ZitatOriginal von Voltaire
Mauern ist etwas anderes! Natürlich hat Hitzfeld mit einer stark defensiven Ausrichtung spielen lassen, es wäre ja auch Wahnsinn gewesen zu versuchen, mit den Spaniern offensiv mitspielen zu lassen. Und wie toll die Spanier nun waren sieht man daran, wie das funktionierende Kollektiv, die granatenstarken Einzelspieler den schweizerischen Abwehrriegel geknackt hat. Hochachtung!
Wenn die Schweiz defensiv spielt, ist es ein genialer Schachzug des Trainers, wenn eine andere Mannschaft defensiv spielt, weil sie gegen eine Favoritenmannschaft ankämpft, ist es ein 'langweiliges Spiel'.
Irgendetwas stimmt hier nicht.
Davon einmal abgesehen, habe ich gestern die Leistung der Spanier nur phasenweise etwas vermisst, was bei einem ersten Spiel in der Vorrunde und ohne einen 100%ig fitten Torres keine Überraschung ist. Das Spiel war schön anzusehen, wenngleich auch nicht super spannend.
Ich habe jedenfalls mehr Freude daran, wenn zwei Mannschaften um das Spiel kämpfen und nicht nur eine, während die andere den Rasen mit den Fußsohlen wärmt und ihren Gegner somit übermächtig erscheinen lässt.
Auch definiere ich ein gutes Spiel nicht anhand von effektiven Toren, denn Fußball ist gewiss zu einem Teil Talent, Können, Taktik und Mannschaft, aber auch - und besonders was das Tore schießen angeht - Glück. Die Schweizer haben ein schönes Tor geschossen, aber nicht nach zehn vergeblichen Versuchen auf das Tor zu ballern. Manchmal braucht es nur einen Versuch und der Ball ist im Netz (und ich will damit nicht die Leistung der Schweizer niedermachen, denn sie haben gut gespielt und ich gönne ihnen den Sieg von Herzen) und manchmal reichen eben auch zwanzig Versuche nicht, um vom Torschuss zu einem wirklichen Tor zu kommen.
Die Spanier waren öfters im Ballbesitz, sie haben weitaus öfter auf das gegnerische Tor geschossen und mehr als einmal ist der Ball geradezu an den Pfosten vorbei geschrammt. Oder hat ihn eben genau getroffen. Wäre ein verdammt schönes Tor geworden. Aber manchmal fehlen eben nur ein paar Zentimeter. Das genügt dann schon.
Man kann weder sagen, dass sie schlecht gespielt, noch dass sie unter der Übermacht der Schweizer eingeknicht werden. Sie haben einfach nur verloren. Wie so viele anderen Mannschaften bisher, die verbissen bis zum Letzten gekämpft haben und das waren einige.
Ich würde deshalb nicht davon sprechen, dass die Schweizer den Europameister "zerstört", "zerstückelt", "auseinandergenommen", "schockiert", "blamiert" oder sonst was haben, was da noch so in den Artikeln steht. Die Schweizer waren gut und haben das Tor dieses eine entscheidende Mal getroffen. Es war ein schöner Sieg, der ihnen ohne jeden Zweifel zusteht, aber das ist weder ein Grund die Schweizer in den Himmel zu heben, noch einer, um die Spanier abzuschreiben.
Was hat Löw so schön gesagt? Man solle die Kirche im Dorf lassen. Das trifft im Moment auf die meisten Spiele und die meisten Mannschaften zu.
Ich habe auch zu keinem Zeitpunkt gesehen, dass die Spanier "unter dem Druck zusammenbrechen".
Sie waren doch ständig im schweizer Strafraum und haben auf das Tor geballert... gut... eher daran vorbei. Der Druck in diesem Vorrundenspiel, das noch alles offen lässt, war sicher bei Weitem nicht so groß, wie die Nervosität der Spanier im Finale der Europameisterschaft - beispielsweise. Da war der Druck wahrscheinlich um vieles größer.
Und wenn man jetzt besonders gemein wäre, könnte man noch auf den bösen Ball verweisen, der den Spielern - besonders den Torschützen - angeblich das Leben schwer macht. Ob es stimmt oder nicht, will ich weder vermuten, noch annehmen, noch andeuten, schon gar nicht bestätigen oder untermauern.
PS.: Benaglio war wirklich überraschend ruhig und suverrän. Es war schön, ihm zuzuschauen, weil er keinen Funken Unsicherheit zeigte, wie ein Fels in der Brandung. Auch wenn der Trödler noch ne Gelbe kassiert hat ansonsten hat er eine anständige Figur im Tor hin gelegt. Dass er jedoch deutlich öfters über den Bildschirm geflimmert ist, als Casillas spricht wieder deutlich für den hohen Druck, den die Spanier ausgeübt haben. Vergleichsweise waren die Schweizer so gut wie nie in der Nähe des spanischen Tores (aber wenn dann mal, dann war es fast immer gefährlich) zu sehen