Beiträge von Peter Prange

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    Original von Herr Palomar



    Sehr interessiert mich "Der Letzte Harem", dein neues Projekt über die Türkei.
    Magst du uns noch etwas dazu verraten? (totalneugierigbin)


    Die Neugier freut und ehrt mich sehr - doch verraten will ich noch nichts. Sind ja ungelegte Eier. Habe mich in der Sendung schon mehr als verplappert. Hoffentlich lassen die Götter mir das durchgehen. Doch wenn ich fertig bin, können wir uns hier im viertuellen Harem gerne wiedersehen. Wolke ist so freundlich, ihn für uns einzurichten.

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    Original von Herr Palomar


    Peter, wie gefiel dir die Sendung? Gab es deiner Meinung nach teilweise Konsens zwischen den Beteiligten?


    Angschaut habe ich die Sendung selber nicht, aber die Aufzeichnung hat Spaß gemacht. Dass ich mit Robert Spaemann zusammen eingeladen war, empfand ich als große Ehre. Ich hatte bereits während meiner Promotionszeit Bücher von ihm gelesen - er war damals der einzige ernst zu nehmende Philosoph in Deutschland, der sich mit der Frage nach dem Glück beschäftigte, dem Thema meiner Dissertation (damals ein fast absurdes Thema). - Konsens gibt es in den Büchern der Beteiligten wahrscheinlich mehr, als es in der Sendung den Anschein hatte. Auch Herr Rinderle und ich liegen nicht so weit auseinander, schließlich hat sein Buch den Titel "Werte im Widerstreit" - und wir haben ja in unserem Werte-Buch die Gegensätzlichkeit zum Strukturprinzip erhoben. - Auf jeden Fall freut es mich, dass Herr Palomar sich nicht gelangweilt hat.


    By the way: Am 24. Februar gibt´s die WERTE nochmals im SWR Fernsehen, und zwar in Landeschau Kultur, 18:00-18:30. Und falls jemand von Euch auf der Leipziger Buchmesse ist: am 25. März sind Frank Baasner und ich dort um 15 Uhr zu Gast, Halle 3, Reihe A, Stand 213. Und am 11. und 12. Mai schließlich gibts im Berliner Hauptbahnhof ein 24-Stunden-Marathon-Interview zum Thema "Das Fremde", wo ich wahrscheinlich als Schlusspunkt der Veranstaltung zu den Werten befragt werde. - Vielleicht kann man sich ja bei einer der Gelegenheiten mal persönlich kennenlernen. Würde mich freuen.

    danke für die virtuellen Blumen. Habe mich selber auch gefreut, dass Frau Merkel das Buch in einer so wichtigen Rede zitiert. Und nicht nur das. Zahlreiche andere Passagen der Rede sind offenbar von den WERTEN inspiriert. Wer das Kapitel "Toleranz und Prinzipientreue" sowie das Vor- und das Nachwort gelesen hat, wird einiges wiedererkennen. Wenn Ihr vergleichen wollt: Den Text der Rede findet Ihr unter http://www.eu2007.de/de/News/Speeches_Interviews/January/
    Rede_Bundeskanzlerin2.html


    Eben erst habe ich auch die Fragen nach Entstehung und Fortsetzung des Werte-Buchs gelesen. Darauf hier schnell die Antwort:


    Um das Buch schreiben zu können, habe ich ein Leben gebraucht. Um es zu Papier zu bringen, nur ein halbes Jahr. Beides aus demselben Grund: Weil es darin um eben die Fragen geht, die einen das ganze Leben beschäftigen. Das braucht Zeit, um sich zu entwickeln, ist dann aber irgendwann da und kann aufgeschrieben werden.


    Ob es eine Fortsetzung gibt? Ist eigentlich nicht geplant. Doch warum nicht? Manches würde ich jetzt schon wieder anders machen, einige Themen sind noch gar nicht bearbeitet. Mal sehen ...

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    Peter Prange :
    Neugierige Frage: Warum wurde unter den Preisreden über den Eros eigentlich ausgerechnet die des Aristophanes ausgewählt und nicht die des Sokrates mit der Eros-Theorie, die Platon in diesem Dialog der Seherin Diotima zuschreibt?
    Immerhin beschreiben die Reden nacheinander unterschiedliche Herangehensweisen an den Eros.


    Warum die Aristophanes-Rede? Weil ich sie selber für das immer noch schönste Sinnbild halte, das der Menschheit zu dem Thema je eingefallen ist, und weil zweitens diese Rede kulturgeschichtlich den größten Nachhall gefunden hat - was wohl wiederum in erstens seinen Grund haben dürfte.


