Beiträge von Bookworld91

    Lebensgeschichten


    Mit zunehmenden Alter denken die Menschen mehr an erlebtes. Sie versuchen, sich an Sachen zu erinnern, doch die Erinnerungen vermischen sich. So geht es auch Margrit in „Flusslinien“.

    Margrit ist 102 Jahre alt und lebt in einer Seniorenresidenz. Während sie auf ihren Tod wartet, verbringt sie ihre Tage im römischen Garten in Hamburg oder mit Besuchen von ihrer Enkelin Luzie. Begleitet werden die beiden im Alltag von Fahrer Arthur, der eigentlich Kunstsprachen entwickeln möchte. Und während ihre Oma versucht, sich an die Gestalterin des Gartens zu erinnern, möchte Luzie einiges verdrängen….

    Mir gefällt der Roman sehr gut. Margrits Erinnerungen sind interessant zu lesen und durch den Garten sind die Auswirkungen noch sichtbar. Auch Luzie ist eine sehr spannende Figur mit Ecken und Kanten. Nicht immer kann ich die Entscheidungen nachvollziehen. Ich verstehe zum Beispiel, warum Luzie ihrer Großmutter das Tattoo sticht, aber muss das bei alter Haut wirklich sein?

    Für wen ich wenig Verständnis habe ist Arthur. Er entwickelt zwar eine Kunstsprache, aber seine Kunden können diese besser anwenden und verhöhnen ihn? Wie passt das? Fragen wie diese stellen sich mir immer wieder zu Arthurs Person.

    Der Schreibstil ist langsam und entspannt. Wie in einem echten Fluss plätschert das Buch vor sich hin und regt zum Nachdenken an. Was bleibt? Welche Erinnerung gehört wozu? Wie kann ich mein Leben so gestalten, dass ich glücklich bin? Diese und andere Fragen stellen sich beim lesen. Dabei ist das Buch angenehm zu lesen und lässt sich flüssig lesen. Spannung fehlt weitestgehend, aber das ist okay. Ich gebe vier Sterne, weil ich nicht immer alles nachvollziehen kann und mich Arthurs Geschichte leicht nervt.

    Konstrukte


    Ein Ferienlager ist für Teenager oft etwas abenteuerliches. Lagerfeuer, Schatzsuche, Küsse oder Partys ganz fernab der Eltern haben ihren Reiz. Doch was wenn ein Teenager verschwindet? Und es bereits Jahre zuvor einen ähnlichen Fall mit dem älteren Bruder gab? Das ist die Situation in „Gott des Waldes“.


    Die wohlhabende Familie Van Laar veranstaltet jedes Jahr ein Ferienlager für Teenager gut betuchter Eltern. Fünfzehn Jahre nachdem Sohn Bear aus einem solchen Lager verschwand, ist nun auch Tochter Barbara weg. Während der Suche kommen Geheimnisse ans Licht, mit denen niemand gerechnet hat…

    Ich finde den Thriller unglaublich spannend. Gewiss, der Anfang ist zäh und es gibt viele Charaktere, sodass ein Überblick schwerfällt, aber das Ende war sehr unerwartet und spannend. Auch die einzelnen Geschichten und Schicksale haben sich entwickelt, sodass immer wieder neue Konstrukte entstanden. Besonders interessiert hat mich persönlich das Schicksal von Alice, der Mutter der vermissten Kinder, sowie das von TJs Vorfahren. Aber auch das andere Personal sowie die Betreuer machen spannende Entwicklungsschritte. Der Schreibstil kann je nach Person variieren, ist jedoch stets flüssig zu lesen und verständlich. Der eine oder andere Cliffhanger sorgt für zusätzliche Spannung im Roman.

    Abgerundet wird der Roman durch die imposante Landschaft des Reservats. Weitläufig, mitten in der Natur und nahe Wald und Fluss ist es auch ein idealer Ort zur Erholung oder um zu sich zu finden. Ich gewinne den Eindruck, direkt vor Ort zu sein und kann mir alles gut vorstellen.

    Ich bin weitestgehend zufrieden und gebe den Roman fünf Sterne, auch wenn es dauert, ehe die Handlung Fahrt aufnimmt.

    Varianten


    Wenn man die Chance hat, eine Biografie über eine Berühmtheit zu schreiben, ist das etwas besonderes. Aber was, wenn man erst einen Konkurrenten ausschalten muss, den man viel zu gern mag? Das ist Thema in Emily Henrys Great big beautiful life.


