Beiträge von Grizzly

    Habe Dumas vorerst aus der Hand gelegt (schlechte Verfassung des Buches, da über vierzig Jahre alt) und führe mit bis zum Erwerb einer neueren Ausgabe, Hanjo Lehmanns Die Truhe des Arcimboldo zu Gemüte. Bisher ganz nett, obwohl die amazon.de-Bewertungen schlimmes befürchten lassen. Rezension folgt.

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    Original von Historikus
    Nicht wählen ist für mich die ärgste Dummheit, die man als Wähler begehen kann. Oder für was haben wir das Glück, Demokratie zu besitzen?


    Aha. Manch Wähler entscheidet nur ungern zwischen Pest und Cholera. Ob die Stimmzettel ungültig sind oder die Menschen nicht zur Wahl gehen: ist da ein Unterschied? Eine geringe Wahlbeteiligung und eine hohe Zahl ungültiger Stimmen sind beide gleichermaßen aussagekräftig.

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    Original von Hundefreund
    Das finde ich zu leicht gesagt. Wenn jemand Extreme wählt, kann er sich nicht damit rausreden, dass die anderen Parteien schließlich und endlich ja alles falsch machen und den armen Wähler so weit gebracht haben.


    Solange die so genannte Extreme auf ihre Verfassungsmäßgkeit geprüft ist, besteht kein Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihrer politischen Existenz. Das ist ein Teil gelebter Demokratie.

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    Original von Sisia
    [...]ich muss gestehen, dass ich den joscka recht sympathisch finde[...]


    "Deutsche Helden müßte die Welt, tollwütigen Hunden gleich, einfach totschlagen; dies zeigt unsere Geschichte ganz sicher."


    Joseph Fischer, 1982, derzeitiger Außenminister der Bundesrepublik.


    Sympathie sollte nicht über die radikale Vergangenheit zentraler Personen hinwegdeuten, gerade dann nicht, wenn diese Person eine große politische Verantwortung trägt. Ob und wie sehr Fischer seiner Vergangenheit auch heute gedanklich nahe steht, wissen wir nicht. Warum also soll der öffentlich-kritische Umgang mit ehemals linksextremen Kräften nicht im gleichen Maße betrieben werden, wie er mit rechtsextremen Tendenzen begangen wird? Gesinnungsterror?

    Ich stütze mich auf die von mir gemachte Beobachtung (u.a. in besagtem Thread), daß ein guter Teil der Vielleser (ganz pauschal diejenigen, die ein schier übermenschliches, genreübergreifendes Pensum an Büchern in einem Monat vertilgen) den meisten dieser Bücher die Höchstwertung (in diesem Fall ++) geben. Deswegen richtete ich die Frage an euch, ob Vielleser (nicht pauschal, siehe vorgenommene Def.) mitunter weniger kritisch mit dem Gelesenen umgehen. Schließlich handelt es sich beim Schreiben auch um ein Handwerk, daß sich ebenso meiner Bewertung unterziehen möchte, wie das Sofa im nächsten Möbelhaus. Gefällt mir der Überzug nicht, ist die Qualität nicht bestechend oder stimmt es von den Maßen nicht, stelle ich mir das Sofa eben nicht ins Wohnzimmer, so sieht es doch aus.


    Die Frage ist daher keine Kritik am subjektiven Empfinden, sondern am kritiklosen Konsum. Ein Buch soll unterhalten, das steht nicht zur Debatte, sollte Unterhaltung allein jedoch hinreichend sein, ein Buch für gut oder, wie geschehen, sehr gut zu bezeichnen, dann bezeichne ich das gemeinhin als anspruchslos. Sehr gute Literatur ist, gemessen an objektiven (!) Normen und Maßstäben (subjektives Empfinden führt zur Verzerrung der objektiv wahrnehmbaren Realität), nunmal mehr als bloße Unterhaltung. Mir geht es hier gar nicht um das Heraufbeschwören einer zweiklassigen Leserschaft - wer das behauptet, ist ein Heuchler: interessanter ist die doch die Frage, nach welchen Kriterien wir heutzutage bestimmen, was gut und was weniger gut ist, angesichts eines überschwemmten Buchmarktes.


    Haben wir noch diesen Blick für das Wesentliche oder sind wir nunmehr so überfüttert, daß wir Kunst nicht mehr vom Handwerk unterscheiden können?

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    Original von RATTENTOD
    sechst bücher reichen doch um als vielleser zu gelten. ich les sogar weniger...