    Apropos Philia / Freundschaft: Du hast Recht, das wäre ein sehr wichtiges Thema gewesen. Wir haben es jetzt nur am Rande streifen können. Aber ein Dreier-Begriffspaar hätte die ganze Struktur des Buches durchbrochen. Ja, ja, so wird man zum Sklaven seiner eigenen Vorgaben...

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    [i]


    Es kann aber auch Texte geben, bei denen das direkte Ansprechen des Lesers Sinn macht.
    Grundsätzlich ist mir das aber immer etwas verdächtig! :gruebel


    Dazu würde mich aber auch eine Autoren-Meinung interessieren. :-)


    Bitte sehr, lieber Herr Palomar. Kann Dir nur zustimmen. Nicht, weil ich eine Leseransprache verdächtig fände. doch tritt der Erzähler dann aus seiner eigenen Rolle - und reißt damit sich und den Leser aus der Geschichte. Solche Erzählbrüche waren in den 70er Jahren sehr beliebt, wenn auch natürlich in etwas modernerer Diktion als bei Casanova, sind mir aber auf den Wecker gegangen. Da bin und bleibe ich altmodisch: Eine Erzählung ist für mich eine eigene, in sich geschlossene Welt, die ich genauso ernst nehme wie das Leben selbst.

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    Original von milla
    Laut einleitendem Text sieht Augustinus in der lebenslangen Bindung von Mann und Frau eine "Arznei gegen die Begierde" - ich frage mich ernsthaft, ob damit die allgemeine Begierde oder die Begierde außerhalb der Partnerschaft gemeint ist :gruebel Ersteres wäre ziemlich zynisch... *g*


    Doch, Milla, genauso ist es gedacht. Begierden außerhalb der Ehe waren ohnehin Tabu. Die Methode im Klartext: den Teufel mit dem Beelzebub austreiben.

    Liebe Büchereulen,


    auch wenn Ihr auf den letzten Metern schlapp gemacht habt: Danke für die spannende Leserunde! Die Diskussionen haben mir richtig Spaß gemacht.


    Ich wünsche Euch ein paar schöne Feiertage, vor allem aber alles Gute fürs neue Jahr. Möge es mit einem kräftigen Kater beginnen, wie es sich nach einer gelungenen Silvesterparty gehört, und dann ein erfreuliches Ereignis an das andere kinüpfen.


    Herzlich,
    Peter

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    Original von Herr Palomar
    l


    Ich würde sagen, in seinem idealisierten Selbstbild möchte Hans Castorp teilnehmen an der vita activa derer "da unten", tatsächlich aber verfällt er zunehmend der vita contemplativa in der weltentrückten Höhenluft. Eben darum streiten die Herren Settembrini und Naphta um seine Seele wie Gott und der Teufel.

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    Original von milla


    @ Peter
    Kolakowski konnte ich im Quellenverzeichnis nicht finden - aus welchem Buch stammt es? "Mini-Traktate über Maxi-Themen" (hört sich nicht schlecht an)?
    Und gibt es eine Übersetzung von "Piazza Grande" von Lucio Dalla? :help


    :write


    Hallo Milla, beide Texte sind in den tiefsten Tiefen meines Kellers vergraben. Bin gerade ziemlich unter Druck, sodass ich einfach nicht die Zeit habe, sie heraus zu suchen. Wenn Du mir aber eine Mail schickst und etwas Geduld hast, will ich Dich bei Gelegenheit gern mit Dalla und Kolakowski versorgen. Zwischen den Jahren habe ich hoffentlich etwas mehr Luft.

    "Fremde Heimat" war eine sogenannte "Novelisation", die Ausarbeitung eines Drehbuchs zu einem Roman. Mein erster Versuch überhaupt - eine "Jugendsünde", wenn Du willst. Es geht dort um die Geschichte eines deutschen Auswanderers Ende des 19. jahrhunderts, der sich in Australien eine neue Existenz aufbaut, sich in der Fremde eine neue Heimat schafft, um dann, bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs festzustellen, dass er ein potenzieller Staatsfeind ist, der in einem Konzentrationslager interniert wird. Eine Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht.

    Fabula docet: vor Gericht kann ich nur Recht bekommen. Punkt.


    Doch gibt es darum keine Gerechtigkeit? Ich meine doch. Zumindest kann ich mich darum bemühen, sie im Rahmen meiner eigenen Einflussmöglichkeiten herzustellen. Nicht im Gerichtssaal, aber im wirklichen Leben. Obwohl sie auch dort immer nur eine Leitgröße sein wird, die sich nur sehr annäherungsweise realisieren setzt.

    Hallo Palomar,


    aus welchem Roman das Zitat stammt? Da muss ich leider passen. Aber vielleicht kennt sich sonst jemand besser in Saramagos Gesamtwerk aus?


