Beiträge von Salome

    Ohne Zweifel eine spannend geschriebene Lektüre, die ich vor vielen Jahren mit jugendlicher Begeisterung in einer Nachtschicht verschlungen habe.
    Heute sehe ich die Sache allerdings auch etwas zwiespältiger. Das Buch bedient ziemlich viele Vorurteile, durch seine Einseitigkeit, und hat ja seinerzeit quasi eine Phobie vor orientalischen Männern erzeugt. Auch ich habe mich dabei ertappt jeden dunkelhaarigen Mann als potenziellen Kindesentführer zu sehen und mit dem bösen Blick zu belegen, das gab mir zu denken...

    Kleiner Hoffnungsschimmer für alle die es nicht mehr rechtzeitig geschafft haben:
    Lasst trotzdem eine Rezi da, ich habe letztes Mal viel "zu spät" eine geschrieben
    - mit einem Paket hatte ich also nie gerechnet- und habe völlig überraschender Weise ein paar Wochen später doch eines der Päckchen bekommen. Das war eine Freude ! ... :-]

    Meine Meinung zu dem Buch ist etwas zwiegespalten:


    Das Verlangen nach Liebe, führt den Leser in Hanns-Josef Ortheils neuem Buch ins herbstliche Zürich. Denn hier lässt Ortheil seinen Protagonisten, den Konzertpianisten Johannes, durch Zufall auf seine Jugendliebe Judith, jetzt bekannte Kunsthistorikerin, treffen.


    Zunächst versteckt sich Johannes als er Judith entdeckt, doch er ist gleich so gefangen von der Beobachtung seiner großen Liebe und ihren vermeintlichen oder möglichen Veränderungen, dass er sie noch eine Weile durch Zürich verfolgt. Er wagt es allerdings nicht sie anzusprechen.
    Tags darauf ist es dann Judith, die Johannes in einem Café wiederentdeckt und ihn anspricht. Beide sind von diesem Treffen überrascht und überwältigt, finden jedoch schnell ihre Vertrautheit wieder. Für das ehemalige Paar schließt sich hier nun ein Kreis. In Zürich nämlich verbrachte das junge Paar vor achtzehn Jahren auch seinen ersten Urlaub. Dieser Ort ist also ein Schlüssel zu den Schicksalen und der Liebe der beiden.
    Die Magie ihrer Liebe ensteht wieder neu, beide schwelgen in ihren gemeinsamen Erinnerungen, doch kann man an eine Liebe, die achtzehn Jahre lang pausierte, nahtlos anknüpfen?


    Ortheil ist auf jeden Fall ein guter Erzähler. Er beschreibt das Denken und Fühlen des Pianisten Johannes anschaulich und in aller Ausführlichkeit, besitzt dabei ein Gefühl für stimmungsvolle Szenerien und eine sehr saubere Sprache, die genau den richtigen Ton zu treffen vermag. Diese Sauberkeit ist auch allgemein eine Auffälligkeit in diesem Roman. Hier gibt es keinen Schmutz, keine menschlichen Abgründe, keine Armut. Alles scheint hochglanzpoliert. Konzerthallen, Kunstgalerien, gehobene Gastronomie und Hotels, schöne von herbstlichen Sonnenlicht durchtränkte Gässchen und Orte, ebenso traumhaft und makellos wie die Protagonisten des Romans.


    Besonderen Wert legt Ortheil in seinem Roman auf Speisen und Getränke, die immer wieder eine große Rolle spielen. Sei es als Mittel zur Erweckung von Erinnerungen der Protagonisten, oder als ein Spiegel ihrer Sinnlichkeit. Auch sind häufige Exkurse in die Welt der Musik und der Kunst ein wichtiger Bestandteil der Geschichte, was angesichts der Berufe des Paares auf der Hand liegt.


    So kann man denn abschließend zu Ortheils Verlangen nach Liebe sagen: Es handelt sich um einen niveauvollen, zuckersüßen Liebesroman, der sich gut liest und unterhält.

    Ich habe das Buch schon länger auf der Wunschliste. Schön zu hören, dass es sich da zu recht befindet. Nach der positiven Rezi, muss ich doch mal nach einem günstigen Exemplar Ausschau halten (obwohl ich absolut keine Heidenreichianerin bin). Danke fürs Vorstellen!

    Über 2000 schwarze Menschen wurden in den KZ der Nationalsozialisten interniert. Bis dato fanden aber wenig Erwähnung, auch nicht in den Gedenkstätten.
    In Michèle Maillets Roman ” Schwarzer Stern” wurden nun drastisch und kompromisslos die Erlebnisse einer schwarzen Frau im Konzentrationslager geschildert.