    Alice ist Journalistin und möchte gerne als Autorin durchstarten. Als sie die sagenumwobene Margret St. Ives trifft, hofft sie auf den Durchbruch- wäre da nicht Hayden, Pulitzer Preis Gewinner und ihr Konkurrent. Nach und nach erfahren die beiden jeweils mehr über die geheimnisvolle Dame aus der skandalträchtigen Familie. Doch ist wirklich alles wie es scheint?

    Bisher kannte ich von Emily Henry nur ihre unterhaltsamen YA Romane. Hier wagt sich die Autorin auf neues Terrain zwischen Familiensaga und Liebesroman. Der Einstieg fiel mir persönlich etwas schwerer als in ihre anderen Werke, da es sich erst zog und ich mich damit schwer tat, die Situation korrekt einzuordnen. Früh beginnt es immer wieder zwischen Hayden und Alice zu knistern, jedes mal weißt er sie zurück- und immer wieder kommen dabei neue Erkenntnisse raus.

    Auch die Interviews mit Margret fangen schleppend an. Im Laufe des Romans zeichnen sich zwei Versionen der Geschichte ab- die von Margret und die offizielle der anderen. Doch die beiden Interviewer müssen erst mit einem Konstrukt aus Lügen und konstruierten Wahrheiten umgehen. Interessant finde ich dabei die alten Familiengeheimnisse, die weitreichender sind als erst angenommen. Bis die erreicht sind, dauert es verständlicherweise etwas. Der Weg dahin ist zwischenzeitlich zäh.

    So kommt Alice erst nach und nach erst hinter Haydens Problem, das keineswegs sie ist, sondern seine Unfähigkeit, Gefühle zuzulassen. Diese liegt teils tief in seiner Vergangenheit verankert und es ist für Alice ein Prozess, dies zu erkennen und dann auch damit umzugehen. Nicht immer gelingt ihr das und manchmal hätte ich die beiden gerne mal fest geschüttelt. So viel Sturheit ist echt ein Drama.

    Die Sprache wiederum ist typisch Emily Henry. Wortwitze, unterhaltsame Situationen und Streitereien auf hohen Niveau haben mich abgeholt. Nicht zu vergessen der eine oder andere Plottwist am Ende. Das hat für mich den mauen Anfang etwas wettgemacht. So gebe ich vier Sterne und freue mich auf ihr nächstes Buch.

    Magic Inge


    Viele Orte beeinflussen uns nachhaltig. Mit zunehmendem Alter kommt das Bedürfnis, an einige Orte zurückzukehren. So auch bei Inge in „Das Licht in den Wellen“.




    Als junge Dame ist Inge von Föhr nach Amerika ausgewandert. Inzwischen lebt sie wieder auf Föhr, kehrt jedoch mit ihrer Ur- Enkelin Swantje nach Amerika zurück. Dort hat sie einiges erlebt…


    Inges Geschichte beinhaltet eine Stelle in der Küche eines Delis, ein eigenes Restaurant und eine strenge, aber herzliche Lehrerin. Sie übernimmt ein Restaurant in einem Segelclub und gewinnt so einflussreiche Kontakte, zum Beispiel mit Präsident Kennedy. Dennoch hat sie mit Vorurteilen und Sehnsüchten zu kämpfen, die sie schlussendlich zurück nach Föhr führen.


    Ich finde die Geschichte sehr spannend. Viele Gefühle von Inge kann ich nachvollziehen und die Beschreibungen ermöglichen es mir, ein Bild vor Augen zu bekommen. Dadurch kann ich der Handlung folgen. Allerdings konnte ich irgendwann ahnen was passiert. Spätestens mit Inges Hochzeit war mir klar, was noch kommt. Einziger Twist ist, als David sich von ihr abwendet. Aus Eifersucht? Aus Angst, seine Machenschaften könnten auffallen? Die Fragen bleiben wohl offen und die Handlung plätschert weiter dahin. So gebe ich den leichten Roman vier Sterne und empfehle ihn als Lektüre für zwischendurch weiter.

    Kraft der Natur


    Ein Haus am Wasser, rundherum die Berge. Dieses Cover spricht mich nicht nur wegen der farblichen Gestaltung (meine Lieblingsfarbe ist lila) an, sondern auch wegen der Landschaft.


