Beiträge von Bernard

    Behrnie :
    Mag sein, dass Du Recht hast. Ich glaube es nicht, mir erscheint die Zufallsrate zu hoch (Stichwort Kettenwahrscheinlichkeiten). Sie wird auch dadurch nicht geringer, dass ich rezessive Gene mitschleppe, denn auch da müssten sich ja ausgerechnet diejenigen ansammeln, die dann ein Auge (oder einen Sonarapparat mit Empfangs- und Auswertungsteil) ergeben, dann gleichzeitig durchschlagen und sich ab dann dominant vererben. Das erscheint mir konstruiert. (--> Wo ist der Konstrukteur?)


    Gerade die Diskussion dieser Thematik zeigt aber, dass ein gläubiger Mensch in aller Regel mitnichten "alles hinnimmt und nicht nachdenkt".
    Wenn ich annehme, dass es einen Gott gibt,
    dann kann ich auch annehmen, dass es in der Schöpfung einen Plan gibt,
    und dann kann ich darüber spekulieren, wo das Ziel dieses Planes liegt.


    Ich habe also viel nachzudenken. Und ständig an meine wechselnden Wissensstände anzupassen.


    Jemand, dem sich die Frage nach Gott gar nicht stellt, dürfte schon beim ersten Schritt aussteigen ...


    Ich sage nicht, dass das schlecht ist. Vielleicht ist es gut, sich nicht mit solch "unnützem Zeug" zu beschäftigen (obwohl ich persönlich es empfehlen würde, weil es mir großen Spaß macht). Nur, weil vorher in diesem Thread behauptet wurde, Gläubige wären weniger kritisch oder würden generell weniger eigene Gedanken entwickeln ... :grin

    Zitat

    Original von Behrnie
    Die Evolution ist ein sehr mächtiges Werkzeug, wenn es um Anpassung, Optimierung und Effizienzsteigerung geht. Gott wäre dumm, wenn er dieses Werkzeug bei seiner Schöpfung nicht genutzt hätte.


    Sehr richtig. :write
    Deinen früheren Ausführungen stimme ich dennoch nicht zu. Zwar sind die von Dir angesprochenen sinnvollen Zwischenstadien vorhanden, aber die Abstände sind zu gewaltig, um ohne zielgerichtete Entwicklung überwunden zu werden.


    Zitat

    Original von Tom
    Das "Verstehen" solcher Beispiele geht einher mit der "Zufall"-Problematik. Du schreibst Dinge wie "Hier müssen Organe wachsen", das hört sich an, als handle es sich um einen Prozeß wie bei den genmanipulierten Ratten, denen die Knorpelstrukturen menschlicher Ohren auf dem Rücken "wachsen". Wie beim "Zufall" verstehen viele Betrachter hier nicht den zeitlichen Hintergrund, vor dem das geschieht.


    Wieder: volle Zustimmung! :write
    Eben dieser zeitliche Hintergrund ist die Widerlegung des Neodarwinismus (nicht: der Evolutionstheorie). Der Weg von einer "Ausbaustufe" zur nächsten würde, wäre er zufallsabhängig, Jahrtausende benötigen. Die Selektion der (bis zum Erreichen dieser Stufe) unterlegenen mutierten Organismen wäre aber eine Frage von Jahrzehnten.
    Ich bin auch durchaus bereit, ein gewisses Maß an Unwahrscheinlichkeit in meinem Weltbild zu akzeptieren. Da diese Phänomene aber die Regel sind und nicht die Ausnahme, muss ich zwingend von einem "Faktor X" (Bauplan) ausgehen. Das beweist keinen Gott (ich wiederhole mich, da ja gern selektiv gelesen und zitiert wird). Es wirft aber Fragen auf.


    Zitat

    Original von Tom
    Schließlich beobachten wir weiterhin evolutionäre Prozesse, der Vorgang scheint also nicht abgeschlossen. Was steht an seinem Ende?


    Das wüsste ich wirklich gern! Ich bin sehr gespannt darauf, wie die Reise weitergeht! Vielleicht sind wir wirklich erst am "sechsten Tag der Schöpfung" und wir Menschen entwickeln noch ganz andere, erstaunliche Fähigkeiten. Wer weiß?


    Zitat

    Original von Tom
    Und warum gelingt es uns, aus diesem "Bauplan" auszuscheren und die Welt vor seiner Beendigung zu zerstören (Was wir ja gerade erfolgreich in Angriff genommen haben)?