    Sidonie Hellénon, geboren in Martinique, ist eine Hausangestellte bei einer wohlhabenden jüdischen Familie in Bordeaux. Im Winter des Jahres 1943 wird sie mit ihren beiden kleinen Kindern bei einer Nacht- und Nebel-Aktion der Nazis verhaftet und nach Ravensbrück deportiert. Völlig orientierungs- und ahnungslos was denn ihr Verbrechen sei, muss sie die Tortur der Zugfahrt, in einem überfüllten Güterwagon, ins Ungewisse über sich ergehen lassen. Kraft geben ihr die Sorge um ihre Zwillinge Nicaise und Désiré, sowie der aus der Not geborene Gott Agenor, der, so ihr Glaube, schon ihren versklavten schwarzen Vorfahren beigestanden hat.


    Dies mag vielleicht zunächst, wie eine schon oft erzählte traurige Geschichte klingen, was sie aber für mich eindeutig nicht ist. Zunächst ist da die Perspektive des Romans wichtig. Erzählerin der Geschichte ist Sidonie Hellénon, sie ist eine Schwarze, also selbst unter den Gefangenen des KZ eine verdächtige Exotin, und sie ist eine Mutter. Ihre Beobachtungen hält sie in einem kleinen Büchlein fest, das sie in das KZ schmuggeln kann. Darin hält sie das Schicksal ihrer Kinder, die Demütigung, den allgegenwärtige Tod, die Ohnmacht fest; aber auch ihre Träume und ihren Glauben. All das hinterließ mich mit einem so schrecklichen, fast physisch spürbaren, Schmerz, dass ich nach Beendigung des Romans gestern abend kein Auge zu gemacht habe.


    Das Buch ist kein Augenzeugenbericht. Aus vielen Gesprächen mit Überlebenden und historischen Recherchen hat Michèle Maillet die Erlebnisse einer schwarzen Frau im Konzentrationslager rekonstruiert. So ist dann ein Roman entstanden, der nicht nur inhaltlich bewegend und einzigartig ist, sondern auch literarisch eindrucksvoll.

    Ich könnte Marai, denke ich, auch nicht reihenweise lesen... aber so in gewissen Abständen kann ich ihn schon sehr genießen.
    Ich habe noch " Ein Hund mit Charakter" von ihm in meinem SuB. Bis jetzt habe ich sehr gemischte Meinungen zu dem Buch gehört, mal sehen bwz. lesen...

    Abrechnung eines Schriftstellers


    “Wandlungen einer Ehe” ist der zweite Roman von Márai den zu lesen ich die Ehre hatte.
    Auf den ersten Blick die Geschichte zweier Ehen aus drei Perspektiven :Die der Ehefrau, sie erzählt als erste das Geschehene aus ihrer Sicht; die Perspektive des Mannes folgt darauf und schließlich die des Dienstmädchen, beziehungsweise der zweiten Ehefrau. Ich sagte auf den ersten Blick, denn in diesem Buch steckt so viel mehr als nur eine typische ménage à trois.
    Der Roman, so kann man einer editorischen Notiz am Anfang entnehmen, besteht aus drei eigenständigen Teilen, die sogar zu verschiedenen Zeiten veröffentlicht wurden, später wurden die Teile erst zur endgültigen Form zusammengefügt.


    Der Kampf einer Kleinbürgerlichen


    Im ersten Teil schildert die Ehefrau einer gesichtslosen Bekannten ihre Sicht vom Leben und ihrer gescheiterte Ehe.
    Sie stammt aus kleinbürgerlichen Verhältnissen, lebt mit den Eltern in einer kleinen Mietwohnung, bis sie in die betuchte großbürgerliche Industriellenfamilie ihres Mannes einheiratet. Schnell lernt die schöne Frau sich in dieser Welt zurecht zu finden und doch wird es immer den Unterschied machen, dass sie nicht in die Welt der Reichen hineingeboren wurde wie ihr Mann. Dieser ist zuvorkommend zu seiner Frau, auch liebt er sie offenkundig, und doch spürt sie, dass er sie nicht so bedingungs- und vorbehaltlos liebt, lieben kann. Sie beginnt eine Suche nach der Ursache und einen Kampf um ihre Ehe, parallel zu ihrem unterschwelligem Kampf um die Akzeptanz und den Respekt einer anderen Welt, doch es ist keine simple Affäre auf die sie stößt.


    Reichtum und Schuld


    Der zweite Teil, er wird aus der Perspektive des Ehemanns geschildert, war mir persönlich der Unangenehmste. Gedanken, Grübeleien, teils auch Gejammer eines Mannes, der in seiner Klasse tief verwurzelt ist, für den der Weg von Geburt an in Wohlstand und großbürgerlichem Leben vorgezeichnet ist. Er erfüllt seine Pflicht, hält sich an die gesellschaftlichen Konventionen, doch gleichzeitig verabscheut er dieses gleichförmige, langweilige Leben, diesen selbstverständlichen Reichtum, die innere Einsamkeit, die besitz von ihm ergreift.