    Momentan hat sich die Zahl bei zwei bis drei eingependelt. Bei seichterer Lektüre dürften trotzdem sechs Bücher im annehmbaren Bereich liegen, auch wenn das schon etwas länger her sein müsste.

    Sind Vielleser unkritischer?


      Angestoßen durch den Thread Welche Bücher habt Ihr im August gelesen? und den von mir gemachten Beobachtungen, daß nicht wenige Vielleser den Großteil der gelesenen Literatur gut (+) bis sehr gut (+) bewerteten, möchte ich euch folgende Frage stellen: Gehen Vielleser unkritischer mit dem Lesestoff um? Sind sie womöglich anspruchsloser?


      Ich möchte mich nicht als Vielleser bezeichnen, schließlich lese ich im Monat allerhöchstens sechs sorgfältig ausgewählte Bücher, dennoch finden sich darunter nur sehr wenige (meine Biblithek umfasst mittlerweile rund dreihundert Exemplare), welche ich als »sehr gut« weiterempfehlen würde.

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    Nein, es gibt nur eine BaumbärtIN und die Formulierung "Nur die Harten kommen in den Garten" wollte ich so verstanden wissen, daß ICH dann eben gegenüber mir selbst härter werden müßte und nicht alles gleich als Angriff werten, negativ auf mich beziehen, auf die Goldwaage legen etc. sollte...was mir aufgrund von hoher Emotionalität, Harmoniebedürfnis und Sensiblilität zugegebenermaßen schwer fällt.


    Ich halte es gemäß folgendem Sprichwort: "Was kümmert es die deutsche Eiche, wenn sich eine Sau an ihr reibt." Obwohl ich in naher wie ferner Zukunft nur noch in und zu Büchervorstellungen bezug nehmen werde, das ist aber eine andere Geschichte.

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    Original von Tom
    Mensch, Leute, solche Diskussionen gibt es tausendfach und seit Anbeginn des Internets, und wahrscheinlich gab es sie zu Millionen auch schon vorher, in/bei anderen Medien. Man begibt sich in eine Runde und will mit anderen reden. Was man sagt und wie man es sagt, bestimmt, wie andere darauf reagieren werden. Wer sich ruppig, provozierend, herablassend oder sonstwie unhöflich verhält, wird wenig Resonanz bekommen, über ein paar Ermahnungen hinaus. Er wird als Gesprächspartner wenig Akzeptanz finden; man nimmt einfach nicht ernst, was derjenige sagt. Deshalb ist es im ureigensten Interesse jedes Teilnehmers, sich entsprechend zu verhalten, sofern er echtes Interesse daran hat, als Gesprächspartner akzeptiert zu werden. Wer das nicht tut, mit dem redet keiner mehr. So einfach ist das. Und wer wirklich alles auf die Goldwaage legt und hinter jeder noch so harmlosen Formulierung einen Angriff sucht, dem ist sowieso nicht zu helfen. Jedenfalls nicht im Rahmen einer solchen Veranstaltung.


    :write

    Ich lese gerade eine vierzigjährige Ausgabe von Die drei Musketiere von Alexandre Dumas, dem Älteren. Bisher uneingeschränkt empfehlenswert. Eine Rezension wird nach Beendigung des Romans folgen.


    Anm.: Habe ein neuaufgelegtes Exemplar in die ISBN-Leiste eingetragen.

    Thomas Brussig - Leben bis Männer


    ISBN -3-596-50675-1
    Seitenzahl: 95



    Klappentext:


    Einer packt aus. Mehr als zwanzig Jahre war er der Stratege am Rand, im Training ein harter Knochen, auf dem Platz ein Erlöser. Sein Verein hieß einst "Tatkraft Börde", sein Beruf ist Fußballtrainer. Jetzt zieht er vom Leder, und es gibt kein Halten: Weil einer seiner Spieler vor Gericht gestellt wurde, hat die Mannschaft den Aufstieg nicht geschafft. Ein Fußballtrainer aus der Provinz rechnet ab.
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    Mein Eindruck:


    Das Leben dauert neunzig Minuten plus Verlängerung - zumindest scheint man das nach der gut neunzigseitigen, rund neunzigminütigen Lektüre des vorliegenden Taschenbuchs zu glauben; dabei handelt es sich bei Leben bis Männer um ein irritierend unkonventionelles Büchlein unscheinbar, abschreckend dürr kommt es daher und läßt einen ostdeutschen Trainer Weisheiten über Gott, die Welt und König Fußball preisgeben. Ein Monolog also, der zum bittersüßen Plädoyer des Vollblutfans taugt, weil das Trainerunikat von 'Tatkraft Börde' so authentisch ist, aus der Welt gegriffen scheint, schon von der ersten Zeile an vor dem Leser steht und das zur Aussprache bringt, was jeder schonmal gedacht hat.