    Gro und ihr Mann Niklas haben lange Zeit in Stavanger gelebt. Nach seinen Tod kann Gro weder in der Stadt bleiben noch ihrer Arbeit auf den Ölplattformen nachgehen. Sie zieht sich in ein Haus am Fjord zurück, widmet sich der Natur- bevor eines nachts ein Gewitter für überraschenden Besuch sorgt…


    Ich habe selber ein halbes Jahr zum studieren in Norwegen gelebt. Stavanger, die ursprüngliche Heimat von Protagonistin Gro, war damals mein Zuhause auf Zeit. Entsprechend war mein Interesse spätestens dann geweckt als ich von der Stadt im Buch las. Aber auch die Grundstory machte mich neugierig.

    In Norwegen ist es nicht ganz unüblich, sich für eine Zeit in die Natur zurückzuziehen. Viele Norweger besitzen eine „Hytte“, oft aus Holz, am Wasser oder in den Bergen. Doch dauerhaft in der Natur zu leben, wie Gro es tut, ist selbst bei den naturverbundenen Norwegern eine Seltenheit. Das wird unter anderem dann deutlich, wenn Gro zum einkaufen in die Stadt fährt oder sich mal ein Schiff zu ihr verirrt. Durch detaillierte Beschreibungen von Gesprächen und Problemen in der Abgeschiedenheit gelingt es Strohmeyer, dieses Gefühl an die Leser zu übermitteln. Aber nicht nur diese Situationen werden authentisch dargestellt. Auch Gros Kontakt zur Natur und den Tieren wird gefühlvoll geschildert. Eine Robbe hat dabei ebenso eine wichtige Position wie ein Vogel, den Gro pflegt.

    Zusätzliche Spannung wird eher zufällig aufgebaut. Der Sturm bringt einen Schiffbrüchigen, Tagebücher werfen ebenso Fragen auf wie das Gespräch mit der Schwiegermutter und Suizide werden als Unfall getarnt. Ich finde das Buch absolut gelungen, selbst wenn mancher Leser Gros Geschichte als zäh empfinden könnte- für mich ist die detaillierte Beschreibung von Gros Leben in der Natur perfekt und passt zu Norwegen. Ich gebe fünf Sterne.

    Gardasee Flair


    Eine Leiche im Wasser erweckt die Aufmerksamkeit von Journalistin Gianna. Was ein altes Geheimnis rund um den früheren US Präsidenten Churchill damit zu tun hat, wird in „Was am Ufer lauert“ behandelt.

    Der Krimi spielt am italienischen Gardasee, was schon ziemlich früh durch die landschaftlichen Beschreibungen der Orte deutlich wird. Die Uferpromenade wird ebenso beschrieben wie die Klippen und Berge, die Aussicht wird zusätzlich bei einem Fallschirmsprung in Worte gefasst, was es mir sehr gut vor Augen führt.

    Die Handlung an und für sich baut sich erst langsam auf. Zwar findet Gianna die Leiche, aber für lange Zeit stehen eher familiäre Beziehungen und das mysteriöse Geheimnis von Churchill, was leider nicht besonders spannend eingeführt wird, im Vordergrund. Dadurch wirkt die Geschichte langweilig und zäh. Erst zum Ende wird es aufregend und der Leser mit einen spannenden Schluss zumindest etwas versöhnt. Auch die Sprache ist trotz italienischen Einwürfen eher mittelmäßig- nicht schlecht, aber nicht so spannend wie man sie bei einem Krimi erwarten würde. Insgesamt wirkt es wie ein leichter Urlaubsroman für zwischendurch. Es ist durchaus interessant, aber nun mal kein spannender Krimi. Daher gebe ich vier Sterne.

    Leide flach


    In amerikanischen Colleges spielt Sport eine große Rolle. Man identifiziert sich mit der Mannschaft, zeigt Stolz und schaut sich Spiele an. So auch in „Mismatch“, wo Sportjournalisin Joyce auf Basketballer Austin trifft.


    Austin hat großes Talent. Nicht nur Joyce fragt sich, warum der eingebildete Sportler im die Kleinstadt gezogen ist. Doch Austin hat ein Geheimnis, was ihn unnahbar macht…


    Ich finde die Geschichte soweit okay. Der Grundgedanke hat wenig Neues, erst mit der Zeit wird ein wenig Spannung aufgebaut. Auch die Sprache ist in diesem Roman eher mittelmäßig. Mir fiel es daher schwer, eine enge Bindung zu den Protagonisten aufzubauen, obwohl manche Szenen wirklich unterhaltsam sind und ich vor allem Austins Großmutter sehr gerne mag. Insgesamt ist es eine akzeptable Story für zwischendurch, bleibt aber flach. Für mich drei Sterne.