    Zitat

    Ich habe mir das Leben, das ich aus der Nähe betrachten konnte, sehr genau angeschaut… … Auch ich hatte gedacht der Fehler liegt bei mir. Ich erklärte es mir mit Gier, mir Egoismus, mit Genußsucht, mit den gesellschaftlichen Schranken, mit dem Lauf der Welt… was? Na eben, den Bankrott. Die Einsamkeit, in die früher oder später jedes Leben hineinfällt wie der nächtliche Wanderer in die Grube. … Wir sind Männer, wir müssen allein leben und über alles genau abrechnen, wir müssen schweigen und die Einsamkeit, unseren Charakter und das Gesetz des Lebens ertragen.


    Seite 156


    Die Richtige für ihn scheint Judit, das Dienstmädchen, zu sein, anzunehmen gerade weil sie aus einer bitterarmen Familie stammt, er macht ihr einen Antrag. Von ihr erhofft er die Linderung der Einsamkeit, aber auch hier erweist er sich als zu feige, um mit den Konventionen zu brechen. Judith, die dies spürt, weist ihn zurück. Er heiratet schließlich die oben erwähnte bürgerliche Ehefrau, bekommt mit ihr ein Kind, welches früh stirbt. Kurz darauf stirbt auch die Ehe.


    Die dritte Klasse


    Im dritten Teil kommt dann das Dienstmädchen Judit zu Wort. Hier findet man durch Judits Mund die ehrlichsten, gesundesten Worte des Romans. Dieser Teil des Buches ist von Márai später als die ersten beiden fertiggestellt worden. Ich finde dies ist deutlich zu spüren, es ist der gehaltvollste Teil. Hier finden sich die echten Probleme: Krieg, Verlust, Hunger, Angst, Tod. Natürlich auch ihre Schilderungen der vorgenannten Ereignisse, die Sicht des Proletariats und doch die präzisesten Beobachtungen; aber dies fast nur am Rande. Judit rechnet mit dem Bürgertum an sich ab.


    Noch wichtiger, oder bewegender ist im dritten Teil, die nähere Betrachtung der Nebenfigur des Schriftstellers Lázár und ihrer tragischen Wendung. Denn in dieser Nebenfigur hat Márai selbst offenbart. Man versteht Marai, seine Gedanken und seine Tragik sehr gut, wenn man Lázárs Lebensgeschichte betrachtet.
    Bitter hier seine Abrechnung mit Faschisten und Kommunisten in Ungarn, die ja seine Werke nicht nur verboten, sondern auch vernichtend beurteilten, was ihn schrecklich verletzte und ihn veranlasste sich immer mehr aus der Welt zurückzuziehen.


    Zitat

    Verstehen Sie nicht? Schönheit wird eine Beleidigung sein. Begabung eine Provokation. Charakter ein Attentat. Denn jetzt kommen sie, aus allen Richtungen kriechen sie hervor, Hunderttausende und noch mehr. Von überall her. Die Grobschlächtigen. Die Unbegabten. Die Charakterlumpen. Und sie werden das Schöne mit Vitriol übergießen. Und Und die Begabung mit Pech und Schwefel und übler Nachrede verfolgen….


    Seite 446


    Zuweilen das Schicksal der Begabung


    Es war also letztlich auch das Schicksal des begnadeten Erzählers Márai, aus der Heimat verstoßen und herabgewürdigt zu werden, das ihn so verbittert hat. Man kann es beim Lesen sehr gut nachvollziehen, denn Márai versteht es wunderbar Gefühle zu vermitteln. Darüber hinaus hat er mit “Wandlungen einer Ehe” ein bildhaftes und einprägsames Portrait der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts gezeichnet.
    Negativ wären für mich einzig die teilweise doch sehr langen Exkurse über dieses und jenes zu erwähnen, die schon einige Geduld zuweilen erfordern. Doch vermag es das Buch locker solche Längen mit seiner famosen Erzählung auszugleichen.


    “Wandlungen einer Ehe” hat, wie ich finde, mit “Die Glut” wenig gemein und sollte daher auch nicht direkt verglichen werden. “Die Glut” ist wesentlich lockerer und runder, auch nicht ganz so kritisch.

