Die Familiengruft - Charlotte MacLeod

  • Teil 1 der Boston-Serie
    Originaltitel: The Family Vault (1979)
    Delta Music GmbH 2006, 4 CDs,


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    Zum Inhalt:
    Die junge Sarah Kelling hat die undankbare Aufgabe, das Begräbnis ihres Großonkels Frederick vorzubereiten. Auf der Suche nach einer passenden letzten Ruhestätte wird die seit 100 Jahren nicht benutzte Familiengruft der Kelling-Dynastie geöffnet, und Sarah muss entdecken, dass sich das Skelett der in den 50er Jahren verschwundenen Striptease-Tänzerin Ruby Redd in der Gruft befindet. Augenscheinlich sollte so ein Mord vertuscht werden. Gehört der Täter etwa zur eigenen Familie? Nach und nach kommt Sarah den dunklen Geheimnissen von Bostons Oberschicht auf die Spur. Nicht zuletzt, weil ihr der Schriftsteller Max Bittersohn bei ihren Nachforschungen hilft.


    Über die Autorin:
    Die Kanadierin Charlotte MacLeod (1922-2005) studierte am Boston Arts College und arbeitete zunächst als Bibliothekarin und Werbetexterin. Sie hatte sich schon als Kind entschlossen, Kriminal-Schriftstellerin zu werden, und ab 1964 folgte sie diesem kindlichen Entschluss mit traumwandlerischer Sicherheit. Zum großen Vergnügen der Leser, die vor allem ihre Serien um Peter Shandy und die Kelling-Familie aus Boston lieben.


    Über die Sprecherin:
    Susanne Dobrusskin arbeitet nach ihrer Ausbildung an der Folkwang-Hochschule in Essen als Sprecherin, Sängerin und Schauspielerin. Unter dem Namen Dob Russkin tritt sie als Singer/Songwriter auf und erhielt 1993 den ECHO-Award als Newcomer des Jahres.


    Meine Meinung:
    Die Serie spielt in der Bostoner Oberschicht etwa Ende der siebziger Jahre. In der Familie Kelling scheint die Zeit allerdings irgendwann um die
    Jahrhunertwende stehen geblieben zu sein. Man fährt einen alten „Studebaker“, diese Autos werden bereits seit Mitte der 60er Jahre nicht mehr gebaut. Es ist üblich, daß Cousinen und Cousins untereinander heiraten, Sarah trägt die Kleidung ihrer verstorbenen Mutter auf und bekommt Haushaltsgeld von ihrem Ehemann Alexander zugewiesen, der vom Alter her gut ihr Vater sein könnte. Die beiden leben im Haus ihrer dominanten Schwiegermutter, die seit einem Unfall weder sehen noch hören kann. Beide haben keinen Beruf, ein Hausmädchen kümmert sich um das große
    Anwesen.


    Im ersten Band werden die beiden Protagonisten der Serie ausführlich vorgestellt. Sarah Kelling ist mit einer recht ungewöhnlichen, zudem sehr großen Familie gesegnet. Max Bittersohn tritt zunächst als Schriftsteller auf, im Verlauf der Geschichte stellt sich dann heraus, daß er als Detektiv arbeitet.


    Die Geschichte beginnt ganz harmlos damit, daß Sarah die Beerdigung eines verstorbenen Onkels vorbereiten soll, der unbedingt in der seit Jahren verschlossenen Familiengruft seine letzte Ruhe finden möchte. Doch als die Gruft im Beisein von Sarah geöffnet wird, befindet sich darin die Leiche der Striptease-Tänzerin Ruby Red, die seit mehr als 30 Jahren tot ist und offensichtlich ermordet wurde. Sarah befürchtet, daß ihr Mann etwas mit dem Tod der Tänzerin zu tun haben könnte und versucht, dem mit Ruby Red begrabenen Geheimnis auf die Spur zu kommen. Bei einem Abendessen begegnet sie Max Bittersohn, der von nun an häufiger ihren Weg kreuzen wird.


    Charlotte MacLeods gemütliche Wohlfühl-Krimiserie lese ich auch heute noch mit großem Vergnügen. Es wird auch gemordet, aber meistens äußerst stilvoll und keinesfalls brutal. Eine willkommene Abwechslung zu all den Jack Ketchums, Mo Hayders, Chelsea Cains, Cody McFadyens usw. Die Autorin lässt den Leser eintauchen in eine völlig wirklichskeitsfremde Welt mit liebenswürdigen, äußerst wohlerzogenen, auch skurrilen Charakteren, die gut ins England des ausgehenden 19. Jahrhunderts passen würden.
    Die Geschichte ist spannend und amüsant, die Handlung aufgrund einiger deutlicher Hinweise zum Teil recht vorhersehbar. Das macht aber gar nichts, MacLeod schreibt so mitreißend, daß ich das Buch nur sehr ungern unterbrochen habe.
    Ich empfehle die ganze Serie zu lesen, auch wenn sie leider nur noch antiquarisch zu beschaffen ist.


