Beiträge von Zefira

    Ich bin jetzt etwas verwirrt; ich habe aus dem letzten Kapitel nicht herausgelesen, dass Welty Kunstfälscher war. Nur, dass er meinte (Hobie hält einen Monolog darüber anhand eines alten Fotos), dass die Kopie eines Meisterwerks eine gleich starke Wirkung haben kann wie das Original.


    (Ich kann mich an Goya-Reproduktionen förmlich berauschen und kann das deshalb bestätigen ...)


    Ich muss dieses letzte Kapitel wohl noch einmal lesen, ich war vorhin in einem richtigen Lesesog und vielleicht nicht immer aufmerksam genug. Kann mir vielleicht jemand etwas zu der Zahlentabelle in Theos Notizen sagen? Die Abkürzung "mg" deutet auf Rauschgift hin, aber das kann bei solchen Mengen doch nicht stimmen, oder? Hat da jemand eine Ahnung? Ich bin betrüblich unwissend, was angemessene Dosierungen von Koks u. dgl. angeht ;o)


    Grüße von Zefira


    /edit: Habe gerade in einem Drogenforum nachgesehen (ja, das gibt es tatsächlich) und dort die Anfrage eines Teilnehmers gefunden, der demnächst seine erste "Nase" nehmen möchte.
    50 bis 100 mg sind Mittelmaß, steht dort.
    Dann kann es ja durchaus sein, so wahnsinnig schlimm wäre es dann nicht mal bei Theo. Trotzdem hatte ich für ihn gehofft, er kommt davon los. Aber insgesamt scheint es ja für ihn nicht besonders glücklich auszugehen.

    Das Bild scheint endgültig verloren. Dabei wollte Theo es gar nicht unbedingt zurück. Zu Boris' Entsetzen schlägt er sogar vor, gleich die Polizei einzuweihen.
    Jetzt ist der Deal geplatzt und das Bild wird wahrscheinlich vernichtet.
    Theo ist völlig ausgetickt. Das ist ein Punkt, der mich auch an den beiden früheren Romanen von Donna Tartt gestört hat - es gibt einfach zuviel Schilderungen von Drogenzuständen. Ansonsten ist ihre Schilderung des Desasters mit der Bildübergabe sehr plastisch, besser als Kino.

    Soweit ich mich erinnere, hat er sich das zusammengereimt, weil Theo den Ring hatte.
    Hobie erzählt ja seinen Bekannten gerne, dass er Theo dadurch kennen gelernt hat, dass er ihm (Hobie) den Ring brachte, den ihm Welty im Museum übergeben hat.
    Wenn man weiß, dass Welty in dem Raum gestorben ist, in dem der Distelfink war, kann man leicht zu dem Schluss kommen, dass Theo das Bild haben muss, weil sonst niemand in diesem Raum überlebt hat.
    Und da das Bild im Zusammenhang mit Betrügereien bzw. Rauschgiftgeschäften aufgetaucht ist, kann es auch nicht zerstört sein.
    Natürlich kann sich Theo damit zu beruhigen versuchen, dass ihm niemand was beweisen kann, aber seine Antiquitätenverkäufe vertragen ja auch keine genauere Durchleuchtung ...

    Hallo,
    der Name schreibt sich korrekt Cody McFadyen und es ist keine Schriftstellerin, sondern ein Schriftsteller - solltest Du vielleicht mal berichtigen, sonst kriegst Du vielleicht keine Antworten, weil die Leser hier denken, Du meinst jemand anderen ;-)


    Grüße von Zefira

    Nachtrag: Ich habe gestern meiner Tochter am Telefon von dem Buch erzählt; speziell diese Geschichte, dass Theo über acht Jahre lang ein leeres Paket einlagert. Statt dessen ist das Bild die ganze Zeit in Boris' Besitz und wird als "Verhandlungsmasse bei Rauschgiftgeschäften" eingesetzt. Meine Tochter hatte zu Beginn des Gesprächs das Bild bei Wikimedia gesucht und fing an dieser Stelle an zu lachen. Es ist wirklich ein Witz - dieses kleine Vogelbild wird als Verhandlungsmasse bei Rauschgiftgeschäften benutzt. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen ... Es ist schon schräge, was da für Welten aufeinanderprallen.

