Beiträge von KarinS

    Was dann deshalb auch kein Anlass war, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Wenn einer krank wurde oder starb, oder nicht mehr wollte und konnte, standen vermutlich 10 neue da um zu übernehmen.

    Genau so.


    Beim Tunnelbau kommt es, wie es eines Tages wohl kommen mußte: die Arbeiter streiken. Erstaunlich, daß das so lange bis dahin gedauert hat.

    Das lag sicher auch daran, dass die Fluktuation ziemlich hoch war. Wenn es den Leuten zu viel wurde, sind sie gegangen. Es kamen immer genügend Arbeiter nach. Man schätzt, dass ca. 5000 - 6000 Arbeiter insgesamt am Tunnelbau beteiligt waren.

    Ist mir nach Deinen Kommentaren hier in der Leserunde schon klar. In Sachbüchern ist meine "Mitleidensfähigkeit" ziemlich hoch, da vertrage ich einiges. In Romanen komme ich da schon eher an meine persönliche Grenze der "Leidensfähigkeit".

    Was ich jetzt tatsächlich als Kompliment nehme, weil die Geschichte dich "mitnimmt" ( im wahren Sinne des Wortes) und das ist ja eigentlich das, was ich als Autorin möchte. :-) Also nicht, dass es dir schlecht geht, aber dass die Situation der Menschen fühlbar wird. Manche berührt das stärker als andere. Sachbücher vemitteln Wissen, und sollten mMn nicht die emtionale Ebene ansprechen, bei Romanen ist das anders.

    Ich merke übrigens auch, dass ich mit zunehmendem Alter empfindlicher werde und manche Dinge nicht mehr lesen kann und will.

    MIr ist die Dramatik in diesem Buch hier eigentlich zu hoch. So gut sind meine Nerven nicht mehr. :alter Das Elend der Arbeiter hätte mir gereicht, da hätte ich nicht diese (bisher) unglückliche Liebesgeschichte gebraucht, die das Bild weiter verdüstert. Ganz ehrlich: hätte ich mir das Buch selbst gekauft, würde ich nicht zu Ende lesen; ich hätte vermutlich spätestens bei der Geschichte mit Johanna abgebrochen. Es ist mir einfach zu viel des Negativen. Drum brauche ich auch so lange: ich muß nach ein paar Seiten etwas Erfreulicheres dazwischen schieben.

    Dabei habe ich die Verhältnisse noch nicht mal so drastisch geschildert, wie sie in Wirklichkeit waren, weil mir das auch zu viel war.

    Schließlich expolodiert die Wärmehütte. Sicherheitsvorschriften gab es wohl nicht allzuviele, und wenn, wurden die locker gesehen. Unmöglich die Reaktion des Akkordanten.

    Die Sicherheitsvorschriften waren ein ständiges Thema während des Baus. Die Göschener haben zig eingaben gemacht, um zu erreichen, dass die Sprengstofflager ( es wurde ja auch noch mit Schwarzpulver gesprengt) und die Wärmehütten weiter weg errichtet werden. Das Göschener Tal ist sehr eng, die Umgebung sehr steil, es gab kaum Platz für die Installationsgebäude und es gab ( gibt) nur eine Straße hinaus, über die Häderlisbrücke, und auch da war nicht wirklich Platz. Die Urner Regierung hat beschlossen, dass das Dynamit außerhalb von Göschenen gelagert werden muss, Favre hat ständig irgendwelche Schlupflöcher gefunden - das zog sich über Jahre.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass Helene es bereut, dazu ist sie viel zu erfüllt von ihrer Liebe zu Piero. Dieser weiß ja nichts von dem Baby und liebt Helene ja immer noch, wartet nur auf eine Möglichkeit, sie heiraten zu können. Also hat auch er keinen Grund zur Reue.

    So sehe ich das auch.

    :)

    Ich hätte nicht gedacht, dass ich Tunnelbau mal so spannend finde ;)!

