Beiträge von Teresa

    Das Buch liest sich flüssig und ist sehr unterhaltsam - eindeutig ein Pluspunkt. Es bietet Stoff zum Nachdenken, ein Mehrwert, bei dem es denen, die lesen, überlassen bleibt, ob sie sich auf darauf einlassen wollen - zumindest kein Minuspunkt. Gut gefallen hat mir außerdem die Mischung unterschiedlicher Genres und der freie, spielerische Umgang mit historisch belegten Fakten. Die Idee für diese Geschichte ist interessant und wird überzeugend umgesetzt.


    Wem die historischen Romane von Husemann bisher gefallen haben (besonders seine "Seidendiebe"), dem dürfte dieses Buch sicher gefallen. Die Geschichte folgt den Spuren eines Robert Löhr und Conrad Ferdinand Meyer - "Die Bücherjäger" haben zwar nicht ganz die Liga der beiden (besonders sprachlich), aber wer ihre Bücher schätzt, dem dürften auch die "Bücherjäger" zusagen.


    Nicht zu empfehlen ist das Buch für die Fans von Autorinnen und Autoren wie zum Beispiel Rebecca Gablé, Sabine Weigand etc. Die werden damit nicht viel anfangen können.


    Eine ausführliche Buchbesprechung mit Überlegungen findet sich unter folgendem Link: Die Bücherjäger (Dirk Husemann) - Buchbesprechung

    (Achtung! SPOILER)

    Der Roman ist in erster Linie eine Liebeserklärung an Bücher und Wissen und erinnert an jene Zeiten vor der Erfindung des Buchdruckes, wo dieses sehr leicht verloren gehen konnte, das besonders, wenn die Inhalte gewissen Personen nicht genehm waren …


    Poggio (eine bekannte historische Figur) und Protagonist dieses Romans gehört zu einer Gruppe von Menschen, die unabhängig von einander, eines verbindet. Sie alle versuchen Bücher und Wissen zu bewahren. Wer Bücher liebt und schätzt, dürfte sich daher mit der Hauptfigur leicht identifizieren können, es ist doch wirklich schlimm, wenn ein Bucheinband beschädigt wird, nur weil jemand um des "schnöden" Geldes willen oder für politische Pläne ein Buch stehlen will.


    Bücher müssen in dieser Geschichte überhaupt einiges erleiden, zwei von ihnen landen regelrecht auf dem Scheiterhaufen - eine Art Feuerprobe … Ein weiteres Buch muss geopfert werden, um jemanden das Leben zu retten, und es war für mich eigentlich ein sehr berührender Moment, dass der Held, das ist Poggio wohl, dieses für ihn schwere Opfer bringt, also letztlich, das Leben eines Menschen doch höher schätzt, als ein Buch. Dieses Thema ist konsequent umgesetzt, die Rollen, die einigen historischen Akteuren hier zugeteilt werden, sind unter diesem Aspekt durchaus gut durchdacht und das Ende des Romans, das hier aber natürlich nicht verraten werde, eindeutig schlüssig.


    Daneben bietet der Roman jedoch noch eine ganze Reihe weiterer Themen und Hinweise. Da gibt es zum Beispiel eine heute sehr umbestrittene Theorie, die hier vorkommt, aber auch die naheliegende, doch in diesem Kontext gewöhnlich in der Forschung bisher nicht wirklich gestellte Frage, ob es denn tatsächlich die behauptete Katastrophe ist, wenn sie stimmen würde.

    Eigentlich sind "Die Bücherjäger" ein sehr ernstes und philosophisches Buch, das allerdings mit viel (subtilen) Humor und dank abenteuerlicher und anderen unterhaltsamer Elemente als lockerer "Lese-Ritt" umgesetzt ist. Bei den humorvollen Stellen ist besonders hervorzugeben, dass die Komik keineswegs platt und durchaus angemessen eingesetzt wird.


    Sehr deutlich ist das an den beiden Anfangsszenen zu erkennen. Wenn der Gegenpapst Johannes XXIII. (Baldassare Cossa) um sein Leben rennt, dann ist das zwar durchaus mit viel Komik dargestellt (gerade die Papstwürde ist hier besonders hinderlich, will doch jeder gesegnet werden etc.), nichtsdestoweniger werden jedoch die Situation und der Akteur, der zumindest im Roman zu Recht um sein Leben fürchtet, keineswegs dem Hohn und Spott preisgegeben.


