Beiträge von Bernard

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    Original von Piranha
    Das meine ich doch. Ein Minister für ganz Deutschland und man kann in 15 von 16 Bundesländern keinen direkten Einfluss haben. Aber auch so könnte man eigentlich kaum Einfluss drauf haben, ob Guttenberg nun gewählt werden soll oder nicht. Und damit ist das dumme Argument (der Wähler kann Guttenberg ja (ab-)wählen) schlicht und einfach falsch.


    Die Position kann man vertreten, aber damit macht man ein viel größeres Fass auf: Ist unsere Verfassung noch zeitgemäß? Funktioniert (parlamentatische) Demokratie überhaupt? Sollte es überhaupt eine Regierung/ Minister geben, oder wären wir in einer Anarchie besser dran?

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    Original von Piranha


    Nochmals: Der Wähler kann das gar nicht entscheiden! Wie kommst du darauf? Bei mir auf dem Zettel steht weder CSU drauf, noch Guttenberg, noch sonstirgendetwas, wo ich gesondert über die Politik/Person Guttenberg abstimmen kann.


    Ich komme deswegen darauf, weil ich davon ausgehe, dass jeder Wähler weiß, wo er sein Kreuz machen muss, um zu verhindern, dass Herr zu Guttenberg wieder ein Amt bekommt. Klar, man kann sich überlegen, ob unsere Verfassung gut oder schlecht ist, aber nach der wählt man eben immer ein Paket. Wenn zu Guttenberg als so übel empfunden wird, dass er wesentlich ins Gewicht fällt, dann darf man eben kein Paket wählen, in dem er drin ist.
    Allerdings vermute ich, dass er auf sein "Paket" noch immer den gegenteiligen Einfluss hat: Bei Facebook hat die Gruppe "Wir wollen Guttenberg zurück" aktuell 511.514 Mitglieder.

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    Original von rienchen
    Meine Wertevorstellung ist einfach eine andere. Und wenn meine Kinder später mal eine ehrliche 4- nach Hause bringen anstatt einer erschummelten 1, werde ich stolz auf sie sein.


    Nehmen wir an, Deine Kinder kommen mit einer erschummelten 1 nach Hause. Was tust Du dann?
    1) Sagst Du: "Mach das bitte nie wieder."
    2) oder: "Geh zur Lehrerin, sage ihr, was du getan hast. Diese Arbeit ist dann eine 6, du wirst eine Menge büffeln müssen, um das wieder rauszuholen, aber du tust das Richtige."
    3) oder: "Tut mir Leid, mein Kind. Wenn jemand schummelt, hat er das Abitur nicht verdient. Ich werde dich von der Schule abmelden, du wirst dich mit der Mittleren Reife begnügen müssen."


    Der Entzug des Doktortitels wäre für mich die 2). Was nun passiert ist, ist die 3).

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    Original von Piranha
    Mitlerweile sollte es sich herumgesprochen haben, dass Guttenberg seinen Job alles andere als gut gemacht hat. Die Diskrepanz zwischen dem gefühlten "er macht seinen Job gut" der Bevölkerung und den tatsächlich nachweisebaren Leistungen war wohl noch nie so groß wie bei Guttenberg.


    1) Wer entscheidet das, wenn nicht der Wähler bei der nächsten Wahl?
    2) Spielt es überhaupt eine Rolle? Wenn ein Politiker sich den Doktortitel erschlichen hätte, der in Deinen Augen einen guten Job macht, müsste der dann nicht zurücktreten?


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    Original von Piranha


    Das ist wieder so ein Scheinargument. Wenn einer xy macht, dürfen auch andere xy machen. Wozu gibt es dann noch Gerichte, die Menschen verurteilen dürfen?


