Der Fortführer - Botho Strauß

  • Der Fortführer - Botho Strauß

    ISBN 9783498065539

    Rowohlt, 2018

    208 Seiten


    Klappentext:

    Eine Seele, die von silbernen Mikrophonen in ihrer Kuhle aufgestöbert wird. eine Blutbuche, die vom Tanzen träumt, sich bereits einwiegt in ihre Tänze, die Tänze in sich vortanzt. Arlecchino, der mit dem ganzen Hinterhaus Streit anfängt, mit jedem einzelnen Bewohner in jedem einzelnen Fenster, stolz auf seine fabelhafte Streitsucht. Es ist die Tradition des romantischen Fragments, wie sie zwischen Hamann, Novalis und Friedrich Schlegel entstanden ist, an die Botho Strauß in seinem neuen Buch anknüpft. Vergleichbares hat er noch nicht geschrieben, noch nie sich so weit von Erzählung, Betrachtung und Kritik entfernt wie in diesen kurzen bildhaften Texten. Und aus der formalen Neuheit ergeben sich neue Einsichten. Sie alle kreisen um das Nichtmitteilbare, um den poetischen Moment, den keine Intention hervorbringen könnte, um den Sinnentzug, bei dem sich - überraschend, entlastend - doch wieder ein Sinn herstellt.


    Über den Autor:

    Botho Strauß, 1944 in Naumburg an der Saale geboren, studierte in Köln und München Germanistik, Theatergeschichte und Soziologie. Von 1970 bis 1975 war er Dramaturg an der Schaubühne am Halleschen Ufer in Berlin, wo er heute als freier Schriftsteller lebt. Sein schriftstellerisches Werk wurde mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet; 1987 wurde ihm der Jean-Paul-Preis und 1989 der Georg-Büchner-Preis verliehen. Seine Theaterstücke gehören zu den meistgespielten an deutschen Bühnen.


    Mein Eindruck:

    In diesem Buch hat Botho Strauß Kurz und Kürzestprosa angesammelt, an Aphorismen erinnernd, verbunden nur durch lose Themen und besonders Stimmungen, die insgesamt eine eigentümliche Atmosphäre erzeugen.


    Obwohl es von Peter Handke und Martin Walser auch Bücher gibt, die Aphorismen enthalten, erscheinen mir Botho Strauß Texte als einmalig. Der Grund liegt in der Sprache, die teilweise bewusst altmodisch klingend gestaltet ist und bei der häufig ungewöhnliche Worte verwendet werden, die im zeitgenössischen kaum noch verwendet werden. Häufig sind mir die Worte sogar überhaupt nicht bekannt (Beispielsweise Trouvaille, Minuzien, Karyatiden, Korollar etc.) und man ahnt den Verlust, den man empfinden kann, wenn man sich ihrer bewusst wird. Manchmal glaubt man, bei den Texten auf einer Zeitreise zu sein.


    Es sind 14 Kapiteln plus dem abschließenden, titelgebenden Abschnitt, der ein längerer geschlossener Text ist.,


    Oft wird der Kulturkritiker Botho Strauß in den schubladendenkenden Medien als Vordenker der neuen Rechten abklassifiziert, dabei wird aber vergessen, dass der überwiegende Textanteil aufgrund seiner Individualität kaum dafür geeignet ist und dass dieser Autor einer der letzten ist, der auf diesem Niveau mit so einer Sprache arbeitet.

    Es ist nicht so, dass sich dem Leser alles sofort erschließt, viele Passagen sind prädestiniert für ein mehrfaches Lesen.

  • Titel: Der Fortführer

    Autor: Botho Strauss

    Verlag: Rowohlt

    Erschienen: März 2018

    Seitenzahl: 208

    ISBN-10: 349806553X

    ISBN-13: 978-3498065539

    Preis: 20.00 EUR


    Es fällt mir wahrlich nicht leicht, dieses Buch zu beschreiben. Es ist sprachlicher Geniestreich, ja, und was ist es noch? Das wird jetzt nicht leicht, wenigstens nicht für mich.


    Es gab mal eine Zeit des romantischen Fragments, wie zwischen Hamann, Novalis und Schlegel. Aber passt Botho Strauss wirklich mit diesem Buch in diese Phalanx?


    Es sind sehr kurze Texte, in sich abgeschlossen – Fragmente zumeist. Poetisch, von großer sprachlicher Qualität, intensiv und immer bereit zu neuen Einsichten zu verhelfen.


    In diese Texten sieht man – so man sich denn darauf einlassen will – das Vergehen der Zeit, den Lauf des Lebens, Erinnerungen an Kindheit und den Blick dann wieder weiterschweifend darüber hinaus. Botho Strauss ist wahrlich nicht bequem und hat eine ganz eigene Sicht auf die Dinge, ist damit im Verbund mit Stefan George – ob er das aber auch so sieht, entzieht sich meiner Kenntnis. In vielen dieser fragmentischen Texte finden wir etwas Schwärmerisches, manchmal aber auch sind die Texte schulmeisterlich angestrahlt.

    Hier schreibt ein literarischer Außenseiter und es verwundert nicht, dass diese Buch bei einigen Rezensenten auf Ablehnung gestoßen. Botho Strauss macht aus seinem gelebten und aufgeschriebenen Konservatismus keinen Hehl – er nimmt sich das Recht heraus, nein, vielmehr hat er das Recht so zu sein und so zu schreiben wie er ist und wie er es für richtig hält.


    Einiges mag kitschig wirken – aber bei näherem Hinsehen nur auf den ersten Blick.


    Ein Buch, über das man wunderbar diskutieren könnte – nur wer liest es denn schon? Scheck sicher nicht, denn dieses Buch würde seine intellektuellen Fähigkeit, die ja eh nicht sehr ausgeprägt sind, übersteigen. Dieses Buch wird wohl – leider – nur sehr wenige Leser finden; muss man doch seine Gehirnzellen auch etwas anstrengen. Kein Buch für die Bahn oder für die Decke am Strand, ganz sicher auch kein Buch für „mal eben schnell durchlesen“.


    Ich habe dieses Buch mit großem Genuss gelesen, auch wenn ich da mit sehr vielen Literaturkritikern wohl über Kreuz liegen würde. Aber die kennen mich nicht und ich für mein Teil möchte sie auch gar nicht kennenlernen. Ich verlasse mich auf mein Urteil – selbst wenn ich dann verlassen bin.


    Ein sehr lesenswertes Buch, ein sprachliches und poetisches Erlebnis. 9 Punkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.