Wolf Haas: Junger Mann

  • Lebenszeichen


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    Wie so viele andere bin ich über die Brenner-„Krimis“ zu Wolf Haas gekommen, aber mein Lieblingsroman von ihm ist ohne jeden Zweifel und mit dann doch recht deutlichem Abstand „Das Wetter vor fünfzehn Jahren“ (2006). Das liegt nicht nur daran, dass sich der Brenner ohnehin über den zweiten bis vierten Fall etwas abgenutzt hatte, sondern vor allem an dieser unbekümmerten erzählerischen Genialität, die Haas hier an den Tag legte, verbunden mit der Kritik an der Literaturkritik und einer satten Portion extrem entspannter Selbstironie. Außerdem, und vielleicht hatte er mich auch damit erwischt, ging es um Jugendlieben und diese schwer erträgliche Zeit der Adoleszenz, des Erwachsenwerdens. Beides sind Themen, die mich auch lange umgetrieben haben. Und um beides geht es auch hier wieder, in „Junger Mann“, Haas‘ erstem Roman seit „Brennerova“, mit dem er sich im Jahr 2014 endgültig aus dem Brenner-Universum verabschiedet hat, und außerdem von „dings“ und „irgendwie“ und „Hilfsausdruck, quasi“.


    Ein namenloser Vierzehnjähriger, dessen Vater allerdings „Haas“ mit Nachnamen heißt, wie an einer einzigen Stelle erwähnt wird, arbeitet in den Sommerferien an einer Tankstelle, wo der coole Tscho regelmäßig mit seinem Scania anhält, um den riesigen Laster für den Weg nach Thessaloniki oder Teheran vollzutanken, unseren Helden zu ignorieren, mit dem Chef der Tankstelle eine zu rauchen - bevorzugt direkt am „Rauchen strengstens verboten!“-Schild - und ein Pläuschchen zu halten. In dieser Zeit putzt unser Freund dann die Windschutzscheiben, und eines schönen Sommertages entdeckt er hinter diesen Scheiben einen Engel. Dieser Engel namens Elsa ist allerdings leider neuerdings mit dem Tscho verheiratet, aber das hält das blonde, bauernschlaue Wesen nicht davon ab, ziemlich heftig mit dem jungen Aushilfstankwart zu flirten. Der allerdings von vielen Kunden für ein dickes, etwas älteres, durchaus hübsches Mädchen gehalten wird.

    Nicht zuletzt deshalb beschließt er, bis zum Ende der Ferien sein Idealgewicht zu erreichen, also 15 von seinen 93 Kilo zu verlieren. Der Weg dorthin wird ihm nicht nur von Elsa schwergemacht, die ihn, wenn der Tscho unterwegs ist, nach allen Regeln der Kunst anbaggert, sondern auch vom Tscho selbst, der ihn eines Tages aus fadenscheinigen Gründen kurzerhand auf eine Tour nach Griechenland mitnimmt.


    „Junger Mann“ ist eine relativ kurze, ziemlich lineare und fast schon spartanisch erzählte Geschichte, die zwar ihre rührenden Momente und charmanten Details hat, manchmal auch eine gewisse Spannung, der es aber insgesamt an irgendwas zu fehlen scheint. Auf mich wirkte das Buch im Abgang lapidar und ein bisschen belanglos, wie eine Fingerübung, bei der sich der Schriftsteller höchstens mittelviel Mühe gegeben hat. Die schön vermittelten Gefühle von Spätsommermelancholie, dem Aufbruch ins ungewisse Leben und vom Eindruck der vitalen Präsenz im Jetzt reißen den Text zwar wieder ein wenig heraus, aber nicht weit genug, um echte Begeisterung aufkommen zu lassen.


    Ein nettes Haas-Lebenszeichen, aber leider auch nicht viel mehr.


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  • Ich habe das Büchlein an einem kalten und windigen Sonntag durchgelesen. Es liest sich also leicht und locker, auch wenn es zu 95% aus der Widergabe der Gedankenwelt eines pubertierenden fast 14 Jährigen besteht. Das es in dem Buch um Hoffnung und Zukunft geht erschließt sich erst sehr spät, als der zunächst nur passiv, beobachtend erscheinende Junge aktiv wird und so in das Leben anderer Menschen eingreift. Ein entspanntes Leseerlebnis.