    Als Boris Theo gesteht, dass er das Bild geklaut hat, war ich wie vor den Kopf geschlagen. Theo hat die ganzen Jahre über ein leeres Paket angebetet. Es ist unglaublich.
    Ich kann gut verstehen, dass er nicht wirklich erleichtert ist, sondern sich hintergangen und gedemütigt fühlt.
    Aber das ist ein Umstand, der zu dem ganzen Milieu passt. Theos Braut ist eine vernünftige und coole Person, aber zwischen den beiden gibt es keine Ehrlichkeit, kein wirkliches Verständnis. Dass sie ihn schon vor der Hochzeit betrügt, scheint kein Hindernis zu sein, sich offiziell mit großer Feier zu verloben. Reeves, der sich so rechtschaffen gebärdet hat, ist selbst ein Gauner. Theo ist von Blendern und falschen Fünfzigern umgeben. Nur Pippa und Hobie sind anders, aber dafür scheinen diese beiden auch nie so ganz "von dieser Welt" zu sein. Speziell Pippa bemerkt anscheinend nicht, wieviel sie Theo bedeutet. Und nun hat sie Boris auf der Feier getroffen. Das nimmt ein böses Ende ... :gruebel

    Ich bin gerade mit dem Kapitel fertig und an einer Stelle hängen geblieben, als Theo den Lagerraum mit dem Bild aufsucht. Er schaut das Bild nicht an - es ist noch immer in mehrere Schichten Tuch, Papier und Klebeband gewickelt -, sondern nur das "mumifizierte Paket", das völlig formlos aussieht, und vergleicht den Distelfinken in dem Paket mit einer gefangen gehaltenen Geisel, die keine Hoffnung auf Befreiung aus dem Dunkel hat.
    Die Stelle hat mich bewegt, wie in Theos Gedanken das Bild zu etwas Lebendigem wird, das Anspruch auf Freiheit und Licht hat. (Ich musste an Tolkiens Ringgeschichten denken - wie die Besitzer des Rings sich belastet und ferngelenkt fühlen.)

    Ich vermute, nun wird das kleine Bild Theos einzige und letzte Verbindung zu seinem alten Leben bleiben. Alles andere verschwindet oder wird ihm entzogen.
    Es ist eine seltsame Fügung, dass Theo, der praktisch nichts mehr besitzt außer dem Bild, nun in diesem Antiquitätenlager gelandet ist, in dem Unmengen alten Krempels vor sich hinstauben.

    Wenn es auch einen Tacken älter sein darf, kann ich Bis zum Ellenbogen empfehlen, der ist von 2008.


    M.W. nur in Deutsch.


    Darsteller im wesentlichen nur drei: Jan Josef Liefers, Stefan Kurt und Justus von Dohnanyi, der allerdings ziemlich am Anfang ums Leben kommt und von da an als Leiche durch den Film gefahren, getragen und sonstwie befördert wird.
    Ich würde den Film als Roadmovie bezeichnen (Liefers und Kurt fahren mit der Leiche von der Schweiz bis nach Sylt, daher der Titel) und obwohl ich mit diesem Genre sonst nicht viel anfangen kann, habe ich mich selten so amüsiert. Voll Humor, filmisch originell, und man merkt den Darstellern an, dass sie den Film als gemeinsames "Kind einer Freundschaft" betrachten.

    Ich finde Theos Schuldgefühle in bezug auf seinen Vater etwas irrational. Allerdings sind Schuldgefühle das ja oft - aber gibt es überhaupt einen Beweis dafür, dass Theos Vater nicht schlicht und einfach verunglückt ist, weil er viel zu dicht war, um Auto zu fahren? 3,9 Promille, wenn ich mich recht entsinne.


    Pippa scheint auf ähnlich Weise entwurzelt wie Theo. Wegen ihrer Kopfverletzung ist sie in einem Schweizer Internat gelandet, das eine Mischung aus geschlossener Psychiatrie und Besserungsanstalt zu sein scheint.


    Wiederholt frage ich mich, inwieweit das Bild, das die Autorin hier zeichnet, realistisch ist. Möglicherweise haben wir hier zwei typische Schicksale von Kindern aus Upperclass-Patchworkfamilien. Niemand fühlt sich wirklich zuständig, die Kinder werden aus ihrer Umgebung gerissen und irgendwo auswärts untergebracht, und das in einer Situation, in der sie Trost und familiären Rückhalt gebraucht hätten. Gut, dass Theo nun wenigstens bei dem verlässlichen und ruhigen Hobie gelandet ist.