    Oh gesegnete Egozentrik! :lache
    Was, bitte, können wir denn zerstören? Vielleicht (!) einen Planeten, nämlich die Erde. Ein Staubkorn in einem gewaltigen Nichts. Wie Du selbst weiter oben gepostet hast, ist das im kosmischen Maßstab eher ein Messfehler. Und daran soll der Plan Gottes scheitern? Diese Logik erschließt sich mir nicht.
    a) Warum soll es auf die Menschheit ankommen? Es könnte sehr wohl im gewaltigen Universum unglaublich viele andere bewohnte Planeten geben, auf denen Wesen leben, die ebenfalls nach Gottes Ebenbild geschaffen sind. Die sehen vielleicht ganz anders aus als wir, vielleicht würden wir sie noch nicht einmal erkennen, wenn wir sie träfen, vielleicht wird es sie auch erst in ein paar Milliarden Jahren geben. Na und? Gott braucht uns nicht. Wenn wir uns in die Luft sprengen - unser Problem, nicht seines.
    b) Vielleicht ist Gottes Plan mit uns ja schon fertig. Warum sollte es uns ewig geben? Vielleicht "reicht" es, wenn es bis ins Jahr 2020 Menschen gibt. Vielleicht sind bis dahin alle unsterblichen Seelen einmal auf der Erde gewesen. Oder was sonst das Kriterium sein mag. Ich weiß es nicht.
    c) Warum sollte Gott nicht noch einmal von vorn anfangen können? Wir verschleudern die Erde und sterben alle aus. Okay. Ein, zwei Eiszeiten später könnte Gott problemlos den gleichen Evolutionszirkus wieder anfangen lassen, den er hier schon einmal durchgezogen hat.
    Für mein Empfinden hast Du hier wieder ein Axiom gesetzt, dass Du als konstitutionell für einen Glauben an Gott annimmst. Ist es aber nicht. Noch nicht einmal für den christlichen Gott.


    Ich überlege gerade, ob ich an Gott glauben würde, wenn ich meine Erwartungen an ihn mit vergleichbaren Axiomen aufladen würde. :gruebel

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    Original von Oryx


    Hier muss ich falsch sagen! Gewisse Mutationen unterliegen spezifischen Zeitabständen und Umweltbedingungen, aber das sind nur eine minimale Anzahl. Die meisten Mutationen sind spontan (Trisomie, die ich schon oben erwáhnt hatte)!


    Das ist richtig, von mir aber nicht gemeint.
    Es geht eher um den Effekt, dass Mutationen bei höheren Lebewesen nur dann sinnvoll sind, wenn schlagartig im Zusammenspiel, sozusagen aufeinander abgestimmt, eine Vielzahl von Genen "kippt". Das passiert in der Evolution dauernd.
    Nimm ein Lebewesen an, das keine Augen hat. Es hätte einen Selektionsnachteil, wenn es nur eine Iris hätte, nur eine Linse, nur ein "halbes" Auge. Es würde Energie für die Aufrechterhaltung dieser Wucherungen aufwenden müssen, ohne dass diese eine nützliche Funktion erfüllten. Es wäre daher im Nachteil gegenüber Artgenossen ohne Wucherungen. Nur ein komplettes Auge ist sinnvoll.
    Die von Crichton angeführte Fledermaus ist ein Paradebeispiel. Hier muss nicht nur ein Organ wachsen, sondern gleich mehrere: Stimmbänder, die Ultraschall ausstoßen können, Ohren, die Ultraschall auffangen können und ein Hirn, das aus Ultraschalltönen räumliche Informationen zusammensetzen kann.
    Im Übrigen:
    Unkontrollierte Zellwucherungen, also Mutationen, bei höheren Lebewesen sind auch als "Krebs" bekannt und eine der Haupttodesursachen in westlichen Ländern. Sie werden in der Natur "wegselektiert", also nicht weitervererbt.


    Dann gibt es da noch Trends, Saltationen usw. usf.


    Die Erklärung "Zufall" erscheint mir unplausibel.

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    Original von Tom


    Aber bestenfalls als Idee. Weil es bisher keine andere zwingende Erklärung gibt, jedenfalls für den Zustand selbst und alles mögliche dahinterliegende, sofern überhaupt "existent". Ich weiß nicht weiter und denke mir deshalb "Gott" aus. Das hat natürlich seinen Reiz, ich muß nicht weitersuchen.


    Ja und nein.
    Gott - präziser: die Vorstellung, die man von Gott hat - ist zunächst mal nur eine Idee. Insofern: ja.


