Tsukuru Tazaki, dessen Name so viel wie "etwas machen" bedeutet, leidet schon sein ganzes Erwachsenenleben lang an einem Schicksalsschlag, der sich am Ende seiner Schulzeit zugetragen hat. Damals war er Mitglied einer Clique, die aus insgesamt 5 jungen Erwachsenen bestand. Die Anderen zogen Tsukuru gerne damit auf, dass er der Einzige von ihnen war, der keine Farbe in seinem Namen trug, demnach also der Farblose unter ihnen war. Dennoch genoß er ihr Beisammensein und hatte das erste Mal in seinem Leben richtige Freunde. Als er aber alleine nach Tokio aufbrach, um ein exotisches Studium zu beginnen, kündigten seine ehemaligen Freunde ihm nach einiger Zeit plötzlich die Freundschaft und wollten nichts mehr mit ihm zu tun haben, ohne genauere Erklärungen zu liefern.
Erst 20 Jahre später ermutigt eine Freundin Tsukaru dazu, sich mit seinen alten Weggefährten zu treffen um heraufzufinden, was genau vorgefallen ist. Er selbst will nach dieser langen Zeit seine verheilten Wunden nicht wieder aufreisen. Außerdem bedrückt ihn die Vorstellung, was genau ans Licht kommen könnte, wenn er der Sache nachgeht. Trotzdem beschließt er am Ende, der Spur seiner alten Schulkameraden zu folgen, um sich seiner Vergangenheit zu stellen.
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Der neuste Murakami besitzt wieder einmal genau die Markenzeichen, für die Fans den Autoren lieben und Kritiker ihn verachten. Eine geradlinige, schnörkellose Sprache, ständige Anspielungen auf die westliche (Pop-)kultur, eigenbrötlerische Protagonisten, eine Prise Sex und ein Ende, das mehr Fragen offen lässt, als es beantwortet. Lediglich auf übersinnliche und mystische Elemente wird hier (weitestgehend) verzichtet.
Murakami schreibt virtuos in seinem gewohnten Stil, wobei die Handlung diesmal deutlich straffer ausfällt, als in dem doch recht aufgeblähten 1Q84. Zwar kommen langjährigen Murakami-Lesern einige Stellen und Protagonisten dabei irgendwie schon bekannt vor, der typische Sog, den die Bücher des Autors ausüben, entwickelt sich aber trotzdem.
Alles in allem hat Haruki Murakami mit diesem Buch ein weiteres Werk geschaffen, dass sich unter seinen anderen Werken nicht zu verstecken braucht. Wer Murakami kennt, der wird mit diesem Buch seinen Spaß haben. Wem andere Bücher des Autors schon nicht gefallen, der sollte von "Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki" lieber die Finger lassen.
Von mir gibt es 9 von 10 Punkten.
Deutsche Leser kommen übrigens deutlich eher in den Genuss dieses Buches, als englische. Die englische Ausgabe "Colorless Tsukuru Tazaki and His Years of Pilgrimage" wird nämlich erst im August dieses Jahres erscheinen.