    Ich frage mich immer, wenn ich so etwas lese, ob das Milieu eigentlich richtig beschrieben ist oder die Autorin einen besonders krassen Fall im Auge hatte. Wäre interessant, dazu mal die Meinung von jemandem zu hören, der dort lebt oder gelebt hat.

    Mir geht es ähnlich. Ich lese leidenschaftlich gern Krimis, in letzter Zeit aber fast nur noch aus der Onleihe, da ich höchstens jeden dritten überhaupt zu Ende lese.
    In meinem Fall liegt es aber nicht an zuwenig Blut oder Bizarrerie, sondern an dem öden, unispirierten Schreibstil der meisten Krimischreiber. Bloß Sätze aneinanderreihen können genügt halt nicht. Jedenfalls mir nicht.

    Ich habe gerade noch ein wenig herumgesurft und auf [URL=http://www.berliner-zeitung.de/archiv/das-staatliche-museum-schwerin-zeigt-das-werk-des-niederlaendischen-malers-carel-fabritius-die-melancholie-des-distelfinks,10810590,10267190.html]dieser Seite[/URL] folgende Einschätzung des Bildes gefunden:


    "In den Niederlanden ist dies Bild ähnlich populär wie hier zu Lande der Dürersche Hase. Und wie dieser ist auch der Distelfink oder Stieglitz ein Meisterwerk der Augentäuschung. Wie der Hase im nächsten Moment losspringen möchte, so scheint auch der Distelfink zu leben. Zu welchem Zweck er gemalt wurde, ist bis heute unklar, möglicherweise hing die Tafel in einem leeren Käfig und sollte als trompe d' ouil bewundert werden. Doch selbst wenn wir das sicher wüssten und auch ikonographisch Klarheit hätten über die Bedeutung des Vogels, den man oft Christus zugeordnet hat (er ernähre sich nur von Disteln und singe doch so schön, heißt es bei Konrad von Megenberg), es bliebe die Frage, was uns heute an diesem Bild so beschäftigt. Etwas Melancholisches geht von dem Tier aus, das wohl versorgt, doch mit einem Kettchen am Bein vor seinem Futterkasten sitzt. Die Rückenlinie macht einen kleinen Buckel, gibt das diesen Eindruck von Bedrängnis? Oder der uns zugewandte Kopf, der aus dem Schnabel einen hellen Fleck macht, lässt er den Distelfink so wehrlos erscheinen? Wie der Dürersche Hase ist er ein argloses Tier, als Vogel mehr noch geeignet, uns als Bild der Seele zu treffen. Man kennt es aus dem Märchen, etwa aus dem vom Machandelboom. Mehr noch als der Dürersche Hase ist der Distelfink geeignet, uns als Bild der Seele zu treffen."

    Das ganze Leben in Vegas (nicht nur Theos, sondern das komplette Milieu) strahlt eine künstliche Kälte aus, als befände man sich in einer Raumstation. Ein Alptraum.


    Neben der Schule scheint es nur Wüste, Bauruinen, Supermärkte und die bekannte Vergnügungsindustrie zu geben. Nichts, wo Jugendliche hingehen und etwas unternehmen könnten.


    Dass in der Schule Thoreau gelesen wird, mutet an wie ein schlechter Witz.


    Leider (dieses "Leider" ist ganz subjektiv gemeint) steht das ganze Kapitel im Zeichen der Trinkerei und Drogenfresserei, die mich schon in der "Geheimen Geschichte" (und zum Teil auch im "Kleinen Freund") genervt hat. Alles ist wie in einen Nebel getaucht, nichts wirkt authentisch außer der Orientierungslosigkeit. Hoffentlich geht das bald vorbei.

    Theo und Pippa haben ein vergleichbares Schicksal. Beide werden, ohnehin vom Verlust abgeschlagen, von offensichtlich gleichgültigen Verwandten aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen, damit wird zumindest Theo erst einmal jede Chance zur Heilung genommen, die sich bei der Begegnung mit Hobie abzuzeichnen begann.


    Ich bin leider ziemlich sicher, dass es jetzt erst einmal bergab gehen wird mit ihm.

