Meldorf - Orfgen (Ort in RP)
Beiträge von Lupus
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ASIN/ISBN: 340676729XVolker Reinhardt - Die Macht der Seuche
256 Seiten mit Abbildungen
Konzeption:
"Im September 1348 kam es in Savoyen zu einem historischen Prozess, der bestätigte, was die Gerüchte längst als wahr verbreitet hatten:
"Die Juden hatten durch planmäßige Vergiftung von Brunnen und Quellen zu dem Zweck, die Christenheit zu schwächen, den "Schwarzen Tod" ausgelöst." Elf Angeklagte der jüdischen Gemeinde hatten tapfer der Verleumdung wiederstanden, erst nach dem dritten Grad der Folter erreichte man schließlich ihr Geständnis.
Die Nachricht verbreitete sich schnell wie ein Gerücht in ganz Europa und löste eine Welle in diesem Maße bis dahin nicht gekannter Progrome aus. Die Christenheit konnte aufatmen, die Schuldigen waren gefunden."
(Quelle: G. Sticker, Abhandlungen aus der Seuchengeschichte, 2 Bde., Gießen 1908)
Dieses erschreckende Beispiel zeigt, welche verheerenden psychologischen, soziologischen und soziokulturellen Schäden in der betroffenen Bevölkerung die Pest über die rein klinischen Auswirkungen hinaus mit sich brachte. In einer Krise, für die es kein Konzept gab, war das einfachste Konzept das am gierigsten Aufgenommene: Die Suche nach vermeintlich Schuldigen. Aberglaube, Vorurteile und Antisemitismus begleiteten die meisten der großen Seuchen des Mittelalters, ob sie der Cholera, den Pocken oder Pest geschuldet waren.
Mit "Pest" wurden im Mittelalter zunächst alle epidemisch auftretenden Krankheiten bezeichnet, um sie von den endemischen ( z.B. Pocken oder Lepra, auch Aussatz genannt) abzugrenzen.
Die 'große Pest', der 'schwarze Tod' oder das 'große Sterben', war aber eine spezielle epidemische Erkrankung, die durch den vom Rattenfloh auf den Menschen übertragenen Erreger (pasteurella pestis) hervorgerufen wurde. Der Zeitraum höchster Inzidenz war dabei zwischen 1347 und 1353. Die Entstehung ist völlig ungewiss, die Verbreitung erfolgte ost- westlich vom schwarzen Meer bis an die westlichen Küsten Europas, eine spätere Welle erfolgte in süd - nördlicher Richtung von den Häfen Italiens und Siziliens ausgehend.
Die Bubonen- oder Beulenpest, war dabei schon in der Antike bekannt, überall, wo Menschen in größeren Gemeinwesen zusammenlebten. (Vgl. Plinius dem. J., 'Naturalis historia')
Die erheblich letalere Mutante der Lungenpest, der sich im Mittelalter keine Heilungschance bot und die binnen Stunden zum Tod führen konnte, kam erst später hinzu.
Der "Schwarze Tod" des Spätmittelalters war eine Mischform, der es gelang, ganze Landstriche zu entvölkern.
"Ein Drittel der Welt starb", schrieb ein Chronist und diese gewagte Schätzung wird von heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen durchaus bestätigt.
Die Seuche hat sowohl die gesellschaftliche Gesamtsituation, als auch die historischen Abläufe stark beeinflusst, wobei weder die ärztliche noch die volkstümliche Medizin prophylaktischen oder therapeutischen Schutz oder Hilfe bot, sondern allenfalls durch symptomatische Wirkung weniger Mittel momentane Linderung erbringen konnte.
Beurteilung:
Volker Reinholdt ist ein ausgewiesener Kenner des 15. und 16. Jahrhunderts Südeuropas und der soziokulturellen Fragestellungen der Geschichte der frühen Neuzeit. Da der Autor also eher das Feld der Renaissance als des Mittelalters bearbeitet, hat er sich bei den wichtigsten Autoren der Mediävistik bedient, wie das ausgezeichnete Literatur- und Quellenverzeichnis belegt.
Das ihm bei der kaum noch überschaubaren Flut von Einzelpublikationen dabei eine nüchterne und abgewogene Einschätzung gelingt, macht dieses Buch wertvoll.