    Indianer und Kolonialmächte


    Wie geht man mit dem Verlust der Schwester und Tochter um? Vor allem bei den Ureinwohnern Amerikas, den Indianern, ist das ein großes Thema, wie der Roman „Beeren pflücken“ exemplarisch verdeutlicht.


    Die kleine Ruthie verschwindet spurlos aus dem Kreise ihrer Familie. Zurück bleiben Schuldgefühle, vor allem bei ihren Bruder Joe, sowie Zweifel. Ist sie tod? Oder eines jener Kinder, die die weißen Machthaber entführt haben, um sie nach ihren Werten zu erziehen?


    Derweil wächst die junge Norma mit dem Kenntnisstand auf, sie sei eine westliche mit Wurzeln in Italien. Sie wird das Gefühl nicht los, dass etwas verschwiegen wird- doch niemand aus der Familie hilft ihr weiter. Die Jahre vergehen, voller Streit, Flucht, Schuldgefühlen und Krankheit; ehe sich alles zusammenfügt.


    Ich finde den Roman sehr anschaulich beschrieben. Gerade im 20. Jahrhundert gab es viel Sklaverei und Kindsklau bei den Indianern seitens der kolonialen Mächte. Dies wird zum Beispiel deutlich, wenn über die Schule der älteren Geschwister geschrieben wird und darüber, dass Kinder nicht unüblicherweise verschwinden. Durch die verschiedenen inneren und äußeren Konflikte (Zugehörigkeit, Schuld, Flucht, Verantwortung, Krankheit) bleibt es bis zum Ende spannend und unterhaltsam.


    Untermauert wird der Roman von einer authentischen Sprache, die alle Konflikte treffend auf den Punkt bringt. So wird die Zerrissenheit von Norma beschrieben und auch das hätte, hätte Gefühl von Joe. Interessant ist zudem, dass Norma Zweifel an ihrer Familie und Joe am angeblichen Tod seiner Schwester äußert. Was mir persönlich fehlt ist eine kleine historische Einordnung für alle Leser, die mit dem Thema Kinderklau/ Indianer vs. Westliche Welt und alles, was damit verbunden ist, nicht vertraut sind. Dennoch gebe ich den Roman verdiente fünf Sterne.

    Vom Fan zum Kollegen


    Wie erlebt ein Teenager den Fußballsommer 2006? Darum geht es in „Das Leben fängt im Sommer an“ von Christoph Kramer.




    2006 war Deutschland Gastgeberland der Fußball WM. Die Straßen waren voller feiernder Menschen, überall gab es Trikots und Fahnen- ein Gefühl der Zugehörigkeit und Freiheit machte sich breit. So auch bei Schüler Chris, der sich in diesem Sommer verliebt und auf einen Roadtrip begibt. Jahre später schaut Weltmeister Chris zurück auf seine Jugend und eben jenen Sommer.


    Ich finde den Roman sehr reflektiert geschrieben. Chris schaut als Weltmeister auf seine Jugend zurück. Viele Gefühle werden beschrie und Erinnerungen wach. Sei es an seinen besten Freund oder seine Angebetete Debby oder gar den Sprung vom zehn Meter Turm. Interessant finde ich, wie Chris sich an einem Trikot von Lukas Podolski gedanklich verankert. Als Jugendlicher diente es ihn zum Eintritt zu einer Party, als Weltmeister holt er sich die Unterschrift vom Team Kollegen. Solche Anekdoten machen das Buch aus. Es ist kein ästhetisches Meisterstück, viel mehr eine Erinnerung an die Jugend, kurzweilig und vorhersehbar. Ich gebe vier Sterne- ein paar Wendungen oder Einblicke aus heutiger Sicht vermischt mit der Erinnerung hätten den Werk gut getan.

    Zwischen den Zeiten


    Wenn ein Kind aus der eigenen Obhut verschwindet, ist das immer schlimm. Häufig nagen Schuldgefühle auch noch später an dem Verantwortlichen. So etwa an Dana, deren Bruder eines nachts verschwindet, als sie auf ihn aufpassen sollte. Wie es dazu kommt und welche Auswirkungen es hatte, berichtet Marc Raabe in „Die Nacht“.


    Art Mayer und seine Kollegin Nele möchten sich um den Fall der Vermissten Dana Karasch kümmern. Danas Tochter Mila wohnt im gleichen Haus wie Art und er fühlt sich verantwortlich. Dabei wirbelt Art eine Menge Staub auf, unter anderem im Bezug auf das Verschwinden von Danas Bruder 15 Jahre zuvor. Was war in dieser verhängnisvollen Nacht passiert?