    Sorry, Du hast mein Argument nicht verstanden.
    Mein Argument ist, dass es für ein politisches Amt eine Vielzahl von Qualifikationskriterien gibt. "Moralische Integrität" ist eines davon. "Kompetenz im Fachgebiet", "Diplomatisches Geschick", "Identifikationsfähigkeit für die Bevölkerung", "Verbindungen zu relevanten Kreisen (etwa beim Außenminister zu den anderen Ländern)", "Sprachfähigkeiten", "Gespür für das politisch Machbare", "..." sind ebenfalls welche. Es wäre naiv, zu vermuten, man könne Leute finden, die in allen Kriterien Bestnoten hätten. Deswegen muss man abwägen, insbesondere die "moralische Integrität" gegen die anderen Kriterien. Wenn man die sehr hoch hängt, wären viele der heute amtierenden Politiker nicht im Amt - eventuell sogar keiner von ihnen, denn so, wie heute gewählt wird, scheint es vorteilhaft für eine politische Karriere zu sein, über Leichen zu gehen. Nicht im Amt gewesen wären dann auch sämtliche Politiker, denen die meisten Menschen rückblickend hohe Verdienste anrechnen - Adenauer, Brand, Kohl, Strauß, Fischer. Wir hätten weniger Parteispendenskandale, aber vermutlich hätten wir auch keine deutsche Einheit, keine starke Wirtschaft usw. Der Preis der Moral - wer will ihn zahlen?

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    Original von DraperDoyle
    Kann mir mal jemand verraten, worin diese sagenhaften politischen Leistungenzu Guttenbergs, außer gut auszusehen (Ansichtssache) und gut reden zu können (dito) eigentlich bestanden?


    Ich finde, es geht gar nicht darum, ob er einen guten Job gemacht hat oder nicht. Selbst, wenn er grottenschlecht gewesen sein sollte, hätte er nicht wegen einer Verfehlung in einem fachfremden Gebiet zurücktreten sollen.


    Abgesehen davon hat er mich tatsächlich durch einige Aktionen beeindruckt:
    - Er war gegen die Opel-Subventionen. Wurde damals als unpopuläre Haltung eingeschätzt, zur allgemeinen Überraschung kam es in der Bevölkerung gut an.
    - Er hat sich vor seine Truppe gestellt bei der Kundus-Sache. Mag sein, dass er anfangs in der Sache falsch lag - trotzdem, ein Chef hat sich vor seine Leute zu schmeißen und die Kugeln aufzufangen. Nur Wenige tun das in der Konsequenz.
    - Gorch Fock: Hey, das Schiff lag vor Feuerland und hatte Befehl, nach Deutschland zurückzukehren. Kurzer Blick auf die Weltkarte: Das große Blaue dazwischen nennt sich "Atlantik". Wenn ein Kapitän ein Schiff, zumal so ein Schiff, über den Atlantik führen muss, dann muss er auch mal für die Mannschaft unbequeme Entscheidungen fällen - zumal in Sturm und schwerem Wetter. Kann er das, wenn er im Hinterkopf immer hat: "Oh Gott, nur nicht die Leute zu hart anfassen, sonst wirkt sich das auf das Verfahren gegen mich aus!"? Zweifel sind angebracht, deswegen muss zum Wohle des Schiffes ein anderer das Kommando übernehmen.
    - Wehrpflicht: Klar hat die SPD darüber geredet. Seit Jahrzehnten. Sie hätte es wohl auch noch ein paar Jahrzehnte getan. So wie die Grünen bis zum Ende ihrer Existenz vermutlich den Austritt aus der Nato und die Abschaffung der Bundeswehr propagieren werden, stets darauf hoffend, dass sie einen Koalitionspartner finden werden, der verhindert, dass sie für ihre Reden einstehen müssen. Aber zu Guttenberg hat es getan. Das ist vielleicht sein Hauptverdienst: Er hat Sachen getan, wo andere nur reden.

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    Original von Piranha
    Das sind alles keine Argumente, sondern Relativierungen.