    Der Trainer erzählt vom Fußballspiel als Philosphie, als Gesellschaftstheorie, als Erziehungsmethode, als Anschauungsmodell, Fußball ist Besessenheit. Fußball ist Leben. Und der Trainer steht mittendrin. Er rechtfertigt oder schämt sich nicht dafür, er erklärt sich und zieht uns immer tiefer in den Strudel seiner Gedanken, die uns unwillkürlich ein Auflachen, ein mitleidiges Kopfschütteln oder einfach ein Nicken abringen, weil wir wissen, daß da irgendwo doch noch der Funken Wahrheit lauert und unerwartet in den Strafraum stößt.


    Leben bis Männer ist eine Blutgrätsche, von hinten in die Beine des Lesers: Man stöhnt über den Trainer, der sich aus freien Stücken, durch seinen Dienst an der Mannschaft ins gesellschaftliche Abseits stellt; man gruselt sich vor seinen Weisheiten, seinen Irrungen und Wirrungen, wiewohl wir doch genauestens wissen, daß er nicht der einzige ist, der mit fast religiösem Eifer eine der schönsten Nebensachen der Welt zum Lebenszweck macht. Und den Leser wird es schütteln, zumal sich der Trainer als Psychologe definiert, der auch das eigene Kind in der wichtigen Entwicklungsphase begleiten könnte.


    Brussig überzeugt dennoch nicht auf der ganzen Linie, obwohl die Authentizität des Trainers überwältigt, ein ungläubiges Staunen hervorruft. Der Autor schneidet auf den fünfundneunzig Seiten viele Themen, läßt den Trainer nach Lust und Laune palavern und schwadronieren, serviert dem Leser trotzdem nur Sekt statt des erhofften Chamapgners: so besticht zwar der direkte Bezug der realsozialistischen Gesellschaftform zum Menschenbild des Trainers (»Geschlossenheit«; »Mannschaft«; »Kollektiv statt Individuum«; »Sport ist Arbeit«), eine unmittelbare Verankerung dessen und der daraus folgende, mahnende Wink bleibt in meinen Augen zu fragmentarisch.


    Brussig schreibt locker, umgangssprachlich, aber schwungvoll. Der Monolog ist angesichts der Stilsicherheit und der Einfachheit des Schreibe verständlich und verleiht dem Leser die notwendige Distanz, zu erkennen, daß das Leben des Trainers ebenso wie das Buch doch einem Fußballspiel gleichen soll: es hat seine Höhen, Tiefen und eine ganze Bandbreite an Gefühlen.


    Bewertung: 80 von 100
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    Batcat :
    Komm schon, das liegt doch auf der Hand. Was ist für eine 'Idgie' daran interessant, in den Sticheltenor Hollywoods einzustimmen? Spaß? Auf Kosten anderer lässt sich immer gut lachen, das stimmt - ist in meinen Augen verzeihlich, was ich nicht akzeptieren will, ist die Hinausdehnung dieses Unfugs und des so genannten 'Foppens' auf ganze drei Seiten, obwohl ich schon längst signalisierte, daß ich an einer Weiterführung dieses Gesprächs (wegen offenkundiger Sinnlosigkeit) kein Interesse mehr hatte. Wieso auch? Für derlei Unfug bietet sich die Plauderecke an, wie Wolke treffend geschrieben hat.


    Für ihr Handeln gibt es also keine konkret nachvollziehbare Motivation, oder siehst Du das anders?


    Ich habe also weder einen themenbezogenen noch einen ernstzunehmenden Kommentar von ihnen gelesen, einzig Anspielungen und OT-Spam. Ich habe an anderer Stelle geschrieben, daß nach meiner Antwort auf Fritzis ersten Beitrag die Geschichte gegessen war: gewisse Personen genießen es jedoch, mit aller Härte nachzutreten. Ich könnte natürlich auch schärfer und spritziger schreiben, das ist aber nicht in meinem Sinne und schon gar nicht im Sinne des Threads. Ich hoffe, Du verstehst was ich meine.

    Zitat

    Original von Grizzly
    'Rudelhetze' ist der passendere Ausdruck. Im übrigen habe ich keine Lust, Wolkes Beitrag zu wiederholen und selbst gegen ihre Aufforderung zu verstoßen. Ich nehme fortan nur noch zu buchbezogenen Beiträgen Stellung.