    Ich habe den Thriller als wahren Genuss empfangen. Die Story hat mich gepackt und gerade die Tatsache, dass Art eine Verbindung zu Dana hat, macht alles zehn mal spannender. Auch die verschiedenen Handlungsstränge tragen zur Spannung bei, da sich so nach und nach ein Ganzes aus einzelnen Puzzleteilen ergibt. Marc Raabe versteht es in diesem Thriller, Spannung aufzubauen und zu halten, was bei der Länge des Buches nicht einfach ist. Allerdings war der Einstieg in die Geschichte etwas in die Länge gezogen und unspektakulär, ehe der Thriller Fahrt aufnahm.


    Die Charaktere sind authentisch und auch ihre Handlungen erscheinen für mich realistisch. Auch das Setting passt für mich perfekt, da auf einem Campingplatz nicht immer alles nachvollziehbar ist und Gäste auch schon einmal spontan abreisen oder Besuch bekommen. Was mich ein wenig stört (aber das ist meckern auf sehr hohen Niveau) ist, dass ich bis zum Schluss nicht so recht verstanden habe, wer welches Spiel spielt. Wie viel wusste zum Beispiel Lars Südel? Und warum reagiert Mila so abgeklärt? Das sind Fragen, die ich mitnehme und hoffe, im Nächsten Thriller beantwortet zu bekommen. So vergebe ich vier Sterne.

    Schweigen


    Was ist bei der Trennung der Eltern wirklich passiert? Und wo ist mein Rückzugsort? Um diese und andere Fragen geht es im Roman „Garnett Girls“.


    Die drei Schwestern Garnett haben es alle nicht leicht. Vom Vater verlassen wuchsen sie mit einer Mutter auf, die vieles verschwieg und sich auch wenig kümmert. Nun würde sich Rachel gerne aus den Familiencottage zurückziehen, Imogen steht kurz vor einer Hochzeit und Jungspund Sascha trägt ein Geheimnis mit sich, dass vieles aufwühlen könnte. Über den jungen Frauen steht noch Mutter Margo, bekannt für ihre rauschenden Partys. Dann kommt die Wahrheit nach und nach ans Licht und die Mauer des Schweigens beginnt zu bröckeln…




    Ich habe gut in die Story reingefunden. Aus den verschiedenen Perspektiven habe ich die Garnett Frauen kennen gelernt und nach und nach verstanden, was die Thematik in der Familie ist. Mutter Margo zum Beispiel schweigt lieber, als sich mit den offensichtlichen Problemen zu befassen. Um den Schein eines intakten Lebens sowie ihr Ansehen zu wahren, veranstaltet sie regelmäßig Partys, wobei sie immer wieder jüngere Liebhaber hat. Die Partys und das Schweigen sind für sie Verdrängungsmechanismen, auch, damit sie sich keine Schuld eingestehen muss. Die jüngste Tochter Sascha kommt mit den Schweigen ihrer Mutter nur bedingt zurecht. Sie sucht sich selber und möchte dabei auch ihre Verbindung zum abwesenden Vater nachvollziehen können. Das fällt ihr nicht leicht und auch sie sucht Trost in sexuellen Abenteuern und ihrer Arbeit. Dabei schweigt sie ebenso wie ihre Mutter lange Zeit über ihre Probleme. Die mittlere Schwester Imogen sieht sich in einer ausweglosen Situation und sucht Halt im Elternhaus- das dies nicht mehr der Rückzugsort ihrer Kindheit ist, fällt ihr schwer zu akzeptieren. Auch sie schweigt über ihre Situation. Die älteste Schwester Rachel würde sich gerne zu ihrer eigenen Familie nach London zurückziehen, fühlt sich dem Cottage gegenüber jedoch verpflichtet, dass es nicht unter der Mauer des Schweigens verkommt. Schweigen scheint bei den Garnetts ein zentrales Thema zu sein. Es ist als würde man die Thematik dadurch verdrängen können. Auch die regelmäßigen Partys untermauern dieses Wegdenken von Problemen, als würde Alkohol und Feiern die Anliegen auflösen. Ich erkenne diese beiden Faktoren als Verdrängung der Schuld an. Die Garnett Frauen kommen in Situationen, für die sie nichts können, suchen aber den Auslöser und die Schuld bei sich. Erst am Ende kann eine Aussprache der Frauen dazu führen, die Probleme gemeinsam anzugehen.