    Ja, stimmt. Genau diese Relativierung sehe ich aber auch als wichtig an. Man muss diese Verfehlung - und das ist es - relativ zum Kontext einordnen. Man muss abwägen, welches Gewicht sie hat im Vergleich dazu, dass der Mann entsprechend der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland durch die wahlberechtigte Bevölkerung und durch amtsausübung der gewählten Gremien eine Verantwortung übertragen bekam, auf die er zum Wohl des deutschen Volkes vereidigt wurde.
    Würde man nämlich nicht relativieren, so würde man absolut setzen. Man würde das Erschleichen eines Doktrotitels so stark gewichten, dass es ohne Betrachtung der Umstände und der Auswirkungen unmittelbar und sofort eine Amtsenthebung zur Folge haben müsste, und zwar ohne Überprüfung durch ein Wählervotum oder andere legitimierende Gremien. Der Tatbestand wäre dann so fundamental, dass er die Souveränität des deutschen Volkes bei der Wahl seiner Regierung aushebelt.
    Das halte ich für überzogen und deswegen bin ich für die Relativierung. Nicht nur im Fall zu Guttenberg, sondern allgemein finde ich, dass ein politisches Amt nicht so etwas ist wie ein Gewinn in einer Quizshow, mit dem man dem Kandidaten einen Gefallen tut, sondern primär eine Verantwortung, die er vom Souverän übertragen bekommt, die man ihm nur in Ausnahmefällen nehmen darf und die er auch nur in Ausnahmefällen vor Ablauf seiner Dienstzeit wieder abgeben darf.

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    Original von LeSeebär
    Mit dieser Argumentation würden wir wohl dann auch bald Ladendiebe und Mörder einfach laufen lassen – es gibt ja schließlich genug Leute, denen die Schuld nicht ausreichend nachgewiesen werden kann.


    Wenn Du das Übertreten akademischer Regeln beim Erstellen einer Doktorarbeit in die Nähe eines Verbrechens wie Mord rückst, disqualifizierst Du Dich selbst für eine Diskussion über moralische Maßstäbe. Du erweist Dich als unfähig, Verhältnismäßigkeiten einordnen zu können. Um Deine Art der Argumentation aufzugreifen, könnte man fragen, ob es ab nun mit der Todesstrafe bedroht werden sollte, wenn jemand Kaugummipapier auf die Straße wirft.
    Es gibt Regeln, die gelten, wenn jemand bei einer Doktorarbeit unkorrekt vorgeht. Diese Regeln sind auch bei zu Guttenberg anzuwenden, beziehen sichaber nicht auf die Vergabe eines Ministeramts.

    Im Grunde muss man Dich, Piranha, dazu beglückwünschen, dass Du Dich darüber echauffieren kannst, wenn ein Politiker lügt. Das zeigt, dass Du das nicht als Selbstverständlichkeit ansiehst.
    Das Problem daran, solche Maßstäbe wie "Politiker dürfen nicht lügen, wenn sie ein Amt bekleiden wollen" anzulegen, besteht meines Erachtens darin, dass es die Menge der für ein Amt zur Verfügung stehenden Leute gegen Null gehen lässt. Auch ich würde mir wünschen, von Leuten regiert zu weren, die insgesamt nach meinen Moralvorstellungen vorbildlich leben und daher einen Vorbildcharakter haben. Noch wichtiger ist mir allerdings, dass sie ihren Regierungsjob gut machen. Ich finde es beispielsweise nicht schön, wenn ein Ministerpräsident korrupt ist, aber wir hatten in Deutschland schon bis auf die Knochen korrupte Ministerpräsidenten, die ihr Land in erstaunlichem Maße nach vorn gebracht haben. Ob die Bevölkerung mit ihren Methoden einverstanden ist, sollte dann bei der nächsten Wahl entschieden werden. Hier steht es dann frei, jemanden zu wählen, der moralisch integer ist, dafür aber vielleicht andere Eigenschaften nicht besitzt, die man sich ebenfalls für ein solches Amt wünschen würde. Die Gewichtung der Kriterien obliegt dem Wähler.
    Auf den Fall zu Guttenberg bezogen: Aus meiner Sicht hat er etwas getan, was sehr viele Leute gerade im Wissenschaftsbetrieb ebenfalls tun, nämlich sich akademisch unredlicher Mittel bedient (diese Einschätzung habe ich in meinem ersten Posting begründet). Das war falsch und es ist zu ahnden. Außerdem hat er sich ziemlich charakterlos bei der Aufklärung dieser Sache verhalten. Das ist für mich aber nicht "formal justiziabel" - wenn ein Angeklagter lügt, dass sich die Balken biegen, ist das für mich verständlich. Ob diese Charakterschwäche etwas ist, was ihn in Summe unwählbar macht, hätte besser der Wähler entschieden, und zwar bei der nächsten Wahl.
    Anders wäre es lediglich dann gewesen, wenn sein Vergehen in Verbindung mit seinem Amt gestanden hätte - wenn er beispielsweise für den KGB spioniert hätte, wäre er ein schlechter Verteidigungsminister gewesen.

