Beiträge von Bernard

    Wie gesagt, ich bin fasziniert.


    Du weißt also schon, ob Obamas Politik Erfolg haben wird, sodass es in Deine Berechnungen einfließen konnte?
    Auch, wie sich der Bedarf an Stahl und Erdöl in China entwickeln wird?
    Ob Indien stabil bleibt? Und der Rest der BRIC-Märkte, die wir als verlängerte Werkbank brauchen?
    Wie ergibig die Vorkomman an Uran sind, das man für Atomkraftwerke braucht?
    Wie die Tarifabschlüsse der nächsten Jahre aussehen werden?
    Wie in Kalifornien die Gesetzgebung zur Zulassung neuer Automobile angepasst werden wird (für den deutschen Export ganz wesentlich)?


    :anbet


    Weiß das jeder, der vierzig Jahre als Wirtschaftswissenschaftler arbeitet? :gruebel


    Oder sind das alles unnötige Details?
    Wenn nur das "mögliche Szenario" interessiert - zugestanden, dann kann die Welt heute Abend untergehen. Keine Frage. Die Weltwirtschaft könnte kollabieren. Das ist eine reale Aussicht.
    So wie in den letzten 100 Jahren und in den nächsten 100 Jahren auch.
    So, wie uns auch ein Meteor treffen könnte, der eine Flutwelle über sämtliche Kontinente spülen lässt. Nach dem Kinofilm "Armageddon" gab es da auch eine Reihe von Sendungen im Fernsehen, die sich mit der Möglichkeit der Zertrümmerung von anfliegenden Himmelskörpern beschäftigten.
    Hatten damals wohl gute Einschaltquoten.
    Panik zieht halt immer.

    Zitat

    Original von hef
    Das Problem ist: dass aus der Währungsunion eine Transferunion gemacht wird.
    Und die ist äußerst anfällig für jede Art der Spekulation.


    Erstaunlich.
    Eine Gemeinschaftswährung ist anfälliger für Spekulationen als eine Ansammlung individueller Währungen? Mit der Drachme wäre uns das nicht passiert? Wir sollten dringend den Schweden Bescheid sagen, die jetzt als Folge der Krise ans Tor der sicheren Euro-Burg klopfen. Und selbst sollten wir nicht nur die D-Mark wieder einführen, sondern gleich die Landeswährungen von Westfalen, Oldenburg, Hamburg etc.
    Wirklich sicher vor Währungsspekulationen wären wir allerdings wohl nur nach Abschaffung der Währungen. Ein Hoch auf die Tauschwirtschaft.


    Zitat

    Original von hef
    Weiterhin werden hier nur die Wirkungen, und nicht die Ursachen bekämpft.


    Warum demonstrieren eigentlich gerade die Griechen? War das eine Presse-Ente mit der Reduzierung ihrer (an der Wirtschaftskraft ihres Landes gemessen) überhöhten Gehälter und Renten?


    Zitat

    Original von hef
    Griechenland kann sich definitiv nicht selbst helfen. Es ist und bleibt pleite, da es schon als Pleitegeier mit gefälschten Papieren in die EU gekommen ist.


    Wahrscheinlich ist das die Erkenntnis, die dazu führt, dass jetzt andere zur Hilfe eilen.
    Klappt allerdings nur kurzfristig. Mittelfristig müssen die Griechen die Korruption los werden, sonst läuft gar nichts. Danach müssen sie die Wirtschaft in Schwung bringen. Nullrunden, Verlängerung der Lebensarbeitszeit, Industrieansiedlung. Haben wir schließlich auch nicht zum Spaß gemacht.


    Zitat

    Original von hef
    Die Spekulanten warten jetzt auf den kleinsten Fehler im EU-Raum, und dann wird reichlich Geld fällig.


    Das wäre schön. Dann könnten wir uns alle beruhigt hinlegen.
    Spekulation funktioniert aber anders.
    Was wir am Wochenende gesehen haben, war nicht das Warten auf einen kleinen Fehler. Es war die Quittung für gewaltige Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden und bei denen man jetzt genauer hingesehen hat. Griechenland ist dabei eher weniger gewichtig. Erinnert sich noch jemand, wie die Finanzkrise begann? - Richtig, Immobilienblase in den USA.
    Und wo ist die europäische Immobilienblase?
    Erster Tipp: Sie ist groß.
    Zweiter Tipp: In Griechenland ist sie nicht.


    Zitat

    Original von hef
    Stand heute: sollten nur 100 Mrd sofort abgerufen werden müssen, bedeutet das eine zusätzliche Inflationsrate von ...