    In der zweiten Szene, die zeitgleich spielt, ist Poggio in Begleitung von Oswald von Wolkenstein zu einem Kloster unterwegs, wo er ein besonders Buch zu finden hofft. Auch diese Szene beginnt zunächst sehr komisch, denn Poggio ist von seinem Begleiter genervt, dessen Gesang - Oswald ist schließlich nicht nur Ritter, sondern auch ein bedeutender Minnesänger - ihm gehörig auf den Geist geht. Wenn aber wenig später beide über einen Abgrund müssen und Oswald dabei vorübergehend vor Furcht abschaltet und gerade deshalb abzustürzen droht, ist das keineswegs als eine spaßige Situation auf Kosten Oswalds umgesetzt, sondern die Lage, dass ein Mensch in Lebensgefahr schwebt, wird ernst genommen. Komisch wird es erst wieder, als beide das Kloster erreichen, und der Vorsteher erstaunt ist, dass dieser Weg überhaupt noch existiert, wo sein Kloster doch seit vielen Jahren über eine Straße von Bregenz aus erreichbar ist, die auch mit Fuhrwerk sehr leicht zu befahren ist.


    Husemann mischt in seinem Roman mehrere Genres und Motive: ein historischer Hintergrund, wenn gleich mit einigen fiktiven Elementen, ein wenig Detektivgeschichte, ein wenig Liebesgeschichte, meistens geht es sehr abenteuerlich zu, einige Szenen erinnern an den Schelmenroman, auch die "Gothic Novels" lassen in einer Szene direkt grüßen, und Schauplätze wie Klöster, Burg, Bordell etc. verweisen darauf. Es gibt eine Männerfreundschaft, es gibt sehr, sehr böse Schurken, in den beiden ersten Rückblenden ergibt sich für Poggio, wenn gleich nur ansatzweise so etwas wie ein Entwicklungsroman.


    An einigen Stellen geht es allerdings sehr brutal zu, wenn die beiden Handlanger (fiktive Figuren, deren Namen in die Literatur verweisen) des "Oberschurken" (eine historische Figur) agieren. Die sind nur böse und sadistisch, sie sind aber wie dieser Nebenfiguren. Die tatsächliche Brutalität wird wenigstens nicht vollständig gezeigt, sondern nur der Beginn, wenn diese Schurken auf ihre Opfer losgehen, dann wird weggeblendet oder entscheidende Details hinter die Kulissen verlegt.


    Insgesamt sind "Die Bücherjäger" ein sehr abwechslungsreiches Buch, das eine Menge für unterschiedliche Leserinnen und Leser bietet und das jedenfalls gut unterhält, sowohl die, welche nur Unterhaltung suchen, aber auch die, welche etwas Tiefgang oder Entdeckungen, Zitate, Anspielungen oder Verweise lieben. "Die Bücherjäger" gehören zu jenen im 21. Jahrhundert äußerst seltenen historischen Romanen, die zum Nachdenken anregen, die Lust auf die Hinterfragung gängiger Sichten und der angeblich einzigen wahren Sicht machen und die zur selbständigen Auseinandersetzung und Weiterbeschäftigung mit einem Thema einladen.


    Gerade Menschen, die geschichtlich tatsächlich versiert sind, dürfte der Roman sogar sehr gut gefallen, bietet er doch eine interessante Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Themen und Zugängen zur Geschiche wie Historizität, geschichtliche Fakten (Zuverlässlichkeit), geschichtliche Wertungen / Maßstäbe etc., nicht belehrend, aber sehr unterhaltsam.