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    Original von Voltaire
    Die schlimme Ulla Schmidt musste im Gegensatz zu Guttenberg wegen einer vergleichsweise harmlosen Dienstwagenaffäre gehen.


    Diese ganze Rücktritteritis geht mir inzwischen auf den Keks. Wer ein Amt übernommen hat, der soll gefälligst seinen Job machen.
    Ulla Schmidt hätte nicht gehen sollen.
    Cem Özdemir hätte wegen dieser lächerlichen Flugmeilen sein Mandat nicht abgeben sollen.
    Köhler, Käßmann, zu Guttenberg ...


    Zu Verantwortung gehört auch Stehvermögen, und das vermisse ich gewaltig.

    Mir hat das Buch gut gefallen, weil es ein Gefühl ungewöhnlich intensiv rüberbringt: Ohnmacht. Das ist für mich das eigentliche Thema des Buches, gezeigt am Beispiel eines Vaters, der seiner Tochter weder emotional noch juristisch nahekommen kann und daran verzweifelt. Die in den vorhergehenden Rezensionen genannte Ohrfeige war für mich nachvollziehbar: eine Affekthandlung unter Alkoholeinfluss, aus der Verzweiflung geboren. Die Mutter ist nicht in Reichweite, in diesem Augenblick erkennt er sie aber in der Tochter, die ihm nun auch zu entgleiten droht, und schlägt zu. Damit isoliert er sich vollends, wird noch ohnmächtiger.
    Insgesamt hat das Buch eine starke Melancholie, und wo diese hervortritt, ist es am besten. Weniger gut gefallen haben mir die Abschweifungen über die Eigenheiten der Insel Sylt (überhaupt scheint mir der Schauplatz für die Handlung bedeutungslos) oder die Ausführungen über den Beruf des Buchhandelsvertreters, die mir einfach zu verwässernd auf die Handlung wirken.
    In Summe für mich ein gutes Buch.

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    Original von DraperDoyle
    Und deshalb bin ich der Meinung, dass Guttenberg nicht tragbar ist.


    Es gibt gut begründete und weniger gut begründete Meinungen.
    Wenn jemand sagt: "Guttenberg ist untragbar, weil er bei seiner Abschiedsrede aus Star Trek zitiert, ohne dies kenntlich zu machen", ist das eine Meinung.
    Wenn danach rauskommt, dass er gar nicht aus Star Trek zitiert hat, zeugt es nicht von Fairness, zu sagen: "Mir doch egal, mich hätte nicht gewundert, wenn er es getan hätte."

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    Original von Voltaire
    Die Kritik an ihm hat nichts, aber auch gar nichts mit "fehlerfreiem Moralaposteltum" zu tun. Und die, die Guttenberg kritisieren, sind in ihrer Mehrheit ganz sicher auch keine sittensicheren Gutmenschen.


