Beiträge von Bookworld91

    Sanfte Lektüre

    Eine vernichtende Kritik kann schnell zum Aus führen. Restaurants sind dabei keine Ausnahme. Was aber, wenn es das Aus für die Kritikerin ist? Darum geht es in „A Taste of Cornwall“.


    Journalistin Sophie hat eine vernichtende Kritik über das Restaurant von Model Annabelle geschrieben. Die Konsequenz von ihrem Vorgesetzten: sie soll einen Pub in Cornwall auf Vordermann bringen. Gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrer pubertierenden Tochter begibt sie sich auf die Reise…

    Ich musste beim Lesen mehrmals laut los lachen. Katharina Herzog hat die Situationen (das Heim!) mit viel Humor und Liebe zum Detail geschrieben. Ich habe mich wirklich sehr gut unterhalten gefühlt. Toll fand ich auch, dass ich Sophie bei ihrer Reise inklusive Veränderungen begleiten durfte. Anfangs bin ich nicht richtig warm mit ihr geworden, aber am Ende fand ich sie klasse.

    Jemand, mit dem ich gern mal eine Tasse Tee trinken würde, ist Sophies Mutter. Die ältere Dame hat viel erlebt und gelangt immer wieder in urkomische Situationen, die ich gerne lese. Gewiss ist dieser unterhaltsame Sommerroman nicht besonders anspruchsvoll und ein wenig vorhersehbar, aber ein wunderbarer Lesestoff für den Urlaub- vielleicht sogar in Cornwall? Für mich ganz klar vier Sterne.

    Hummer


    Drei Frauen, die alle mit ihren Schicksalen hadern. Was sie verbindet, ist das Fischen von Hummern.

    Ann ist über 70 und hat vieles erlebt. Doch eine Frau, die am Strand abgespült wurde ist für sie und die Mitfünfzigerin Julie etwas komplett Neues. Sie nehmen die junge Frau, Mina, bei Ann auf und bringen ihnen die Hummerfischerei näher. Dabei lernen die drei sich immer mehr kennen…

    Ich habe mich direkt in die Story eingefunden. Es war für mich sehr spannend, wie sich die einzelnen Geschichten entwickelten. Dabei spielen Vergangenheit und Gegenwart zusammen, um ein Mosaik zu vervollständigen. Dabei gewinnen die einzelnen Geschichten an Tiefe. Gefühle nehmen eine genauso große Rolle wie Geheimnisse und Altlasten. Ich habe das Buch mit seiner leisen, ruhigen Erzählweise sehr gemocht, auch wenn nicht immer alles in Tiefe besprochen wurde. Fünf Sterne.

    Wichtiges Thema


    Glaubt man einschlägigen Medienberichten, so handelt es sich bei einem „Loverboy“ um einen jungen Mann, der Frauen die großen Gefühle vorgaukelt, um sie zum Beispiel zur Prostitution zu zwingen. Wie wird solch ein heikles, brisantes Thema literarisch umgesetzt?

    Lola freut sich für ihre Mitbewohnerin Vivi, als diese einen Partner findet. Doch rasch stellt sie Veränderungen fest- ehe Vivi eines Tages verschwindet. Was hat Pascal dal zu tun? Und wer ist der mysteriöse Elias?

    Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass das Thema Loverboys sehr wichtig ist und dringend mehr Präsenz und Präventionsarbeit benötigt. Daher habe ich mich sehr über Antonia Wesselings Buch gefreut. Die Idee ist super und auch der Einstieg in die Geschichte gelingt mir gut, was vor allem an Wesselings sehr beschreibenden und figurativen Schreibstil liegt.

    Allerdings wird es im Verlauf sehr verwirrend. Wer hat welche Rolle? Und wessen Motiv ist ehrlich? Das aufgebaute Konstrukt ist mindestens genauso brisant wie die Thematik. So bleibt es für mich unklar, was Vivis eigentlicher Wille ist und inwiefern sie sich Pascal unterordnet. Ähnliches gilt für Elias- sein Geheimnis bleibt lange im Verborgenem und wird auch nie aufgearbeitet, was ich sehr schade finde.