    Himmelssturm für die Menschenrechte


    Eine einfache Frau kämpft aus Liebe zu ihrem Volk einen scheinbar aussichtslosen Kampf und wächst dabei weit über sich hinaus


    Die freie Journalistin und Sachbuchautorin Alexandra Cavelius hat, zusammen mit der uigurischen Menschenrechtlerin Rebiya Kadeer, deren eindrucksvolle Biographie “Die Himmelsstürmerin”, verfasst. Es ist der erstaunliche Werdegang einer Frau, die ihr Leben dem Kampf gegen die Unterdrückung durch die chinesische Diktatur gewidmet hat und die bis heute als Staatsfeindin Nr.1 in China gilt.


    Wer ist Rebiya Kadeer?


    Am 15. Juli 1948 wurde Rebiya in einfachen, ärmlichen Verhältnissen unter Goldsuchern im Gebirge von Altay in Ostturkestan (heutige sogenannte autonome Republik Xingjiang) geboren. Unter widrigen Umständen und viel zu früh geboren, aber doch stark mit dem festen Willen zu leben, steht für die Gott dankbaren Eltern schnell fest, dieses Kind gehöre nicht ihnen, sondern dem Volk. Und so wird es auch sein.
    Besiedelt ist die Region in dieser Zeit von einer Vielzahl islamischer Turkvölkern, die friedlich miteinander koexistieren: Uiguren, Kasachen, Kirgisen, Dunganen…
    Rebiya wächst zunächst in ihre traditionelle Rolle als Hausfrau und Mutter hinein, obgleich sie stets ein Mensch bleibt, der ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden und auch keine Scheu vor dem Aussprechen unbequemer Wahrheiten hat. Ungerechtigkeit, Unterdrückung, Folter, Mord sind zu dieser Zeit omnipräsent, sie prägen Rebiya zutiefst.
    Immer deutlicher stellt sich heraus, so wie sie nie ihren Eltern gehörte, gehört sie auch nicht ihren Kindern und ihrem Ehemann.
    “Ich will die Mutter des uigurischen Volkes sein, die Medizin für sein Leiden, das Taschentuch für seine Tränen, und der Schirm, der es vor dem Regen schützt.” sagt sie über sich selbst.
    Schließlich wird die unbequeme Rebiya von ihrem Mann geschieden und dadurch von ihren Kindern getrennt . Aus ihrer finanziellen Not heraus gründet sie eine kleine Wäscherei. Sie entpuppt sich als findige Geschäftsfrau und hat von nun an nur noch ein Ziel: viel Geld zu machen, um erstens ihre Kinder zu sich holen zu können und zweitens Gelder für ihren Kampf gegen die chinesischen Unterdrücker zu sammeln.


    Das erwirtschaftete Geld der Wäscherei investiert sie schlau in weitere Geschäfte und wird dadurch sehr reich. Durch das Gute, das sie mit diesem Geld bewirkt, wird sie eine Art Landesmutter für ihr Volk.
    Sie wird sogar in den Volkskongress gewählt, merkt aber, dass sie dort nichts bewegen kann.


    Die Unterdrückung der Uiguren


    Es ist kaum zu glauben, mit welchen Fakten Rebiya Kadeer aufwartet. Angefangen mit der unerbittlichen Zwangsbesiedlung Xinjiangs durch Chinesen, der systematischen, schleichenden Ausrottung der Bevölkerung dieser Region durch Zwangsumsiedlungen, Verhaftungen (in Gefängnisse mit schlimmsten Haftbedingungen), Morden, das Schaffen sehr schlechter Lebensumstände für die Uiguren; des Weiteren das Beschneiden aller Freiheiten der Uiguren, die totale Kontrolle durch das kommunistische Regime, das Plündern aller Ressourcen der Region, Hungersnöte durch Misswirtschaft; bis hin zu Zwangsabtreibungen, sogar bis zum Geburtstermin, und auch das Töten von Neugeborenen.


    Es ist eine unfassbare Ansammlung an Menschenrechtsverletzungen in China und durch China, die sie aufzeigen kann. Unglaublich, dass wir mit diesem Land so unbefangen wirtschaftlich zusammenarbeiten, obwohl diese Dinge ja durchaus bekannt sind. Viele Tatsachen, die man erfolgreich im Alltag verdrängt, werden durch “Die Himmelsstürmerin” schmerzlich bewusst und hinterlassen den Leser mit ohnmächtiger Wut.


    Verhaftung und Befreiung von Rebiya Kadeer


    1999 wurde Rebiya, nach einer flammenden Rede im Volkskongress, über das Unrecht der Regierung und der darauf folgenden Entziehung ihrer Ämter, endgültig inhaftiert. Die Hölle der Zeit im Gefängnis schildert Rebiya so hautnah, dass es wehtut.


    Unermüdlich kämpft unterdessen Rebiyas Familie, ihr zweiter Ehemann Sidik und sechs der elf Kinder im amerikanischen Exil, für ihre Freilassung. Dadurch wurde ihre Geschichte auch in den westlichen Ländern bekannt. 2005 kommt sie frei.