    Man sollte Dich für den Nobelpreis in Wirtschaft vorschlagen. Du hast das Geheimnis der Prognose von Inflation entschlüsselt, für die man bislang ja eine ganze Menge in sich komplexer Faktoren einbeziehen musste - zum Beispiel die Rohstoffmärkte oder die Stärke des US-Dollar ... Gut, dass die Zeiten der komplizierten Rechnungen jetzt vorbei sind und man sich in schönstem Selbstmitleid der kopflosen, aber einfachen Panik hingeben kann.

    Vielleicht sind auch Männer besonders pädophil, die blaue Pullover tragen? Oder ein anderes Merkmal erfüllen, das genauso willkürlich ist wie ein zölibatärer Lebensstil?
    Glaubt wirklich jemand ernsthaft, dass es weniger Kindesmissbrauch gäbe, wenn jeder Mann per Stempel in einem Scheckheft verpflichtet wäre, nachzuweisen, dass er wenigstens einmal pro Woche mit einem erwachsenen Sexualpartner Verkehr hatte?

    Der Gedanke, dass die Stärkeren die Schwächeren mit durchziehen, ist nicht gerade neu. Wenn man Griechenland aus der EU werfen will, kann man auch dafür plädieren, Berlin, Bremen und das Saarland aus der Bundesrepublik zu schmeißen.
    Mitgehangen - mitgefangen. Ein geeintes Europa gibt es eben nicht umsonst.

    Zitat

    Original von Voltaire
    Und gerade aus der Unterdrückung der eigenen Sexualität durch das Zölibat entwickeln sich doch erst die perversen Neigungen.


    Anscheinend nicht - zumindest habe ich das bisher nur von Küchenpsychologen gehört.
    Andere Küchenpsychologen behaupten, dass aus der hemmungslosen Auslebung der Triebe eine Langeweile erwächst, die nur noch mit immer exotischeren Varianten der Triebbefriedigung überwunden werden kann.
    Beides halte ich für Blödsinn.
    Die Sexualität wird vermutlich dort geprägt, wo auch unsere Persönlichkeit geprägt wird - in der Kindheit oder bei sehr einschneidenden Ereignissen.


    Zitat

    Original von Voltaire
    Das Zölibat ist ohne Wenn und Aber wider die Natur.


    Da wiederum stimme ich Dir zu.
    Muss aber nicht schlecht sein. Alle kulturellen Leistungen sind von einer gewissen Perspektive aus betrachtet widernatürlich. Affen tragen keine Kleidung, bauen keine Wolkenkratzer, gehen nicht zur Universität und verfassen keine Beiträge in Bücherforen. Das alles ist "wider die Natur" - in diesem Sinne ist das auch der Zölibat. Er stellt eine sehr bewusste, nicht-triebgesteuerte Art zu Leben dar.



    Zitat

    Original von Voltaire
    aber das Zölibat ist ohne Frage auch eine der Ursache für diese Handlungen.


    Beweise, Watson, Beweise ...
    Jemand, der sich nach sechsjähriger Vorbereitung entschieden hat, überhaupt keine Sexualität auszuleben, soll ausgerechnet eine sozial völlig gebrandmarkte Sexualität praktizieren? Das erscheint mir nicht logisch und sich daher auf die Ausnahmefälle zu beschränken, die wir jetzt sehen ...

    Da die meisten Opfer sexuellen Missbrauchs von Männern missbraucht wurden und werden, die nicht zölibatär leben, nämlich ihren eigenen Vätern, Onkeln oder sonst jemandem aus ihrem familiären Umfeld, dürfte ihnen die Diskussion um den Zölibat ohnehin egal sein. :rolleyes
    Nach dem, was man heute weiß, lebt jemand, der ein Kind missbraucht, eben nicht seinen "üblichen Sexualtrieb" aus, sprich: Er wäre nicht befriedigt, wenn er mit einem erwachsenen Menschen Sex hätte. Die Neigung zum Sex mit Kindern hätte er trotzdem, und sie würde nicht dadurch "beseitigt", dass er sich anderweitig betätigen würde.
    Weder vergangenen noch künftigen Opfern würde daher mit einer Abschaffung des Zölibats geholfen. Es gäbe genausoviel Missbrauch wie heute.