Billige Vergleiche zur derzeitigen Pandemie seit 2020 zieht Reinhardt dabei nicht, gleichwohl ist es legitim darauf hinzuweisen, daß die soziologischen Parameter von heute sich denen vor 700 Jahren durchaus annähern, wenn auch unter ganz anderen Vorraussetzungen.
Was machte eine solche Bedrohung mit den Menschen? Wie wurde sie versucht zu bekämpfen? Welche Folgen für die Gesellschaft hatte sie?
Es ist in historischen Publikationen des 20. Jahrhunderts viel geschrieben worden über die positiven Auswirkungen der Pest: Die nun weniger vorhandenen Arbeitskräfte machten die Arbeit wertvoller. Der individuelle Wohlstand stieg, Menschen aus entvölkerten ländlichen Gebieten zogen in die Städte ab. Die Geburtenrate erhöhte sich um ein Vielfaches, der Verlust an Menschen wurde rasch ausgeglichen bis 1400. Machtverhältnisse wurden aufgelöst hin zu mehr bäuerlichem Eigenbesitz durch "verwaistes Land".
Darüber darf nicht vergessen werden, was die Seuche an negativen Folgen hatte. Die Bindung des mittelalterlichen Menschen an seinen Glauben, Vertrauen auf Trost und Hoffnung auf Erlösung, erhielt eine erste entscheidende Schwächung. Eltern hatten ihre Kinder verlassen, die Jungen die Alten, die Starken und Gesunden flohen die Kranken und Schwachen. Was bedeutete das für das menschliche Zusammenleben "danach"?
Die Tyrannen der Stadt Mailand im 14. Jahrhundert, die
Visconti, riegelten die Stadt radikal gegen das Umland ab. Mailand war die einzige oberitalienische Stadt, an der die Pest völlig vorbeiging.
Das wertete nicht nur die Viscontis auf, sondern auch die Tyrannis.
Isolation gelingt nur dem starken Herrscher!
Der Ruf nach dem starken Staat, der Hang zum Diktat und die Spaltung der Gesellschaft darüber, ist schließlich auch uns nach 700 Jahren nicht ganz fremd geworden im Zeichen der Seuche.
Ein kluges, ein streckenweise brilliantes Buch, mit leichten Schwächen in der Tiefenschärfe bei der historischen Fragestellung,wobei alles aber gereift und abgerundet erscheint und für das ich eine Leseempfehlung an alle Interessierten aussprechen möchte.
Volker Reinhardt, geb.1954, ist ein deutscher Historiker und seit 1992 Professor für Geschichte der Schweiz und allgemeine Geschichte an der Universität Freiburg. Er gilt als einer der besten europäischen Kenner der Geschichte der Renaissance und des Papsttums.
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ZimmerPalme
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SprachLehrer
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ParteiAbzeichen
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Wenn der Winter, Hausgenosse des Alters, Bauch des ganzen Jahres und grimmigen Verzehrer der Früchte der Arbeit, bei der Ankunft des Frühlings in die tiefsten Gründe der Erde vertrieben und sich dort verkriechen wird und wenn der Lenz in erneuerten Gestalt sich rüstet, die starren Spuren des gierigen Winters zu tilgen und den matten Fluren ihren alten Glanz wiederzugeben, der Lenz, Beginn des Jahreslaufs und Zierde des Jahres, und wenn dann schon mildere Luft die heiteren Tage eröffnet, wenn Kräuter und Blumen, von Zephyr gelockt, aus den Wurzeln zarte Triebe heraufsenden, die, aus Hass auf die eisigen Fröste, sich lange im Erdenschoss bargen, und wenn die Wälder mit Laub, die Hügel mit saftigem Gras und üppige Wiesen mit prangendem Grün sich verjüngen, dann haben Brennnesseln die eingefriedete Fläche verwuchert, die sich als kleiner Platz mit offenem Zugang vor der Klostertür nach Osten hin öffnet. Sie sind auf der kleinen Fläche des Feldes gewachsen, wie Pfeile, die mit brennendem Gift bestrichen ist. Was sollte ich tun?