    Insgesamt entsteht bei mir der Eindruck, dass dieses Buch zu viel will und dabei wichtige Aspekte auf der Strecke bleiben. Ich gebe vier Sterne und hoffe auf ähnliche Bücher.

    Trauerarbeit


    Ein Trauerfall erschüttert meist das komplette Umfeld. Wenn jemand unerwartet (zum Beispiel durch ein Unglück oder einen Anschlag) stirbt, ist dies umso gravierender, wie der Roman „Eden" verdeutlicht.


    Sofie steckt mitten in der Pubertät. Sie geht zur Schule, shoppen, hält Referate und hört gern Musik. Als ihr Vater sie mit Konzerttickets für ihre Lieblingssängerin überrascht, kann niemand die verheerenden Vorkommnisse an diesen Abend erahnen…

    Ich mag das Buch sehr gerne. Wagner beschreibt eher ruhig und unaufgeregt, aber sehr authentisch, welche Folgen Sofies Tod für ihre Familie und Freunde, aber auch die Gesellschaft hat. Speziell die Sicht von Toby, Sofies Mitschüler mit aggressiven Vater, ist spannend, da sein Vater Menschen mit Migrationshintergrund offen ablehnt und Toby so immer mehr Zweifel rutscht. Auch Sofies Vater, der die Situation schwer begreifen kann, ist eine interessante Figur. Von Alleingängen über Kennenlernen der Täter passiert bei ihm viel. Eventuell zu viel? Die Themen wie Rechtsdruck, Attentate und Trauerarbeit werden leider nur oberflächlich besprochen. Viel hätte noch intensiviert werden können. Da ich das Buch insgesamt als authentisch und wichtig einschätze, vergebe ich dennoch vier Sterne.

    Zwischen England und Sri Lanka


    Ein Erbe führt manchmal zur Aufdeckung von alten Geheimnissen. Was hat es mit dem Schmuck der Vorfahren auf sich? Was birgt zum Beispiel das Notizbuch? So ergeht es Lali in „Die Nelkentochter“.

    Lali lebt mit ihren Vater in Cornwall. Nach einem Todesfall erhält sie das alte Notizbuch ihrer Großmutter. Was hat es damit auf sich? Und kann es Lali erklären, warum ihre Mutter nach Sri Lanka abgehauen ist? Lali begibt sich selbst auf die Suche- und erlebt einige Überraschungen….

    Ich habe die Vorgängerbände des Romans beide vor einiger Zeit gelesen. Doch bereits nach wenigen Seiten bin ich wieder in der Welt aus Blumen und Familiengeheimnissen angekommen. Der lockere, beschreibende Schreibstil holt mich ebenso ab wie die Charaktere und die Settings. Vor allem die detaillierte Beschreibung von der Natur und dem Volk in Sri Lanka ist sehr intensiv. Durch das geheimnisvolle Tagebuch kommt neue Spannung in die Geschichte, die in Vergangenheit und Gegenwart gleichermaßen erzählt wird. Es ist eine leichte, unterhaltsame Sommerlektüre ohne zu viel unnötiges Drumherum oder überspitzte Darstellungen . Ich gebe fünf Sterne.

    Dominanz


    In englischsprachigen Ländern, speziell Großbritannien und Amerika, sind Stand up comedy shows und ähnliches Gang und Gäbe. Genauso wie es Kritiker gibt, die solche Shows bewerten. Was da passieren kann? Beispielhaft wird es in „Standing Ovations“ beschrieben.