    Denn so wunderbar sich das Buch liest, so enttäuschend ist das Hörbuch.


    Susanne Dobrusskin hat wirklich eine sehr gute, deutliche Sprecher-Stimme, wahrscheinlich aber eher geeignet für das Vorlesen von Gebrauchsanweisungen oder mathematischen Formeln. Wie kann man dieses Buch ohne jedes Gefühl, häufig sogar mit der Betonung an völlig falscher Stelle im Satz einfach so herunterlesen? Hat ihr diese Geschichte so überhaupt keinen Spaß gemacht? Mir jedenfalls hat es die Freude an diesem Lesebuch gründlich verdorben. Da lobe ich mir doch Karlheinz Teufel, der mit „Schlaf’ in himmlischer Ruh’“ und „Freu dich des Lebens“ (Die Balaclavia-Serie von Charlotte MacLeod) vormacht, wie man dem Zuhörer einen wahren Hörgenuß bereiten kann.


    Das Hörbuch bekommt 3 Punkte von mir.

  • JaneDoe : Ganz so schlimm fand ich die Sprecherin nicht, aber wirklich überzeugt hat sie mich auch nicht... :rolleyes


    Meine Meinung:
    Sarah Kelling gehört - trotz knapper finanzieller Mittel - zur Bostoner Oberschicht und da ist es schon ein kleiner Skandal, als sich in der seit Jahren verschlossenen Familiengruft die verweste Leiche einer Striptease-Tänzerin findet. Sarah lässt dieser Fund keine Ruhe und schon bald muss sie erfahren, dass sie einem dunklen Geheimnis auf der Spur ist, das irgendjemand auf jeden Fall im Geheimen belassen möchte. Sarah bei ihren Nachforschungen zu begleiten macht großen Spaß, insbesondere weil Autorin Charlotte MacLeod ihre Figuren so liebevoll und zugleich mit einer spitzen Feder (oder Zunge) zeichnet, dass man sich das Lachen an der ein oder anderen Stelle nicht verkneifen kann. Der Fall selbst ist originell und die Handlung schlüssig - vielleicht ein klitzekleines bisschen vorhersehbar, aber das tut dem Hörvergnügen keinen Abbruch. Was letzteres allerdings schon etwas geschmälert hat, war zum einen der Eindruck, dass der Charme der Geschichte doch unter den Kürzungen der Hörbuchversion gelitten hat und zum anderen die Wahl der Sprecherin.


    Susanne Dobrusskin hat eine klare Stimme, mit der sie deutlich spricht und die sie für die einzelnen Charaktere der Geschichte auch leicht variiert. Leider verleiht sie der Protagonistin Sarah Kelling jedoch einen übertrieben naiven Klang, der so gar nicht zu der Figur passen mag, was sehr irritierend ist.


    "Die Familiengruft" ist zweifelsohne ein schmuckes kleines Krimivergnügen, das mir mit anderer/m Sprecher/in oder in der Buchversion sicher noch etwas besser gefallen hätte.


    So vergebe ich 7 Punkte.

  • Zitat

    Original von JaneDoe
    milla ,
    da bist du aber gnädiger mit der Sprecherin umgegangen als ich. Mir hat sie echt den Spass an dem Hörbuch verdorben. Und dabei liebe ich die Boston-Serie :-)


    Ich kannte die Serie bislang noch gar nicht, aber ich habe mir den 2. Band schon notiert, ich mag diese Art von Krimis zu gern ... Und den 2. Band gibt es offenbar sowieso nur in der Buchversion... :grin


    [offtopic: Gerade höre ich ein HB mit Nina Ruge als Sprecherin und ehrlich gesagt wünsche ich mir Susanne Dobrusskin zurück.... :schnellweg]

  • Ja, soviel ich weiß, gibt es nur den 1. Band als Hörbuch. Die Serie ist in der schönen Dumont-Kriminal-Bibliothek-Reihe erschienen und umfasst 12 Bände. Dann gibt es noch die Balaclava-Serie von der Autorin, ebenfalls bei Dumont in 10 Bänden. Wenn du die antiquarisch irgendwo siehst, solltest du zugreifen :-)


    Und offtopic: :rofl