Beiträge von Liesbett

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    Original von Clare
    Es hat geklappt, Knupp hat sein Ziel erreicht, aber trotzdem lief alles anders als erwartet. Mit der Wiederherstellung des 11. Oktobers 1991 wurde die Zeitlinie aufgehoben und natürlich war alles nicht passiert, was in der Zwischenzeit geschehen war. Es ist schon richtig, Peter wacht auf, aber es ist ein ganz normaler Tag. Knupp ist mit seiner Frau, die ja wieder oder noch am Leben war, nicht nach Afrika gereist, so dass sie nicht an Malaria sterben konnte. Dafür starben sie bei einem Flugzeugabsturz. Schicksal!
    Deshalb steht auch Knupps Haus gar nicht mehr, weil der ja, 20 Jahre nach 1991, schon lange tot ist. So verstehe ich das jedenfalls.


    Ja, damit kann ich etwas anfangen.


    Auf eine merkwürdige Art und Weise bin ich immer mal wieder beim Lesen gedanklich zu "Interstellar" (Film) abgedriftet. Ich glaube, den muss ich unbedingt nich einmal ansehen. Vielleicht bewerte ich dann einige Szenen des Buches noch einmal neu.

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    Original von made
    Noch ein Gedanke:
    Knupp versucht sein ganzes Umfeld "zurückzubauen". Er ersetzt die ursprünglichen, zu groß gewordenen Bäume durch neue, in Form und Größe fast mit den damaligen identische Bäume. Aber es sind nicht dieselben.
    Könnte es dann nicht passieren, dass dann nicht seine Frau wieder auftaucht, sondern eine, die seiner Frau nur sehr ähnlich ist?


    Oh, ein Gedanke, der mir nicht gekommen ist und seinen Reiz hat.
    Überhaupt, die Frau Knupp. Wird sie ihr Leben mit einem plötzlich viel älteren Mann, der schönheitsgestrafft ist weiterleben wollen? Und sich nicht wundern? Er hat viel zu erklären, wenn sein Plan aufgehen und sie zurück kommen sollte.
    Über Horizons Vogelscheuche in Marthas Kleidern musste ich kichern. :grin

    Also Taler wird bisher als braver, angepasster, etwas biederer Zeitgenosse beschrieben, der nirgendwo aneckt und auch auf Arbeit nicht unbedingt aufmuckt, obwohl es Gründe gäbe, die Stimme gelegentlich zu erheben. Und aufgrund meiner Arbeit als Personalrätin kann ich sagen, dass es eine Menge Menschen gibt, die lieber ewig lange vor sich hinleiden als mal auf den Tisch zu hauen. Insofern ist mir Talers zögerliches Vorgehen und Nachgeben nachvollziehbar. Ich selbst dagegen ...

    Also ich bin mir noch nicht klar, ob mir das Ende so gefällt oder nicht.


    Das Vorende, der Tod Knupps, der hat mir gefallen. Ich war völlig überrascht, dass er Laura erschossen hat um den Witwer dazu zu bringen, ihm zu helfen. Arschloch! Wie konnte er nur. Wie egoistisch und egozentrisch! So ein sinnloser Tod. Einen anderen Menschen auf diese Weise zu manipulieren ist grausam. Und es hätte schief gehen können, Taler hätte weg ziehen oder sich ebenfalls umbringen können oder ... Lauras Tod wäre noch sinnloser geworden. Ich weiß nicht, ob ich Suter das verzeihen kann.


    Nun, wie auch immer, Taler wacht auf und alles ist anders. Irgendwie macht mich das nicht zufrieden, ich weiß nun immer noch nicht, ob Knupps Theorie vorstellbar ist oder nicht.


    Das mit dem Geld war krass und Betty ist eine dumme Kuh, unehrlich und doppelzüngig. Bäh. Suter kennt die kleinen fiesen Macken des menschlichen Wesens sehr gut und baut sie immer wieder mit ein, hier eine fiese Schlage, dort eine neugierige Nachbarin. Er scheint ein sehr guter Beobachter zu sein.


    Knupps Obsession um seine verstorbene Ehefrau ist mit einem mächtig schlechtem Gewissen verbunden, nicht nur fühlt er Schuld um ihren Tod, nein, er hat sie auch noch mit der Nachbarin hintergangen. Diese wird erneut benutzt, ich wäre an ihrer Stelle wohl auch mit der Gartenschere aufgekreuzt und hätte den ein oder anderen Busch gestutzt.


    Das Ende war sehr wirbelig, immer drohte die Aufdeckung der Finanzlügen, dann kommen Bäume nicht zur rechten Zeit ... Die Spannung wurde noch einmal gesteigert und löste sich dann rasch auf. Bums. Ende. Hm.

    Dieser Abschnitt hatte für mich so seine Längen, ich weiß nicht warum. Vielleicht weil das ewige Ausmessen und die Camera Obscura immer und immer wieder auftauchte. Irgendwann hatte ich kapiert, wie es funktioniert, da wollte ich nicht immer noch und noch mal davon lesen. Aber der Fortgang der Geschichte bleibt spannend.


