Dennis Freischlad: Diesseits der Tage. Ein Sommer auf Kuba

  • Dennis Freischlad: Diesseits der Tage. Ein Sommer auf Kuba
    DUMONT REISEVERLAG 2017. 320 Seiten
    ISBN-10: 3770182871
    ISBN-13: 978-3770182879. 14,99€


    Verlagstext
    „Das Glück Kubas bleibt eine simple Rechnung: Dreißig Leute gehen vorbei, siebenundzwanzig davon lachen und grüßen.“ Dennis Freischlad taucht ein in das wahre Leben auf Kuba. Einen Sommer lang fängt er Stimmungen und Momente ein, lässt sich treiben in der Hauptstadt Santiago de Cuba, tanzt und boxt, was die Beine und Fäuste hergeben. Er findet heraus, warum ein kubanischer Haushalt ohne Schaukelstuhl undenkbar ist, mit welchen sieben Gesten man in jedem Gespräch unter Kubanern besteht und warum man im Ministerium für Immigration niemals in kurzen Hosen auftauchen sollte. Ein berauschendes Kuba-Tagebuch und das faszinierende Porträt eines Landes in der Schwebe.


    Der Autor
    Dennis Freischlad, 1979 in Hessen geboren, ist am liebsten unterwegs und zieht seine Bahnen zwischen seinen Wohnorten in Indien, Berlin und Köln. Auf seinen Reisen durch Indien hat er sich als Übersetzer, Bibliothekar, Farmer, Koch und Hostelmanager verdingt. 2013 erschien sein erstes Buch »Die Suche nach Indien. Eine Reise in die Geheimnisse Bharat Matas«. 2014 brach er zu einer mehrmonatigen Suche nach dem wahren Amerika auf. Seine Reise von Küste zu Küste beschrieb er in dem Band »Hymnus«.


    Inhalt
    José Marti für den Kopf, Boxen für den Körper - und ein Blick auf die Calle Santa Rosa aus dem Schaukelstuhl
    Dennis Freischlad hat sich in Santiago de Cuba in der Calle Santa Rosa eingemietet. Das Kommen und Gehen in seiner Straße und das Palavern mit den Bewohnern würde sicher einen wochenlangen Aufenthalt in der Caza Azul ausfüllen. Bei Freischlads Vermieterinnen Mayra und Milsy blickt man aus dem Schaukelstuhl auf die morgendliche Rushhour. Der Alltag in der Calle Santa Rosa wird u. a. von der fehlenden Wasserversorgung geprägt, die Freischlad mit der Beschreibung des leeren Wasserfasses auf den Punkt bringt. Wasser muss man sich gegen Bezahlung ins Haus liefern lassen – und Duschen wird damit zum teuren Vergnügen. Für den morbiden Charme, der wachsende Touristenströme nach Kuba zieht, haben nur die einen Blick, die sich nicht mit Kakerlaken und undichten Dächern herumschlagen müssen. „Ja, es ist schön hier, aber wir wollen etwas anderes. … gut leben,“ bringt Elvio den Spagat zwischen Schönheit und Wirklichkeit auf den Punkt. (S. 101)


    Weltenbummler Freischlad ist u. a. zum Boxen in der Halle der Sport-Fakultät hier, er befasst sich in seiner Zeit auf Cuba mit Musik und Musikern und studiert intensiv die Werke des kubanischen Nationalhelden José Martí. Die Auseinandersetzung mit der kubanischen Geschichte durch die Lektüre José Martís verschafft dem im Ton lockeren Reisebericht einen soliden historischen Hintergrund. Natürlich gerät der Autor mit der im Sozialismus real existierenden Bürokratie, vulgo Faulheit, aneinander, als er seine Aufenthaltserlaubnis verlängern will. Und natürlich erfährt er vom Wert kleiner Nebengeschäfte in der Mangelwirtschaft, vom Tricksen und Klauen am Arbeitsplatz, ohne das man nur schwer über die Runden kommen kann. Kuba verstanden hat Freischlad nach seinem Sommer vermutlich noch nicht, schließlich verstehen selbst Kubaner ihr Land nicht. Indem er die Leute einfach erzählen lässt, kommt er der Sache jedoch sehr nahe.


    Fazit
    Mit sinnlicher Freude an der Sprache ist hier eine Liebeserklärung an die Calle Santa Rosa entstanden und mit einer Skizze des Häuserblocks in der hinteren Buchklappe „signiert“ worden.


    7 von 10 Punkten