    Hayley ist Performerin und hofft auf Applaus und Lob, als sie auf einen Festival in Edinburgh auftritt. Gute Kritiken sind ebenso gerne gesehen. Doch Kritiker Alex Lyons zerreißt die Show anderen Tags. Hayley schwört Rache und weiß ziemlich schnell, wie…

    Das Buch startet leider etwas mau. Ich habe anfangs Schwierigkeiten gehabt, reinzukommen und der Lesefluss war eher zäh. Als der Plan gefasst war und die ersten Damen „im Boot“, ging es deutlich besser. Anschaulich wurde Alex Masche dargelegt. Es wurde viel diskutiert und offenbart, was hinter verschlossenen Türen passiert. Interessant ist auch Alex Kollegin Sophie, die ihn erst deckt, dann jedoch selber Zweifel an ihren Kollegen und Männern im allgemeinen bekommt. Die Themen sind sehr wichtig und ich finde es klasse, wie Hayley zurückschlägt. Allerdings ist das Buch streckenweise recht langatmig, was der Thematik wirklich schadet. Ich vergebe durch den zähen Fortschritt 3,5 Sterne, die ich auf 4 aufrunde.

    Top


    Ein toter Schüler mitten im nirgendwo. Alte Wunden, die noch offen sind. Was is passiert? Darum geht es in „Gerächt sein sollst du“.


    Jonas ist siebzehn und wurde in einem finnischen Küstenort ermordet. Anfangs deutet vieles auf Suizid hin, doch schnell steht für Kommissar Mats und Journalistin Eevi fest, dass es Mord ist. Sie ermitteln verdeckt und offen, was wirklich passiert ist und stoßen auf das ein oder andere gut gehütete Geheimnis…

    Ich finde den Krimi sehr gelungen. Von der Abgeschiedenheit des Tatorts über die verschiedenen Ermittlungen beziehungsweise Recherchen inklusive der großen Bedeutung von Mittelsmännern und Kontakten ist alles dabei. Das große Drama wird zum Ende hin immer deutlicher. Eine alte Sehnsucht nach Rache spielt hier genauso eine große Rolle wie Gruppenzwang und der Einfluss von Drogen und Alkohol. Der Schreibstil ist anschaulich und spannend, dabei jedoch immer noch unterhaltsam. Ich habe nichts zu kritisieren und gebe fünf Sterne.

    Gefühle


    Wenn deine Karriere an einem Tiefpunkt ist, ist eine Auszeit keine schlechte Idee. So auch bei Ballerina Allie in „Variation“.


    Allie verletzt sich bei einer Aufführung und soll pausieren. Im Sommerhaus ihrer Familie wird sie mit vielen Geheimnissen konfrontiert. Eine Person, die eng mit einigen Geheimnissen verbunden ist, tritt in Form ihres besten Freundes Hudson Elliot auf den Plan. Und dann sucht Hudsons Nichte ihre leibliche Mutter.

    Ich habe vergangenen Sommer mit großem Vergnügen Alles, was ich dir geben kann von Rebecca Yarros gelesen. Entsprechend hoch waren meine Erwartungen an ihren neuen Roman. Dieser startet mit ordentlich Spannung und Wumms, als Hudson Allie und ihre Schwester rettet. Nicht nur, das erste Geheimnisse angedeutet werden, es werden auch angespannte Familienbeziehungen angedeutet, wenn auch nicht ausgesprochen. Das ist prinzipiell ein guter Spannungsfaktor, kann allerdings auch negative Auswirkungen haben. Je weiter die Story voranschreitet, desto mehr Geheimnisse werden aufgedeckt, auch wenn eins über das ganze Buch präsent ist: fehlende Kommunikation. Allie schweigt lieber über ihre Probleme und Elliott zeigt wenig Interesse daran, seine Gefühle zu zeigen. Das ist aus meiner Sicht ein großes Manko für die Story, denn die unausgesprochenen Geheimnisse ziehen den Roman unnötig in die Länge.

