GYMNASIUM - Susanne Giebeler

  • Kurzbeschreibung (gem. Amazon)
    Alex kämpft um seine Familie, Kampfarena ist seine neue Schule. Alex denkt, wenn er es hier schafft, werden seine Eltern aufhören, sich wegen seiner schlechten Noten gegenseitig fertigzumachen. Am Gymnasium aber ringt die akademische Mittelschicht um ihren Status, schickt ihre Kinder ins Rennen … »Hanne Christ liebte ihr Kind und Birgit liebte ihres. Alle liebten ihre Kinder und wollten sie vor dem Niedergang bewahren, vor einem Dasein als Klempner, als Krankenschwester oder kaufmännische Angestellte.« Ein Schulroman voller wunderbar böser Beobachtungen. Eine Geschichte über erschöpfte Schüler, verzweifelte Mütter und ratlose Lehrer.


    über die Autorin (gem. Amazon)
    Susanne Giebeler lebt seit 1980 in Bochum und unterrichtet an einem Weiterbildungskolleg. Sie arbeitete fürs Theater und bekam Drehbuchförderungen der Filmstiftung NRW. Ihr Theaterstück »Die Stalingrad-Madonna« erschien im Litag-Verlag.


    meine Meinung
    Alex wechselt nach der Trennung seiner Eltern auf das altehrwürdige Goethe-Gymnasium. Fasziniert von den alten Gemäuern will der Junge sein Bestes geben. Schon bald muss er erkennen, dass es hinter den Mauern nicht anders zugeht als in jeder anderen Schule: es herrschen Zicken, Intrigen und Machtkämpfe. Und diese betreffen nicht nur die Schüler...


    "GYMNASIUM" ist mein erster Roman von Susanne Giebeler und hat mich vollkommen überzeugen können. Die Autorin zeigt schonungslos, dass Bildung und Vorankommen in der Schule immer weniger mit dem eigenen Können, sondern mehr mit der Stellung der Eltern zu tun hat.


    Die Geschichte wird von einem auktorialen Erzähler berichtet. Dabei folgt man nicht nur Alex bei seinen ersten Schritten in der neuen Schule, sondern lernt auch seine trinksüchtige Mutter Sabine, sowie die Schulzicke Leonie und deren arrogante Eltern kennen. Diese Mischung bietet viel Zündstoff, denn schon am ersten Tag geraten Alex und Leonie aneinander. Während der Junge einfach nur versucht, durch den Alltag zu kommen, baut das Mädchen vollkommen auf die Unterstützung und den Einfluss ihrer Eltern und lässt keine Gelegenheit aus, den Neuen fertig zu machen. Die dabei wirkenden Kräfte haben mich teilweise schockiert und fassungslos gemacht. Die Autorin setzt hier nicht auf große Schockmomente und perfide Grausamkeiten, sondern zeigt mit ihrem Blick fürs Detail, dass Mobbing schon bei den kleinen Dingen beginnt und diese mehr Schmerzen können als ein gezielter Schlag in den Magen.


    Die Figuren, die Susanne Giebeler erschafft, bleiben einem auf positive Weise fern. Ich fühlte mich beim Lesen vollkommen gefangen in meiner Beobachterrolle, so als ob ich zu keinem Zeitpunkt in das Geschehen hätte eingreifen können und dürfen. Ich war dazu verdammt, die Sticheleien, das Mobbing und den Wahnsinn der erfolgsorientierten Eltern einfach hinnehmen zu müssen. Diese Perspektive war mir beim Lesen neu und hat mich vollkommen gefangen genommen. Die Charaktere definieren sich über Andeutungen in ihrem Verhalten und nicht immer ist klar, bei wem die Sympathie liegen sollte und muss. Das fand ich großartig.


    Die Story selbst ist packend, wenn auch leicht distanziert erzählt. Mit jedem Kapitel versank ich mehr in der Schulwelt, Erinnerungen wurden wach und ich konnte das Verhalten der Schüler nur zu gut nachvollziehen. Toll fand ich, dass Susanne Giebeler nicht nur die Schüler, sondern auch die Lehrer unter die Lupe genommen hat. So wurde innerhalb weniger Seiten klar, dass auch auf dem Lehrkörper ein enormer Druck lastet, der viele zum Aufgeben zwingt.


    Der Stil der Autorin ist sehr gut und flüssig zu lesen. Ihre Erzählweise ist distanziert, aber nicht emotionslos, direkt, ohne effektheischend zu sein und zieht den Leser Kapitel um Kapitel mit.


    Fazit: bleib in der Schule kann gefährlich sein. Ich kann das Buch nur jedem empfehlen.