    Der Autor selbst beansprucht für sich keineswegs die Deutungshoheit. (Das hat er nicht notwendig.) Er tritt keineswegs mit dem ausdrücklichen Anspruch auf, die wahre Geschichte über das Konzil zu erzählen, sondern er selbst bezeichnet seine Geschichte als eine fiktive Episode zum Konzil von Konstanz, betont die Fiktivität der von ihm erzählten Geschichte über das Konzil von Konstanz also ausdrücklich. Wobei gerade seine fiktiven Details bei näherer Betrachtung zeigen, dass er mit historisch tatsächlich belegten Fakten sehr vertraut ist - also einer jener Autoren, die es sich leisten können, mit geschichtlichen Fakten eigenwillig umzugehen, gerade weil sie sich sehr gut mit Geschichte auskennen. Aufgrund seiner Geschichtskenntnisse kann sich Husemann ein Spiel mit den historischen Fakten oder dem, was dem Zeitgeist als Fakten gegolten hat, noch immer gilt oder heute gilt, erlauben. Dabei ist er durchwegs innovativ, wie auch in seinen anderen Buch, den "Seidendieben", das ich gelesen habe. Ist es dort der Bau der Haggia Sophia, wird in den "Büchernjägern" die Bedeutung des Konzils von Konstanz sehr einfallsreich auf die Schippe genommen und in ihrer tatsächlichen Bedeutung kritisch hinterfragt. Gerade für Menschen, die sich gerne ihre eigenen Meinung bilden und die kritisch denken und Spaß an einer Entdeckungsreise (im Sinne des "Was wäre wenn"),dürfte der Roman, sehr ergiebig sein.


    Vor allem Leserinnen und Lesern, denen die eher philosophischen, aber kurzweiligen Romane des vielseitig gebildeten Schriftstellers Robert Löhr gefallen haben, könnte auch dieser Roman gut gefallen. Husemann ist zwar sprachlich keineswegs so versiert wie Löhr, abgesehen davon aber bietet er wie dieser eine gelungene Mischung aus Fiktion mit Tiefgang und Wissen aus unterschiedlichen Forschungsbereichen, das er sehr unterhaltsam und scheinbar leicht und kurzweilig aufbereitet.


    Insofern ist sein Roman aber nichts für eine Leserschaft, die sich nur auf bequeme und unterhaltsame Weise "bilden". Diese wird wohl mit den "Bücherjägern" nicht viel anfangen können.

    Mir selbst hat der Roman (wie auch "Die Seidendiebe" von Husemann) sehr gut gefallen, er war nicht nur gute Unterhaltung, wobei Handlung und Figuren trotz Komik und Kurzweil ernst genommen werden, sondern hatte auch einiges an interessanten Anspielungen und versteckten Hinweisen und "Zitaten" zu bieten. Außerdem - als ich fertig gelesen hatte, kamen mir eine ganze Menge Gedanken und Fragen - und es spricht für ein Buch, wenn es zum Nachdenken anregt ...

    Der wertende Vergleich mit "Säulen der Erde" ist nicht wirklich sinnvoll, da die Frevisse-Bücher immerhin 200 Jahre später spielen (beide zwar Mittelalter, aber eine unterschiedliche Zeitepochen). Außerdem haben die Frevisse-Bücher als historische Whodunit eine ganze andere Zielrichtung als "Die Säulen der Erde" (Abenteuerroman, Heldengeschichte) und fallen in ein ganz anderes Genre (Kriminalroman).

    01. Griechisch-römische Antike und frühes Mittelalter (500 v. Chr. – 814 n. Chr.)

    Dirk Husemann: Die Seidendiebe - 552 n. Chr.

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    02. spätes Mittelalter (842 n. Chr. – 1348 n. Chr.)

    Richard Dübell: Die Pforten der Ewigkeit - um 1250

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    03. 1348 bis 1485 (Tudor Regierungsbeginn)

    Dirk Husemann: Die Bücherjäger - 1417
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    04. Tudor Zeit bis Anfang Stuart Zeit (1485 n. Chr. – 1603 n. Chr.)

