Beiträge von CorinaB

    In diesem Abschnitt gibt es echte Geschichte, von daher also auch nicht so viel Action. Die Haft Johanns in Wittenberg ist historisch verbürgt - und die Vorgänge in der Hofküche ebenfalls. Es gibt ein wunderbares Buch mit dem Titel "Der kulinarische König", in dem die Esskultur bei Hofe beschrieben wird. Außerdem sollte Annalena hier auch wieder ein bisschen chirurgisches Können zeigen durch die Rettung des Jungen. Eigentlich passiert hier ja was, aber ich glaube, ihr fühltet euch hier aus der Geschichte um Annalena und Johann gerissen. Dieses Gefühl hatte Annalena sicher selbst, als sie sich von Johann trennen musste, ohne zu wissen, ob sie ihn wiedersieht oder ob Kunckel Erfolg haben wird.


    A propos Kunckel: Den geheimnisvollen Reiter, der ihm die Nachricht von Johanns Inhaftierung gebracht hat, gab es wirklich. Die Identität wurde nie geklärt, vermutet wurde ein Student, aber ich habe Annalena dazu gemacht.


    PS: Tanzmaus : Tolles Kätzchen!
    Es ist lustig, dass wir hier auf die Katzen kommen, im Buch taucht ja hin und wieder auch ein Mini-Tiger auf. ;-)

    Die Qualität der Königsdame ist unbestritten, doch als ich damals recherchiert habe, wurde ich stutzig und habe mich gefragt, warum die Cosel und nicht die Königsmarck. Aurora hatte auch ein recht skandalumwittertes Leben und zudem einem verschwundenen Bruder (ich empfehle dazu: Die Affäre Königsmarck von Sargon Youkhana). Aber die Cosel war natürlich die bekannteste der Mätressen, und als Autorin lasse ich meinen Kollegen nur zu gern künstlerische Freiheit. ;-)

    August muss als junger Mann in der Tat ansehnlicher und attraktiver gewesen sein, als spätere Bilder vermuten lassen. Und ich sehe es genauso, eben weil er nicht dem Drill unterworfen war, war er volksnäher. Allerdings soll er schon immer den Wunsch gehegt haben, zu herrschen und darüber in Rage geraten sein, als ihm sein Großvater erklärte, dass dies nicht möglich sei. Das Schicksal hat die Karten da zu seinen Gunsten gemischt.


    Sein Großvater war übrigens Christian IV. von Dänemark - einer der am längsten regierenden Könige und größten Frauenhelden seiner Zeit. (Ein Umstand über den sich sein Rivale Gustav Adolph von Schweden spöttisch ausgelassen hat.) Nicht nur die lange Nase scheint August der Starke von ihm geerbt zu haben, auch den Drang zu den Damen. :grin Außerdem wurden die Frauen ja damals noch galant umworben und nicht wie heute manchmal gefragt: "Ey Alde, gehst mit mir in die Kiste?" Die Galanterie hat so manche Dame über körperliche Mängel des Herrn hinwegsehen lassen. Und der Reichtum natürlich auch.

    Bei der Diskussion hätte ich einiges beizusteuern, denn leider erfahre ich immer mehr, dass der Autor eigentlich nur ein Dienstleister gegenüber dem Markt ist, der, um verkaufen zu können, schreiben muss, was bei den Lesern gerade ankommt. Dabei war das früher ja mal anders, und zwar so, dass der Autor mit seinen Ansichten Meinungen und Geschmäcker geprägt hat. Jetzt prägen die Leser die Autoren, ob das gut ist, weiß ich nicht.
    Wäre wirklich mal interessant, darüber zu diskutieren, denn auch die Kollegen sind sicher nicht mehr frei in all ihren plot-technischen Entscheidungen.



    Edit: Was das Vorwegnehmen der Spannung angeht, sehe ich das genauso, man sollte so etwas nicht tun. Mache ich meines Wissens auch nicht. ;-)

    Der Blick der Bevölkerung auf August kommt ja im Krähenweib vorwiegend aus den Augen der Angestellten, die ein relativ gutes Leben in seinen Diensten führten. Die Frauen waren vernarrt in den Fürsten, denn er war in ihren Augen ein stattlicher Mann (die Geschmäcker waren damals etwas anders)
    Die Bevölkerung draußen mochte ihren Herrscher zum größten Teil auch, nahmen es ihm aber übel, dass er zum Katholizismus übergetreten ist. Die gewährte Religionsfreiheit war da nur ein kleiner Trost. Es gab natürlich auch Aufstände, aber ich habe in meinen Materialien nichts von grober Unzufriedenheit gehört. Aber ich lasse mich auch gern belehren, wenn hier jemand mehr darüber weiß.


    Ach ja, wusstet ihr eigentlich schon, dass August eigentlich nie vorgesehen war, Kürfürst zu werden? Erst der frühe Tod seines Bruders machte ihn, der eigentlich nicht die spezielle Kronprinzenerziehung genossen hatte - zum Herrscher. Der fehlenden Erziehung kann man es vielleicht auch anlasten, dass er das Hochdeutsche nicht beherrschte.