    Meine erste "Begegnung" mit dem Tunnelbau war bei uns in Eppstein, da wurde von 2011 bis 2013 ein neuer Eisenbahntunnel gebaut, weil der alte marode war. Ich bin mehrmals in der Woche an der Baustelle vorbei gefahren. Das was schon spannend. Die Bauarbeiter waren in Containern untergebracht und der Tunnel wurde, wie der Gotthardtunnel damals, mittels Sprengvortrieb gebaut. Die Explosionen hörte man und oberhalb des Tunnels im Wald lagerte der Sprengstoff (in einbruchsicheren Containern). Kurz vor Fertigstellung war dann "Tag der offenen Tür", es gab Führungen durch den Tunnel. Fand ich schon damals sehr interessant. Auch dass die Tunnelarbeiter immer noch sehr abergläubisch sind. Natürlich hing die heilige Barbara am Portal. Ich habe ja damals die "Albatrosse" geschriebne und schon Parallenen zu den Seeleuten gesehen.

    In dem Abschnitt passiert ja so Einiges.


    Irgendwas muß in der Vergangenheit mit einer Magd gewesen sein, wenn ich die Reaktion von Helenes Mutter (S. 206) richtig deute.


    Ein Gleiches gilt später, wie mit Johanna und ihrem Kind umgesprungen wird. Deren Eltern haben nicht mal den Begriff „Rabeneltern“ verdient, denn ich meine mich entsinnen gelesen zu haben, daß Raben sehr gute Eltern seien. Und die "Sitte", die werdende Mutter bei der Geburt nach dem Vater zu fragen - welcher verworrene und kranke Geist kommt auf so eine abstruse Idee?

    Du deutest richtig.


    Auf den Umgang mit werdenden Müttern von unehelichen Kindern bin ich erst während des Schreibens gestossen. In einer Quelle stand, dass in Uri (!) , ich weiß nicht, wie es in der restlichen Schweiz war, uneheliche Geburten hart sanktioniert wurden. Dann habe ich das Dokument gefunden, dass ich weiter oben verlinkt habe und habe nur noch den Kopf geschüttelt.

    Gab es dort damals keinen Kuppeleiparagrafen wie in Deutschland? Da hätte Teresia und ihr Mann schon viel eher Schwierigkeiten mit dem Gesetz kriegen können.

    Wenn es den gab, hat sich keiner drum geschert. Es gab ja auch Prostitution in den Tunneldörfern, was eigentlich auch verboten war. Wurde aber lange geduldet. Erst 1879 und 1880 kam es in Göschenenzum Rundumschlag gegen die «unsittlichen» Wirtshäuser. Dabei fiel der Bordellverdacht ebenso auf die Wirtschaft des Francesco Ceresa, in welcher der Italiener Antonio Peduzzi wirtete, wie auf das Café dell' Unione, das von Frau Büchel geführt wurde. Wegen Verdachts auf Prostitution in diesen beiden Häusern wurden sechs Frauen zwischen 14 und 28 Jahren vernommen. Diese Frauen stammten mit Ausnahme Klara Furgers aus Altdorf alle aus benachbarten Kantonen

    Auch interessant:

    Zitat

    Während wir in den Verhörprotokollen und Berichten einiges über «Machenschaften» und Anstellungsverhältnisse der Kellnerinnen erfahren, sind darin die Männer, die mit den Frauen «fleischlichen Umgang» gehabt haben sollen, nur beiläufig erwähnt. Sie wurden selber nicht verhört und sind in den Dokumenten lediglich durch die Fragen und in den protokollierten Aussagen der Frauen gegenwärtig, als «Beischläfer» oder als «Bekannter». Auch wurde die Wirtin Büchel, deren Mann ein Ortsansässiger war, in den Verhören umsichtiger behandelt als der Italiener Antonio Peduzzi.

    Quelle: Binnenkade - "Sprengstoff"

    🤩 Inzwischen habe ich herausgefunden in welchem der vielen Castelnuovos Pieros Elternhaus steht. War es besondere Absicht, dass es der Herkunftsort von Don Bosco ist?

