Der Palast der Sonne - Christiane Gohl

  • Dieser facettenreiche Roman spielt in Andalusien zur Zeit der Katholischen Könige, oder besser gesagt im maurischen ‚Al Andalus’. Im Örtchen Mojácar an der Levanteküste wachsen drei Kinder auf: Chalid, Maure und Sohn des Statthalters, Aron, Sohn eines jüdischen Kaufmanns und Catalina, die Tochter eines christlichen Töpfers. Unter der Herrschaft des maurischen Emirs sind alle drei Religionen geduldet, aber der Bestand des Emirats Granada ist bedroht. Isabel von Kastilien und Fernando von Aragon verfolgen die ‚Rückeroberung’ der letzten, maurischen Enklave jetzt mit aller Macht, auch Chalid und Aron ziehen in den Krieg. Während der eine sich als Kämpfer auszeichnet, macht sich der andere um die Nachschublieferungen verdient und umgeht geschickt alle Blockaden der Christen. Catalina verschlägt es derweil sowohl in den Harem des Emir wie ins christliche Kastilien – und über all den Abenteuern wächst ihre hoffnungslose Liebe zu Aron. Schließlich fällt Granada und die Orte an der Levanteküste ergeben sich. Nur der Statthalter von Mojácar spielt ein gewagtes Spiel. Er will die Religionsfreiheit für seine Bürger erhalten – die einzige Chance für Catalina und Aron und letzter Höhepunkt einer prall mit Leben und Abenteuern gefüllten Geschichte.


    Das ganz Besondere, das, was diesen Roman von anderen historischen Romanen unterscheidet, ist die Authentizität. Christiane Gohl zeichnet ihre Charaktere so geschickt, dass man glaubt, von der besten Freundin, vom besten Freund zu hören. Stellenweise ist es mir so ergangen, dass ich vergessen habe, dass ich lese. Ich glaubte mich tatsächlich in eine alte Tapasbar in Andalusien versetzt, in der ich der Geschichte eines alten Mannes/einer alten Frau lauschte.


    Wunderbar und besonders für Freunde Spaniens zu empfehlen.

  • Den Roman lese ich gerade (endlich) und Ines Bemerkungen über die Authenzität kann ich sehr gut nachvollziehen.
    Jetzt bin ich gespannt auf das Ende. Wird es mit Mojácar tatsächlich einen Ort geben, der Religionsfreiheit zulässt.
    Werden Isabel von Kastilien und Fernando von Aragon das zulassen und den Protagonisten des Romans somit eine Zufluchstätte bieten?
    Ich frage mich auch, wie weit das historisch genau ist. Bisher habe ich ein sehr gutes Gefühl für die historische Glaubwürdigkeit des Buches erlangt, obwohl ich aus Nachlässigkeit auch über viele Details hinweggelesen habe.


    Schade, dass der alte Titel Indalo - Der Gott der Liebenden nicht beibehalten wurde, da es als Wahrzeichen der Stadt Mojacar mehr Aussagekraft hat als Der Palast der Sonne.


    Auf jeden Fall ein großer historischer Roman mit wichtigen Thema.

  • Ich habe das Buch auch unter dem Titel Indalo- Gott der liebenden gelesen. Und fand das Buch einfach klasse. Die liebevolle Beschreibung der Personen und auch die Beschreibungen der Landschaften und Geschehnisse. Man bekommt beim Lesen fast das Gefühl, man wäre selbst dabei.
    Ein wunderbares Buch!
    Am Ende des Buches bezieht die Autorin nochmal Stellung zu historischen Angaben, viele Geschehnisse und historische Personen wie z.B. Isabella, Fernando, oder Boabdil gab es in echt, aber die Hauptpersonen, Chalid, Aron und Catalina sind frei erfunden.
    Und der Ort Mojacar, ist ja der Ort indem Christiane Gohl selbst lebt.

  • Gott gnade Granada (Seite 92)


    Den überschwenglichen Rezis kann ich mich leider nicht so ganz anschließen. Doch der Reihe nach.


    Durch die kürzliche Leserunde zu Lea Kortes „Die Maurin“ bin ich erstmals ernsthaft auf die Thematik Reconquista gestoßen. Da meine Bibliothek dazu praktisch nichts hergibt, habe ich die hiesige Stadtbücherei „befragt“. Egal, wie ich die Stichworte eingebe, es gibt dort nur zwei Bücher: „Die Maurin“ und eben dieses hier. Eigentlich wollte ich von der Autorin ja nichts lesen, aber da ich das Buch ausleihen konnte, und sonst nichts anderes auf die Schnelle zu bekommen war, kam es dann doch an die Reihe. Jetzt bin ich zwar einerseits froh, das Buch gelesen zu haben, andererseits gleichzeitig aber auch froh, das Buch nicht käuflich erworben zu haben (denn die Ausleihe ist kostenlos).