    Taler erhält endlich den entscheidenden Hinweis auf den Motorradfahrer und bekommt nocheinmal einen neuen Blick auf seine Frau. Diese ist ja nicht ganz so lupenrein, plötzlich erinnert er sich wieder, wie sie am Anfang doppelgleisig fuhr. Find ich persönlich ja nicht gut, sowas, aber Taler war klug und hatte einen Schlusstrich gezogen. Das gefällt mir, er ist nicht ganz der ewige Dulder gewesen, als der er am Anfang des Buches erschien. Er hat ihr dennoch verziehen und die Ehe schien recht glücklich verlaufen zu sein.


    Ich bin ganz zufrieden, Laura nur aus seiner Perspektive aus zu betrachten. Gehört dieses Auf und Ab der Gefühle zum Trauern dazu oder legt man sich irgendwann einmal auf eine bestimmte Sichtweise auf eine Person fest und behält sie dann so für immer im Gedächtnis?

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    Original von Regenfisch
    Suters Zeiten-Modell finde ich sehr interessant und eben haben wir es beim Essen heftig diskutiert. Mein Mann ist Physiker und er findet die Idee, dass es parallele Welten gibt, in denen sich ein einziger Moment zeitgleich abspielt, denkbar, wenn auch nicht realistisch.
    Ich finde solche Gedankenexperimente immer sehr schwer nachzuvollziehen und sie sind für mich kaum greifbar. Immer wenn ich denke, jetzt habe ich den Gedanken verstanden, verpufft er auch schon wieder. :unverstanden:grin


    Oh ja, das hatten wir hier auch, mein Freund ist Physik-Ingenieur und Ruck Zuck waren wir bei Atommodell, Schrödingers Katze und Determinismus. Wie schnell doch eine kleine Verständnisfrage zum Grundlagenexkurs führen kann ...

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    Original von Lesebiene
    Das man die Wohnung unverändert lässt, Lieblingsdeco so stehen lässt, aber als Nichtraucher (ich meine gehört zu haben, Peter raucht eigentlich gar nicht selbst) extra Lauras Zigarette anzubrennen. ?(


    Auch wenn ich es nicht so machen würde, rührt mich solches Verhalten. Es ist für mich ein wenig wie die Kerze vor dem Bild eines oder einer geliebten Verstorbenen zu entzünden, als Ritual der Erinnerung. Auf der anderen Seite habe ich Verwandschaft, die kurz nach dem Tod des Partners die Wohnung komplett umgestaltet und neu eingerichtet hat. Scheinbar gibt es sehr unterschiedliche Wege, mit Verlust umzugehen. Ich hoffe, ich finde dereinst einen Mittelweg, sollte ich so etwas irgendwann durchmachen müssen. Am Liebsten wäre mir natürlich, nicht dergleichen erleben zu müssen!

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    Original von Lumos
    Doch Laura scheint ein Geheimnis zu umgeben. Dieses Auftauchen im Antiquariat ein halbes Jahr nach ihrem Tod ist schon seltsam, sofern es nicht doch nur der Altersverwirrung der Geschäftsinhaberin zuzuschreiben ist ;-). Und ich frage mich, ob der Krimianteil eine größere Rolle spielen wird.


    Also diese Antiquarin macht mir Sorgen. Sie bringt immer wieder diesen geisterhaften Touch in die Geschichte, ich kann sie mir zudem nicht so recht als vergessliche ältere Dame vorstellen, die die Zeiten durcheinander wirft. Als Krimielement wiederum ... könnte noch spannend werden.


    Hammer ist natürlich, nebenbei bemerkt, ein Einrichtungsmensch, der Bücher als Deko für seine Klienten erwirbt. Ich stelle es mir immer wieder kurios vor, was passiert, wenn ein belesener Besucher kommt und wirklich ein Gespräch mit dem Wohnungsbesitzer über eines seiner Bücher anfangen möchte ... könnte peinlich werden.

    Ich bin noch nicht durch und habe eben erst den zweiten Teil geschafft, insofern lese ich für die Nachzügler hoffentlich doch langsam genug. Meine Zeit rennt mir, entgegen Knupps Theorie, schnell davon und ich muss sehen, dass ich alle meine Vorhaben in ein paar spärliche Stunden quetsche.