    So leicht mir der Einstieg auch fiel, mit voranschreitender Handlung war es schwierig, den einzelnen Entwicklungen zu folgen. Durch die Zeitsprünge und unausgesprochenen Geheimnisse fiel es mir persönlich schwer, die Handlung an sich aufzunehmen. Dazukommt, dass es phasenweise sehr träge und schleppend erzählt wurde, was für mich ein weiteres Indiz dafür ist, dass etwas verdrängt wird. Man möchte die Aufmerksamkeit von etwas weg lenken und die Situation überbrücken. Zudem werden zwei Tabus als natürlich dargestellt- die toxische Beziehung einer der Schwestern sowie das übermäßige Feiern nebst damit verbundenen Alkoholkonsum. Ähnlich wie das Schweigen der Frauen wird nicht angedeutet, dass dies nicht der beste Umgang ist oder Ausdruck einer Krankheit. Dadurch sehe ich hier trotz eines beeindruckenden Familienromans Luft nach oben und vergebe wohlwollende vier Sterne, weil es wichtige Themen sind und zum Nachdenken angeregt wird.

    https://www.amazon.de/Commissa…sa%252Caps%252C142&sr=8-1Mord in Neapel


    In Neapel ist der Tag des Heiligen Gennaro, auch bekannt als Tag des Blutwunders, ein wichtiger Feiertag voller Prozessionen und Brauchtum. Doch was, wenn an exakt diesen Tag jemand bedroht wird und die Hilfe der Polizei sucht? Darum geht es in Commissario Gaetano und der lügende Fisch.

    San Gennaro, dessen Gedenktag mit vielen gebeten und Prozessionen am 19. September sowie im Mai gefeiert wird, ist für die Neapolitaner ein wichtiger Mann, der seinen Kopf für die Freiheit Neapels gelassen hat. An diesen Feiertag hat die Polizei durch die Feierlichkeiten vor Ort mehr zu tun als sonst, da die Prozessionen viel Betreuung im Bezug auf Sicherheit benötigen. Entsprechend wenig kann Commissario Salvatore Gaetano für den Turiner Iannus Caputano tun, der ihn an diesen Tag um Schutz bittet. Nicht einmal 24 Stunden später ist der Mann genauso enthauptet wie einst Gennaro….

    Der Krimi ist sehr spannend. Zum einen ist die Ausgangslage hoch brisant: ein Turiner mit Wohnsitz in Neapel ist aufgrund der Fehde der beiden Städte keine Norm, ebenso wenig wie eine Enthauptung am Feiertag eines Heiligen. Der Grundstein für einen spannenden Krimi ist so schon gelegt. Allerdings spielen hier weitere Aspekte eine Rolle. Geheimnisse von alten italienischen Familien, kriminelle Machenschaften sowie ein Mord getarnt als Krankheit bilden ein komplexes Konstrukt, was es erst zu hinterfragen gilt. Dies wird anschaulich durch Gedankengänge Gaetanos sowie Geschehnisse in seinen eigenen Umfeld geschildert. Ich als Leserin bekomme so den Eindruck, selbst direkt vor Ort zu sein.

    Dieser Eindruck wird dadurch weiter untermauert, dass Gaetano Neapel beschreibt. Es werden Bezüge zu Gerüchen nach Urin und Benzin sowie bildliche Vergleiche zu den vollen Gassen gemacht, wodurch ich mir beim Lesen einen Eindruck Neapels machen kann. All das hilft dabei, den Krimi zu verstehen, ist der Mord doch genauso dreckig wie die Stadt selbst.

    Neben der bildhaften und detaillierten Sprache kommt der Humor nicht zu kurz. Nola schreibt den Krimi mit einer gewissen Leichtigkeit, baut komische Situationen ein und schafft es mit humoristischen Wortspielen und vergleichen, das heikle Thema zumindest ein wenig zu entschärfen. Die Spannung bleibt dabei nie auf der Strecke und das große Finale beinhaltet einige Wendungen. Ich persönlich gebe den Krimi zehn Punkte und empfehle ihn jeden, der etwas italienischen Flair sucht und dabei mehr über Neapel lernen möchte.

    Wurzeln

    Wie geht man mit der Suche nach Heimat um? Das versucht Sabin Tambrea in seinem biografischen Roman „Vaterländer“ zu beschreiben.