    Unwillkürlich beschleicht einen das Gefühl, dass es gar nicht mehr um die Opfer geht, sondern darum, als Trittbrettfahrer die aktuelle Situation zu nutzen, um irgendwelche Anliegen durchzudrücken, die man in den letzten zweitausend Jahren erfolglos vertreten hat ...
    :gruebel

    Die Diskussion um den Zölibat ist ja nicht gerade neu (man könnte sagen: Sie ist biblisch ...). Ich sehe nur keinen Zusammenhang zur aktuellen Situation.
    Der Erzbischof, der sich im von Churchill zitierten Artikel äußert, möchte zwar über den priesterlichen Zölibat diskutieren, sagt aber auch, dass der Zölibat für Bischöfe sinnvoll sei. Bischof Mixa müsste also auch nach seiner Vorstellung zölibatär leben und hätte das auch vor seinem Bischofsamt tun müssen, um dann später Bischof werden zu können - kein Unterschied ...
    Nebenbemerkung: Es gibt auch in der katholischen Kirche verheiratete Priester. Auch in Deutschland. Nicht viele, aber es gibt sie. Es erfordert eine besondere Genehmigung vom Papst und soweit ich weiß, steht keiner dieser Priester einer Gemeinde vor, um Irritationen zu vermeiden.
    Auch bei sexuellen Übergriffen gibt es wohl keinen Zusammenhang zum Zölibat. Pädophile Neigungen scheinen sich in der Kindheit zu bilden, wie andere sexuelle Präferenzen auch. Allerdings scheint es einen Zusammenhang von Homosexualität und Kindesmissbrauch zu geben, schließlich scheinen sich vor allem Männer an Knaben (nicht an Mädchen) zu vergehen. Und es ist nicht ganz von der Hand zu weisen, dass ein "Männerbund" wie die katholische Priesterschaft für jemanden attraktiv sein mag, der sich zu Männern hingezogen fühlt. Seit ein paar Jahrzehnten wird dem wohl in den Priesterseminaren erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt; als diejenigen, deren Verbrechen nun ans Licht kommen, zu Priestern ausgebildet wurden, war das scheinbar noch nicht so.

    Sind wir eigentlich noch bei "Der Bischof und die Watsch'n" oder inzwischen bei "Missbrauch und Kirche"?
    :gruebel


    Eine "Hetze" in den Medien nehme ich nicht wahr. Das wäre ja eine zielgerichtete Aktion, eine Art Verschwörung mit dem Ziel, die katholische Kirche zu diskreditieren, im Zweifel unabhängig von Faktenlagen. Das mag für einzelne Sendungen und Medien zutreffen, wenn der verantwortliche Redakteur eben die katholische Kriche als Feind sieht.
    Was man aber wieder sehr schön sieht, ist, dass die Medien eben nach dem selektieren, was sich verkaufen lässt bzw. Einschaltquoten und Auflagenzahlen bringt. Das ist auch durchaus verständlich, daran hängt ihre Existenz.
    Wie in jedem anderen Thema wird dabei vereinfacht und zugespitzt.
    Leider gerät damit die Faktenlage aus dem Blick.
    Eine Parallele aus einem ganz anderen Bereich: Wenn eine Talkshow zu der Frage "gibt es Marsmenschen?" angesetzt wird, dann wird man in der Runde von vielleicht 6 Gästen vermutlich 3 finden, die der Meinung sind: "ja, der Mars ist bewohnt." Der nicht anderweitig informierte Zuschauer wird nun vermuten, etwa 50% der Wissenschaftler seien dieser Meinung. In Wirklichkeit sind es aber vielleicht nur 0,0001% - nur das aus denen eben 3 ausgewählt wurden und aus dem großen Rest ebenfalls 3.


    Was das mit dem Thema zu tun hat?
    Der Missbrauch außerhalb der Familie macht ca. 5% der Fälle aus, wenn ich mich recht entsinne - katholische Kirche, andere Kirchen, Kindergärten, Schulen, Sprotvereine ... In Summe alles 5 %. 95 % dagegen finden in der Familie statt. Die momentane Darstellung suggeriert, dass man das Problem "Kindesmissbrauch" beseitigen würde, indem man (ganz radikal gesagt) die katholische Kirche verbietet und alle ihre Einrichtungen dicht macht. Das ist aber hanebüchen, man würde nur einen minimalen Anteil erreichen, wenn überhaupt, da ja auch andere Schulen gleiche Probleme haben ...


    Um einen Bogen zu Bischof Mixa zu schlagen: Er ist einer derjenigen, der völlig zu Recht darauf hinweist, dass auch die Priester nicht abgeschottet von der Gesellschaft existieren, in der sie aufwachsen und leben. Wenn in dieser Gesellschaft sexuelle Entfaltung als absolut notwendig für ein erfülltes Leben angesehen wird (Stichwort "68er"), dann ist es nur logisch, dass diese Einschätzung sich auch in der Psyche von Priestern niederschlägt. Wie jeder andere Mensch gehen sie dann auf die eine oder andere Weise damit um. Wie jeder andere Pädophile wird sich auch ein (bewusst oder meist anfangs vermutlich unbewusst) pädophiler Priester oder Ordensmann zu einer Lebensgestaltung hingezogen fühlen, bei der er Kontakt mit kleinen Kindern hat. Ich halte also Mixas Einschätzung, dass man an den 100% der Problemfälle arbeiten sollte und nicht eine Engführung auf einen Bruchteil der 5% vornehmen sollte, für absolut richtig, wenn man denn das Problem "Kindesmissbrauch in Deutschland" lösen will. Diese Einschätzung zu artikulieren, löst allerdings Angstbeißreflexe aus, wie man sieht.