Walahfrid Strabo - De cultura hortorum (Über den Gartenbau)
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Borstenschwein - Einhorn
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Das finde ich als Bewohnerin der Insel Reichenau sehr spannend und würde mich über eine Rezi von Dir freuen.
Werde ich gerne machen, kann aber ein Weilchen dauern.

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Walahfrid Strabo - De cultura hortorum
ASIN/ISBN: 3930978954Walahfrid war nicht nur von 841 - 849 Abt des Karolingischen Reichsklosters Reichenau im Bodensee, sondern auch Diplomat, Dichter und Chronist. Der Benediktiner hatte Briefkontakte bis nach Rom und Byzanz, die benediktinische Form der Briefbeförderung durch reisende Mönche war ein Vorläufer der Post.
Vor allem war Strabo aber Botaniker und das im wörtlichen Sinne. Der Garten des Klosters wurde nach seinen Vorstellungen angelegt, der 'hortulus' enthielt Gemüse- und Heilpflanzen. Es ist ein noch heute gültiges kleines botanisches Lehrbuch aus dem Mittelalter und eine vielgenutzte Quelle über Ernährung und Heilkunst der mittelalterlichen Klöster, Stoff auch für unzählige historische Romane, deren sorgfältigere Autoren (m/w) sich gerne bei Walahfrid Strabo bedienen. Auch in den berühmten St. Galler Klosterplan, ein Idealtypus, flossen Walahfrids Vorstellungen eines sinnvoll angelegten Abteigartens ein.
Die Sprache ist farbig und kraftvoll, vor allem in den Beschreibungen der einzelnen Arten, so lernt man auch, dass schon "Exoten" wie Kürbis, Schlafmohn oder Rosmarin in den Gartenbeeten des 9. Jahrhunderts eine Heimat hatten.
Lateinisch/ Deutsch
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Bin eben nach hause gekommen, nach stundenlanger, ermüdender Semesterplanung und werde mich gleich auf meinen Lesedachboden zurückziehen und in das 12. Jahrhundert abtauchen.
Es regnet!

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Lichtungsgrenze
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Am Flughafen auf den Abflug warten.
Erholsamen Urlaub Dir!
🏝✈️🌊 -
Alfred Grünewald - Werk und Leben
Alfred Grünewald (1884 - 1942 ermordet) war ein Wiener Dichter der Moderne, wie der etwas unpräzise Ausdruck dafür lautet. In Wahrheit war seine Bandbreite viel größer, von der geschlossenen Hexameter - Form bis hin zur Possen- und Schwankdichtung der Meistersingerzeit. Grünewald war ein Eigenbrödler, ein Außenseiter selbst in der bunten Wiener Boheme fast isoliert, unsichtbar.
Er selbst nannte seine Dichtung "Kassiber", "aus der Seele hinausgeschmuggelte Lebenszeichen". Die meist strenge Form diente ihm zum Abschweifen ins Unsichtbare, ins Exhibitionistische, ins "nie Erschaute". Trotz seiner menschenscheuen Lebensart strebte Grünewald das Hölderlinsche Motto "Es neigen die Weisen am Ende dem Schönen sich zu", an.
Die politische Katastrophe Österreichs 1938 traf Alfred Grünewald besonders hart. Als Jude und Homosexueller war der Dichter ein gesuchtes Feindbild der Nationalsozialisten und es erfolgte ein Suizidversuch Ende 1938. Grünewald überlebte durch das Eingreifen Dritter und der Dichter führte anschließend ein Leben im Verborgenen. Nach Denunziation durch Nachbarn an die GeStaPo folgte eine Inhaftierung in Dachau mit später zeitweiliger Freilassung. Grünewald flüchtete über die grüne Grenze in die Schweiz, dann nach Frankreich, wo ihn die Polizei der Regierung Petain an die SS auslieferte. 1942 erfolgte die Deportation nach Treblinka oder Auschwitz, wo Alfred Grünewald 1942 den Tod fand.
Grünewald ist heute beinahe vergessen und vor allem jüngeren Lesern (m/w) völlig unbekannt.
Hiermit möchte ich an einen der vielseitigsten und sprachlich glänzenden Vertreter deutscher Dichtung erinnern.