    Dieser Heilige hat ja zu diesem Zeitpunkt noch gelebt und in der Gegend gewirkt.

    Ja, ist Castelnuovo don Bosco. Damals hieß es nocht nicht so. Wie hast du das rausbekommen?

    Ja, ich meine das "gesündigt" - nicht nur im religiösen Sinne, sondern auch in dem, was damals Brauch und von ihrer Dorfgemeinschaft anerkannt war.

    Ich schrieb schon mal, es gab immer wieder junge Leute, die sich nicht an die geltenden Moralvorstellungen gehalten haben. Helene gehört dazu. Sie verstößt ja schon damit gegen das, was "Brauch" war, in dem sie lieber ihren Vater auf seinen Fahrten begleitet, statt im Haushalt zu arbeiten. Sie tut das, was sie für richtig hält. Das muss nicht jeder gut finden.

    Allerdings sind die größten Liebesgeschichten so entstanden. Was wäre "Romeo und Julia", wenn die beiden sich brav an die Regeln ihrer Eltern gehalten hätten? Eine sehr langweilige Geschichte.



    Zitat

    Außerdem hätte sie die Monate abwarten können, bis Piero sich meldet.

    Das verstehe ich nicht. Womit abwarten? Mit der Hochzeit mit Peter? Sie wusste ja gar nicht, ob Piero noch lebt. Er war immer noch krank, als er gegangen ist. Und dann drängte die Zeit, denn unehelich Schwangerschaften mussten gemeldet werden.


    Zitat

    Und bei ihm hätte sich auch spätestens dann Reue zeigen sollen, als ihm klar wurde, dass das Kind höchstwahrscheinlich von ihm sein wird und er durch seine ungestüme Leidenschaft Helene in diesen Ausweg mit der übereilten Ehe gedrängt hat.


    Es tut ihm ja leid. Nur ändern kann er es nicht mehr. Er kann nur ihre Bitte respektieren, sich nicht mehr zu melden.

    Tante Li schrieb:

    Erstens das und dann wundert mich schon, dass weder Helene noch Piero Reue zeigen, dass sie miteinander zu weit gegangen sind, als die Schwangerschaft deutlich wird.


    Aber da war Piero doch schon weg, oder?

    Ja, sie merkt erst nachdem er fort ist, dass ihre Tage ausbleiben. Und zunächst hofft sie ja noch, es wäre nur eine Unregelmäßigkeit, weil sie mmer unregelmäßig waren.


    Was meinst du mit bereuen? Weil sie "gesündigt haben"? Weil sie leichtsinnig waren? Helene ist da zwiespältig. Sie hat Angst, was aus ihr wird, sie hofft, dass Pieros sich meldet. Aber wirklich bereuen tut sie es nicht. Sie will dieses Kind.


    Zitat

    Sie legte die Hand auf ihren Bauch. Dort wuchs Pieros und ihr Kind. Die Vorstellung, dass aus ihrer Liebe Leben entstand, hatte etwas Beglückendes. Sie liebte dieses unbekannte Wesen jetzt schon. Doch gleich darauf packte sie die Angst. Was sollte aus ihr werden?

    Danke, die Liste ist schon erschreckend lang.

    Interessant finde ich, dass ein tropischer Wurm so viele Männer dahinraffte. Die Bedingungen im Tunnel waren für den Wurm natürlich optimal. Doch dass der Doktor in Göschenen die Erkenntnis des Turiner Arztes nach einer Obduktion einfach beiseite wischte, ist schon stark. Er hätte auch etwas früher auf dieses Farn setzen können.

    Die Gotthardbahngesellschaft wollte unbedingt verhindern, dass bekannt wurde, dass die Ursache für das Sterben ein Parasit war. Die beiden Stollen waren nur noch 400 Meter voneinander entfernt und die Gesellschaft hatte Angst, dass ihnen die Arbeiter weglaufen.