    Die Frage bleibt, welchen Maßstäben jemand genügen muss, um Politiker sein oder ein Amt bekleiden zu dürfen. Der Kettenraucher Helmut Schmidt war mal Bundeskanzler, weist in Interviews aber immer darauf hin, dass man Politiker nicht als Vorbild sehen solle - insbesondere nicht in solchen Fragen wie dem Rauchen. Die Guttenberg-Gegner scheinen das anders zu sehen.
    Ist ein Sigmar Gabriel wählbar? Offenbar ist er so disziplinlos, dass er sein Körpergewicht nicht im Griff hat. Dem optischen Eindruck nach ist er gesundheitsgefährdend übergewichtig - ein schlechtes Vorbild.
    Dieses Beispiel bezieht sich nur zufällig auf einen SPD-Politiker, ich bin mir sicher, dass wir kaum einen Politiker finden werden, der in jedem Aspekt seines Lebens fehlerfrei und vorbildlich handelt.

    Natürlich müssen für Herrn zu Guttenberg die gleichen Maßstäbe gelten wie für jeden anderen auch. Der Doktortitel ist weg, in der akademischen Welt ist er erledigt. Was das mit einem Ministeramt zu tun hat, bleibt unklar.


    Ich fände im Gegenzug gut, wenn auch für alle anderen die gleichen Maßstäbe gälten wie für Herrn zu Guttenberg. Ich glaube, dass sich gerade Nicht-Akademiker eine romantische Vorstellung davon machen, wie es an den Unis zugeht.


    Eine Kommilitonin von mir, ein nettes Mädchen, baute ihre Diplomarbeit auf einer allgemein akzeptierten Hypothese auf. Sie entwickelte entsprechende Folgerungen und Anwendungsempfehlungen, was man eben in einer Diplomarbeit so macht. Dann führte sie ein Experiment durch, um die Hypothese zu belegen. Eigentlich sah sie das als Formalie an.
    Leider zeigte das Experiment nicht das gewünschte Ergebnis. Sie prüfte ihre Stellung und so weiter, aber das Ergebnis blieb wie es war.
    Was sollte sie jetzt tun? Dokumentieren, was sie gemessen hatte? Dann hätte sie die Diplomarbeit in erheblichen Teilen umschreiben müssen.
    Was tat sie stattdessen? Das Experiment anpassen, die Parameter verändern, solange, bis das gewünschte Ergebnis herauskam.
    Ist das akademisch redlich?


    Die Prüfungsordnung in meinem Studienfach sah vor, dass fünf Examensklausuren zu schreiben seien. Man konnte entweder alle an einem Termin schreiben oder splitten, also 3 in einem Semester und 2 im Folgesemester oder umgekehrt. In jedem Fall war der Lerndruck massiv. Obwohl ich hinterher einen Beruf ergriffen habe, in dem Burnouts nicht eben selten sind, habe ich nie wieder so intensiv gearbeitet wie in diesem Jahr.
    Einige Kommilitonen - keine Einzelfälle - sind die Sache aber anders angegangen. Sie haben erst 2, dann 1, und dann die verbleibenden 2 Klausuren geschrieben, hatten also ein halbes Jahr länger Zeit zum Lernen, als die Prüfungsordnung vorsah. Das hat die Sache erheblich entspannt. Das ging natürlich nur, indem man sich zum passenden Zeitpunkt krankschreiben ließ. Die entsprechenden "gelben Scheine" konnte man sich anscheinend problemlos holen, jedenfalls habe ich nie jemanden getroffen, der an dieser Hürde gescheitert wäre. Ausgestellt wurden sie selbstverständlich von Ärzten - also studierten Leuten, meist sogar mit Doktortitel. Diese Ärzte, selbst Akademiker, hatten offenbar kein Problem damit, den Wissenschaftsbetrieb zu sabotieren und Betrüger zu unterstützen, die sich den Titel erschleichen wollten.


    Und Urheberrecht?
    Da brauchen wir nicht in die Wolkentürme der akademischen Welt zu schauen. Die Musikindustrie steht vor dem Kollaps, weil die Menschen offenbar wenig Hemmungen verspüren, geistiges Eigentum zu stehlen. Ich besitze keine gebrannten CDs oder DVDs mit urheberrechtlich geschütztem Material, und es ist nicht leicht, Leuten zu erklären, dass ich darauf verzichten kann, dass sie mir Links zu irgendwelchen Downloadseiten schicken, auf denen man Kinofilme herunterziehen kann. Das Unrechtsbewusstsein scheint kaum vorhanden.