Mahnung:
"Wenn Sie dein Herz verlangen,
dann gib es lachend preis.
Du wirst dich neu empfangen
nach ewigem Geheiß.
Sie werden dich zerstücken,
streun dich in Nacht hinaus,
du aber wirst dich pflücken
und sammelst dich als Strauß.
Sieh, Bruder, ohne Bangen,
dem Dunkel ins Gesicht.
Verlieren und Empfangen
sind eines einst im Licht."
ASIN/ISBN: 3205203054 -
Ich würde Dir den Kassiker von R. L. Stevenson empfehlen.
ASIN/ISBN: 3866476973Den Inhalt setze ich mal als bekannt voraus, aber es geht eigentlich immer um die Seefahrt darin, auch wenn der größte Teil auf einer Insel spielt. Für mich war dieses Buch einer der Auslöser für meine lebenslange Leidenschaft für das Meer und das Segeln. Und schön abenteuerlich geht es dort ausserdem auch noch zu.😉
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StraßenSchild
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PlanSpiel
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NotDienst
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Uwe Wittstock - Februar 33, Der Winter der Literatur
ASIN/ISBN: 3406776930
Sebastian Haffner und Thomas Mann im Deutschen Reich, oder Joseph Roth in Österreich, viele hatten es seit langem kommen sehen. Die Übernahme der Macht durch die Nationalsozialisten hatte sich medial, politisch und juristisch lange angekündigt, sie war keineswegs eine "Revolution".Andere Schriftstellerinnen und Schriftsteller weigerten sich noch, zur Kenntnis zu nehmen, daß auch für sie der "Winter der Literatur" angebrochen war. Eine Emigrationswelle deutscher Künstler (m/w) und Literaten (m/w) ließ das kulturell blühende Deutsche Reich der Weimarer Republik regelrecht ausbluten. Andere Literaten wiederum versuchten die "Innere Immigration". Den Kulturschaffenden gereicht es immerhin zur Ehre, dass nur sehr wenige sich freiwillig und spontan in den Dienst der Nationalsozialisten stellten und zudem nicht ein einziger von den Besten.
Uwe Wittstock hat einen recht scharfsinnigen Blick auf die Zeitläufte aus literarischer Sicht geworfen, den ich nachvollziehen möchte.
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ZeitRaum
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Heute bei mir eingezogen:
Edmund Pfleiderer - Die Philosophie des Heraklit von Ephesus
ASIN/ISBN: 0543698769Heraklit aus dem Ionischen Ephesus war "Der Dunkle" unter den vorsokratischen Philosophen. Nichts, was belegbar wäre von seinem Leben, ist uns bekannt, vieles, was man hörte, war reine Erfindung.
Zu Beginn des fünften vorchristlichen Jahrhunderts verfasste er zahlreiche Schriften, die nur als Fragmente überliefert wurden. Somit gibt es bis heute nicht ein einziges durchkomponiertes Buch von Heraklit, seine Wirkung war,daran gemessen, aber enorm.
Er kritisierte die Art und Weise, in der seine Zeitgenossen die Dinge sahen und als gegeben von den Göttern hinnahmen. Heraklit erkannte, daß alle ontischen Wahrnehmungen, die Frage nach dem Wesen des Seins, den steten Wandel bedenken müssen. Alle Dinge, die erfassbar sind, befinden sich in permanenter Veränderung. Die einzige Konstante ist der Fluss aller Dinge. Das hat man später mit der etwas zu simplen Formel 'panta rhei', (Alles fließt) beschrieben, besser wäre aber "Alles ist im Fluss ", im Sinne des Ovidischen "Tempora Mutantur".
Heraklit beeinflusste nicht nur alle ihm nachfolgenden Philosophen, sondern war auch einer der ersten Dialektiker, in dem er forderte, alle Dinge auch durch ihren Gegensatz zu erklären, etwa: Licht mit Dunkelheit, Fülle mit Mangel oder Gut mit Böse.
Edmund Pfleiderer ( 1842 - 1902), war ein deutscher Philosoph und Theologe, dem die bis heute umfassendste Übersetzung und Deutung der Fragmente des Heraklit gelang.