    Eine Biographie, die bewegt


    Zusammenfassend kann man sagen, dass Rebiya Kadeer mit der Journalistin Alexandra Cavelius ein sehr bewegendes, aufklärendes Buch verfasst hat. Ihr Schicksal, ihr unermüdlicher, selbstloser Kampf für die Menschenrechte, für den sie auch zurecht für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen wurde, ist beeindruckend. “Die Himmelsstürmerin” hat das Leben dieser Frau großartig festgehalten und ihr ein Denkmal gesetzt. Ein Buch, das man nicht mehr vergessen wird.

    Zitat

    Original von Joan
    Hehehe Voltaire...Schwein hast Du jetzt gschrieben....ich habe nur Sch**** geschrieben.... :lache


    Das kommt, weil Voltaire immer nur Sch....ereien im Kopf hat... :lache

    Stimme meinen Vorredner ebenfalls zu. "Im Westen nichts Neues" sollte man gelesen haben! Bis dato habe ich noch kein eindringlicheres Werk über den ersten Weltkrieg gelesen.
    Ebenso beeindruckt hat auch "Zeit zu leben und Zeit zu sterben" mit der Thematik des zweiten Weltkriegs.

    Ohoh! Hier habe ich ein Buch gelesen über das ich eigentlich ungerne noch ein Wort verschwenden möchte, naja, aber ich denke ich schreibe dennoch kurz ein paar Zeilen.


    Die Geschichte:


    Nathan Del Amico ist ein New Yorker Staranwalt, karrieregeil, skrupellos, egoman.
    Er kommt aus einfachen Verhältnissen, während die große Liebe seines Lebens, Ehefrau Mallory, in gehobeneren Kreisen geboren ist. (Insgeheim möchte er ihr natürlich mit seinem Streben nach Ruhm nur beweisen, dass auch er ein toller Hecht ist, trotzdem seine Mutter nur ein Hausmädchen war. )
    Die Ehe zerbricht, weil Nathan keine Zeit mehr für Frau und Kind hat und Sohn Sean kurz nach der Geburt stirbt.
    An einem normalen Bürotag bekommt Nathan dann einen geheimnisvollen Besuch von einem Arzt, der ihm nur mitteilt, dass er ihm gerne helfen möchte. Nathan hält den Mann für verrückt und wirft ihn aus dem Büro. Lächerlich murmelt er vor sich hin Helfen ? Wobei? Doch die Neugierde siegt und Nathan stellt Nachforschungen an.


    Kurz: Diese ergeben, - keine Angst ich verrate nicht zuviel - dass Nathan bald sterben wird und der Arzt ein “Bote” ist, der dazu bestimmt ist ihn zum Tode zu begleiten.


    Die Welt des Anwaltes gerät aus den Fugen, er fällt aus allen Wolken und versteht die Welt nicht mehr, etc. etc. Er versucht seine Fehler bei Frau und Kind wieder gut zu machen… natürlich auch alle anderen Fehler… um so in Frieden sterben zu können.


    Die Geschichte nimmt allerdings dann eine ungeahnte Wendung.


    Meine Meinung:


    Ein nettes Thema an sich, aber :


    - Warum ausgerechnet New York? Kann die Geschichte nicht in Paris spielen ? Es reicht doch, wenn 90% aller Amis über Amerika schreiben. Ich persönlich mag schon gar keine Geschichten aus Amerika mehr hören, aufgrund deren enormer Präsenz auf den Büchermarkt.


    - Warum so viele Klischees? Bei dem Thema wäre doch alles drin gewesen, Mystik, Fantasy, Romantik, Spannung, Anspruch… Von all dem habe ich leider bis auf eine billige “Bleibensiedran”-Spannung à la Seifenoper nichts zu lesen.


    - Warum lässt Musso den Leser nicht auch einfach ein wenig Platz zum Mitdenken, statt ihm den Stoff häppchenweise vorzukauen?


    - Warum so viel Schmalz? Eine Geschichte die den Tod als Thematik hat, muss peinlich darauf bedacht sein nicht in den Kitsch abzurutschen. Es ist einfach nicht zu ertragen ein solch sensibles Thema mit dem Kitschhammer platt zu hauen. Einfachheit und Ehrlichkeit sind hier einfach wirkungsvoller. Man merkt dem Buch an, dass es dafür geschrieben ist, um ein kommerzieller Erfolg zu sein.


    Fazit:


    Literarisches Fastfood, schnell gelesen, schnell vergessen…

    @ Tjorvensmum:


    Ja, ein ziemlich verrücktes, aber irgendwie auch geniales Buch. Leider kenne ich kaum Leute, die diese Art Bücher gerne lesen, umso mehr freute es mich Deine Rezi zu lesen!
    Wie hat Dir eigentlich das Ende gefallen?
    Irgendwie hatte ich ja doch noch auf ein "Happy End" gehofft, oder war es vielleicht sogar eines ? :wow ;-)

    Zitat

    Das Beste was einem Croissant passieren kann, ist dick mit Butter bestrichen zu werden.