    Wie auch immer, ich finde den Abschnitt recht interessant, Knupps Idee wird mir durch das im Buch im Buch (Kerbeler) geschilderte Experiment viel nachvollziehbarer, wenn ich es auch nicht glauben kann, dass ein Mensch ohne Arm plötzlich wieder mit Arm da steht. Gesetzt den Fall, und davon gehe ich aus, der "Original-Mensch" (der Versehrte) steht bei der Rekonstruktion in der Nähe, existiert er dann für diesen Moment zwei Mal? Dass hieße für mich dann, wir existieren alle unzähliche Male nebenher und hätten für diesen einen Moment Einblick in eine unserer Parallelwelten. Wiederum heißt dass für mich, wenn Knupp Erfolg haben sollte, wird er seine Frau für einen Moment sehen und was ist dann? Dieser Moment wird nicht ewig bestehen, er wird wahrscheinlich nicht in diese Parallelwelt wechseln können und die kleinste Veränderung (ein Niesen?) reisst alles wieder auseinander und der Moment ist vorbei. Wird er dann zufrieden sein? Er wäre gescheitert, da er das Leben mit der Frau an seiner Seite trotz alledem nicht zurück haben würde :gruebel Mal sehen, was Suter mir am Ende anbieten wird.


    Immerhin aber hat Knupp seine verbliebe Zeit mit einem Vorhaben gefüllt und sie nicht damit verbracht, die Nachbarschaft und deren Verhalten mit Anrufen beim Ordnungsamt und giftigen Zetteln für vermeintliches Fehlverhalten zu terrorisieren. Soll es ja geben :grin


    Taler scheint mir nicht so daran zu hängen, Laura auf diese Art wieder zu sehen. Vielmehr macht er sich auf die Suche nach ihrem Mörder, und hat damit meiner Meinung nach ihren Tod akzeptiert. Manchmal dachte ich, sie hatte vielleicht ein zweites Leben, neben ihrer Beziehung mit ihrem Mann, aber die Indizien, die Suter eingebaut hat, sind doch sehr vage. Vielleicht sind es nur die üblichen kleinen Geschehnisse, die man so hat, wenn man seinen Partner oder seine Partnerin nicht jede Sekunde neben sich hat.


    Das Bild, wie Laura auf dem Tisch tanzt finde ich unwiederstehlich. Irgendwie verbinde ich es mit Ellen von Unwerth, deren Arbeit ich eigentlich nicht so gerne mag. Es ist in meiner Vortstellung schwarz-weiß und sehr dynamisch.

    Ich hoffe sehr, dass es realistisch bleibt :-)


    Ich stelle mir gerade vor, wie es sein muss, die Zeit tatsächlich zurück drehen zu können, rechtzeitig zur Tür zu kommen (man hat sich die ganze Zeit eingeredet, dass man nur zwei Minuten hätte eher sein müssen ...) und dann ist es doch schon zu spät. Wie ein Film.

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    Original von Clare
    Wie der Titel schon sagt, wird es viel um die Zeit gehen. Ein abstraktes, philosophisches Thema, mit dem Suter den Nachbarn Knupp mit Leichtigkeit "spielen" lässt. Das ist nicht trocken, das ist abstrus und könnte interessant werden.


    Ich bin gespannt! :lesend


    Das bin ich auch! :wave
    Ich habe Knupps Gedankengebäude beim ersten Durchlesen noch nicht ganz erfasst und werde mir die Abschnitte nochmal durchlesen müssen, aber es klingt auch für mich interessant. Ich hoffe, ich kann es im Laufe des Buches gedanklich besser begreifen, das macht mich dann noch zufriedener.

    Also der erste Satz war schon ein guter Einstieg, ich bin begeistert.
    Irgendwas ist anders. Man kennt ja dieses diffuse Gefühl: es liegt auf der Zunge und kommt doch nicht raus. Gut beschrieben.


    Taler steht am Fenster, Bier in der Hand, und beobachtet die Nachbarschaft. Oder vielmehr den kleinen Ausschnitt der Welt, den er vom Fenster aus sehen kann. Detailreich schaut man durch seine Augen auf die nachbarschaftlichen An- und Umbauten der Häuser und Gärten, die Gewohnheiten der Flugbegleiterin von nebenan, das einsiedlerische Verhalten von Knupp, dem alten Mann von Gegenüber. Und so ganz langsam und nebenbei entfaltet sich Talers eigene traurige Geschichte ... ich finde, der Autor hat dies richtig gut gemacht, die Details sind nicht langweilig und meine Fantasie hält gut mit.


    Suter lässt Taler Handlungen wie Rituale ausführen, nicht weil sie nützlich sind, sondern weil er trauert. Wein, den er für seine Frau öffnet und eine Zigarette, die er für sie anzündet, wo sie doch gar nicht kommen wird ... das rührt mich sehr an.


    Die traurige Geschichte von Taler schildert Suter erst nach und nach, die Beobachtungen, wie andere mit einem trauernden Menschen umgehen (die Putzfrau möchte, dass er wieder mehr lebt, der Vorgesetzte möchte, dass er endlich wieder funktioniert ...) sind kurz aber treffend.


    Ich bin froh, dass ich Knupp und sein Verhalten dann endlich näher kennen lernen konnte, ich war über die sich verjüngenden Bäume alarmiert und witterte Fantasyieeinflüsse. Mit seiner Theorie um die Zeit kann ich merkwürdigerweise besser umgehen als mit irgend einer Zaubermacht. Wenn da nicht die rätselhafte Bemwerkung der Antiquariatin gewesen wäre ...