    Aber "Ich muss nicht weitersuchen" bekommt von mir ein "nein". Im Gegenteil: Mit der Annahme, es gäbe einen Gott, habe ich eine tragfähige Arbeitshypothese, die zu weiteren Überlegungen Anlass gibt. Diese sind dann keineswegs willkürlich, sie müssen im Gegenteil zu meinen Beobachtungen passen. Eine davon hatten wir schon: Gott kann nicht dem Zeitbegriff unterliegen. Zu Ende gedacht ist das wesentlich relevanter, als es zunächst scheint, und entkräftet einige der eingangs in diesem Thread angeführten Gegenargumente.
    "Ich muss nicht weitersuchen" trifft in meinen Augen vielmehr zu auf jemanden, der sagt: "Die Frage stellt sich gar nicht." - Da es dann keine Antwort gibt, braucht man auch nicht über Konsequenzen und weitere Fragen nachdenken.


    Zitat

    Original von Tom
    Unsere Begriffe und Wahrnehmungsmöglichkeiten sind beschränkt, fraglos, aber das hat m.E. nicht zur zwingenden Konsequenz, daß man außerhalb dieser Wahrnehmungsmöglichkeiten mit Mythen hantieren muß. Ganz im Gegenteil.


    Volle Zustimmung. Mythen haben m.E. durchaus ihren Platz, aber hier ist er nicht.


    Zitat

    Original von Tom
    Eben nicht. Das versuche ich die ganze Zeit über zu sagen. Es wird mir (stellvertretend sozusagen) zwar pausenlos unterstellt, aber ich halte Glauben und Wissenschaft nicht für alternative Antworten auf die selben Fragen.


    Ich habe mich eventuell unklar ausgedrückt.
    Ich nehme an, Du meinst: "Man kann glauben oder wissen, aber nicht beides zugleich."
    Ich meine: "Man muss erstmal wissen, um überhaupt glauben zu können."


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    Original von Tom
    Was unterscheidet religiösen Glauben vom Aberglauben?


    Es gibt sicher unheimlich viele Definitionen dafür. Meine ist: "Glauben leitet sich aus Wissen ab, Aberglauben widerspricht dem Wissen."


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    Original von Tom
    "Aberglaube" ist ein Begriff, der von den Kirchen geprägt wurde!


    Und ich bin Teil der größten Kirche überhaupt. Also werde ich den Begriff doch wohl verwenden dürfen. :grin


    Zitat

    Original von Tom


    Was bitte ist "Zufall"?


    Ein Ereignis ist dann zufällig, wenn es sich nicht zwangsläufig aus (bekannten oder unbekannten) Einflussgrößen ableitet.
    Diese Definition ist nicht identisch mit der der Chaostheorie, die auf bekannte und überschaubare Einflussgrößen abstellt.
    Meine Definition ist aber für die Frage, wie das Leben auf der Erde entstanden ist, sinnvoller, weil dieses Konzept von Zufall dem Neodarwinismus zu Grunde liegt. Obwohl in deutschen Schulen immernoch gern unterrichtet, kann er als widerlegt gelten.


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    Original von Tom
    Interessant. Aber was bedeutet das?


    Die Frage gebe ich gern zurück, weil mich die Antwort eines Agnostikers (oder noch mehr die eines Atheisten) darauf sehr interessieren würde.
    Meine Antwort ist: "Da es systematisch ist, gibt es jemanden/ etwas, der diese Systematik verankert hat." Analog zur Entstehung des Universums - jemand hat es zu Beginn angeschoben.
    Aber das ist meine Antwort - mich interessiert die derjenigen, die anders denken/ zu anderen Schlüssen gekommen sind.



    Zitat

    Original von Tom


    Hier müßte ich wissen, was Du mit "Bauplan" meinst, um antworten zu können.


    Eine grundlegende Systematik, die zur Entstehung eines Universums wie des unsrigen führt. So wie ein Bauplan für ein bestimmtes Haus eben. Es mag Variationen zwischen Plan und fertigem Haus geben, aber aus ein paar Schritt Entfernung sieht man: "Jawohl, dieser Plan gehört zu diesem Haus - und nicht zu dem daneben und auch nicht zu einem Auto."


    Zitat

    Original von Tom


    Das ist schön.
    Für Dich. :-)


    In der Tat. Ich vermute, für jemanden, der nicht drin ist, ist es überhaupt nicht nachvollziehbar, wie schön.
    Ich glaube, es gibt nichts Geileres als "Ostern" und "Katholik sein" in Kombination.