    Abgesehen vom Schweigen ist die Story echt süß und romantisch. Die beiden nähern sich gemächlich an, werden teils zurück geworfen, um am Ende ihr Schweigen zu überwinden. Dazu passt der Schreibstil von Rebecca Yarros, der intensiv und gefühlvoll ist. Sei es Verzweiflung, Frust oder verliebt sein- die ganze Palette ist dabei. Ich vergebe insgesamt vier Sterne.

    Zwei Welten


    Eine Journalistin verliebt in einen Hollywoodstar? Das birgt einiges an Brisanz. Vor allem, wenn die beiden ein tiefes Geheimnis verbindet wie in „Und plötzlich ist es wunderbar“…

    Edie ist Journalistin für ein Online Magazin und hat sich von Schauspieler Elliot aufgrund der Entfernung Amerika- London getrennt. Doch dieser möchte sie nicht gehen lassen. So entwickelt sich die Beziehung der beiden zwischen Fettnäpfchen und unterhaltsamen Episoden. Von der Schikane auf Edies Arbeit über die Hochzeit von Elliots Bruder ist viel dabei. Manchmal sind die Situationen so klischeehaft oder überspitzt, dass es mir schwer fiel, weiter zu hören, allerdings überwiegt für mich der sehr unterhaltsame Teil. Dieser wird durch den lockeren, lustigen Schreibstil unterstützt.

    Die Beziehung der beiden hingegen ist problematisch, um es gelinde auszudrücken, und keiner der Protagonisten hat Interesse, daran zu arbeiten. Viele Kindereien und mangelnde Kommunikation sind an der Tagesordnung, was bei mir zu Augenrolllen führte. Dabei hat die Beziehung durchaus Potential (Überraschungen, sich mit den Gepflogenheiten des Partners auseinandersetzen etc.). Das fehlt mir persönlich ein wenig.

    Insgesamt gebe ich mit zugekniffenen Augen vier Sterne und freue mich auf weitere Bücher der Autorin.

    Reise



    Was, wenn ein nahestehender Mensch verschwindet? Von einer Reise nicht zurückkehrt? Damit hat Anne in „Sunbirds“ zu kämpfen.


    Annes Sohn Torran ist vor einigen Jahren verschwunden. Nun sucht sie gemeinsam mit ihrer Nichte, Journalistin Esther, nach dem Vermissten. Dabei erlangen die Frauen stets neue Erkenntnisse…

    Ich finde den Roman sehr ansprechend. Eher ruhig und einfühlsam wird die Reise von Anne und Esther geschildert. Die Überlegungen der beiden Frauen regen dabei zum nachdenken an und holen den Leser ab, an der beschwerlichen und intensiven Reise teilzunehmen. Dabei lernt man einiges, zum Beispiel über Sonnenvögel oder das Leben in den Bergen Indiens. Spannend finde ich auch, dass auf Schicksale eingegangen wird und Torrans Verschwinden nur exemplarisch ist. Der Schreibstil passt perfekt, das es bildhaft und beschreibend ist, ähnlich wie ein Reisetagebuch. Super gemacht!

    Musik


    Musik ist sehr ausdrucksstark. Sei es Klassik wie Mozart oder Beethoven, Schlager wie Vicky Leandros oder Roberto Blanko oder gar Rap wie Bushido oder Usher. Wie viel Musik für das Leben eines jungen Mädchens bedeutet, zeigt „Durch das raue zu den Sternen“.

    Arkadia passt nicht zu ihren Altersgenossen. Sie ist musisch talentiert und möchte im Knabenchor singen. Unterstützung hat sie keine zu erwarten, ehe eine Musikerin ihr Talent erkennt und sie im Knabenchor unterbringt…

    Ich fand das Buch sehr berührend. Arkadias Situation am Rand der Gemeinschaft wird bildhaft dargestellt (ziehen an Haaren, Spott, Skepsis). Auch ihre Freundschaft zu einer alten Frau und das Zusammenleben mit ihrem Vater werden tiefgründig beschrieben. Der Schreibstil ist dabei ruhig und unaufgeregt, was zum Thema passt. Allerdings stockt die Story und es wird zwischendurch langatmig, zum Beispiel durch lange Sätze. Dadurch geht der Lesefluss teils verloren. Es erinnert mich quasi an ein Lied mit zu vielen Akkorden. Da die Thematik jedoch so wichtig ist, gebe ich vier Sterne.

