Bernd Stegemann - Das Gespenst des Populismus. Ein Essay zur politischen Dramaturgie

  • Titel: Das Gespenst des Populismus. Ein Essay zur politischen Dramaturgie
    Autor: Bernd Stegemann
    Verlag: Theater der Zeit
    Erschienen: Januar 2017
    Seitenzahl: 178
    ISBN-10: 3957490979
    ISBN-13: 978-3957490971
    Preis: 14.00 EUR


    Die Grundthese dieses Essays ist, dass der Populismus gewinnt, weil des Projekt des Liberalismus in einer tiefen Krise steckt.


    Der Autor geht der Frage nach, ob der Populismus allein als Gefahr für die Demokratie anzusehen ist oder er nicht genaugenommen nur das Ergebnis davon ist, was alles so schief läuft. Propagierte Alternativlosigkeiten fördern den Populismus nach Kräften. Ist der Populismus aber nicht auch ein Sprachversuch von denen, die normalerweise eh nicht gehört werden. Und der Autor stellt die Frage ob die vom gesellschaftlichen Leben vermeintlich Ausgeschlossenen überhaupt sprechen dürfen. Eigentlich eine der wichtigen Säulen echter Demokratie.


    Unterschwellig aber auch vorsichtig stellt der Autor die Frage, ob nicht auch gerade die Rechtspopulisten die richtigen Fragen stellen, aber darauf dann keine Antworten haben oder wenn sie meinen zu antworten, nur ziemlichen Unsinn von sich geben.


    Ein sehr interessantes Buch, das ohne Frage zum Denken anregt. Das Buch wendet sich aber auch gegen die, die meinen sie wüssten alles, die aber auch nur dümmliche und arrogante Antworten geben, die, die meinen, sie müssten sich über Andersdenkende erheben.


    Bernd Stegemann war von 1999-2002 Chefdramaturg am TAT in Frankfurt und ist seit 2004 Dramaturg am Deutschen Theater Berlin. Seit 2005 ist er Professor für Schauspielgeschichte, Dramaturgie und Theaterregie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch.


    7 Eulenpunkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • In einem stellenweise recht abgehobenen Intellektuellenjargon setzt sich der Soziologe und Dramaturg Bernd Stegemann in diesem Essay mit dem Populismus auseinander und kommt dabei zu erstaunlichen Schlussfolgerungen. Er fasst Populismus als politischen Kampfbegriff auf, der zum "Schreckensgespenst der liberalen Mitte" geworden sei. Der gesamte Text ist ein Fanal für den Klassenkampf.


    Aus Sicht des Autors bedeutet Populismus vor allem Wahrheitsbeanspruchung. Auch Merkel, schreibt er, übe sich in einem "neoliberalen Populismus". Anders jedoch verhielte es sich beim Rechtspopulismus, den der Autor tatsächlich als "notwendiges Korrektiv" gegen den Neoliberalismus ansieht. Nichts müsse dabei bewiesen werden, so lange man sich darauf berufe, einem nicht näher definierten "Volkswillen" zu folgen.


    André Mumot sagt auf Deutschlandradio Kultur dazu: "Um Stegemanns scharfzüngigen Attacken zu folgen, muss man bereit sein, ein sehr klares Feindbild zu akzeptieren. Schuld an allem, was schiefläuft in unserer Gesellschaft, haben die Kapitalisten und die sogenannten Besitzbürger, die bereit sind, mit dem Großkapital zusammenzuarbeiten, im Zweifelsfall durch Selbstausbeutung und Selbstoptimierung."


    Tatsächlich läuft der Essay darauf hinaus, den Populismus für die Wiederbelebung des Klassenkampfes zu nutzen. Zitat: „Nicht jeder wirkungsvolle Antagonismus ist faschistisch und nicht jede einfache Antwort ist falsch.“ (S. 132)
    Die Linke müsse, so der Autor, ihre Scheu vor dem Populismus verlieren (als ob sie die je gehabt hätte!) und ihn gezielt für den Klassenkampf einsetzen. dazu noch ein Zitat: "Was eine linke Politik hingegen endlich sein lassen sollte, ist das noch lautere Tuten mit der Moraltrompete. Man möchte allen Linken gerne zurufen: Ändert die materiellen Lebensbedingungen, schafft sichere Arbeitsplätze und eine solidarische Gesellschaft, dann beruhigen sich Wut und Verzweiflung. Und hört damit auf, die Armen zu belehren, dass sie sich ebenso moralisch verhalten sollen, wie die Privilegierten. Mit einem Wort: Kämpft für die Armen, indem ihr endlich den Kampf gegen die Reichen und gegen die moralische Propaganda der Liberalen für das Kapital aufnehmt.“ (S. 123)


    Würde der Populismus im Klassenkampf eingesetzt, schlussfolgert der Autor, rechtfertigte dies sogar alle seine eigentlich negativen Merkmale wie z. B. Rassismus, da er ja für einen höheren Zweck eingesetzt werde.


    Bemerkenswerte Gedankengänge mit einer stark verengten Weltsicht. Ideologisch motivierte Soziologie eben, wie schon aus den späten 60ern wohlbekannt.