    Zitat

    Original von Tom
    Wenn ich Dich richtig verstehe, reduzierst Du die Gottesfrage auf die Ursprungsfrage, und wahrscheinlich repräsentierst Du damit eine Mehrheit.


    Tue ich nicht. Aber die Threadfrage ist eine existenzialistische, darum gehe ich auf andere Aspekte nicht ein. Tut aber weiter nichts zur Sache, nur der Vollständigkeit halber.


    Zitat

    Original von Tom
    Der Schöpfungsmythos (vor der Welt gab es Gott, und Gott hat die Welt geschaffen) ist den allermeisten Religionen gemein. Er ist eine Rekursion ohne Abschlußbedingung, denn die Frage, woher Gott kam und wer ihn (oder es) geschaffen hat, wird bewußt ausgeblendet. Das wäre aber meine erste Frage an jemanden, der mir die göttliche Schöpfung als Erklärungsmodell für die Weltentstehung unterzujubeln versuchen würde.


    Das ist in Trugschluss. Die Abschlussbedingung ist dadurch gegeben, dass Gott außerhalb des Universums und seiner Gesetzmäßigkeiten steht. Das ist keine faule Ausrede, sondern im Gegenteil eine zwingende Folgerung: Der von Dir angesprochene Urknall führt zu einem Punkt, an dem keine Zeit mehr vergeht. Du brauchst also, auch und gerade wissenschaftlich, etwas, was handeln/ agieren/ passieren kann, ohne dass Zeit vergeht. Das ist aber notwendig etwas ("eine Kraft") außerhalb unserer Naturgesetze. Da sie (im Gegensatz zum Universum als solches) außerhalb der Naturgesetze liegt, kann sie sowohl außerhalb von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen als auch, und das zwingend, außerhalb unseres Zeitbegriffes existieren.
    Die Frage "was war vor Gott" wird also nicht bewusst ausgeblendet, sondern vielmehr in die Erklärung seiner Eigenschaften einbezogen.
    Ich nehme an, das ist der wesentliche Unterschied zwischen unseren Wahrnehmungen: Du denkst "Glaube" und "Wissenschaft" als Alternativen. Für mich ist das erste die Folge aus dem zweiten. Deswegen betreibt meine Glaubensgemeinschaft auch Sternenwarten, führt im Vatikan Kongresse in Theoretischer Physik durch, leistet den weltgrößten Anteil an der Alphabetisierung in Entwicklungsländern, unterhält Eliteuniversitäten und und und. Glaube, der Wissen verneint, ist kein solcher, sondern Aberglaube.


    Zitat

    Original von Tom
    Neben dem schöpferischen Aspekt gibt es ja noch viele weitere, wie die Behauptung, Gott wäre allwissend und allgütig. Wie kann eine abstrakte Kraft "wissend" und "gütig" sein?


    Ich schlage vor, diese Frage hier nicht zu diskutieren, weil das endlos wird. Wir müssten uns zunächst über die Bedeutung von "gütig" verständigen. "Gütig" - für wen? Zwei Nationen beten zu Gott, dass sie im Krieg gewinnen mögen. Wen muss er siegen lassen, um dann "gütig" zu sein?
    Es gibt gute Antworten darauf, und ich würde diese Fragen nicht als "Randfragen" einstufen, aber sie stehen weit hinten in der Ableitungskette. Und sie sind natürlich obsolet, wenn man das erste Glied ("Existiert eine göttliche Kraft?") verneint.


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    Original von Tom
    Gehen wir mal vom Universum als ganzes weg. Dann wird's nämlich einfacher, wenn es um die Entstehung von Leben geht. Es ist weitestgehend (oder doch nicht?) unumstritten, daß das Leben auf der Erde vor dreieinhalb bis vier Milliarden Jahren begann, für viele beteiligte Prozesse gibt es Beweise oder hinreichend nachvollziehbare experimentelle Belege. Eine "ordnende" oder "schöpfende" Kraft spielt bei allen keine Rolle.