    Von daher:
    Es ist richtig, dass Herr zu Guttenberg den Doktortitel nicht mehr hat.
    Alle Forderungen darüber hinaus waren von einer Scheinheiligkeit geprägt, die Übelkeit verursacht. Um sie glaubwürdig zu machen, müsste man großflächig ausmisten - und da sind unsere Politiker auch nur Spiegel unserer Gesellschaft.

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    Original von Delphin
    Auf der Liste der DSA-Autoren findet man eine ganze Reihe, der üblichen Verdächtigen, die deutsche Fantasy schreiben.


    http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Aventurien-Romane


    Das stimmt. Reihen dieser Art sind heute in Deutschland so etwas wie die Weird Tales und ähnliche Magazine in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts in den USA waren: die erste Möglichkeit für neue Autoren, ihre Geschichten professionell zu veröffentlichen. In Weird Tales haben damals solche Leute wie Robert E. Howard oder H.P.Lovecraft veröffentlicht, bei DSA waren es Hennen, Wiesler, Knor, Witzko, bei Shadowrun Koch, nochmal Wiesler und Heitz. Auch Hardebusch hat einen Shadowrun-Roman verfasst, der zwar nicht professionell verlegt wurde, den man aber inzwischen auf seiner Homepage herunterladen kann.
    Die Erfinder von DSA waren vordem schon im Literaturbetrieb aktiv; sie griffen dann die Idee von Dungeons and Dragons auf, Geschichten auf andere Weise zu erzählen, eben in Form von Rollenspielen. Dadurch wurde Literatur in ein anderes Medium transferiert. Da der Grundstoff der gleiche ist, ist es ja auch nicht fernliegend, auch die umgekehrte Transformation zu vollziehen und vor den Rollenspielhintergründen Romane spielen zu lassen. Soweit mir bekannt, gibt es in Deutschland, auch wenn man "nur" den Buchsektor nimmt, keine größere Shared World als "Das Schwarze Auge" - man nähert sich dem 130. Band, Spin-Offs nicht mitgezählt ...

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    Original von Alexandermerow
    Die Coverzeichnungen auf deinen Büchern sind übrigens sehr ansprechend, Bernard! Wenn ich das mal bemerken darf...


    Vielen Dank. Bei Fanpro werden diese Zeichnungen nach den Vorgaben des Autors angefertigt, stellen also in der Regel Szenen dar, die tatsächlich in den Büchern vorkommen. Es macht immer großen Spaß, mit den Künstlern über die Entwürfe zu diskutieren.

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    Original von agu
    Ich stelle mal die These auf, dass sich die sogenannte Qualitätsfantasy früher so einfach finden ließ, weil es so wenig vom Genre gab.


    Ich stelle die These auf, dass die Fantasy von heute auch nicht so gut ist, wie die von früher es hätte sein sollen.
    Früher gab es auch unheimlich viel Schrott. Er hat nur die Zeit nicht überlebt; die Werke aus den 1950ern, die wir heute noch kennen, sind eben die guten. Die schlechten gab es auch, aber die sind nicht dutzendfach neu aufgelegt worden.


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    Original von agu
    Der Anhänger der reinen, früher als intellektuell geltenden Fantasy ....


    Fantasy? Als intellektuell geltend? Bei wem denn?
    In der Rezeption der fantastischen Literatur war immer die Science Fiction das intellektuelle Genre, mit weitem Abstand gefolgt vom Horror, dem man eine gewisse psychologische Qualität attestierte, und Fantasy gilt seit jeher als Fluchtliteratur. Ob zu Recht oder zu Unrecht lasse ich mal dahingestellt, aber die Kritiker, die Fantasy als "intellektuell" einstufen, sind ausnahmslos an mir vorbeigegangen ...