    Das sagt der überzeugte Kiffer, Säufer und Freier unzähliger Nutten, kurz: der fette und faule Anti- Held dieses Buches Pablo Miralles, ein Sohn aus betuchtem katalanischem Hause, aber dennoch dauerpleite. Von seinem Elternhaus und seinem spießigen Bruder, eigentlich von der ganzen verlogenen Gesellschaft, nämlich hat er sich früh abgewandt und seinen etwas ungewöhnlichen Lebensstil vorgezogen. Er hat wenige Freunde, Frauen, die keine Nutten sind, sind ihm suspekt. Seine Erwartungen von Leben, nun, sagen wir mal sind minimalistisch : ” …ich muss mindestens einmal am Tag essen, scheißen, schlafen und Blödsinn machen.” Seine Religion: Orthodoxer Egotheist.


    (Ich werde an dieser Stelle natürlich nicht den Spass verderben in dem ich erwähne, das er natürlich eigentlich ein gutmütiger, intelligenter, sensibler Mensch ist, der von Leben arg enttäuscht ist. ;) )


    Die Geschichte


    Dieser Mensch nun bekommt von seinem Bruder den Auftrag Nachforschungen in einer heiklen millionenschweren Immobiliensache anzustellen. Pablo, der ja erwähnt dauerpleite ist, nimmt an. Bevor Pablo allerdings seinen Rausch ausschlafen kann, um mit den Ermittlungen zu beginnen, verschwindet sein Bruder ( von Pablo spöttisch The First benannt) und sein Vater wird angefahren. Von Lady First (unschwer zu erahnen die Frau des Bruders) wird er jetzt mit den Nachforschungen und Auffinden des Bruders beauftragt.
    Dieser erste Teil des Buches zieht sich etwas in die Länge, denn Tusset legt großen Wert auf die eingehende Vorstellung seines Protagonisten und seiner abgedrehten Welt. Die tollen An-Sätze dieses teils gingen leider unter.
    Das lies mich an der Lesbarkeit des Romans doch des öfteren Zweifel, mehrmals habe ich ihn zur Seite gelegt, nicht ahnend, welch spannendes Schreibwerk ich fast zum Teufel gejagt hätte.


    Denn: die zweite Hälfte des Buches hat es wirklich in sich. Hier offenbart sich das unglaubliche Schreibtalent von Tusset. Er verknüpft einen spannenden, abgedrehten, wahnwitzigen Krimi mit einer messerscharfen Satire und unterhält den Leser auf hohem Niveau. Dieser zweite Teil lässt sogar den schwächeren Anfang in einem milderen Licht erscheinen, ja, fast als Notwenigkeit zum runden Gesamtbild des Romans erscheinen.


    Das Fazit:


    Ein gelungener, unterhaltsamer, zynischer Roman mit ein paar kleinen Schwächen, über die man im Nachhinein gerne hinwegsieht.

    Der lange Weg ist bei den Cree-Indiandern Kanadas der Weg, den ein Sterbender zurücklegen muss um ins Jenseits zu gelangen.
    Auch in Joseph Boydens Roman müssen die Protagonisten einen langen Weg zurücklegen. Einen Weg, der sie aus der Wildnis der kanadischen Wälder in die Hölle der Schützengräben des ersten Weltkriegs führen wird, in einen Krieg, den sie für Fremde kämpfen in deren anderer Welt.


    Im Kanada des beginnenden 20. Jahrhunderts herrschen für Indianer harte Zeiten. Sie werden immer mehr in Reservate gedrängt, ausgebeutet, verachtet.
    Ihre Kinder werden ihnen weg genommen, um ihnen eine gute christliche Erziehung angedeihen zu lassen, natürlich auch im Zweifelsfalle gegen deren Willen.
    In diesen Zeiten werden Xavier und Elijah, zwei junge Cree-Indianer groß. Beide werden zunächst in einem der Internate groß. Xavier lebt dort bis seine Tante, eine der letzten Windigotöterinnen ihres Stammes (also so eine Art Schamanin), ihn aus der Institution befreien kann; Elijah, ein Waisenkind, bis er die Schule beendet hat und zu Xavier und seiner Tante in die Wildnis zieht. Dort lehrt der ruhige Xavier den draufgängerischen Elijah das Jagen und Überleben in der Natur.
    Doch Elijah, der lange in der Zivilisation gelebt hat, verlangt es bald nach Ruhm, Ehre und Abenteuern.
    Wie viele andere ihrer indianischen Identität beraubten Männer, besinnt er sich auf seine Kriegertradition und hofft die Erfüllung seiner Träume durch den Eintritt in die kanadische Armee zu finden. Xavier, den mit Elijah inzwischen ein enges brüderliches Verhältnis verbindet, geht mit ihm, wenn auch weniger euphorisch. Niska, Xaviers Tante, überkommen schreckliche Visionen und doch weiß sie, dass sie die beiden ziehen lassen muss.