    Richard Dübell: Das Buch der Finsternis - 1486
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    05. Stuart 1603 - bis ca. 1714

    Enrica von Handel-Mazzetti: Stephana Schwertner - um 1610

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    06. 1715 - Ende Napoleon ca. 1814 - 1821

    Annemarie Selinko: Desiree - Wende 18. / 19. Jahrhundert
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    07. nach Napoleon bis 1900

    Mathias Menegoz: Karpathia - 1833
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    08. 1900-1918

    Stefan Rothbart: Wahrscheinlichkeit des Krieges - um 1914

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    09. 1919-1945

    Thomas Buchner: Der Fall Schinagl: Ein Linz-Krimi aus den 1930er Jahren - um 1934

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    10. 1946-1969

    Elena Ferrante: Meine geniale Freundin
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    11. 1970-1989

    Elena Ferrante: Die Geschichte der getrennten Wege

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    12. 1990-heute

    Elena Ferrante: Die Geschichte des verlorenen Kindes

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    14. Zeitreise / mehrere Zeitebenen

    Barbara Erskine: Die Herrin von Hay - Mittealter / Gegenwart
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    Anna Fuchs: "Das gelbe Hurentuch",
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    Anna Fuchs: "Der blaue Liebesknoten" (Fortsetzung des Ersteren),

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    Beides historische Romane mit Krimitouch, die hauptsächlich in der Stadt Wien in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts spielen.


    Bei der Handlung ist allerdings zu beachten, der Untertitel: Hannerl ermittelt, ist leider irreführend und wer daher einen Krimi nach dem Modell einer Andrea Schacht, Astrid Fritz, einer Beate Maly etc. erwartet, wird hier wahrscheinlich enttäuscht sein. Anna Fuchs zeichnet in den Büchern eine Welt, die vermutlich dem tatsächlichen Mittelalter näher kommt, als in historischen Krimis zurzeit üblich. Bei ihr sind Ermittlungen letztlich für die Katz, über Leben und Tod entscheidet nicht die Indizienkette, ein Geständnis oder eine Falle, die zur Überführung der Täterfigur gestellt wird.


    Eine weitere Hürde für Nichtwienerinnen und Nichtwiener könnte außerdem die Verwendung von Dialekt in wörtlicher Rede bei Figuren aus der Unterschicht sein.


    Beide Romane vermitteln dafür allerdings das authentischste Bild der Stadt Wien im Mittelalter, das ich in historischen Romanen des 21. Jahrhunderts bisher gefunden habe. Zudem sind sie auch die bisher gelungenste und anschaulichste Umsetzung der in der seriösen wissenschaftlichen Literatur übermittelten Informationen zum mittelalterlichen Wien.


    Interessante Rezensionen von Eva Schuster auf der Histocouch unter folgenden Links:

    - https://www.histo-couch.de/ann…-das-gelbe-hurentuch.html

    - https://www.histo-couch.de/ann…r-blaue-liebesknoten.html

    Mathias Menegoz: "Karpathia" - der größte Teil des Romans, der als historischer Roman recht interessant angelegt ist und eindeutig nicht in die Kategorie "Mainstream" fällt, spielt im südlichen Karpatenraum, aber die Anfangskapitel spielen in Wien, und das Bild vom Wien im Jahr 1833 ist überzeugend.


    Zum Inhalt:

    Nach einem Duell, bei der ungarische Offizier Alexander Korvanyi die Ehre seiner Verlobten Cara von Amprecht, verteidigt, übersiedeln beide an den äußersten Rand des habsburgischen Reiches. Es gilt, ein Erbe anzutreten: Inmitten von nebligen Wäldern und dunklen Seen befindet sich der Besitz der Vorfahren von Graf Korvanyi, ein Lehnsgut in Transsilvanien, seit Jahrzehnten verlassen. Alexander und Cara stoßen auf eine mittelalterliche Welt, ein feudales Fresko aus Magyaren, Walachen und Sachsen, ein undurchschaubares Geflecht aus alten Feindschaften, verschiedenen Religionen und unbeirrbarem Aberglauben. Als Alexander seine Nachbarn zu einer Jagd einlädt, ist das der Funke, der das Pulverfass zur Explosion bringt ...