    Lustigerweise stammt aber aus Meißen das Kanzleideutsch, das der Vorläufer zu unserem Hochdeutsch war.

    Liebe Bouquineur,


    ein Satz wie dieser kommt bei mir nur selten vor, ich glaube, im Krähenweib bleibt es bei diesem einen. Wie gesagt, seit 2008 ist sehr viel Sand die Uhr herabgerieselt. Mittlerweile weiß ich, was man schreiben darf und was nicht, um den Leuten zu gefallen. (Das gefällt mir manchmal nicht, aber als Autor ist man zuweilen gezwungen, das zu tun). Das Krähenweib war mein zweiter Roman überhaupt, da war ich noch so naiv zu glauben, dass sich die Leute für das, was ich wirklich schreiben will, begeistern können. Und dass ihnen ein störender Satz nichts ausmacht. Wie wir sehen, ist das anders und ich ziehe meine Lehren daraus. ;-)


    PS: Und das bezieht sich jetzt wirklich nur auf diesen einen Satz, ich habe es mittlerweile aufgegeben, prophetisch zu sein.

    Ah, gut zu wissen, beowulf, dann werde ich solche Sätze in Zukunft unterlassen. Als ich das Krähenweib schrieb (das war 2008) wusste ich noch nichts von euren Vorlieben und Abneigungen (die erste Spionin-Leserunde war ja später), da habe ich es so geschrieben, wie ich dachte, es sei richtig. (Und das Lektorat hatte daran auch nichts zu meckern.) Aber mittlerweile habe ich ja so meine Erfahrungen gemacht. Ich als Vielleserin habe nichts gegen solche prophetischen Aussagen, die verleiten mich eher dazu, auf den großen Knall zu warten. So sind die Geschmäcker halt verschieden.

    Nun, den Satz mit dem vorübergehenden Trost hätte ich - im Nachhinein betrachtet - vielleicht streichen können. Nur hat irgendwer erwartet, dass jetzt ein Leben voller Rosen auf das Mädchen zukommt? Zumal wir ja schon henkererfahrene Leser dabei haben? :wave

    Gemeinsame Szenen sind in diesem Abschnitt auch schwierig, denn Böttger war ein gut gehütetes Geheimnis und musste in einem Kerker sitzen, dessen Fenster nicht mal Griffe hatte und der beim Gang auf den Donnerbalken bewacht wurde.

    Ich weiß, Mertens Tod ist radikal, aber wie hätte sie jemandem entkommen sollen, der bereit war, sie zu quälen und zu töten? Außerdem handelte sie im Affekt, das war pure Verzweiflung und keine Orgie, denn sie hat ihr Tun ja nicht genossen - im Gegensatz zu ihm. Eine "Deus ex machina" wie etwa das Auftauchen des Henkers wollte ich nicht einfügen. Annalena hatte keine andere Wahl, als sich selbst zu befreien. Außerdem waren das ja andere Zeiten als heute. Heute haben die Frauen die Wahl, ins Frauenhaus zu gehen oder die Polizei zu benachrichten. Damals hätte ihr niemand geholfen.
    Auch heute kommt es trotz aller Hilfsangebote noch immer vor, dass gequälte Frauen ihre Männer nach mehreren Jahren gewaltvoller Ehe mit zig Messerstichen töten, weil dieses eine Mal das Band der Beherrschung reißt. Das heißt nicht, das ich das gutheiße, aber so sind wir Menschen leider manchmal auch.

    Naja, das mit dem Leiden lassen war ja auch eine Zeitfrage. Annalena musste ja fix los, um Johann vor den Spionen zu bewahren, da blieb keine Zeit für Spielereien. Außerdem handelt sie ja aus einer absoluten Notsituation heraus.


    Ansonsten freue ich mich sehr, dass dir das Buch gefallen hat. Bei historischen Figuren muss man sich ja an die Lebensdaten halten, das heißt, dass man kein Happy End zaubern kann, wo keins kam. Aber ein kleines gibt es ja doch. ;-)


    Bin jetzt gespannt auf deine Rezi und danke dir hier schon mal für die Teilnahme an der Runde. :knuddel1