    Episoden


    Eine Krankenschwester im besetzten Norwegen des zweiten Weltkriegs, die russisch spricht. Eine Zwangsarbeiterin aus der Ukraine, die in einem Lager in Norwegen arbeiten muss. Und eine junge Frau, die sich mit einem deutschen Soldaten anbandelt. Diese drei Freundinnen sind Protagonistinnen in Trude Teiges „Wir sehen uns wieder am Meer."


    Der Roman ist der dritte und letzte Teil von Trude Teiges Reihe über Juni Bjerkes Großmutter Tekla und ihre Geschichte, wobei sich dieses Buch Teklas Freundinnen und ihren Geschichten widmet. Birgit ist Krankenschwester, die in einem Krankenhaus auf dem Land ihren Dienst antritt. Schnell trifft sie die Ukrainerin Nadia, die in einer misslichen Lage ist. Allerdings ist auch Birgits Lage wenig besser- sie liebt einen russischen Soldaten…

    Ich finde das Buch an und für sich klasse. Birgit und Nadia sind starke Frauen, die ihren Weg versuchen, zu gehen. An ihnen wird exemplarisch gezeigt, welche Hürden es zum Ende des zweiten Weltkrieges und danach gab. So wird Nadia von der Familie des Vaters ihres Sohnes abgelehnt, weil sie Ukrainerin ist. Birgit hingegen arbeitet für die Amerikaner in Russland, wird jedoch als Spitzel abgestempelt und sogar inhaftiert, weil sie ihre Liebe aus Russland sucht, der sie hintergangen hat. Teige wählt eine gefühlvolle und authentische Sprache, um dies zu übermitteln.

    Allerdings geht ein Stück dieser Authentizität in der Übersetzung verloren. Benutzte Teige im Norwegischen Original noch deutsche und russische Ausdrücke für die Muttersprache der Soldaten, ist das in der deutschen Übersetzung nicht zu 100% umgesetzt. Dadurch kommt es zu einem ganz anderen Verständnis. Auch einige damals typischen norwegischen Floskeln, die im Original eingestreut sind, fehlen mir. So entsteht statt einem Bindeglied durch Birgit als Übersetzerin eine leichte Aneinanderreihung der einzelnen Episoden. Das ist sehr schade. So vergebe ich vier Sterne.

    Nervensache


    Egal wann man unterwegs ist- Staus kommen immer wieder vor. Vor allem in der Sommerhitze können die Nerven blank liegen. Doch was, wenn es im Stau zu einen Mord kommt? Darum geht es in „Der Stau“ von Jo Furness.

    Belinda „Billy“ Kidd ist eine Polizistin kurz vor dem Ruhestand. Als sie von einem sechsmonatiger Urlaub zurück kehrt, entsteht ein Stau- der stundenlang anzudauern droht. Während des Wartens entdeckt Billy eine Leiche alleine in einem Auto. Schnell steht fest, dass der Mann umgebracht wurde. Doch wer ist der Mörder?

    Mir hat die Locked Car Idee gut gefallen. Die Verkehrssituation ist nervenaufreibend und alltäglich zugleich, doch ein Mord bringt zusätzlich Brisanz rein. Fourness gelingt es, den Grad zwischen Ermittlungen und spürbarer Spannung darzustellen. Viele Schlüsselbegriffe, die immer wieder auftauchen (von früheren Inhaftierten über Verkehrsdelikte) verknüpfen die kurzen Kapitel und das meiste lässt sich gut lesen. Allerdings zieht sich die Handlung zwischendurch ordentlich und die Vielzahl der Charaktere (einige leider auch unwichtig, wie später klar wird) macht es schwer, den Ermittlungen zu folgen. Dadurch habe ich den Eindruck, das alles ein wenig konstruiert wirkt. Insgesamt gebe ich Dreieinhalb Sterne, wobei ich auf vier aufrunde.