    Mixa selbst ist nun zurückgetreten, weil er den Rückhalt unter den Gläubigen seiner Diözese verloren hat und auch den Zusammenhalt der Katholiken in Deutschland insgesamt geschwächt hat. Denn auch diese sind Kinder ihrer Zeit und deren schnelllebigen Einflüssen ausgesetzt.
    Ob er wirklich irgendwen geohrfeigt hat oder nicht, ist meines Wissens noch gar nicht raus. Selbst wenn er es getan hätte, wäre es aber nicht mit sexuellem Missbrauch gleichzusetzen. In der Vereinfachung und Zuspitzung, die wir derzeit sehen, löst aber der Begriff "Fehlverhalten" direkt eine Kurzschluss-Analogie mit "sexuellem Missbrauch" aus. Das ist ungerecht, aber eine Wahrnehmungsrealität. Schon der Anschein einer Schuld verursacht offenbar großen Schaden und wird somit zur Belastung, unabhängig davon, ob diese Schuld tatsächlich Substanz hat.


    Was ich allerdings verstehe, ist der Vorwurf zum Umgang der Kirche mit den damals bekannten Missbrauchsfällen. Hier widerspreche ich auch Asmos. Aus meiner Sicht ist ein Priester immer auch Vertreter der Amtskirche "vor Ort". Er hat sich freiwillig dazu entschlossen. Dadurch genießt er meist einen besonderen Respekt, weil er eben für die Kirche steht und damit eine gewisse moralische Autorität "erbt". Wenn das so ist, dann muss er es sich aber auch jetzt, in diesen schweren Zeiten, gefallen lassen, mit den negativ wahrgenommenen Aspekten der Kirche identifiziert zu werden. Das sehe ich so wie bei einem Beamten - auch der hat die Gesetze seines Staates nicht selbst gemacht, aber er muss für diesen Staat einstehen. Wenn ein Polizist den Zorn der Demonstranten bei einem Atommülltransport abbekommt, dann mag es sein, dass er immer Parteien wählt, die gegen Atomenergie sind - trotzdem ist er Polizist und muss dann vor Ort für den Staat mit seiner Politik den Kopf hinhalten, obwohl er selbst nichts dafür kann.


    Auch beim Umgang der Kirche mit diesen Fragen müsste man allerdings differenzieren, wozu vermutlich weder die Medien noch ein Internetforum in der Lage sind.
    Nach aktueller Gesetzeslage gibt es keine Anzeigepflicht für Missbrauchsfälle (außer die allerschwersten). Warum sollte es eines extra für Taten im kirchlichen Umfeld geben? Wenn, dann für alle. Auch zu bedenken gilt, dass die Klostergemeinschaft einem Familienverband sehr nahe kommt. Die Mönche nennen sich nicht umsonst "Brüder". Wollen wir wirklich eine Gesellschaft, in der es Pflicht ist, selbst Familienangehörige auf einen bloßen Verdacht hin zu denunzieren?
    Anders liegt der Fall bei der Thematik, dass jemand, der sich hier nachgewiesen schuldig gemacht hat, nicht angezeigt wird und, das ist das besonders Tragische, nochmals in Positionen versetzt wird, in denen er das Gleiche nochmal macht, sogar ohne die geringsten vorbeugenden Maßnahmen. Das ist ein systemischer Fehler, und für diesen haben diejenigen geradezustehen, die die Regeln im System machen.

    Wenn das weltliche Recht auch für die Kirchen gilt, was ist dann eigentlich mit solchen Sachen wie ...
    ... der Unschuldsvermutung? Die scheint in unserer Gesellschaft generell aus dem Blick zu geraten - zwischen Anschuldigung und Verurteilung scheint kaum noch ein Unterschied zu bestehen.
    ... der Verjährung? Gilt die nicht bei Verstößen, die durch Mitglieder einer Kirche begangen wurden? Worauf begründet sich diese Sonderbehandlung?
    ... der Möglichkeit, seinerseits eine Klage zu führen, wenn man sich einem Unrecht ausgesetzt fühlt? Wie etwa Verleumdung, üble Nachrede usw.?