    Um damit zu beginnen: Gefallen hat mir die Geschichte an sich. Das Leben der Menschen wurde plastisch beschrieben; an einen Geschichtenerzähler fühlte ich mich zwar nicht erinnert, aber über weite Strecken war ich quasi mitten drin in der Handlung, als ob ich selbst dabei wäre. Dabei entsteht, zumindest meiner Empfindung nach, eine recht große Nähe zu den Protagonisten. Da der Roman aus Sicht der Mauren geschrieben ist, allerdings zu denen dieser Seite. Die christlichen Spanier kommen deutlich weniger gut weg. Wobei das Wenige, was ich an historischen Fakten kenne, leider zu dem Schluß führt, daß das durchaus gerechtfertigt ist. Die fanatischen Ansichten einer Isabel von Kastilien oder gar eines Torquemada werde ich niemals verstehen oder gar auch nur in Ansätzen billigen können.


    Sehr zugesagt hat mir auch die Schilderung des gemeinsamen Lebens von Moslems, Juden und Christen in Mojácar, wenngleich auch da nicht alles Gold ist, was glänzt. Der ganze Wahnsinn eines Religionskrieges wurde auf Seite 231 auf den Punkt gebracht: „Ich bete mit aller Kraft meines Herzens, dass Allah uns alle beschützt“, meinte Radhia. „Aber ich denke immer daran, dass eine Meile weiter Isabel von Kastilien ihren Gott anfleht, uns alle zu vernichten. Auf wen soll er hören, Chalid?“


    Immer wieder habe ich mich dabei ertappt, der „falschen“ Seite den Erfolg zu wünschen, wissend, daß es bei diesem Wunsch bleiben wird.


    Was mich an dem Buch störte war, daß Form und Inhalt nicht zusammenpaßten. Die Sätze waren oft sehr kurz und überhaupt nicht blumig, wie ich es für eine Geschichte, die unter Mauren spielt, eigentlich erwarten würde.
    Beispiel, Seite 99f: Als Erstes entschuldigte er sich wortreich für seine Schwäche. (Es folgt diese Entschuldigung:) „Es tut mir leid, Schwager. Egal, was geschehen ist, ich hätte mich niemals so gehen lassen dürfen. Für einen Krieger der Garde ist das unverzeihlich.“ Die ist mMn aber alles andere als wortreich. So knapp hätte ich mich vermutlich auch ausgedrückt.


    Überhaupt waren es über weite Strecken relativ kurze, aneinandergereihte Hauptsätze, die zwar zusammenpaßten, aber dennoch jeder einzeln für sich stand. (Eine solche Aneinanderreihung von eher kurzen Sätzen ist mir noch nie in einem Buch so stark aufgefallen.) :gruebel Wird in etwa klar, worauf ich hinaus will? In Abschnitten, die den historischen Hintergrund behandelten, hatte ich des öfteren den unwillkürlichen Gedanken: “trocken wie ein Schulbuch.“ (Beispielsweise Seite 156f). Immer wieder habe ich mich dabei ertappt, nur quer zu lesen (was für mich eine eher seltene Sache ist).


    Ein weiteres Problem stellte das nicht vorhandene Namensverzeichnis dar. Denn mit den Namen der Personen hatte ich seltsamerweise oftmals ziemliche Schwierigkeiten, vor allem auch, jeweils zu wissen, wer wer ist (von den drei Hauptprotagonisten abgesehen).


    Ein bißchen hat mich das an „Die Frau aus Nazareth" von Jonah Martin erinnert. Hier in „Indalo“ gibt es zwar eine Landkarte, aber leider sind nicht alle Orte darauf benannt, die im Buch vorkommen; auch ein Nachwort ist vorhanden, in dem auf Fakten und Fiktion hingewiesen wird. „Indalo“ ist zwar eindeutig deutlich besser als „Die Frau aus Nazareth“, aber ich hatte, wie gesagt, über weite Strecken das Gefühl, daß Form und Inhalt nicht zusammenpassen. Schade, das Buch hätte ansonsten von der Geschichte her das Zeug zu einem „Lieblingsbuch“ gehabt. So gebe ich es erst mal wieder in der Bücherei ab und überlege, ob mir das einmalige Lesen reicht oder es doch noch (eben wegen der Geschichte) meiner eigenen Bibliothek eingefügt wird.
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")