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    Interessante Rezension zum Buch:

    siehe https://radiergummi.wordpress.…athias-menegoz-karpathia/

    siehe https://derstandard.at/2000071…athia-von-Mathias-Menegoz (Andreas Puff-Trojan, in Der Standard online, 5. Jänner 2018)

    Ich erinnere mich, dass das Buch, als ich es vor dreißig Jahren zum ersten Mal gelesen habe, in der Bücherei unter den Kriegsromanen aufgestellt war. Nach der Fernsehserie, die ich zuvor gesehen hatte, hätte ich es eher unter den Liebesgeschichten, den historischen Romanen oder den allgemeinen Romanen erwartet. Könnte sein, dass die Fernsehserie, die zwar Veränderungen vornimmt, für die damalige Zeit doch relativ werkgetreu war, hier falsche Erwartungen weckt, denn dort wurde, nicht zuletzt durch die Weglassung einzelner Teile und die Umstellung der beiden letzten Teile, der Schwerpunkt auf die Liebesgeschichte gelegt.


    Im Film finden zunächst jene Geschehnisse statt, die im deutschen Sprachraum vielleicht einigen hier durch die Ballade "Das Trauerspiel von Afghanistan" von Theodor Fontane (mit eindringlichen Schlussversen:

    "Mit dreizehntausend der Zug begann, / Einer kam heim aus Afghanistan.") bekannt sein dürften. Erst dann finden die Geschehnisse um den Tod des Herrschers statt und Ash findet mit seiner Anjuli endgültig zusammen und beide dürfen am Schluss sozusagen in den "Sonnenaufgang" reiten. Der Segen von Ashs sterbenden Ziehvater (eine Änderung gegenüber dem Buch, wobei für mich nicht klar ist, ob es dabei um dramaturgische Gründe / mehrere Romanfiguren werden im Film zu einer Figur zusammengelegt, um die Personenanzahl kleiner und übersichtlicher zu halten oder besetzungstechnische Gründe / Aufwertung einer Figur, da diese von einem bekannten Schauspieler / Star gespielt wird) und der Umstand, dass für dieses Happyend alle Freunde von Ash ihr Leben lassen müssen, was sie durchaus im Film "gerne" machen, trägt nicht nur dazu bei, dass Wallys Tod wesentlich an Gewichtung verliert, sondern gibt dem glücklichen Zusammenfinden des Paares so etwas wie eine Art "Weihe". Gerade die letzten Worte von Ashs Ziehvater machen deutlich, dass Ash mit Anjuli auch seine persönlichen Identitätsprobleme für sich gelöst hat. Der Film hat somit ein Happyend.


    Das ist im Buch ganz anders, obwohl die Schlussszene auf dem ersten Blick durchaus ähnlich gehalten ist.

    Signifikant sind allerdings die Änderungen, die der Film gegenüber dem Buch vorgenommen hat.



    Damit gelingt es der Autorin übrigens (mein Eindruck) ein kitschiges Happyend zu verhindern.

    Durch den Ablauf erhalten die Geschehnisse in Afghanistan innerhalb des Romans mehr Gewichtung und hatte beim Lesen den Eindruck, dass es diese Geschehnisse sind, auf die der Roman letztlich ausgerichtet ist.


    Aufgrund dessen ist "Palast der Winde" eindeutig als historischer Unterhaltungsroman (mit Ausrichtung zur "Hochliteratur") einzustufen, wobei ich leider den Eindruck habe, dass er trotz seines Alters um Vieles besser ist, als das, was heute in dieser Liga am Buchmarkt angeboten wird.

    Hast du einmal versucht, einige Teile einfach zu überblättern, mit denen du nun einmal nichts anfangen kannst?


    Abgesehen davon ist natürlich zu beachten, dass das Buch bereits in den 1980er-Jahren geschrieben wurde und ein Autor beziehungsweise eine Autorin damals von einer Leserschaft aus der damaligen "Mittelschicht" mehr an Lesefähigkeit und Lesekönnen voraussetzen konnte als heute.


    Die einmalige Stärke des Buches (und es ist sicher kein Zufall, dass Eco ein vergleichbares Buch danach nicht mehr gelungen ist), liegt eigentlich darin, dass hier der Unterhaltungsfaktor, der intellektuelle Tiefgang und weitere philosophische Extras insofern gelungen sind, als (meine Erfahrung) selbst die, welche nur eine simple Krimihandlung wollen, doch so gut bedient sind, dass ihnen die übrigen Teile eher als unnötig erscheinen, letztlich aber nicht den Lesegenuss total zerstören.