    Ich kann den Fall nicht beurteilen, dazu habe ich zu wenige Informationen. Das würde ich allerdings auch den allermeisten anderen unterstellen - oder wer von den Diskutanten war dabei, als Bischof Mixa vor zwanzig Jahren einen Schüler krankenhausreif geprügelt hat? Oder wer hat ihn in diesen Jahren wie ein Schatten zu jeder Tag- und Nachtzeit begleitet, sodass er ausschließen kann, dass Bischof Mixa irgendwann solches tat?


    Vernünftig wäre es, abzuwarten, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind und die Urteile vorliegen. Vielleicht haben wir hinterher einen verurteilten Bischof. Oder einige verurteilte Verleumder. Oder nichts von beiden. Wer das Ergebnis jetzt schon kennt, kann den Gerichten eine Menge Arbeit ersparen ...

    Zitat

    Original von Voltaire
    Entweder der totale Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan oder aber man führt dort massiv Krieg. Ein Zwischending gibt es nicht!


    Das sehe ich auch so. Entweder man führt Krieg, und dann richtig, oder eben nicht. Wenn man Krieg führt, werden Menschen sterben, auf beiden Seiten, auch unschuldige Menschen. Wenn man keinen Krieg führt, werden vermutlich auch Menschen sterben, als Opfer eines Unrechtsregimes oder von Terroristen, die dort ausgebildet werden (sagt man uns jedenfalls).
    So oder so wird die Entscheidung schwerwiegendste Konsequenzen für einige Menschen haben und sollte meines Erachtens daher sehr bewusst getroffen und umfassend legitimiert werden. Mir wäre ein Volksentscheid am liebsten.

    Obwohl ich vermutlich für den Vergleich geprügelt werden werde:
    Auch Goethes "Faust" brachte keine neuen Handlungselemente. Der Plot ist im Wesentlichen aus Versatzstücken früherer Werke zusammengesetzt. Die Präsentation war aber angetan, das Werk zu einem Klassiker von bleibendem Wert zu machen, das viele nachfolgende Schriftsteller direkt oder indirekt beeinflusst hat.

    1) Bücher, die zu ganz neuen Perspektiven verhelfen
    Hagakure von Yamamoto Tsunetomo (philosophische Lehren eines mittelalterlichen Samurai).


    2) Bücher, bei denen schon der Titel einfach Lust auf mehr macht
    Für Gott, Vaterland und Coca-Cola - eine Art Biografie des Coca-Cola-Konzerns.


    3) Bücher, die einem schwer im Magen liegen
    Der Gourmet von Bernhard Kempen - Gelungenes Roman-Porträt eines modernen Kannibalen (mit Hinführung, wie man denn ein Kannibale wird).


    4) Bücher, die auf kleinstem Raum ganz groß herauskommen
    Die kleinen Leute von Swabedo - eine kurze Erzählung, die auffallend viele Leute kennen.


    5) Bücher, die das Zeug zum nächsten Blockbuster haben
    Der kleine Hobbit von J.R.R. Tolklien - wird wohl im Windschatten von "Der Herr der Ringe" groß herauskommen.


    6) Bücher, die für durchlesene Nächte sorgen
    Die Hyperion-Gesänge von Dan Simmons - eine Reihe gelungener Episoden in einem faszinierenden Setting in der fernen Zukunft.


    7) Bücher, die man wirklich nicht gelesen haben muss
    Die gierigen Dinge des Jahrhunderts von den Brüdern Strugazki - für surrealistische Science Fiction habe ich wohl keine Antenne.


    8) Bücher, deren Cover den Leser hinters Licht führen
    Der Schwarm von Frank Schätzing. Das Cover sieht aus wie ein Auge, ist aber keins, wie sich am Ende des Buches herausstellt.


    9) Bücher, die von ihren Figuren leben
    Resident Evil: Genesis und Apocalypse von Keith R.A. DeCandido - ich kenne kein Buch, das dermaßen Character-Driven ist. Selbst jemand, dessen einzige dramaturgische Funktion darin besteht, direkt nach seinem Auftauchen von einem Zombie gefressen zu werden, wird mit Familiengeschichte kurzweilig vorgestellt.


    10) Bücher, die eben *nicht* von ihren Figuren leben
    2001: Odyssee im Weltraum von Arthur C. Clarke. Hier sind die Figuren nur Staffage für die Geschichte.


    11) Bücher, nach deren Lektüre man die Welt mit anderen Augen sieht
    Das Geheimnis der Evolution von Gordon Rattray Taylor - verhilft zu kritischem Denken demgegenüber, was alle zu wissen glauben.


    12) Bücher, die süchtig machen
    Die Reihe Das Lied von Eis und Feuer von George R. R. Martin


    13) Bücher, die sich schon wegen eines einzigen Satzes lohnen
    Die Alchimistin von Kai Meyer fängt an mit dem Satz: "Und dann das Schloss." Genial.