    Die harte Realität holt die beiden nach ihrer Ankunft an der hart umkämpften Front an der Somme schnell ein. Immer wieder vergegenwärtigt Boyden durch Rückblenden, in die Vergangenheit der beiden jungen Männer, den krassen Kontrast der beiden Welten und intensiviert den Schrecken der Front dadurch. Er bringt eine neue Perspektive in den Krieg, in dem er durch die Augen Xaviers schildert.


    Mit dem Grauen des Krieges gehen beiden Männer anders um. Der introvertierte Xavier, zieht sich noch mehr in sich zurück, durch seine geringen Sprachkenntnisse noch mehr isoliert, versucht er einfach zu überleben; Elijah, der perfekt Englisch spricht und von Natur aus ein ehrgeiziger, charismatischer Mensch ist, steigert sich in Suche nach Anerkennung, wird zum Menschenjäger, feiert als Scharfschütze große Erfolge, die eigentlich auf das Konto des besseren Schützen Xaviers gehen. Immer drastischer nimmt die Entwicklung der beiden Männer ihren Lauf und wächst sich, wie man schon erahnen kann, zu einer echten Tragödie aus.


    Boydens Intension, diesen Roman zu schreiben, war die, gegen das Vergessen der heldenhaften Taten der Indianer im ersten Weltkrieg anzukämpfen. Die Indianer kämpften für ein Land, das sie schlecht behandelte und schließlich hat man in Kanada dies schlicht gänzlich unter den Teppich gekehrt.
    Mit dem kleinen Unterschied das ich keine militärische Aktion als heldenhaft bezeichnen würde, finde ich dies doch ein ehrenhaftes Motiv, das der Autor gut umgesetzt hat. Die Intensität der Erzählung lässt auch über kleinere Mängel und Längen in der Geschichte gerne hinwegsehen. Ein Buch, das eine neu Sichtweise auf den ersten Weltkrieg bringt und mit Sicherheit eines, das man nicht vergessen wird.


    Fazit:


    Wer sich für die Thematik des ersten Weltkrieges interessiert und starke Nerven hat, dem kann ich zum Lesen dieses Buch gerne raten.


    Über den Autor:


    Joseph Boyden, 1967 in Kanada geboren, hat indianische Vorfahren.
    Zu seinem Roman wurde er durch die historische Figur des indianischen Kundschafters Francis Pegahmagabow angeregt.
    "Der lange Weg", nominiert für den angesehenen Governor General's Award for Fiction 2005,
    stand in seiner Heimat wochenlang auf den Bestsellerlisten. Die Übersetzungsrechte wurden in über zehn Länder verkauft.
    Joseph Boyden lebt in New Orleans.

    Ich kann Eure Begeisterung nur teilen und poste mal meine Rezi zum Buch:


    Zunächst kurz über die Autorin:


    Jeannette Walls lebt und arbeitet als Journalistin in New York und Long Island. Sie schrieb Gesellschaftskolumnen für E! Channel und das New Yorker Magazin Intelligencer. Im Moment moderiert sie dreimal wöchentlich eine Live-Sendung im Morgenfernsehen bei MSNBC. Sie hatte eine sehr außergewöhnliche Kindheit über die sie 2005 die Autobiographie "Schloss aus Glas" veröffentlichte.


    "Schloss aus Glass" von Jeannette Walls ist aber noch weit mehr als nur eine Autobiographie. Es ist das unglaubliche Zeugnis einer unfassbaren, seltsamen Kindheit in einer verrückten Familie.


    Die kleine Jeannette wächst mit ihren 3 Geschwistern in den USA auf, in Armut und Verhältnissen, die für unser Verständnis schlimmer kaum sein könnte. In einer Familie für die man das Wort "Widerspruch" erfunden haben muss.