    Nicht zufällig gehört "Der Name der Rose" auch zu jenen Büchern, die bei einem Re-Read (wenn die Handlung bereits bekannt ist) gewinnen, da es dann eine ganze Menge weiterer Dinge zu entdecken gibt. Und das Buch bietet gerade wegen seiner zusätzlichen Informationen, die hier im Unterschied zu heutigen Büchern in die Handlung integriert oder anhand der Handlung angeboten werden, die Möglichkeit, sein Wissen (nicht nur Fakten), sondern auch das Denken zu erweitern. (Wobei das Buch noch genug Unterhaltung bietet und funktioniert, wenn sich Leser/in nur auf die Krimihandlung beschränkt.)

    Nur eine Frage, da ich selbst mit dem Lesen noch nicht an dieser Stelle bin?


    Bezieht sich der Ausdruck Negerdialekt im Roman tatsächlich auf eine Person, die einen Menschen meint, der heute als Schwarzafrikaner bezeichnet würde? Immerhin hatte der Ausdruck Neger in Wien ursprünglich eine andere Bedeutung, er bezog sich auf jemanden, der "ne ga" war, das meinte eine Person, die nichts besitzt, war also ursprünglich (also um die Jahrhundertwende) noch eine Bezeichnung für arme Leute.

    Charakteristisch für das Buch scheint mir ein langsamer Erzählton der sich sehr viel Zeit nimmt und sozusagen zunächst erst einmal, wie im Theater, die "Bühne" seiner Geschichte aufbaut. Im Unterschied zu den heutigen Romanen werden wir, mein Eindruck, nicht sofort im Geschehen geworfen, sondern erst langsam an diese Geschichte herangeführt. Auffällig ist, dass wir zunächst das Haus und die Anfänge der Familie kennenlernen, also sozusagen die Fundament und das Umfeld, erst dann sind die Figuren, von denen diese Geschichte erzählt dran. Es wird daher wohl für das weitere Lesen, mein persönlicher Eindruck, notwendig sein, darauf zu achten, inwieweit das Haus ebenfalls als eine "handelnde Figur" zu verstehen sein wird.


    Was mir sehr gut gefällt, ist die Sprache, die jedenfalls dem Meisten aus dem 21. Jahrhundert, was ich am Buchmarkt bisher gelesen habe, haushoch überlegen ist. Das ist allerdings etwas, was mir schon oft aufgefallen ist. Offensichtlich war die Unterhaltungsliteratur im 20. Jahrhundert sprachlich auf einem höheren Level als in der Gegenwart.

    Die kuk Monarchie Österreich hatte sicher ihre Mängel (wie andere Staaten übrigens auch), aber die Dinge lassen sich nicht einfach auf ein Pauschal(vor-)urteil reduzieren. Dass mit dem stockkatholischen Ständestaat ist eindeutig ein unzulässiges Vorurteil, und aus meiner Sicht zudem sehr verletzend für die Menschen, die dort gelebt haben.


    Daneben wäre auch die Frage zu stellen, ob dieser himmelweite Unterschied zu unserer heutigen Gesellschaft tatsächlich existiert und wenn ja, ob unsere heutige Gesellschaft wirklich so viel besser ist.

    Vielleicht ist es auch nicht uninteressant zu berücksichtigen, dass der Autor 1890, also zwei Jahre, nach Beginn seines Buches geboren ist. Es handelt sich also nicht um einen historischen Roman, auch wenn wir das als heutige Leserschaft so empfinden dürften, sondern aus seiner Sicht um einen Zeitroman oder einen zeitgeschichtlichen Roman.


    Was den Mezzanin betrifft, es handelt sich dabei um die sogenannte Beletage (bel etage, das so genannte schöne Stockwerk). Es ist ein Merkmal der Gründerzeithäuser, eine Art Zwischengeschoss oder Zwischenstock, zwischen Erdgeschoss (Parterre) (dem Geschäftsbereich, der zugänglich ist) und dem 1. Stock (bereits Wohnbereich, der auch vermietet wurde). Es befand sich also zwischen dem Wohnbereich und dem Geschäftsbereich.


