Seelenmesse - Geir Tangen

  • Originaltitel: Maestro (2016)

    Goldmann Verlag 2017, 478 Seiten


    Erster Band der Haugesund-Trilogie


    Über den Inhalt:

    Als der Journalist Viljar Ravn Gudmundsson eine anonyme E-Mail erhält, in der sich jemand als Richter ausgibt und ein Todesurteil über eine ortsansässige Frau spricht, tut er das Ganze als schlechten Scherz ab: So etwas passiert schließlich nur in mittelmäßigen Krimis. Doch dann wird am nächsten Tag tatsächlich die Leiche dieser Frau gefunden, und Viljar erhält eine zweite Mail mit einem neuen Richterspruch. Ermittlerin Lotte Skeisvoll wird schnell klar, dass der Mörder ein Spiel mit ihnen spielt, denn er hinterlässt nicht nur deutliche Spuren – die Morde kommen ihr auch merkwürdig vertraut vor ...


    Über den Autor:

    Geir Tangen betreibt Norwegens größten Krimiblog, Bokbloggeir.com, auf dem er seit 2012 Thriller und Spannungsromane rezensiert. Er lebt im norwegischen Haugesund, wo ihm auch die Idee zu seiner Trilogie über die Polizeiermittlerin Lotte Skeisvoll und den Journalisten Viljar Ravn Gudmundsson kam.


    Meine Meinung:

    In dem kleinen norwegischen Städtchen Haugensund wird Journalist Viljar Ravn Gudmundsson in eine Mordserie hineingezogen, weil er vom Täter anonyme Emails erhält, in denen der seine Taten ankündigt. Viljar ist seit einem Vorfall vor vier Jahren, der seiner glanzvollen Karriere einen deutlichen Dämpfer versetzte, ein psychisches Wrack.

    Die junge Oberkommissarin Lotte Skeisvoll leitet die Ermittlungen. Dies ist ihr erster großer Fall und zusätzlich muss sie sich mit Hauptkommissar Olav Scheldrup Hansen auseinandersetzen, der aus Oslo zur Unterstützung ihres Teams hergeschickt wurde.


    Das sind die Zutaten zu einem Thriller, der wenig Neues zu bieten hat, sich sowohl im Aufbau als auch im Handlungsablauf bewährter Komponenten dieses Genres bedient.

    Die Handlung springt zwischen zwei Zeitebenen hin und her, Kapitelüberschriften verraten, wo wie uns gerade zu welchem Zeitpunkt befinden. Die nur häppchenweise weitergegebenen Informationen sollen vermutlich die Spannung erhöhen. Das habe ich so oder ähnlich schon häufig und besser gelesen. Das ganze Arrangement ist eher verwirrend, undeutlich strukturiert. Den Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit fand ich oftmals irritierend, musste dann zurückblättern, um nachvollziehen zu können, was wann geschah. Der Mörder kommt mehrfach zu Wort, was ich persönlich nicht so gern mag.


    Die Protagonisten dürfen nicht ohne persönliche Dramen auskommen. Bei Viljar ist es ein vier Jahre zurückliegender beruflicher Fehler, der ihn quasi ausgeknockt hat. Den Grund dafür erfährt man nach und nach. Bei Lotte ist es ihre drogenabhängige Schwester Anne. Darüber hinaus hat sie hat einen massiven Kontrollzwang und wirkt überambitioniert in ihrem Job. Sie muss damit zurechtkommen, dass ihre Kollegen sie für zu jung für diesen Posten halten. Wirklich sympathisch sind beide nicht, aber sie werden so eingeführt, dass sicher in den weiteren Bänden genügend Entwicklungspotential vorhanden ist.


    Zunächst dachte ich, es könnte interessant werden, als die Figur des Osloer Hauptkommissars Hansen eingeführt wurde, der Lotte bei der Fahndung nach dem Mörder unterstützen soll. Doch leider muss er immer dafür herhalten, wenn die Ermittlungen in eine falsche Richtung laufen oder Fehler passieren. Ich hätte mir gewünscht, dieser Charakter wäre tiefgreifender und sorgfältiger eingesetzt und als deutlicher Gegenspieler zu Lotte aufgebaut worden und nicht immer nur als nerviger Klotz am Bein dargestellt worden.