    Ich finde die Barbours wirklich in Ordnung. Natürlich kann niemand die Mutter ersetzen, aber sie sorgen für Theo und bedrängen ihn nicht. Überhaupt sind viele in seiner näheren Umgebung bemüht, ihm beizustehen, so auch die Lehrer bzw. der Schuldirektor, während die Sozialbehörden und die Polizei schweren Mangel an Einfühlung an den Tag legen. Die Vernehmungsszene war ziemlich krass.


    Theos Tage bei den Barbours sind anscheinend gezählt; ich bin gespannt, wie es vor diesem Hintergrund mit "Hobie" weitergeht.


    MIr gefällt das Buch sehr. Es steckt voller Erzählfreude, voll sprechender Einzelheiten, und ist trotzdem bisher straff am Plot orientiert, nicht so episodisch wie der "Kleine Freund", wo ich mich oft gefragt habe, was eigentlich erzählt werden soll.

    Mir tut der Junge sehr leid. Für sein Alter handelt er sehr überlegt und selbständig, trotz seiner Panik schafft er es, am Telefon erst einmal wie ein Erwachsener zu wirken. Abgesehen von seiner Mutter scheint er gar keine Angehörigen zu haben, die ihm persönlich nahe stehen; auch keine Freunde oder Eltern von Freunden, überhaupt niemanden, an den er sich wenden könnte.
    Ich fürchte, seine nächsten Lebensjahre werden "kein Picknick" (wie Opa immer sagt) ...

    Sie deckt sich nicht 100% mit meiner eigenen; insbesondere sind in meiner Ausgabe die französischen Namen nicht ins Deutsche übersetzt. "Johannes" zum Beispiel heißt in meiner Insel-TB.-Ausgabe "Jeanlin".


    Ein Beispiel dafür, wieviel geringfügige Unterschiede in Übersetzungen ausmachen. Johannes Schlaf übersetzt im 3. Teil, 2. Kapitel, eine Szene auf einem Fest so:


    "Fünfzehn Nagelschmiede aus den Werkstätten in Marchiennes hatten der Aufforderung entsprochen und waren, jeder mit einem Dutzend Vogelbauer, eingetroffen. Die kleinen verhangenen Käfige mit ihren unbeweglich dahockenden, geblendeten Finken hingen bereits im Hof der Schenke an einem Bretterzaun. Es handelte sich darum, festzustellen, welcher von den Finken im Verlauf einer Stunde seinen Triller am häufigsten wiederholen würde. (...) Die Finken hatten angefangen, die einen tiefer, die anderen höher, zunächst noch schüchtern und selten einen Triller wagend. Doch dann feuerten sie einander an, sangen schneller und wurden schließlich von einem so wütenden Wetteifer fortgerissen, daß man einige von ihnen tot umfallen sah. Die Nagelschmiede trieben sie heftig an, schrien ihnen auf wallonisch zu, sie sollten weitersingen und immer und immer noch ein Stückchen, während die Zuschauer, etwa hundert an der Zahl, inmitten dieser Höllenmusik von hundertachtzig Finken, die alle durcheinander immer dasselbe wiederholten, in stummer Leidenschaft dastanden. Einer von den höher singenden Finken gewann den ersten Preis, eine Kaffeekanne aus Blech."


    Demgegenüber schreibt Armin Schwarz von "verdunkelten Käfigen, in denen die Finken sich ganz ruhig verhielten" (Schlaf bezeichnet sie als geblendet) und der letzte Satz lautet: "Als der Sieg entschieden war, nahm der Sieger glücklich den ersten Preis, eine blecherne Kaffeemaschine, in Empfang."
    Gerade an diesem letzten Satz zeigt sich der Unterschied sehr deutlich. Der hat bei Schlaf wesentlich mehr Wucht (die Kaffeekanne aus Blech ist eine groißartige Zuspitzung).

    Ich habe das erste Kapitel auch durch und verstehe es so, dass der Erzähler das Vogelbild mitgenommen hat.
    Die Schilderung des Geschehens nach der Explosion ist sehr berührend, quälend authentisch.
    Ich mag Geschichten, die sich an Bildern "hochranken"; es gibt ja viele Bücher, die durch alte Bilder inspiriert wurden (ich mag zum Beispiel "Goyas Hand" sehr). Vogelbilder, in denen gefangene Singvögel angekettet sind, wirken immer bedrückend.