    Der Mezzanin war gewöhnlich jener Teil eines Gründerzeithauses mit der Hausbesitzerwohnung, also der vornehmste Teil eines Bürgerhauses. In Wien gibt es noch sehr viele Häuser aus der Gründerzeit (nicht nur im 1. Bezirk), und beim Studium von der Hausfassade, wenn erhalten, ist auffallend, dass das Erdgeschoss oft anders gestaltet ist als der Rest des Hauses, oft aber auch der angeblich erste Stock eine besonders schöne und auffällige Gestaltung hat und sich vom Rest der Fassade abhebt. Das betrifft gewöhnlich jene Häuser, die einen Mezzanin haben, dessen herausragende Rolle auch in der Außenfassade berücksichtigt wird.


    Aus heutiger Sicht sind diese Mezzanine allerdings durchaus ein Nachteil, da sie nicht als Stockwerke gezählt werden. In Österreich ist es nämlich gesetzliche Vorgabe, dass Häuser ab einem 5. Stockwerk einen Lift haben müssen. Hat ein Haus nun fünf Stöcke und einer ist eigentlich ein Mezzanin bedeutet das aber, dass ein Lifteinbau nicht nötig ist. Der wäre erst notwendig, wenn dem Haus noch ein 6. Stockwerk draufgesetzt wird. Hat das Haus insgesamt 6. Stöcke und darunter befindet sich ein zweigeteilter Mezzanin (was hin und wieder auch vorkommt), ist ein Lift ebenfalls nicht nötig, dieser müsste erst eingebaut werden, wenn das Haus noch ein 7. Stockwerk bekommt.

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    Im Buch wird natürlich den Mezzanin kein Zweifel gelassen, welchen gesellschaftlichen Status die Familie Alt hat, zudem die Seilerstätte, obwohl ihr Name daran erinnert, dass hier früher einmal eine Hinrichtungsstätte, war, im 19. Jahrhundert zu den vornehmeren Straßen in Wien zählte.

    Ich vermute, Kinkel hat sicher gut an dem Verkauf der Rechte verdient. Hinzu kommt noch, dass "Die Puppenspieler" ihr seinerzeit am deutschsprachigen Buchmarkt den Durchbruch als Autorin gebracht haben, aber sicher nicht ihr bestes Werk sind. Das Buch ist außerdem vor über zwanzig Jahren erschienen, und damit sicher längst nicht mehr ein Verkaufsschlager. Hinzu kommt noch, dass der deutsche Buchmarkt heute sehr unübersichtlich ist und für den Erfolg dort, verschiedene Faktoren ausschlaggebend sind, wobei die tatsächliche Qualität eines Buches noch am unwichtigsten ist. Für eine Autorin oder einen Autor, selbst wenn sie sich, wie eben Kinkel schon mehr als zwanzig Jahre am Buchmarkt halten konnte, ist es daher nicht wirklich leicht, im "Oberwasser" zu bleiben.


    Aber nicht viele Bücher werden tatsächlich verfilmt, und es scheint außerdem, wenn berücksichtigt wird, dass auch hier gewöhnlich immer nur Bücher von bestimmten Autorinnen und Autoren (Rosamunde Pilcher, Charlotte Link, Iny Lorentz etc.), dass auch hier die "Positionen" besetzt sind. Ein verfilmtes Buch bedeutet vermutlich für den Autor oder die Autorin eine Möglichkeit, aus dem Buchmarkt "herauszufallen".


    Kinkel könnte sich daher vom Verkauf der Filmrechte für "Die Puppenspieler" Folgendes versprochen haben:

    1.) ein (wahrscheinlich auch sehr "saftiges") Honorar

    2.) "Aufstieg" auf dem Buchmarkt: Autorin, die auch verfilmt wird, und damit einen neuen zusätzlichen Popularitätsschub als Autorin

    3.) Die Chance, noch weitere Exemplare "Der Puppenspieler", die längst "veraltet" sind, verkaufen zu können (oder vielleicht eine Neuauflage des ohnehin schon älteren Romans)

    4.) Daneben könnte der Film auch ein Tor sein für weitere finanzielle Verwertung der "Puppenspieler": als Musical, Hörspiel, Theaterstück etc.