    Falsch.
    Es gibt genau diese experimentellen Belege nicht.
    Richtig ist, dass Mutationen vorkommen und dass es eine umweltbedingte Selektion gibt.
    Falsch ist, dass diese Mutationen zufällig wären.
    Es gibt Saltationen und ganz klare zielgerichtete Entwicklungen in der Evolution des Lebens. Michael Crichton legt in einem der Jurassic Park-Bücher schlüssig dar, dass beispielsweise die Fledermaus nicht hätte entstehen können, wenn es nur zufallsbedingte Mutationen gäbe.
    Disclaimer: Dies ist kein Gottesbeweis! Es beweist nur, dass die Entwicklung des Lebens systemimmanent ist. Aus einem Ei wird ein Huhn. Das Huhn ist im Ei angelegt. Es muss ein Huhn werden, keine Gans, keine Ente. Einen Gott braucht es dazu nicht, wohl aber einen genetischen Bauplan. Das Universum hat auch so einen Bauplan.
    Ein gutes Buch zum Thema, das ohne Gott als Erklärungsansatz auskommt, habe ich hier vorgestellt.


    Die Kreationisten sind übrigens schlauer, als man meinen sollte. Ich war eine Zeit lang in den USA unterwegs und habe da einige von deren Radiosendungen gehört. Sie kommen mit erstaunlich wenigen Prämissen aus. Ihr Modell überzeugt mich persönlich dennoch nicht.


    Zitat

    Original von Tom
    Die Entstehung unseres Seins ist für mich keine Grundfrage, die etwas mit "Gott" zu tun hat.


    Für mich schon.
    Darum fühle ich mich in der katholischen Kirche auch so wohl. Sie predigt drei Wege der Offenbarung: Bibel, kirchliches Lehramt und ... Trommelwirbel ... Naturwissenschaft.

    Ich dachte, ich dürfte mich nicht inhaltlich äußern, aber da ich vom Themenstarter darum gebeten wurde (und außerdem, nach Toms Logik, gar nicht an Gott glaube, weil ich ja (zumindest subjektiv) um seine Existenz weiß):


    Zitat

    Original von Tom
    Wer ist "Gott"?


    Ich teile Deine in diesem Abschnitt geäußerten Ansichten. Sie sind meines Erachtens eine korrekte Zustandsbeschreibung.


    Zitat

    Original von Tom
    Sind Glauben und Nichtglauben letztlich dasselbe?


    Das Gerichtsbeispiel ist in sich schlüssig.
    Es ist jedoch meines Erachtens im falschen Kontext angewendet.
    In einem rechtsstaatlichen Gericht gilt zunächst die Unschuldsvermutung, aus dieser ergeben sich die Fragen der Beweislast. Hier ist jedoch niemand angeklagt - weder der Gläubige noch der Ungläubige. Man muss also die Thesen als wissenschaftliche Hypothesen begreifen, nicht als Kriminalfall.
    Wissenschaftliche Hypothesen sind so lange gültig, wie sie die Welt erklären, nicht falsifiziert sind und nicht durch eine schlüssigere Hypothese (= eine, die die Welt besser erklärt) überholt werden. Beispielsweise gibt es ein Atommodell, das ein Atom als Kugel "versinnbildlicht". Das ist nicht im eigentlichen Sinne falsch, es erklärt die physikalischen/ chemischen Beobachtungen bis zu einem gewissen Grad. Ab einem bestimmten Detailgrad kommt man damit aber nicht mehr aus, man braucht Protonen, Neutronen, Elektronen, ... Quarks, ... Strings, ... Energielevel, ... usw.
    Unserer Realitätsbeobachtung müssen sich alle Glaubenssysteme stellen, da nehme ich den Atheismus mal großzügig als Glaubenssystem auf.
    Nun stimme ich Dir zu, dass unter der Prämisse, es gäbe keine Hinweise auf die Existenz Gottes, ein "Glaube" an Gott nicht sinnvoll, weil willkürlich, wäre.
    Ich vermag allerdings die Prämisse nicht zu teilen, denn es gibt eine Wirkung, für die ich eine Ursache erwarte. Diese Wirkung ist das Universum, beziehungsweise seine Existenz, sowie die grundsätzlichen Konstanten, die hier gelten und zu Bedingungen geführt haben, in denen Leben entstehen kann.
    Hier will die Ursache geklärt werden. Das kann man sich einfach machen ("alles Zufall" - übrigens wissenschaftlich unmöglich) oder auch nicht.
    Ich persönlich würde diese "Ursache" mit "Gott" bezeichnen.
    Nun kann ich aus der Wirkung (= die Welt) auf die Ursache (= Gott) rückschließen.
    Hier können wir vielleicht auf Dein Bild mit der Gerichtsverhandlung zurückkommen: Ein Auto wird total deformiert an einem Baum vorgefunden. Aus den Spuren kann ich (in einer Gerichtsverhandlung) auf den Unfallhergang schließen: Überhöhte Geschwindigkeit, Alkohol am Steuer, Wetterlage, technischer Defekt, Fremdeinwirkung - viele Erklärungsmodelle, manche erklären die gefundenen Spuren gut, andere schlecht. Je nachdem, was man dann als "Beweismittel" zulässt, lösen sich auch die von Dir zu Beginn des Threads gestellten Punkte in Wohlgefallen auf - oder eben auch nicht, deswegen gibt es vermutlich so viele unterschiedliche Religionen.
    Bislang ist mir noch kein Erklärungsmodell für die von mir wahrgenommene Welt untergekommen, das mich intellektuell befriedigt hätte und zugleich ohne eine göttliche Schöpfungskraft auskäme. Weswegen ich wiederum gespannt bin, ein solches Modell erklärt zu bekommen.


