen. ferner sind 2 bücher über den witwer der berühmten preussenkönigin luise und seine zweite frau und einige andere romane veröffentlicht worden. wenn interesse besteht, stelle ich sie gern vor.
    nicht verschweigen will ich, dass laar sich im dritten reich auch als verfasser von kriegsgeschichten einen namen machte.

    "Ein Buch ist wie ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinschaut, kann kein Weiser herausschauen."(Lichtenberg)

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  • Oh, das Buch hab ich als Jugendliche geliebt, allerdings kann ich mich kaum noch an die Handlung erinnern. Ich hab da eine Uralt-Ausgabe mit Lederrücken und Goldprägung von 1958 und dann noch "Garde du Corps" und "Unser Herz den Pferden" mit Kunstdrucken.


    lg Iris :wave

  • Hallo!


    Ich habe gerade ein zweites Buch von Clemens Laar gelesen: "Morgen" und mit Entsetzen festgestellt, dass sich dieser fabelhafte Autor selbst das Leben genommen habe soll. Mein erstes Buch von ihm war "Meines Vaters Pferde".


    Ich kann nicht glauben, dass jemand, der so überzeugend und einfühlsam die wahren Werte des Lebens beschreibt - wie jemand, der diese Gefühle bereits gelebt hat - sich selbst das Leben, was ja für jeden einzelnen so einzigartig und ohnehin schon zu kurz ist, um alle Schätze zu erkennen und zu begreifen, genommen haben soll. Das macht überhaupt keinen Sinn! Er selbst liefert doch in seinen Büchern die Rezeptur, um (wieder) zu sich selbst zu finden und seinen Platz in der Welt zu erkennen. Wie kann man denn diese Lebensweisheit und diesen Erfahrungsschatz in so verständliche Worte fassen und sie dann gar nicht selbst begreifen?! Ich glaube einfach nicht, dass dieser Mensch seinem Leben selbst ein Ende gesetzt haben kann - oder der Inhalt dieser Bücher ist nicht von ihm.


    Diese beiden Bücher haben einen riesigen Eindruck bei mir hinterlassen und mich wieder ein wenig "weiser" gemacht. Vor ein paar Tagen schon, habe ich "Morgen" zur Seite gelegt und bin noch immer in einem Zustand der inneren Zufriedenheit und des Glücks. Ich habe gestern meinem Pferd beim Ausritt die ganze Zeit etwas vorgesungen - und das obwohl ich ganz bestimmt nicht gut singen kann! - und war einfach nur seelig, dass ich da war und reiten durfte. Einfach unbeschreiblich.

  • Hallo Janalein
    Sieh es doch einfach mal so: manch ein Professor hat einen unendlichen Grips ist dann aber nicht in der Lage sein Wissen in die praktische Tat umzusetzen.
    Ich habe die Meines Vaters ...... Trilogie jetzt bestimmt schon 4 oder 5 mal gelesen und zwar immer dann wenn es mir mies ging. Danach habe ich immer wieder im stillen gedacht : es geht auch wieder mal aufwärts. Und damit haben diese Bücher doch schon etwas erreicht.Das Ende meines daseins kenne ich (noch) nicht aber solange es solche Bücher gibt wird es immer wieder weitergehen und das ist ( meiner Meinung nach) doch eine Kernaussage dieser Trilogie.
    Viel Spass beim weiterlesen und mit freundlichem Gruß
    Patrick

  • Zitat

    Original von chiqui23
    Hallo Janalein
    Sieh es doch einfach mal so: manch ein Professor hat einen unendlichen Grips ist dann aber nicht in der Lage sein Wissen in die praktische Tat umzusetzen.
    Ich habe die Meines Vaters ...... Trilogie jetzt bestimmt schon 4 oder 5 mal gelesen und zwar immer dann wenn es mir mies ging. Danach habe ich immer wieder im stillen gedacht : es geht auch wieder mal aufwärts. Und damit haben diese Bücher doch schon etwas erreicht.Das Ende meines daseins kenne ich (noch) nicht aber solange es solche Bücher gibt wird es immer wieder weitergehen und das ist ( meiner Meinung nach) doch eine Kernaussage dieser Trilogie.
    Viel Spass beim weiterlesen und mit freundlichem Gruß
    Patrick


    :write :knuddel1 :anbet :wave


    janalein, ich weiß nicht, ob du das noch liest, weil dein patrick aufgefallener beitrag ja ein paar jahre alt ist und man, da du ihn unregistriert schriebst, auf dein profil nicht gehen kann, aber: mir geht/ging es mit dem buch ähnlich wie dir und auch ich war enttäuscht, dass der verfasser praktisch seinem ewigen predigen des glaubens an liebe, zukunft, schicksalsgestaltung usw usf genau entgegengesetzt gelebt hat bzw gestorben ist. aber ich denke da ähnlich wie patrick: laar scheint an der praktischen umsetzung letztendlich doch gescheitert zu sein. vielleicht ist das ein preis dafür, dass er überhaupt so einfühlsam hat empfinden und schreiben können. und wenn dieses buch auch heute noch in der lage ist, trotz seiner inzwischen etwas unmodern gewordenen ausdrucksweise mut und kraft zu spenden, wird das doch dadurch nicht geschmälert, dass sein geistiger vater es nicht zu seinem eigenen nutzen hat anwenden können.
    oder? :wave

    Mögen wir uns auf der Lichtung am Ende des Pfades wiedersehen, wenn alle Welten enden. (Der Turm, S. King)


    Wir fächern die Zeit auf, so gut wir können, aber letztlich nimmt die Welt sie wieder ganz zurück. (Wolfsmond, S. King)


    Roland Deschain