    Das Buch lässt mich etwas ratlos zurück, auch das Nachwort hilft da nicht weiter. Ja, es ist ein Thriller mit den richtigen Zutaten. Der Anfang ist vielversprechend, doch bald überwiegt Langatmigkeit, es geht nicht voran, der breite Erzählstil nimmt die Spannung heraus. Der Auslöser für das hochdramatische Dilemma, in dem sich Viljar befindet, ist für mich aufgrund seiner Charakterzeichnung nicht recht nachvollziehbar und scheint mir nicht gewichtig genug für den Zustand, in dem er sich noch immer befindet.

    Die vielen Wendungen zum Ende hin spiegeln das Manko der gesamten Geschichte wieder: es fehlt mir an Glaubhaftigkeit und auch ein bisschen an der Sorgfalt des Autors seinen Figuren gegenüber.

  • So ist das wohl, wenn ein Buch von der Presse in den höchsten Tönen gelobt wird (nachzulesen in den Buchklappen) – es muss mitnichten gefallen.


    Anfangs geht es noch relativ spannend los; das Geschehen ist undurchsichtig und entbehrt jeglicher Zusammenhänge, Leser und die im Roman handelnden Figuren tappen gleichermaßen im Dunkeln und müssen versuchen, alle Vorfälle passend einzuordnen. Das mag für die Romanfigur ja noch angehen, als Leserin hätte ich mir jedoch ein wenig mehr Aufklärung zu den Beziehungen unter einander und den Ereignissen, gerade am Beginn der Geschichte, gewünscht. So war ich einfach nur verwirrt und mir persönlich fiel es sehr schwer, überhaupt richtig in die Handlung einzusteigen.


    Es ändert sich dann irgendwann, man lernt die Figuren und die Zusammenhänge besser kennen und kann den Geschehnissen eher folgen. Ab da wird es, sagen wir mal, ein 08/15-Thriller ohne sonderlichen Tiefgang.


    Die Hauptfigur, Viljar Ravn Gudmundsson, bei dem die ominösen E-Mails landen und alle Fäden irgendwie zusammenlaufen, ist wenig sympathisch. Belastet mit einem Alkoholproblem und eingeholt von seiner Vergangenheit, die ebenso lange im Unklaren bleibt, agiert er wenig. Die Kommissarin, Lotte Skeisvoll, noch relativ frisch dabei und von inneren Zwängen geleitet, versucht alles richtig zu machen und macht doch dumme Fehler. Der alte Hase, Olav Sheldrup Hansen, der aus der Hauptstadt angefordert wird und das Team aufgrund seiner enormen Reputation und seiner hervorragenden Aufklärungsquote unterstützen soll, entpuppt sich als eifriger Nörgler und Besserwisser, ein Störfaktor, der zwar die Ermittlungen an sich reißen will, aber außer noch dämlicheren Fehlern nichts zur eigentlichen Polizeiarbeit beisteuern kann. Da fallen Logikfehler gar nicht so sehr ins Gewicht – auch wenn ich mich über einen ganz bestimmten augenrollend geärgert habe.


    Das Buch lag nun schon ungefähr zwei Wochen unbeendet hier rum (die letzten 20 Seiten fehlten mir noch) und wirklich große Lust, es endlich mal zu Ende zu lesen, hatte ich nicht. Das spricht nicht gerade für einen Thriller, der spannend sein soll und bei dem man wissen möchte, wie es denn nun ausgeht. Der Autor wollte womöglich viele verschiedene Themen in seinem Buch unterbringen und auch viele Details, die sich in manch anderen Thrillern finden lassen, mit einbeziehen. Nur ist er dabei weit über das Ziel hinausgeschossen, zumal man solcherlei Thematiken schon anderswo und besser gelesen hat. So wirkt einfach nur alles überladen und platt.


    Eine Leseempfehlung möchte ich daher nicht aussprechen. Von mir gibt es gerade noch 2 Eulenpünktchen.