    Zitat

    Original von Tom
    Muß ich glauben, daß jemand glaubt?


    Dazu kann ich wenig schreiben - Deine in diesem Abschnitt entwickelte Position ist für mich nachvollziehbar. Sie gilt für mich mit umgekehrten Vorzeichen analog. Auch ich "nehme einem Gesprächspartner ab", dass er nicht an die Existenz einer göttlichen Kraft glaubt, teile seine Auffassung deshalb aber nicht.

    Zitat

    Original von janda
    Ich weiß aber ehrlich gesagt nicht, wie man für etwas Beweise finden soll oder eine Ableitungskette, für etwas, an dessen Existenz man nicht glaubt?


    Wie soll ich etwas beweisen, was meiner Meinung nach nicht existiert?


    Es geht mir nicht darum, Atheisten in die Ecke zu stellen und zu sagen: "ha, ha, ha, Ihr habt keine Argumente für Eure Überzeugung." Ich hoffe, so bin ich nicht verstanden worden.


    Das Thema dieses Threads beginnt aber mit dem Wort "Warum", fragt also nach einer Begründung. Deswegen hoffe ich darauf, dass der ein oder andere eine Begründung postet. Wenn ich diese Begründung dann noch nachvollziehen (nicht notwendigerweise: teilen) könnte, hätte ich etwas gelernt. Zum Nachvollziehen brauche ich aber eine Ableitungskette, die an einem Punkt aufgehängt ist, der (zumindest für mich) unzweifelhaft ist.


    Eine solche kenne ich nicht. Ich sage nicht: "Es gibt keine." Gerade weil ich keine kenne, wäre ich dankbar dafür, eine geboten zu bekommen. Falls es keine gibt oder geben kann - dann sehe ich das nicht als Fehler der Atheisten, es ist nur schade für mich, weil meine Neugier nicht befriedigt wird.

    Zitat

    Original von Joan
    keine missionarischen "Nebengeräusche"


    Um Enttäuschungen zu vermeiden: Das Ende des Buches ist schon deutlich missionarisch. Das ist auch folgerichtig, weil der Autor angibt, durch die ihm zuteil gewordene Offenbarung nicht nur die Existenz Gottes, sondern auch die Richtigkeit der römisch-katholischen Lehre in ihrer Gesamtheit zweifelsfrei erkannt zu haben. Daher schildert er am Ende auch, wie er in seinem persönlichen Umfeld missioniert hat.
    Das bildet aber nicht den Schwerpunkt des Buches.

    Es ist kein im theoretischen Sinne theologisches Buch, man benötigt keine Vorbildung dafür. Es ist eher eine "zielgerichtete Biografie". Der Teil, der sich mit dem Offenbarungserlebnis beschäftigt, ist allerdings recht kurz gehalten. Der Schwerpunkt liegt in der Schilderung des Lebens bis zu diesem Ereignis - des Lebens als Atheist.
    Es ist eben kein Buch, das Antworten auf theologische Fragen zu geben versucht, sondern ein Erfahrungsbericht.


    Ich weiß nicht, ob das ein Kriterium ist, aber: es ist auch recht dünn und im Onlinebuchhandel gebraucht für kleines Geld zu erwerben - man kann es also gut nebenbei mal dazwischen schieben.

    Zitat

    Original von Tom
    Wer sieht sich hier als Mittelpunkt des Universums?