    14) Bücher, die man unbedingt weiterempfehlen sollte
    Sternenflut von David Brin.

    Mich hat "Bis(s) zum Morgengrauen" schon deswegen gereizt, weil es ein Phänomen ist, ein bisschen wie Harry Potter. Beides habe ich durchaus auch gelesen, um mitreden zu können. Und von beidem war ich positiv überrascht. So nach und nach werde ich vermutlich beide Serien komplett lesen.
    Ich habe sowieso die Theorie, dass jeder Mega-Erfolg irgendeinen Grund hat. Oder, wie Reich-Ranicki einmal sagte: "Literaturkritik versagt auch dort, wo sie große Erfolge nicht zu erklären vermag."
    Also - lesen müssen muss man es sicher nicht. Es gibt überhaupt kein Buch, dass man lesen muss. Aber die Twilight-Reihe gefällt sehr vielen Lesern in aller Welt, also stehen die Chancen recht gut, dass Du ihr auch ein paar angenehme Stunden abgewinnen kannst - irgendetwas hat Frau Meyer da besser hinbekommen als die allermeisten anderen Autoren, sonst hätte sie kaum so viele Bücher verkauft.

    Klappentext:
    Im Kölner Dom wird ein Pater ermordet aufgefunden. Hat der Domschatzarchivar Kunsträuber am Grabmal des Erzbischofs Konrad von Hochstaden überrascht? Die Kölner Kriminalkommissarin Rita Bertold wird mit dem Fall betraut.
    Wenig später wird ein weiterer Mord in der Burg Nideggen in der Nordeifel verübt, der auf den ersten Blick nichts mit der Kölner Bluttat zu tun zu haben scheint.
    Lorenz Bertold, Großvater der Kommisssarin und Hobbykriminalist spürt gemeinsam mit seinen Freunden aus der Seniorenresidenz Burgblick dem Geheimnis um den Toten von der Burg hinterher.
    Er sucht Antworten und findet sie in der mittelalterlichen Geschichte, deren dunkle Geheimnisse bis in die Gegenwart wirken.
    Welches Vermächtnis hat der Erzbischof Konrad von Hochstaden hinterlassen? Was kann fast achthundert Jahre nach dessen Ableben so wichtig sein, dass mehrere Menschen dafür ihr Leben lassen müssen?
    Und was hat der in der Eifel lebende Chef der Russenmafia, bekannt als der »Pate vom Rursee«, mit all dem zu tun?
    Gefährliche Fragen, die Opa Bertold und seine Freunde nicht nur zwischen die Fronten eines Bandenkrieges, sondern auch mitten hinein in die spannende Historie ihrer Heimat führen.


    Meine Meinung:
    Nach "All die alten Kameraden" hat der Autor den zweiten Fall für Opa Bertolds Gang herbstlicher angelegt. Nicht nur das Wetter kündet von dieser Jahreszeit, auch die Gedanken, die die Protahonisten umtreiben, sind tiefschürfender als im ersten Krimi. Opa Bertolds verstorbene Frau tritt aus dem Hintergrund, auch erfahren wir vom Schicksal seiner Tochter, das sicher Teil seiner Motivation ist, sich immer wieder ins "Kriminalisieren" hinein zu begeben. Insgesamt verleiht das den Figuren Tiefe und der Geschichte Gravitation, die den Fokus ein wenig von der humorvollen Leichtigkeit nimmt, die den ersten Teil dominierte.
    Auch die Action kommt nicht zu kurz. Der im Klappentext angekündigte Bandenkrieg steigert sich während des Handlungsverlaufs und stellt sich alles Andere als gewaltfrei dar. Fäuste, Messer, Schusswaffen werden aufgefahren und, was mir besonders gefällt, ein Sonnenschirmständer, fachkundig geschwungen von Zivi Benny, dem Kendo-Athleten.
    Die eigentliche Krimihandlung im Milieu der organisierten Kriminalität wird ausbalanciert durch Ausflüge in die Historie der Eifel, diesmal primär in Verbindung mit dem Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden, der im dreizehnten Jahrhundert in dieser Gegend eingekerkert wurde. Auch wer nicht in der Eifel wohnt, wird hier durchaus lehrreich unterhalten - wobei immer die flaxende Art des Opa Bertold prägend bleibt, der die Historie aus seiner ganz eigenen Perspektive betrachtet.
    Insgesamt ein Buch mit mehreren interessanten Figuren in einem beschaulichen Setting.
    Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und freue mich schon auf Opa Bertolds nächsten Fall.