    Tambrea und seine Eltern leben seit seiner frühen Kindheit in Deutschland, aber seine Wurzeln sind in Rumänien. Er beschreibt in Vaterländer, wie er seine Kindheit auf der Suche nach einem Zuhause verbrachte, da sein Vater als Musiker regelmäßig auf Reisen war. Entsprechend groß war die Erwartungshaltung der Eltern bezüglich seines musikalischen Könnens.

    Doch nicht nur Sabin beschreibt sein Leben. Sein Großvater berichtet von Spionage und Gefangenschaft, wobei er auch auf die ärmlichen Verhältnisse eingeht, die zu seiner Zeit als junger Mann allgegenwärtig waren. Das finde ich sehr wichtig, zeigt es doch die Schattenseiten des Lebens.

    Bei Sabins Vater geht das leider zu sehr unter. Hier stehen Musik, Flucht und Selbstverwirklichung im Vordergrund und die Zerrissenheit in der neuen Heimat.

    Ich persönlich finde das Buch super geschrieben und kann die Geschichten und Anekdoten nachvollziehen. Schade ist aus meiner Sicht, das außer dem Großvater wenig auf die Zustände in Rumänien eingegangen wird (der Vater macht Karriere und entflieht der Armut, Sabin kennt diese Umstände nicht). Auch hätte ich mir gewünscht, dass die Zerrissenheit unter den Charakteren thematisiert wird. So gebe ich vier Sterne und freue mich, wenn ich in Zukunft mehr vom Autor lese.

    Cosy


    Wer hat den Bürgermeister auf den Gewissen? Diese Frage beschäftigt Judith Potts und ihre Freundinnen.


    Auf einer Gemeinderatssitzung wird der Bürgermeister vergiftet. Nun beginnen für Judith, Suzie und Becks als Beraterinnen der Polizei die Ermittlungen. Schnell sind die ersten Beteiligten verdächtigt- doch wer war es wirklich? Und warum?

    Der Krimi kommt mit dem gewohnten Humor daher. Wie in den Potts Krimis üblich, nimmt der Fall mittendrin eine Wendung nach der anderen und bedient sich teils an Klischees. Ich finde es klasse, wie die Menschen teilweise abschätzig auf das Trio reagieren, dieses jedoch den Fall löst. Spannend finde ich auch, wie sich das Konstrukt immer weiter entwickelt und am Ende eine simple Lösung aufkommt. Das ist insgesamt ein netter, leichter Krimi, ohne in die Tiefe zu gehen oder anspruchsvoll zu sein. Schade finde ich, dass sich die Handlung manchmal etwas zieht. Ich gebe vier Sterne.

    Sprachlich gut

    Wer hat die Person in Jagdrevier getötet? Diese Frage beschäftigt unter anderem Journalistin Vera Bergström, die sich in ihre eigenen Ermittlungen stürzt.

    Vera hatte eine Weile lang als Aushilfslehrerin gearbeitet, wodurch sie neu in die Ermittlungen und die Recherche einsteigen muss. Allerdings gelingt es ihr, anders als ihren Kollegen, die Wahrheit über das Opfer ans Tageslicht zu bringen…

    Die Story hat definitiv ihre Stärken. Sprachlich ist es toll gemacht, auch viele Geheimnisse tragen zur Spannung bei. Allerdings ist der Krimi ziemlich zäh. Einige Handlungen drehen sich im Kreis, einige brauchen Ewigkeiten und bringen keine neuen Erkenntnisse (zum Beispiel ihre Schilderungen über den Alltag als Lehrerin) und nicht alles macht im ersten Augenblick Sinn. Ich finde es zudem schade, dass die Auflösung am Ende viel ungeklärtes hinterlässt. Daher gebe ich drei Sterne.

    Historisch


    Aktuell gibt es viel Krieg und Leid in der Welt. Direkt mit den Folgen konfrontiert sind zum Beispiel Soldaten, Piloten oder die Marine. Was ist, wenn ein mit Krieg und Elend konfrontierter Pilot über Feindesgebiet abstürzt? Damit beschäftigt sich der historische Roman „Die Gräfin“.