    Bitte verzeih mir, dass ich erst jetzt auf Deine Frage antworte. Ich habe länger nicht mehr ins Forum geschaut, da ich den Eindruck hatte, dass hier ein bisschen die Luft raus ist.


    Tsss, tsss, tsss - kaum haben die Herschaften schlappe fünfhundert Seiten gelesen, fängt man schon an zu schwächeln. Der Untergang des Abendlandes? :gruebel

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    Original von Iris
    Deshalb reg ich mich immer darüber auf, wenn in historischen Romanen "moderne" Figuren vorkommen, bzw. das gesamte Wertesystem ausschließlich durch unsere Brille beurteilt geschildert wird. Denn andere, uns heutigen fremde Wertvorstellungen haben in ihrem Umfeld durchaus ihre Berechtigung, wenn man bloß mal genauer hinschaut.)


    Du sprichst mir aus der Seele. Vior allem auch weil die Werte, die wir heute als die "unsrigen" bezeichnen, ja nicht vom Himmel gefallen sind. Das war eines der wichtigsten Motive unseres Buches: die "Gewordenheit" unserer Werte im Verlauf der Jahrhunderte durch die verschiedenen historischen Texte zu den einzelnen Kapiteln zu zeigen, das ewige Wechselspiel von Versuch und Irrtum, um uns in der heutigen Diskussion mit anderen Wertesystemen zwar einerseits zu stabiliseren, uns anderseits aber auch bewusst zu machen, wie vorläufig unsere eigenen Maßstäbe sind. Weshalb wir sie immer wieder der gedanklichen Überprüfung aussetzen müssen - so wie es hier im Forum geschieht.

    Zitat

    Original von Iris
    [quote]Original von Peter Prange
    Also lasse ich die Finger von solchen Projekten und schreibe meine Romane. :-)


    Solche Bescheidenheit ziert die wahre Gelehrte... Steht zu meiner bescheidenen Gelehrtheit in reziprokem Verhältnis. Apropos: habe gerade gesehen, dass Dein neuer Roman genau in diesen Tagen erscheint. Drücke Dir die Daumen!

    Iris, ich ziehe meinen Hut. Besorgst Du uns die zweite Auflage? Nein, ohne Quatsch, bin völlig von den Socken - auch wenn ich nicht mit jedem Buchstaben einverstanden bin. Kann jetzt leider nicht argumentieren, zumindest nicht auf dem Niveau, das Du verdienst. Stecke gerade in den allerersten Kapiteln meines neuen Romans - als Kollegin wirst Du verstehen, was (für Qualen) das heißt.

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    Original von Eli


    @ Peter
    Nach dem arte Beitrag hat mich die Frage beschäftigt, ob ihr mit "Werte" eine spezielle Leserschicht oder die breite Masse ansprechen wollt?


    Als erstes haben wir die Leserschaft im Auge gehabt, die am drängendsten an diesem Buch interessiert war: uns selbst. So nach dem Motto: Alle reden von Werten, doch keiner weiß Bescheid. Wir auch nicht. Also schreiben wir ein Buch darüber. Um uns selber klar zu machen, wovon eigentlich die Rede ist.


    Nachdem das nun getan ist, würde unsere ideale Leserschaft ungefähr so aussehen: Eine achtzehnjährige Gepiercte stolpert über Robbie Williams, fängt an zu lesen und landet bei Augustinus. Und ein Philosophieprofessor schlägt noch mal das Höhlengleichnis von Platon nach und stellt zu seiner Verwunderung fest, dass er sich auf einmal mit John Lennon beschäftigt.


    Kurz: die ideale Leserschaft setzt sich zusammen aus Menschen, die sich schlicht für das Thema interessieren und dabei auch nichts gegen Überraschungen haben, was mögliche Geistesverwandtschaften betrifft.

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    Original von Batcat


    Ich lese und lese, dabei mache ich mir 1000 eigene Gedanken, ich mache mir Notizen, worüber ich googeln und was an Lektüre ich darüberhinaus lesen will. Ich lese auch ganz aufmerksam all Eure Gedanken und nicke, oder schüttle mit dem Kopf - aber es sind SOVIELE Gedanken und Ideen, die ich dazu habe, daß es mir schwer fällt, diese hier auch noch in Worte zu fassen.


    danke für Deine Verzweiflung, Batcat. Genau das war unsere Absicht! Wir, die Autoren, wollten nicht die Menschheit mit unseren "Weisheiten" zumüllen - wir haben ja selber keine. Aber wenn die Lektüre zur Folge hat, dass eine Leserin oder ein Leser sich animiert fühlt, nach eigenen Antworten zu suchen, statt vorgefertigte zu übernehmen, dann wäre unser Ziel erreicht.