    Um Eure Diskussion mal ein wenig in Schwung zu bringen, zitiere ich mal kommentarlos einen bekennenden Atheisten, der durchaus auch gern mal Bomben gelegt hat:


    "Wenn Gott existiert, ist der Mensch ein Sklave; der Mensch kann und soll aber frei sein: folglich existiert Gott nicht."
    - Michail Bakunin, Anarchist und Revolutionär -


    edit: Hm, der Amazon-Link funktioniert wohl nicht. Quelle: Michail Bakunin: "Gott und der Staat"

    Ich finde schon, dass man auch eine Meinung über Dinge haben kann, die man nicht bis ins Letzte analysiert hat. Tom fängt das zugegebenermaßen ungeschickt an, weil er, wenn ich es recht verstanden habe, eine ganz grundsätzliche Aussage treffen möchte ("Es gibt keinen Gott" oder "Die Frage nach einem Gott stellt sich nicht"), dabei aber Detailfragen mit zu speziellen Voraussetzungen heranzieht (z.B. das Konzept des Martyriums. Dieses Konzept ist im spirituellen Sinne nur dann sinnvoll, wenn es eine göttliche Kraft gibt, die dafür belohnt. Der Umkehrschluss ist aber nicht gültig - wenn ich das Konzept des Martyriums ablehne, folgt daraus keinesfalls, dass ich auch die Existenz Gottes für unmöglich halten muss).


    Das ist aber für mich eher ein Grund, warum dieser Thread für mich potenziell interessant ist. Nicht wegen den von Tom gebrachten Ausführungen (die er eben vor seinem Hintergrund bringt, was legitim ist - auf welcher Grundlage sollte er auch sonst argumentieren), sondern wegen derer, die vielleicht andere Atheisten noch bringen könnten. Darauf bin ich gespannt - also lasst die Leute doch bitte mal zu Wort kommen und verschreckt sie nicht gleich! Es geht doch nur um Meinungen, nicht um Doktorarbeiten.
    :keks

    Inhalt (der Klappentext ist sehr lang, daher fasse ich selbst zusammen):
    In diesem Klassiker der Offenbarungsliteratur (Weltauflage sechsstellig) berichtet der Autor von einem an sich unspektakulären Erlebnis, das ihm nach eigenem Bekunden nicht nur die Existenz des christlichen Gottes, sondern auch die Wahrheit der römisch-katholischen Lehre in all ihren Details offenbart habe. Diese "Erleuchtung" hat ihn umso mehr überrascht, als er nach eigenem Bekunden die "höchste Stufe des Atheismus" bereits erreicht hatte - in seiner sozialistisch geprägten Herkunftsfamilie wurde die Existenz Gottes nicht nur verneint, die Frage wurde gar nicht mehr gestellt. Den größten Teil des Buches nimmt eine Schilderung des Lebens von Frossard vor dieser Offenbarung ein.


    Meine Meinung:
    Das Buch ist eine interessante Biografie, auch ohne den Offenbarungshintergrund, der erst gegen Ende zum Tragen kommt. Das Offenbarungsereignis als solches finde ich authentisch beschrieben in dem Sinne, dass ich dem Autor abnehme, dass er so empfunden hat, wie er es darstellt, und dass er seine subjektive Wahrnehmung in diesem für ihn entscheidenden Moment seines Lebens nachvollziehbar schildert. Eine für andere Menschen adaptierbare Antwort auf die Frage, welche Religion die wahre ist, wird man hier jedoch nicht finden, das scheint mir auch nicht die Intention des Buches zu sein, es ist ein (persönlicher) Erfahrungsbericht.
    Auch, wer auf ein spektakuläres Ereignis hofft, wird enttäuscht werden, denn Frossards Offenbarung ereignete sich schlicht beim Betrachten einer Kerzenflamme.

    Tom :


    Vielleicht habe ich diesen von Dir gestarteten Thread missverstanden. Die Frage: "Warum glaubt Ihr NICHT an 'Gott'?" habe ich so aufgefasst, dass Du Leute, die nicht an Gott (von christlich ist dabei nicht die Rede) glauben, aufforderst, eine Begründung für ihre Auffassung zu liefern.
    Diese "Begründung" ist es, was ich mit "Ableitungskette" meine - wenn man eine Begründung nachvollziehbar für einen Gesprächspartner macht, dann startet man ja im Allgemeinen an einem Punkt, der diesem bekannt ist, und leitet von dort aus schlüssig ab.
    Warum mich das interessiert?
    Reine Neugier.
    Ehrlich.
    Ich habe in diesem Thread nichts gegen Atheisten gesagt und beabsichtige auch nicht, das zu tun. Ich will niemanden in die Pfanne hauen.
    Ich bin einfach nur an Antworten auf die Ausgangsfrage interessiert und würde mich daher freuen, wenn noch mehr davon kämen.


