Das Erwachen - Andreas Brandhorst

  • Andreas Brandhorst - Das Erwachen

    • Broschiert: 736 Seiten
    • Verlag: Piper Paperback (2. Oktober 2017)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN-10: 3492060803
    • ISBN-13: 978-3492060806


    Über den Autor:

    Andreas Brandhorst, geboren 1956 im norddeutschen Sielhorst, zählt mit seinen futuristischen Thrillern und Science-Fiction-Romanen wie »Das Schiff« und »Omni« zu den erfolgreichsten Autoren unserer Zeit. Spektakuläre Zukunftsvisionen sind sein Markenzeichen. Mehrfach wurde sein Werk mit den bedeutendsten Preisen des Genres ausgezeichnet. Andreas Brandhorst hat viele Jahre in Italien gelebt und ist inzwischen in seine alte Heimat in Norddeutschland zurückgekehrt.



    Inhaltsangabe:

    In »Das Erwachen« nimmt sich Bestsellerautor Andreas Brandhorst eines der brandaktuellen Themen der Wissenschaft an: Wann werden die Maschinen uns übertrumpfen und was wird das für unser Leben bedeuten? Der ehemalige Hacker Axel setzt versehentlich ein Computervirus frei, das unzählige der leistungsfähigsten Rechner auf der ganzen Welt vernetzt. Als sich daraufhin auf allen Kontinenten Störfälle häufen und die Infrastruktur zum Erliegen kommt, die Regierungen sich gegenseitig die Schuld geben und die geopolitische Lage immer gefährlicher wird, stößt Axel gemeinsam mit der undurchsichtigen Giselle auf ein Geheimnis, das unsere Welt für immer verändern wird: In den Computernetzen ist etwas erwacht, und es scheint nicht mehr aufzuhalten zu sein ...



    Meine Kritik:

    Obwohl er vielerorts hoch gelobt wird, konnte ich mit den bisherigen Romanen von Andreas Brandhorst nicht so viel anfangen. Vor ein, zwei Jahren hatte ich mal ein anderes Buch von ihm nach 100 Seiten gelangweilt beiseite gelegt. In „Das Erwachen“ war diese Sorge allerdings ziemlich schnell vom Tisch. Statt um Raumschiffe geht es in seinem neuesten Roman um künstliche Intelligenz: Der Hacker Axel knackt die gut gesicherte Firewall einer deutschen Software-Firma und setzt damit unwissentlich ein Computervirus frei, das die CIA für Cyberattacken entwickeln ließ. Das Virus breitet sich in Windeseile aus und lässt in den Tiefen des Internets eine schier allmächtige künstliche Intelligenz namens Goliath erwachen.

    Das klingt im ersten Moment vielleicht etwas an den Haaren herbeigezogen, aber die Story funktioniert und sie ist von Anfang an spannend. Noch dazu werden die Theorien an vielen Stellen von wissenschaftlichen Fakten untermauert. Das fand ich ebenso hilfreich wie interessant.

    Zu Beginn mutet „Das Erwachen“ fast wie ein Agententhriller an, schlägt dann aber die Brücke zur Cyberwelt und wird zum Schluss fast zum Endzeitdrama. Erzählt wird die Geschichte aus drei Hauptperspektiven, die zunächst unabhängig voneinander agieren, deren Wege sich aber zwangsweise irgendwann treffen müssen.

    Nur zweihundert Seiten vor Schluss schwächelt der Roman kurzzeitig, weil der Autor auf einmal einige private Konflikte einbaut. Vermutlich um so etwas mehr Nähe zu seinen Figuren aufzubauen. Unbedingt notwendig war das nicht, weil es in dem Fall bloß die rasante Handlung ausbremste. Zum Glück rücken die privaten Aspekte aber schon bald wieder in den Hintergrund.

    So bleibt es alles in allem ein sehr packender Cyber-Thriller, der einen auch über das Ende hinaus zum Nachdenken anregt und den ich nur wärmstens empfehlen kann.

  • Stephen Hawking hat sich im November 2017 im Rahmen einer Technologiekonferenz in Lissabon, Portugal, kritisch zur Entwicklung von oder Experimenten mit künstlicher Intelligenz geäußert. “Computer können theoretisch menschliche Intelligenz nachahmen und diese auch übertreffen. Wenn wir erfolgreich künstliche Intelligenz erzeugen können, wäre das das wichtigste Ereignis unserer Geschichte. Oder das schlimmste. Das wissen wir einfach noch nicht.” (Quelle: Elektronikpraxis vom 9.11.2017)

    Gegenüber dem Magazin "WIRED" sagte er erst kürzlich: “Ich befürchte, dass künstliche Intelligenz die Menschheit gänzlich ersetzen wird. Wenn Menschen Computerviren designen können, dann können sie auch künstliche Intelligenz kreieren, die sich selbstständig verbessern und replizieren kann. Diese neue Form des Lebens wird den Menschen übertreffen.”

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    Als im Jahr 2031 ein unabsichtlich freigesetzter Virus eine Vernetzung sämtlicher Computer weltweit in Gang setzt und in der Folge davon eine Maschinenintelligenz zum Leben erwacht, in der Lage die gesamte Menschheit zu vernichten, ruft das verschiedene Organisationen auf den Plan, die diese Maschinenintelligenz zerstören oder unter Kontrolle bringen wollen.


    Dass der Roman 14 Jahre in der Zukunft spielt, merkt man ihm nicht an. Es werden wenige wissenschaftliche Fortschritte erwähnt. Gut, man fliegt zum Mars und bedient sich biometrischer Masken, um die Erkennungssoftware zu überlisten, das ist im Grunde schon alles. Die politische Situation ähnelt der heutigen, überall kriselt es, es drohen militärische Aktionen, schauen wir nach Nordkorea oder in die USA, auch dies nichts Unerwartetes oder Neues.


    Die über 700 Seiten lassen sich dank des flüssigen Schreibstils gut weglesen, etwas Kürzung hätte dem Roman meiner Ansicht nach aber gut getan. Andreas Brandhorst entwickelt ein Szenario, das schon heute durchaus vorstellbar ist. Am Beginn steht eine Menge spürbar sorgfältig recherchierter technischer und wissenschaftlicher Ausführungen, sehr ausführlich geschildert, so dass die Handlung nur langsam Fahrt aufnehmen kann. Dann wandelt sich der Wissenschafts- zum Actionthriller mit den üblichen Zutaten wie Verfolgungsjagden und zwielichtigen Figuren. Dies zieht sich ziemlich hin, beschert der Story die oder andere Vorhersehbarkeit und bietet wenig überraschende Wendungen bis zum großen Showdown. Die Charaktere bilden die standardmäßige Besetzung eines Actionthrillers ab und bleiben überwiegend eindimensional.


    Der Informationsgehalt ist dank sorgfältiger Recherche hoch, das Spannungslevel pendelt sich dagegen im mittleren Bereich ein. Trotz der gelegentlichen Weitschweifigkeit ist Andreas Brandhorst ein unterhaltsamer, unkompliziert zu lesender Roman gelungen. Unsere Technikabhängigkeit so deutlich vor Augen geführt zu bekommen, macht nachdenklich und sorgt für mehr als einen Schreckmoment.

    Brandhorsts Auflösung ließ mich schmunzeln und hätte – ohne zuviel zu verraten – auch Gene Roddenberry zur Ehre gereicht.


    Karl Olsberg oder auch Marc Elsberg haben zu diesem Thema bereits spannende Thriller vorgelegt, damit kann Andreas Brandhorst meiner Ansicht nach nicht ganz mithalten.