    Verbesserungsbedürftig


    Wie lebt es sich als Außenseiter in einer Gesellschaft voller Zwänge? Das beschreibt Ocean Vuong in „Der Kaiser der Freude“.

    Hai ist queer und hat eine vietnamesische Mutter. Um durch den Tag zu kommen, nimmt er Pillen. Direkt zu Beginn des Romans möchte er sein Leben beenden. Dann ist da Grazina, seine Retterin. Sie hat den Holocaust überlebt und hat mit ihren Erinnerungen zu kämpfen. Hai wird ihr Pfleger und kommt bei ihr unter. Zudem beginnt er, inmitten anderer Außenseiter in einem Diner zu arbeiten.

    Vuong spricht in seinem Buch wichtige Themen an. Posttraumatische Belastungsstörungen gehören genauso dazu wie Drogen, Depression, Armut, fehlende Zugehörigkeit, mangelndes Selbstvertrauen, abwesende Eltern oder unterlassene Hilfe. All diese Themen in ein Buch zu packen ist eine Herausforderung, die Vuong nur bedingt gelungen ist. Die Themen werden allesamt in schöner, lyrischer Sprache angeschnitten, jedoch nicht vertieft. Das zeigt sich besonders in den Charakteren, denen die Tiefe fehlt. Wir erfahren von den Problemen als solches, nicht aber, wie es den Charakteren damit geht. Es mangelt an Ecken und Kanten, an dem gewissen Etwas- sowohl bei den Charakteren, als auch in der Spannung. Das ist nämlich ein weiteres Problem: auch wenn die Themen wichtig sind, zieht sich die Handlung hin und zwischendurch wird es anstrengend, dem Geschehen aufmerksam zu folgen.

    Die Story hat Potenzial, die Themen sind wichtig und die Sprache ansprechend- allerdings fehlen die Details bei Charakteren und Spannung. Daher gebe ich schweren Herzens drei Sterne.

    Mysteriös


    Was hat sich im Surf House ereignet? Und wie weit ist man bereit zu gehen, um einen Unfall zu verdecken? Darum geht es in Lucy Clarks Surfhouse.

    Nach einem gescheiterten Job als Model macht sich Bea in Marokko auf den Weg ins Abenteuer. Bei einem Überfall verliert sie ihre gesamten Wertsachen- und landet im mysteriösen Surf House. Dort soll ein Gast einst verschwunden sein. Doch was ist wahres dran?


    Ich bin sehr gut durch das Buch durchgekommen. Clarkes Schreibstil hat mich quasi abgeholt und mitgenommen. Die authentischen Beschreibungen, die alltagsnahe Sprache sowie die gerade Story machen das Buch für mich zum Lesevergnügen. So hatte ich auch ohne Ortskenntnisse den Eindruck, dort zu sein.

    Allerdings bin ich mit den Charakteren nur bedingt warm geworden. Bea ist verzweifelt und naiv, etwas dümmlich, Ich hätte mehr von ihr erwartet, muss ich gestehen. Direkt nach den Überfall wendet sie sich an den erstbesten Fremden, nur um sich im Surf House erneut an einem Fremden mit unklaren Absichten zu halten. Das ist ein weiterer Kritikpunkt: die Nebencharaktere. Wer steht wie zu wem? Und wer hat welches Ziel? Sie scheinen sehr einfach gezeichnet und dennoch schwer greifbar. Warum zum Beispiel gibt Aiden Bea einen Vorschuss und ermittelt dann selber? Warum bleibt der Täter vor Ort? Da ist vieles unklar.

    Da es dennoch ein spannender, unterhaltsamer Krimi ist gebe ich vier Sterne.