    Fatime und Augusts Beziehung zu ihr ist etwas ganz besonderes. Von allen Mätressen war sie eigentlich die rätselhafteste, denn niemand wusste genau, welcher Abstammung sie war. Einige gingen davon aus, dass sie osmanischem Adel entstammte, wahrscheinlich kannte aber nur August ihre wahre Herkunft. Zunächst diente Fatime der Aurora von Königsmarck (und nicht wie in "Die Königsdame" beschrieben der Cosel), die Mätresse von August war, dann fiel sie dem Kurfürsten ins Auge. Dieser war verrückt nach ihr, verkleidete sich ihr zuliebe als Sultan und versuchte, ihr unter allen Umständen zu gefallen und sie zu erobern, indem er orientalisch angehauchte Feste gab.
    Ihre Behandlung und die historisch verbürgte Weigerung lässt darauf schließen, dass sie von August nicht als Beute angesehen wurde. Sie gewaltsam zu nehmen passt außerdem nicht zu Augusts Naturell als "Womanizer", lieber hat er sich auf Eroberungsfeldzug begeben.
    Sehr verwunderlich ist auch, dass August Fatime selbst nach dem Ende ihrer ofiziellen Mätressenschaft herzlich und liebevoll verbunden blieb.
    Und dann besteht auch noch das Rätsel, ob sie sprechen konnte oder nicht. In meinem Buch habe ich sie schweigen lassen, weil sie sich fremd am Hofe fühlte. Tatsächlich soll sie Heimweh gehabt haben - aber August liebte sie tief und innig. Der Keuschheitsgürtel war sicher auch nur Teil des Spiels, das sie miteinander gespielt haben.


    Eine andere Erklärung wäre auch, dass sie sich der Gefahr durch die offizielle polnische Mätresse Ursula bewusst war und somit kein Risiko eingehen wollte, indem sie sich August bereitwillig hingab.
    Interessant ist, dass Fatime den Keuschheitsgürtel abgelegt hatte und schwanger wurde, als sie August in Polen besucht hatte. Da hatte die polnische "Wildkatze" wohl nicht aufgepasst. :lache

    Bei dem Stein der Weisen handelte es sich um Cassiuschen Goldpurpur, eine Goldsalzlösung, die rot ist (und trinkbar sein soll!!!). Diese rote Farbe wurde genutzt, um Goldrubinglas herzustellen - das übrigens von Kunckel, der später im Buch auftaucht, hergestellt wurde. Ein paar Stücke dieses Rubinglases kann man sich im Oranienburger Schloss anschauen.


    Gold wird Lascarius damit nich hergestellt haben. Forscher vermuten, dass es ihm gelungen ist, Gold in den Tiegel zu schmuggeln, um den jungen Böttger von seinem Können zu überzeugen und ihm ein wenig Geld aus dem Kreuz zu leiern. Der Stein der Weisen war das Zeug, das er bei sich hatte, aber nicht, denn dieser Lascarius starb nur weniger Monate später in Stralsund. Der Stein der Weisen hätte ihm aber Unsterblichkeit verleihen sollen. (diese wurde Lascarius von zahlreichen Nachahmern verliehen, die den Eindruck erweckten, er sei wieder auferstanden)

    Das "Er" als Anrede haben nicht nur Könige benutzt sondern im 18. Jahrhundert alle, die höher gestellt waren - oder sich so fühlten. Es gab in dem Jahrhundert drei Anredeformen. "Er" von Höhergestellt zu Niedriggestellt, "Ihr" unter gleichrangigen Personen und das "Du" natürlich vertraut. Interessant ist, dass damals Eltern mit "Ihr" angesprochen wurden. Lehr- und Botenjungen waren generell "Er" (die Burschen hatten ihr Gegenüber mit "Ihr" anzusprechen) oder, wenn der Meister vertrauter mit dem Lehrling war, sagte er "Du". Vor Kunden war der Lehrling aber wieder "Er". Recht verworren, ich weiß.


    Lascarius war ohnehin ein sehr seltsamer Zeitgenosse, ein Hochstapler sondergleichen und selbst nach Jahrhunderten wusste niemand, wer der echte Lascarius war oder wer jemand, der sich als Lascarius ausgegeben hat. Sehr nebulös.

    Der Prolog sollte Annalena bei ihrer ersten Schmähung als Krähenbalg zeigen, ein Rückwärtserzählen wird es nicht geben. Nach dem Zeitsprung wird verdeutlicht, dass das Leben der Henkerstochter nicht unbedingt besser geworden ist während der Jahre. Warum sollte ich auch die Jahre dazwischen erzählen?
    Dass eine Frau amputiert hat, hat es wirklich unter Henkersfrauen gegeben. Die Amputation sollte zeigen, dass Annalena eigentlich nicht schwach ist - wenn man es so nimmt, war dieses Erlebnis auch der Auslöser, dass sie ihre eigene Stärke erkannt hat. Tut mir leid, dass dir übel geworden ist, Nachtgedanken, das geht mir bei manchen Büchern mit ausgewalzten Vergewaltigungen auch so. In diesem Fall musste die Schilderung aber realistisch sein.
    Mertens blass trotz seines recht widerlichen Sadismus? Hm... Natürlich hätte ich noch auf seine Hintergrundgeschichte eingehen können, doch das Buch wurde wiederum gekürzt. Und Johann wird nachher doch interessanter.

    Ei verbibsch, bist du aber schnell! Die sächsischen Begriffe hat mir übrigens eine waschechte Sächsin eingeflüstert. Ich konnte da nicht widerstehen.
    Der August hat übrigens auch nur gesächselt, selbst seine Briefe hat er so verfasst, aber wegen der besseren Verständlichkeit habe ich ihn Hochdeutsch sprechen lassen. :grin