Robert Griesbeck - Unser Wald muss moderner werden

  • Klappentext:


    "Was wir brauchen, sind flache Hierachien", sagte die Eule, "ein schlankes Management, Besinnung aufs Kerngeschäft. Fusionen stärken den Wald und schützen ihn vor feindlichen Übernahmen. Und übrigens: Ich mache keine Beratung, sondern Consulting."
    "Verstehe", sagte der Auerhahn, "das ist Englisch und bedeutet..."
    "...Beratung. Ich weiß. Aber es klingt besser - dynamischer."



    Zum Inhalt:


    Wiesel Hinze und Auerhahn Henning treffen sich ab und zu mit dem Hund des nahe am Wald gelegenen Bauernhofes, um Neuigkeiten auszutauschen. Eines Tages berichtet der Hund den beiden, dass er in letzter Zeit vom Mann im Kasten, vor dem der Bauer abends immer sitzt, nur noch Schreckensnachrichten berichtet bekommt. Von Klimakatastrophe, Hedgefonds, Vogelgrippe etc. sei die Rede.


    Nach reiflicher Überlegung beschließen Hinze und Henning, dass auch der Wald etwas tun müsse und Modernisierungsmaßnahmen ergriffen werden sollten, um ihn vor den allgegenwärtigen Bedrohungen zu retten. Dieser tiefgreifende Umbruch kehrt im Alten Wald das Unterste zuoberst: Es werden Parteien und Interessensgruppen gebildet, Minister ernannt, eine Währung gegründet und eine Bank eingeführt. Dabei machen sich die Tiere Probleme, die sie vorher nicht hatten, und verkennen, dass ihr altes System ein sehr gesundes System war.



    Meine Meinung:


    Die Persiflage auf unsere Gesellschaft ist sehr treffend und unterhaltsam. Dabei sind die geschilderten Szenen und Handlungen teilweise so putzig, dass ich schmunzeln musste.
    Ich denke, der Inhalt spricht für sich und das Buch sollte von denjenigen, die neugierig darauf geworden sind, unbedingt gelesen werden.


    Für die fabelhafte Idee sowie die gelungene Umsetzung zu diesem Thema erhält das Buch von mir 8 Punkte.

  • Manche Menschen suchen Lösungen für Probleme, die sie gar nicht hätten, wenn sie nicht nach einer Lösung für sie suchen würden. In diesem Fall trifft das beschriebene Dilemma auf die Tiere des Alten Waldes zu, die von zwei Bewohnern des Waldes davon überzeugt werden, dass der Wald ein altmodisches und rückständiges Gesellschaftssystem ist, das angesichts der akuten Bedrohungen wie Klimawandel, Vogelgrippe, Überbevölkerung, usw. dringend modernisiert werden muss. Kurzerhand wird beschlossen, sich an den Menschen zu orientieren und nach der zwangsläufigen Regierungsgründung inklusive Verteilung von Ministerposten geht es im Wald plötzlich um Ökobilanz, Steuer- und Waffengesetze, Bildungsreform und Finanzkrise, Kerngeschäft und Globalisierung. Leider denkt in all der Modernisierung-Euphorie niemand an die Nachteile des neuen Systems und so läuft der ein oder andere blindlings in sein (selbstgewähltes) Verderben. Und wenn der menschliche Leser schmunzelnd die Ereignisse im Alten Wald verfolgt, so kann ihm dieses Schmunzeln schnell im Gesicht gefrieren, wenn er sich gewahr wird, dass die vermeintlich amüsanten Ereignisse dieser ebenso klugen wie unterhaltsamen Fabel nichts anderes sind als ein Abbild des menschlichen Verhaltens.
    Autor Robert Griesbeck pflanzt unsere "schöne moderne Welt" hinein in ein funktionierendes System und zeigt schonungslos direkt und frei von jeglichem persönlichen Kommentar, wie diese "Modernisierung" ein gut eingespieltes System in kürzester Zeit korrumpieren und zum Kollaps bringen kann. Vielleicht hätte es hier und da noch etwas ausführlicher sein dürfen, aber ansonsten: Ein Lesevergnügen mit Nachklang - eben ganz so, wie eine Fabel sein sollte.


    Ich schließe mich den 8 Punkten an! :-)