    Super spannend


    Das Eigenheim brennt ab. Für die junge Mutter Gina, ihre beiden Kinder und Ehemann Matt ist das ein gewaltiger Schock. Gottseidank dürfen sie im Haus von Freundin Annie wohnen. Doch was ist das Geheimnis um Haushälterin Mary?

    Samantha Hayes gelingt es schon im ersten Kapitel, mich abzuholen. Viele Geheimnisse reihen sich aneinander, vom Brand über den Todesfall einer weiteren Freundin bis hin zu den Verhalten von Mary, das immer merkwürdiger wird. Dabei gibt es regelmäßig neue Entwicklungen, die den Spannungsbogen hoch halten.

    Durch den abwechslungsreichen, flüssigen Schreibstil kann ich mir die Story vor Augen führen und habe den Eindruck, alles direkt mitzuerleben. Es wird nie langweilig oder monoton, was mir persönlich sehr gut gefällt. Die handelnden Personen sind alle aus Ginas Umfeld, sodass ich nie Probleme habe, mich zu fragen, wer das ist. Daher habe ich an dem Thriller gar nichts auszusetzen und gebe fünf Sterne.



    ASIN/ISBN: 342322133X

    EDIT: ISBN13 gegen ISBN 10 ausgetauscht, damit das Cover angezeigt wird. Gruß Herr Palomar

    Visionen


    Schon immer bestimmten Prognosen und Visionen unser modernes Leben. Doch wie viel Wahrheitsgehalt soll man Wahrsagerei zurechnen?

    Cherry befindet sich in einem Flugzeug auf einem Innerlandsflug, als sie aufsteht und ihren Mitreisenden den Tod nebst Ursache vorhersagt. Viele tuen es ab- ehe die ersten Prognosen zutreffen….

    Ich muss zugeben, dass dieses Buch für mich weit unter dem Potenzial blieb. Ich hätte es absolut gefeiert, einige wenige Prognosen zu erfahren und abgehandelt zu bekommen, doch stattdessen erstellt Cherry zahlreiche Visionen. Das zieht sich aus meiner Sicht unnötig in die Länge. Auch die Rückblenden über Cherrys Vergangenheit, die immer wieder eingestreut werden, konnten kaum zusätzliche Spannung halten. Das für mich am besten umgesetzte waren die Zweifel, nachdem die ersten Prognosen zutrafen, was für mich absolut verständlich war. Die Sprache im Thriller war zwar okay, konnte mich aber auch nur bedingt abholen. Wer bereit ist, sich durch ein Dickicht an Visionen zu arbeiten, ist hiermit gut beraten. Ich persönlich gebe für die Idee und einzelne Highlights sowie eine akzeptable Sprache drei Sterne.

    Ruhig


    Am Meer spielt sich das Leben anders ab als in der Stadt, das ist klar. Doch wie groß sind die Kontraste? Das wird in „Halbinsel“ veranschaulicht.

    Während sie auf einer Tagung reden soll, bricht Linn zusammen. Burn out. Ihre Mutter Annett holt sie zu sich ans Meer- und erfährt einiges, womit sie nicht gerechnet hat…

    Ich finde den Roman gelungen. Durch die beiden Generationen werden verschiedene Sichtweisen offenbart: Mutter Annett lebt am Meer, mag Fisch und nutzt das Auto für größere Strecken, Tochter Linn ist Klimaaktivistin und an Nachhaltigkeit interessiert. Durch die angespannte Situation zwischen den beiden (wenig gemeinsame Unternehmungen, Unwissenheit, geringfügige Kommunikation) entsteht ein spannungsgefüge, das ich spüren kann. Untermalt wird die angespannte Situation von der Natur, vor allem dem Meer, das mit seinen Gezeiten ein gutes Sinnbild für die Beziehung darlegt: Verlust, Loslassen und Wiederkehr sind zentrale Themen im Leben von Linn und Annett. Immerhin starb der Vater beziehungsweise Partner plötzlich während Linns Kindheit- ein Thema, dass es für die beiden noch zu verarbeiten gilt.

