Hallo magali!
Ich habe Dein Posting mit Interesse gelesen und eine Weile darüber nachgedacht. Ich finde es in sich schlüssig und die von Dir aufgeworfenen Fragen berechtigt, insbesondere die danach, was die Existenz Gottes (sofern man sie als gegeben annimmt) für eine Relevanz in Bezug auf das persönliche Leben hat. Ich wollte auch nicht ausdrücken, dass man sich damit beschäftigen muss. Ich wollte nur darstellen, dass es für mich intellektuell interessant ist. Jeder hat so seine Hobbies.
Einen Punkt in Deinem Posting kann ich jedoch nicht nachvollziehen:
ZitatOriginal von magali
Wissenschaftlich gesehen hätte ich Einwände, und zwar dahingehend, daß die Frage: 'gibt es Gott' ab einem gewissen Punkt der Überlegungen zur Vorausetzung geworden ist und jede weitere Überlegung nur noch stracks darauf zu führt, daß es Gott gibt.
Ich halte folgende Methode für eine legitime Herangehensweise im wissenschaftlichen Bereich:
1) Man definiert eine Frage.
2) Man legt offen, welche Annahmen man im Umfeld der Frage als gegeben annimmt. Ob man diese "Fakten", "Axiome", "Voraussetzungen" nennt, ist für mich nicht von Belang.
3) Man formuliert eine Hypothese, die die Frage beantwortet.
4) Man erläutert die Beobachtungen, die die Hypothese stützen.
Eine Hypothese ist nun solange gültig, wie es keine gibt, die unter den Annahmen die Beobachtungen besser erklärt. "Besser" bedeutet dabei entweder, dass sie eine höhere Vorhersagegenauigkeit hat, mehr Beobachtungen erklärt, diese Beobachtungen trennschärfer erklärt etc. Manchmal wird noch angeführt, dass eine einfachere Hypothese besser sei als eine komplizierte, da wäre ich persönlich aber nicht so streng.
Im vorliegenden Fall konkretisiert sich das wie folgt:
1) Frage: "Wie ist das Universum entstanden?"
2) Annahmen: "Das Universum dehnt sich beständig aus, zurückgerechnet kommt man bei einem Entstehungspunkt an.", "Im Entstehungspunkt ist die Raumzeit maximal verdichtet.", "Bei maximal verdichteter Raumzeit vergeht die Zeit nicht."
3) Hypothese: "Es existiert eine Kraft außerhalb unseres Raum-/Zeitgefüges, die die Entstehung unseres Universums bewirkt hat (Benennung dieser Kraft: "Gott")."
4) Beobachtungen = gegenwärtiger Stand der Kosmologie (astronomische Messungen etc.).
Wenn ich wissenschaftlich diskutieren möchte, kann ich ...
... die Annahmen widerlegen.
... eine bessere Hypothese unter den gegebenen Annahmen formulieren.
Eine widerlegte Annahme wird zur Hypothese, die wiederum belegt sein will. Wie hier schon mehrfach angesprochen, kann man dies ad infinitum treiben und jeder Diskussionsteilnehmer muss für sich feststellen, wo die Diskussion für ihn uninteressant wird.
Solange die Hypothese gültig ist, darf ich sie als Annahme für weitere Hypothesen verwenden.
1) Frage: "Wie ist Gott beschaffen?"
2) Annahmen: "Es gibt Naturgesetze.", "Die Naturgesetze sind für einen menschlichen Verstand prinzipiell erfassbar/ logisch.", "In der Natur gibt es eine unüberschaubare Anzahl geordneter Strukturen (Molekülgitter, Planetenbahnen, (...), genetische Baupläne"
3) Hypothese: "Gott hat gewaltige intellektuelle Fähigkeiten. Er hat zielgerichtet Naturgesetze geschaffen, die ein Universum erzeugt haben, wie wir es beobachten."
4) Beobachtungen = gegenwärtiger Stand der Naturwissenschaft (Gravitationsgesetze, chemische Analysen, ...).
Usw. usf.
Ich empfinde das als wissenschaftlich.
Als unwissenschaftlich empfinde ich dagegen die Einführung von Annahmen, die nicht auf Beobachtungen fußen.
Die Annahme: "Es gibt keinen Gott" ist eine solche. Damit bricht meine erste Ableitungskette zusammen. Die Annahme "Es gibt keinen Gott" basiert aber nicht auf Beobachtungen, sondern auf Ideologie. Ähnlich wie die sozialistische Planwirtschaft: "Arbeit ist der einzige produktive Faktor". Man kann sehr schlaue (nicht ironisch gemeint) Abhandlungen unter dieser Annahme schreiben - sie haben aber mit der Beobachtung der Wirklichkeit nichts zu tun.
Wie Du und andere richtig geschrieben haben, sind die hier diskutierten Fragen extrem grundsätzlicher Natur. Sie beantworten weder das "Was hat das mit mir zu tun?", noch "Ist die katholische Kirche die einzig wahre?". Dies ist (hier) auch nicht mein Anspruch.
Der Umkehrschluss wäre für mich aber interessant: Wenn es tatsächlich keinen Gott gäbe, dann wäre auch die katholische Lehre falsch. Daher bin ich immer an solchen Widerlegungen interessiert.