    Ich empfehle, die Begriffe "Geist" und "Seele" zu unterscheiden. Wir hätten dann also "Geist", "Seele" und "Körper" in der abendländischen Tradition. Physis, Intellekt, Spiritualität.
    Platons Ideenlehre ist da tatsächlich ein geistesgeschichtlicher Vorläufer.
    Im Judentum gab es lange Zeit keine Vorstellung von einer "Seele". Über weite Strecken des Alten Testaments gilt es als Gnade Gottes, einen frommen Menschen besonder lange (irdisch) leben zu lassen. Daher die Langlebigkeit von Methusalem etc. Wenn ich mich recht entsinne kommt erst bei den Makkabäern die Vorstellung eines Lebens nach dem Tode auf. Auch dort ist sie mit einem körperlichen Weiterleben bzw. Wieder-Lebendigmachen verbunden.
    Wie übrigens auch im Katholizismus ("... dass ich in meinem Leibe/ soll meinen Gott anschaun ...") wo es "einen neuen Himmel und eine neue Erde" geben soll, in der man einen "verklärten" Leib erhält.


    In der asiatischen geistesgeschichtlichen Tradition sind andere Unterscheidungen wichtiger, insbesondere die zwischen "Wissen" und "Bewusstsein".
    Ich kann ein Buch lesen und darin etwas über Elektrik lernen. Ich "weiß" dann, wie eine Lampe funktioniert.
    Wenn ich jahrelang in westlicher Umgebung lebe, werde ich irgendwann einen dunklen Raum betreten, mehr oder weniger ohne nachzudenken mit der Hand nach links unten greifen und dort den Lichtschalter vorfinden (weil der in den meisten Räumen eben neben der Tür angebracht ist). Das ist mir "bewusst", ohne dass ich dafür mein "Wissen" aktivieren, also darüber reflektieren muss.
    Trotzdem ist für mich der Buddhismus ohne Vorstellung von einer Seele schwer denkbar - schließlich geht man dort ja von einer "Wiedergeburt" aus (um eben durch viele Wiedergeburten auf immer höhere Ebenen des Bewusstseins zu kommen) - was wird "wiedergeboren" wenn nicht die Seele oder ein Konstrukt, das dem nahe kommt?

    Zitat

    Original von Bell
    Mir ging es eigentlich nur darum, nachzuvollziehen, weshalb andere Menschen gern an so etwas glauben wollen, wie: das Ich, das gibt es eh nicht, also habe ich auch nichts zu verlieren.


    Das "Warum" ist ja recht einfach beantwortet: Erlösung von einem Gefühl des Leids.
    Leid entsteht grundsätzlich dann, wenn Wunsch und Wirklichkeit auseinanderklaffen. Ich wünschte, ich hätte 1.000.000 Euro Monatsgehalt, habe aber nur 800 Euro Monatsgehalt. Ich empfinde die Differenz vom 999.200 Euro als Mangel und das macht mich unglücklich.
    Um das zu beseitigen, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
    1) Ich ändere die Wirklichkeit - ich rackere mich ab, bis ich 1.000.000 Euro im Monat bekomme. Das ist "westliches Denken", "American Way of Life". Ein Buddhist würde nun wohl einwenden, dass die Meisten niemals auf die 1.000.000 Euro kommen, also beim Versuch scheitern und unglücklich bleiben. Selbst die, die es schaffen, sind oft in der Karotte-und-Esel-Falle: Wenn sie 1.000.000 haben, wollen sie 10.000.000 haben und sind wieder unglücklich, oder sie wollen irgendwas anderes etc. pp.
    Daher Möglichkeit 2), um Wunsch und Wirklichkeit anzugleichen:
    Nicht die Wirklichkeit wird angepasst, sondern der Wunsch. Ich gebe meine Wünsche auf, es wird mir egal, wie hoch mein Monatsgehalt ist. Es gibt keine Wirklichkeit mehr, die meinen Wünschen widersprechen könnte, weil ich keine Wünsche mehr habe. Ich bin "wunschlos glücklich".


    Ob es das "Ich" gibt oder nicht, ist vermutlich eine Frage der Wahrnehmung. Buddhisten sprechen da oft von "Ebenen" der Erleuchtung. Ich habe durchaus wie Bell des öfteren aus buddhistischen Kreisen die Ansicht vernommen, dass das "Ich" eine Illusion sei.
    Zu der Legende um den stets friedlichen Buddhismus möchte ich auf die japanische Geschichte verweisen, die durchaus wehrhafte Klosteranlagen mit erheblichem Territorialanspruch kannte, etwa in Nara, die mit Mönchssoldaten (Sohei) besetzt waren. Hier gibt es durchaus Parallelen zu den kriegerischen Mönchsorden des Christentums.