    Diana Henriette Adelaïde Charlotte Gräfin von Reventlow-Crimini lebt zurückgezogen auf der Hallig Südstrand. Hier hat der britische Pilot John Philip Gunter im August 1944 eine Bruchlandung. Der Roman beschreibt Johns Zweifel, ob Diana ihn wirklich helfen möchte, und die angespannte Situation ziemlich gut. So wird immer wieder deutlich, dass unklar ist, wer Feind beziehungsweise fremd ist und was die jeweiligen Ziele sind. Zudem wird der nordische Dialekt hervorgehoben, vor allem durch den alteingesessenen Kutscher. So habe ich als Leserin ein gutes historisches Zeitverständnis. Was mich persönlich ein wenig stört ist, dass die Charaktere nur angezeichnet, nicht jedoch vertieft werden und auch das weitere Kriegsgeschehen wenig Erwähnung findet. Hier könnte deutlich mehr passieren. So gebe ich den Roman solide vier Sterne.

    Ein wenig deutsch- norwegische Geschichte


    Eine alte Familiengeschichte rund um einen unvollendeten Roman und ein gesunkenes Schiff spielen in „Meeresfriedhof“ eine wichtige Rolle.

    Mitten im zweiten Weltkrieg sinkt ein norwegisches Schiff, auf dem Thor Falck als Reeder arbeitet. Er stirbt- seine Frau Vera und Sohn Olav überleben. Mit der Zeit wird Vera zu einer gefeierten Autorin und Olav leitet die in Norwegen einflussreiche „SAGA“ Stiftung. Als Vera verschwindet, kommen alte Geheimnisse ans Tageslicht…

    Ich finde den Krimi sehr unterhaltsam. Am Beispiel der Familie Falck wird deutlich, wie die Beziehungen zwischen Norweger*innen und Deutschen damals geheim gehalten wurden. Während einige norwegische Frauen sich deutschen Soldaten hingaben und eventuell sogar Kinder bekamen- wie etwa in „Die Insel der weißen Lilien“ oder „Als Großmutter im Regen tanzte“ beschrieben- dachten die norwegischen Ehemänner teils, es wären ihre eigenen Kinder. So hat man versucht, die brisante Beziehung zu vertuschen. Da ein Familienzweig auch nach Jahrzehnten noch mit Spott und Häme betrachtet wird, passt das zu den anderen Beschreibungen.

    Neben den Beziehungen spielen auch weitere Geheimnisse eine Rolle. Nicht jeder macht seine Motive deutlich. Kriegsgefangene haben ihre eigenen Traumata. Bei all diesen Geheimnissen bleibt die Spannung zwischendurch auf der Strecke, aber insgesamt ist es ein sehr lesenswerter Krimi mit historischen Mehrwert. Ich gebe vier Sterne und freue mich auf die Fortsetzung.

    Was ist wahr?


    Wer sucht nicht Ruhe und Abgeschiedenheit im Urlaub? Doch in Vera Bucks „Das Baumhaus“ wird mehr als deutlich, dass der Schein trügerisch ist…

    Henrik und Nora sind verheiratet und haben einen Sohn namens Finn. Gemeinsam wollen die drei einen Urlaub in Schweden verbringen, wo Henrik aufgewachsen ist. Doch schon bald nach der Ankunft häufen sich die Vorfälle und es kommt zum Showdown…

    Ich finde das Buch sehr spannend. Es ist ansprechend aus wechselnden Perspektiven geschrieben und ich mag, wie es die Geschehnisse möglichst genau beschreibt. Auch die Grundidee ist gut. ABER mit dem Verlauf der Story kommen mir Zweifel: was ist passiert? Und wie und wann? Ich bin recht verwirrt und habe viele Fragen, zum Beispiel welche Krankheit Henrik exakt hat und ob es auf Finn übertragen werden könnte. Insgesamt interessant gemacht, aber doch verwirrend. Vier Sterne.

    Eigentlich möchte Buisnessfrau Maria mit ihren Töchtern und Freunden für ein Wochenende in die Berge. Doch dann erreicht sie die Nachricht, dass ihr Vater einen Unfall hatte und im Krankenhaus liegt.



    Auf dem alten Bauernhof angekommen werden Erinnerungen wach. Eine vermisste Katze spielt dabei genau so eine große Rolle wie eine alte Rivalin, Schießübungen oder eine verletzte Sau. All dies schildert die Autorin mit viel Feingefühl und dem nötigen Hintergrundwissen. Störend erscheint jedoch, dass manche Dinge sehr schnell abgehandelt werden während andere detailreich in die Länge gezogen werden. Wenn diese Mischung besser gelingt, könnte dies ein sehr angenehmer Roman sein, der Stadt und Land einander näher bringt. Ich freue mich auf ein weiteres Buch der Autorin, dass ich bestimmt gerne und mit Freude lesen werde. 4 von 5 Sternen