    Ich finde, dass der Roman ruhig und sanft wichtige Themen behandelt. Gewiss hätte etwas mehr Härte für die wicht Themen oder Kommunikation zwischen den Frauen zur Spannung beigetragen, aber ich finde, dass gerade dieses leise, ruhige gut passt. Vier Sterne für diesen Roman.

    Zwischen damals und heute


    Ein abgeschiedener Ort steckt häufig voller Geheimnisse. Welches Geheimnis birgt ein sizilianisches Dorf, dass wie ausgestorben ist? Darum geht es in „Der dunkle Sommer“.

    Architektin Tilda kauft für 1€ ein altes Haus in einem sizilianischen Bergdorf. Sie möchte aus ihren alten Leben in Deutschland fliehen, daher erscheint es ihr perfekt. Doch bald wird sie mit Geheimnissen konfrontiert, die sie mehr betreffen als gedacht…

    Ich finde Vera Bucks neuen Thriller sehr interessant. Gewiss, es dauert ein wenig, ehe die Story Fahrt aufnimmt, doch spätestens, als Tilda und ihr Bruder in der Kirche eingesperrt werden, bin ich gefesselt. Mir stellen sich eine Menge Fragen. Was ist in der Kirche beziehungsweise im Dorf passiert? Was hat überhaupt zu Tildas Flucht geführt? Und welche Geheimnisse haben der alte Mann und seine Pflegerin? All diese Fragen beantwortet Buck auf zwei Zeitebenen: zwischen den 80ern, als Franca, die heute ihren Vater pflegt, erwachsen wird, und der Gegenwart, mit Journalist Enzo, der ein Buch über die Geschichte des Dorfes schreiben möchte, sowie Tilda, die mehr über ihr neues zuhause erfahren möchte. Die Story wird abenteuerlich und spannend dargestellt, wobei langsam Verbindungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart entstehen. Durch Plottwists und neue Ansätze bleibt es stets spannend, auch wenn einiges absehbar ist.

    Für mich fehlt der ganz große Knall- quasi das die alten Geheimnisse an die Öffentlichkeit geraten und weitere Menschen zur Verantwortung gezogen werden. Oder was aus den Entführungsopfern wurde, deren Stimmen auf den MP3 Player sind. Das hätte den Roman für mich perfekt abgerundet. So gebe ich den spannenden und interessanten Thriller vier Sterne und freue mich auf das nächste Buch von Buck.

    Nicht nur schwarz und weiß


    Was ist die Geschichte hinter Kriminalfällen? Und ist der Ablauf eines Kriminalfalles immer wie es scheint? Damit beschäftigt sich „Dunkle Momente“.

    Die Protagonistin des Romans ist Strafverteidigerin Eva Herbergen, die zu Beginn ihre Zulassung zurück gibt. Aus diesem Anlass schaut sie zurück auf die außergewöhnlichsten Fälle.

    Die Fälle scheinen vorerst relativ klar, doch je mehr ich lese, kommen Fragen auf. Ist es Mord oder Todschlag? Handlung im Affekt? Eingeschränkte Handlungsfähigkeit? Diese Fälle laden zum hinterfragen und nachdenken an. Ich beginne mich zu fragen, wo die Grenzen des Rechtsstaates sind. Viele Schattierungen zeigen sich erst im Verlauf der Fälle.

    Die Fälle werden meist reflektiert- sachlich und sehr authentisch geschildert. Da Autorin Elisa Hoven selbst Strafverteidigerin ist, kann sie mir in ihren Roman das passende Hintergrundwissen mitgeben. Dadurch lässt sich das Buch insgesamt gut lesen, auch wenn man Zeit zum nachdenken braucht. Was mich allerdings stört ist, dass einige Fälle in die Länge gezogen werden und so den Reiz verlieren. Insgesamt gebe ich vier Sterne.