    Die Mutter ist eine erfolglose Künstlerin, die recht wenig Lust auf Erziehung hat und die Kinder sich selbst überlässt, dies aber mit großem Erfindungsreichtum an Worten, als antiautoritär und naturverbunden oder harte Schule für das Leben, bezeichnet.
    So ist die erste Erinnerung von Jeannette die, dass sie als Dreijährige stundenlang unbeaufsichtigt am Herd spielt, um Hotdogs zu kochen. Natürlich verbrennt sie sich extrem schlimm und muss ins Krankenhaus, aus dem sie schließlich gar nicht mehr raus will, nicht zurück in das Elend und die Armut!
    Dies ist jedoch nur ein kleiner Teil aus einem großen Fundus an schlimmen, aber auch wunderschönen Erinnerungen, die Jeannette Walls niedergeschrieben hat.
    Liebt diese (Raben-) Mutter ihre Kinder überhaupt mag man sich fragen? Sie muss es tun, wenn Jeannette nach so langer Zeit und dem Schreiben ihrer Biographie, ihre Mutter immer noch liebevoll als an die Wahrheit und an die Kunst glaubend bezeichnet. Es ist unfassbar wie belastbar die Liebe zwischen Eltern und Kindern sein kann, wie groß sie sein kann, um rückblickend warme und schöne Erinnerungen zu hinterlassen, wo eigentlich Hunger und Armut und Demütigung vorherrschten.


    Der Vater, ein Träumer und Alkoholiker und doch (oder gerade deswegen) von seinen, noch kleinen, Kindern idealisiert und glühend verehrt und geliebt, besonders von seinem Liebling Jeannette. Er schenkt ihr die Sterne, geht mit ihr nachts in der Wüste auf Dämonenjagd und verspricht ihr ein Schloss aus Glas zu bauen, in dem sie alle wohnen werden.


    Die Familie zieht von Städtchen zu Städtchen, doch immer wieder verliert der Vater die Arbeit, die Schulden türmen sich auf und sie fliehen in Nacht-und-Nebelaktionen weiter. Immer den Versprechungen des Vaters vertrauend, nun in eine goldene Zukunft aufzubrechen.
    Die Familie hält trotz der widrigen Umstände fest zueinander.
    Doch je älter die Kinder werden, desto mehr blicken sie durch und desto schwerwiegender werden auch die innerfamiliären Krisen.


    Eine der fesselndsten, ungewöhnlichsten Autobiographien, die ich je gelesen habe. Ein Buch das einen packt und nicht mehr los lässt.
    Die ganzen Geschehnisse, die für die Walls - Kinder so normal sind und einen den Atem rauben, erlebt man hautnah mit und fiebert mit den Kindern doch endlich den Absprung von dieser Familie zu schaffen, fühlt aber auch die Schmerzen eines Lebens, wenn der Abschied von dieser wirklich naht.


    Fazit:


    Ein ganz anrührendes Buch, ohne Bitterkeit, das einen oft zum Lachen bringt.

    original: "Les Baltrinques"


    "Der Typ war eine Pflaume, auch wenn er mal nicht blau war..."
    Gemeint ist ein Typ, den sie den Belgier nennen. Er und die anderen Jungs von der Zeltbauertruppe von Paris - Balard, zu denen auch der Erzähler der Geschichte zählt,leben zufrieden in einer rauhen, aber familiären Welt am Rande der menschlichen Gesellschaft, der Welt des Zirkus. Für die Gesellschaft sind sie niemand, keiner kennt die Vergangenheit des anderen und doch haben sie einen festen Halt in ihrer Gruppe gefunden, einer bunten Mischung aus den skurrilsten Charakteren, die man sich denken kann.
    Ihr Alltag besteht aus harter Maloche, Glühwein, ein paar Baguettes und ihrem täglichen Besuch bei Maman Rose, der Kneipenwirtin von Balard. Chef der Truppe ist Marco, ein ehemaliger Dresseur. Er hält die Jungs zusammen, treibt sie an, ist ihnen wie ein Vater.
    In diesen Alltag nun trottet ein kleiner, von einem Zahnabszess geplagter Hund. Der scheue Hund scheint als würde er die Hilfe der Männer suchen, welche den Hund auch prompt in ihr Herz schließen und beschließen ihm zu helfen. Sie ziehen den kranken Zahn.
    Dankbar entscheidet der Hund bei diesen Männern zu bleiben; er wird ihr Leben verändern. Erweist der Hund sich doch als "Subjekt", als ein für die Dressur hochbegabtes Tier...


    Dieser Roman ist einfach Wahnsinn! Er entwickelt einen unheimlichen Sog, man mag das Buch kaum zur Seite legen.
    Die liebenswerten Akteure, die ausgefeilte Story, die authentische Kulisse des Romans und der trockene Humor; es stimmt einfach alles!
    Roubaudi selbst hat beim Zirkus gearbeitet und man merkt dem Roman diese Authentizität an, er weiß eben einfach wovon er spricht.
    Die Zirkuswelt ist so ehrlich und schön beschrieben, dass man einfach hautnah dabei ist.
    Dieses Buch war für mich bis zum Ende ohne Längen, ohne Makel, herzzerreißend; einfach brillant!!