    Natürlich sind 90% der Science Fiction oder auch der Fantasy von zweifelhafter Qualität. Das liegt nicht daran, dass es sich um Science Fiction oder Fantasy handelt, sondern schlicht daran, dass 90% aller Bücher von zweifelhafter Qualität sind.

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    Ansonsten:


    Nenn` mir einen. Bitte! In dem Sinne, als das er es hinbekommen hätte


    Das kommt darauf an, was Du mit "hinbekommen haben" meinst. Einige der "Völker-Fantasy-Autoren" sind mittlerweile auch im nicht-deutschsprachigen Buchmarkt vertreten. Falls Du das als Kriterium gelten lässt, wären etwa Markus Heitz oder Christoph Hardebusch zu nennen.

    Interessant am Cover ist nicht nur die Ameise, die das große Blatt stemmt, sondern auch die Phosphoreszenz der oberen Bildhälfte: Das Buch leuchtet im Dunkel, zumindest eine Weile.
    Das soll wohl auch die Inhalt: leuchten. Die zentralen Kapitel sind Ratgeber, Lebenshilfe, wollen "ein Licht aufgehen lassen", Missverständnisse zu einer christlichen Lebenshaltung beseitigen und Orientierung geben.
    Der Autor geht dabei methodisch sauber vor, wie man es von einem Unternehmensberater (das ist er im Hauptberuf) erwarten darf. Zunächst wird das Ziel konkretisiert, bei dessen Erreichung dem Leser geholfen werden soll: Glück und Erfolg in einer sehr grundsätzlichen Ausprägung. Trugbilder werden entlarvt, wenn aufgezeigt wird, wie große Erfolgsgeschichten kreuzunglückliche Menschen hervorgebracht haben. Nach dem Erscheinen des Buches wurde der "Casus" Michael Jackson zu einem traurigen Beleg dieser Analyse. "Kraftwerk Glaube" vertritt deswegen die These, dass der Begriff "Erfolg" sich nur im Zusammenhang mit "Glück" als sinnvolle Zielsetzung begreifen lässte. Dieser Gedanke zieht sich durch das gesamte Buch, wobei er angereichert wird mit weiterführenden Überlegungen zur Einbettung dieser Zielvorstellung in unserer Gesellschaft. So überzeugt Kammerer mit der Feststellung, dass "Gutes tun" nicht notwendigerweise, eigentlich sogar in den seltensten Fällen, den Aspekt "selbstlos handeln" beinhaltet oder gar voraussetzt. Vielmehr lässt sich am Guten Werk auch persönlich und ganz materiell eine Menge verdienen.
    Das Buch ist kein Ratgeber in dem Sinne, dass eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Zielerreichung gegeben würde. Vielmehr wird eine Lebenseinstellung vermittelt, die der Autor aus seinem christlichen Glauben herleitet. Dabei handelt es sich um das Dreieck "Demut", "Dankbarkeit" und "Verantwortung". Insbesondere der erste und der dritte dieser Begriffe werden dabei mit anderen Bedeutungen belegt, als ich sie aus alltäglichen Diskussionen gewohnt bin. Das Dreieck wird ausführlich erläutert, Beispiele und Fragebögen zur Selbstprüfung (man ist versucht, hier das Wort "Gewissenserforschung" zu verwenden) machen die Ausführungen griffig. Das Versprechen des Buches lautet nun, dass jemand, der das "Kraftdreieck" aus Demut, Dankbarkeit und Verantwortung lebt, damit in seiner Lebenseinstellung einen Nährboden schafft, auf dem Glück und Erfolg gut gedeihen können.
    Ein Abschlusskapitel widmet sich einigen Fragen, die sich jemandem stellen, der als Christ in der heutigen Gesellschaft leben möchte. Dabei werden sowohl die fundamentale theologische Frage nach dem Leid in der Welt angesprochen als auch "lebenspraktische" Aspekte des Alltags, wie die Frage, ob man sich öffentlich zu seiner Religion bekennen solle.


    Insgesamt ein angenehmes und freundliches Buch, das Denkanstöße geben kann.