    Aber es steht Euch natürlich frei, zunächst einmal auszudebattieren, wer der beste Wikipediaautor Deutschlands ist.
    :kiss

    Leute, jetzt zerredet es bitte nicht!


    Toms Frage ist doch sehr interessant: Warum glauben einige Leute nicht an Gott? Das habe ich noch nie nachvollziehen können, mir hat das noch nie jemand so darlegen können, dass ich es verstanden hätte, deswegen würden mich Antworten auf diese Frage aufrichtig interessieren.


    Bislang habe ich allerdings überwiegend Postings gelesen, die postulieren, warum es den Gott nicht gäbe, den die Poster für den christlichen halten (eben das gängige Modell "liebenswürdiger Trottel"). Vielleicht gibt es ja noch jemanden, der im Grundsatz davon überzeugt ist, dass es keine göttliche Kraft gäbe - egal in welcher Erscheinungsform. Einen echten Atheisten eben. Auf die dazugehörige Ableitungskette bin ich gespannt.

    SiCollier :
    Zum Monotheismus.
    Einer der frühesten, unzweifelhaften Monotheismen ist der Sonnenkult des Echnaton. Dieser Pharaoh verbot alle anderen Kulte und erhob den Sonnengott zum einzigen Gott.


    Weiteres Beispiel: Der Hinduismus als älteste Weltreligion ist je nach Auslegung ebenfalls ein Monotheismus. In ihm werden zwar 300.000 (oder 300.000.000 - bin mir gerade nicht sicher) Gottheiten verehrt, die aber von Strömungen innerhalb der Brahmanenkaste als Aspekte einer einzigen göttlichen Kraft gedeutet werden, wie ich vor Ort in Indien gelernt habe. Da etwas Einziges, Allumfassendes keinen Bezugspunkt hat und sich daher nicht reflektieren kann, hat es sich in zunächst 3 Aspekte (Brahma, Vishnu, Shiva) und dann immer weiter aufgespalten.


    Das Judentum ist selbstverständlich ebenfalls monotheistisch und älter als das Christentum.


    Auch verschiedene Elemente der christlichen Lehre, wie etwa die Jungfrauengeburt, lassen sich in orientalischen, vorchristlichen Kulten nachweisen.


    Dies nur zur Randdiskussion, da ich selbst überzeugter Katholik bin, kann ich zur Kerndebatte nichts beitragen.

    magali :


    Irgendwer hat mal gesagt:
    Ein jeder nennt diejenigen Gedanken klar, die den gleichen Grad der Verwirrung aufweisen wie seine eigenen.


    Ich kann bestätigen, dass Dein Eindruck auf Gegenseitigkeit beruht. Die Naivität des Atheismus erscheint mir, je nach Vertreter, amüsant oder herzerweichend.


    Nicht wahrzunehmen, dass gerade das Christentum mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Wissenschaft steht (wie übrigens auch der Islam), fällt in die Kategorie "amüsant". :lache
    Angesichts des desaströsen Zustands des Religionsunterrichts (soweit ich Einblick habe) allerdings beinahe schon verständlich. Wenn ich manchmal höre, was die Leute so für Christentum halten, komme ich zum Schluss, dass ich bei deren Informationsstand wohl auch aus der Kirche ausgetreten wäre.

    @Waldläufer:
    Obwohl ich die von Dir gebrachten Bultmann-Zitate keineswegs unterschreiben würde - mir drängt sich der Eindruck eines stark limitierten Vorstellungsvermögens auf Seiten Bultmanns auf -, und auch zu Deiner skizzierten Auffassung von Erbsünde und Opfertod Christi eine Menge runterschlucke, um den Thread nicht zu verwässern, kann ich dem Folgenden nur zustimmen:


    Zitat

    Original von Waldlaeufer
    Das Problem ist, dass wenn etwas sich mit meiner Wahrnehmung beißt oder mich in eine schizophren anmutende Geisteslage zwingt - ... - ich nicht glauben kann.


    Meine persönliche Definition ist:
    Glaube folgt aus dem Wissen und den Erfahrungen, die ein Mensch im Laufe seines bisherigen Lebens angesammelt hat. Er ist sozusagen angewandte, extrapolierte Wissenschaft. Deswegen hielte ich heutzutage auch den Begriff "Überzeugung" oder meinetwegen auch "Grundüberzeugung" für besser, weil er die Verständigung mit Leuten erleichtert, denen der theologische Kontext solcher Begrifflichkeiten wie "Glaube" fremd ist.
    Ansichten, die dem Wissen widersprechen, sind nicht Glaube, sondern Aberglaube.