    Im Buddhismus gibt es viele verschiedene Strömungen.
    Eine der bekanntesten, obwohl heutzutage mit nur einer zahlenmäßig schwachen Anhängerschaft, ist der Zen-Buddhismus. Er ist bekannt, weil er im Bereich der ostasiatischen Kampfkünste eine große Rolle spielt.
    Demnach gibt es das "Ich" tatsächlich faktisch nicht. Bogenschütze, Pfeil und Ziel sind (wenn man alle Illusionen durchschaut) ein und dasselbe. Nach dieser Vorstellung kann deswegen ein Bogenschütze im Augenblick der Erleuchtung auch nicht daneben schießen.
    Die "Leere" scheint auch ein wesentliches Konzept zu sein. Ein leeres Gefäß kann alles aufnehmen. Jemand ohne Wünsche, ohne umherwandernde Gedanken kann eine "objektive" Beobachtung anstellen, "ungetrübt" von allen Voreingenommenheiten, sogar von allen Wertungen.
    Jemand ohne Wünsche ist nach meinem Verständnis allerdings auch zwangsläufig antriebslos ...

    David Brin: Sternenriff
    Das Uplift-Universum 1


    Der Reihen-Titel ist ein wenig irreführend. "Sternenriff" ist der erste Teil eines sechsbändigen Zyklus (im Original drei Bände, für die deutsche Ausgabe in jeweils zwei geteilt), der zwar im Uplift-Universum spielt, aber keineswegs das chronologisch erste Werk dort ist. Das ist "Sonnentaucher", darauf folgen "Sternenflut" und "Entwicklungskrieg" und danach eben der Zyklus "Das Uplift-Universum", von dem "Sternenriff" der erste Band ist.


    Klappentext:
    Seit Jahrhunderten leben sechs Rassen unter dem schützenden Blätterdach des Planeten Jijo zusammen - friedlich, doch voller Furcht. Sie haben Angst, von den Mächten der Fünf Galaxien entdeckt zu werden, denn Jijo ist ein verbotener Planet. Eines Tages erscheint ein fremdes Raumschiff am Himmel über Jijo und landet in der Nähe des großen Heiligtums. Drohen nun alle Befürchtungen von der Vergeltung Wirklichkeit zu werden? Sollen die Siedler von Jijo ausgelöscht werden, weil sie sich dem Verbot der Galaktischen Institute widersetzt haben? Die Besatzung gibt sich freundlich, doch für Jijo beginnt eine Zeit der größten Gefährdung ...


    Meine Meinung:
    David Brin macht es dem Leser nicht leicht, den Einstieg zu finden. Wie schon in den früheren Romanen spielt er seine große Stärke aus, Geschichten über und auch aus der Perspektive von Nicht-Menschen zu schildern - und das gerade auf den ersten Seiten hemmungslos. Es ist faszinierend, zu lesen, wie ein Protagonist mit sich selbst in Dialog tritt, weil es sich um ein Kollektivwesen handelt, das aus mehreren "Ringen" besteht, die jeweils ein eigenes Bewusstsein haben, aber auch zu einer Einheit verschmolzen sind. Zugleich aber tut man sich schwer, sich dieses Wesen bildlich vorzustellen. Der Autor tut einem nicht den Gefallen, den Protagonisten an einem Spiegel vorbeilaufen zu lassen oder zu ähnlichen Tricks zu greifen, die einem einen Blick von außen erlauben würden. Wie er wirklich aussieht, erfahren wir erst ein paar hundert Seiten später, wenn ein anderer Protagonist ihn betrachtet.
    Dieser Effekt tritt nicht nur bei den Fremdrassen auf, sondern auch bei anderen Elementen dieses vielfältigen Universums (was ist eine "Mulch-Spinne"?). Diese Ungewissheit muss man aushalten, am besten sogar genießen können. Wenn das gelingt, dringt man Seite für Seite in eine faszinierende Science-Fiction-Welt vor, die sich beim Lesen ungeheuer groß anfühlt.
    Dabei spielt sich die Geschichte selbst auf einem niedrigen technologischen Niveau ab - keine Raumschlachten, Computer und Roboter tauchen nur am Rande auf, etc. Das liegt an dem Setting mit der Brache-Welt, deren exotische Bewohner seit Generationen versuchen, von der Technologie Abschied zu nehmen und zur Primitivität zurückzukehren. Draußen im All sind diese unglaublich fortgeschrittenen Zivilisationen, von denen man aber wenig weiß und als Leser wenig erfährt, obwohl ihre Präsenz überdeutlich spürbar ist.
    Es sind diese Faszination des großen, unbekannten Universums und die glaubhafte Exotik von Jijo, die in mir als Leser den Entdeckergeist wecken und das Buch lesenswert machen. Ich freue mich schon auf die Lektüre des nächsten Bandes.