Das wohl im deutschsprachigen Raum zu den meistungelesenen Büchern Lees gehörende Cyrion ist eine Sammlung von sieben Erzählungen und einem Kurzroman über den gleichnamigen Helden. Angesiedelt sind die mit Zauberern, Hexen, Dämonen, Geistern und anderem übernatürlichen Volk bis zum bersten angereicherten Erzählungen in einem Setting, das am ehesten den Erzählungen aus 1001 Nacht ähnelt, irgendwo im mittelalterlichen Nordafrika und Nahem Osten.
Der unbezwingbare Held Cyrion zeigt sich als Mischung aus Sherlock Holmes, James Bond und Fantomas. Mit arroganter Lässigkeit behebt und beseitigt er die verzwicktesten Probleme.
Die sieben Erzählungen - haarsträubende Detektiv- und Abenteuergeschichten - werden von einer Rahmenhandlung zusammengehalten, die dann in den abschliessenden Roman mündet.
1. Cyrion in Wachs
Cyrion lässt sich in einen Zweikampf mit einem mächtigen Zauberer verwickeln, der den Helden mit einer Wachs-Voodoo-Puppe bedroht. Sowas geht natürlich schief.
2. Ein Held vor den Toren
Eine Wüstenstadt wird von einem schrecklichen Ungeheuer terrorisiert, das in den Katakomben lebt. Bei den Terroristen handelt es sich aber um ganz andere Leute, was Cyrion - nicht der Leser - gleich durchschaut und entsprechend handelt (für den Leser punktuell überraschend, Erklärung folgt).
3. Für eine Nacht
Vier Geister bitten Cyrion, unter ihnen einen Mörder zu überführen. Die Geschichte erinert stark an Kurosawas Film-Klassiker Rashomon.
4. Cyrion in Bronze
Bizarre Geschichte über den Kampf gegen sich selbst.
5. Der Assassine
Eine Verkleidungstechniktrick-Geschichte über einen Attentäter, der gegen Cyrions Hilfe unerkannt in eine Stadt eindringen will. Für meinen Geschmack die schwächste Erzählung.
6. Gefangen im Bernstein
Hier versucht jemand, mit Hilfe eines Zauberrings seine Frau zu beseitigen, um an ihr Vermögen zu kommen. Cyrion soll dabei Zeuge seiner Unschuld sein, aber Cyrion Holmes durchschaut natürlich den Trick. Die Charakterisierung der lispelnden, querschnittgelähmten Ehefrau des Bösewichts gehört zu den Highlights des Buches.
7. Ein Luchs unter Löwen
Die Beste und modernste Erzählung über einen Vatermord, aber eigentlich geht es um Traditionen und Werte im Umbruch. Das Leben im traditionellen Wüsten-Nomaden-Stamm gegen städtische Zivilisation.
8. der Kurzroman Cyrion in Stein
Hier geht es um eine Hexe, die ihren wohlhabenden Cousin zur Ehe zwingen und anschliessend zwecks Erbschaft seines Vermögens umbringen will. Dummerweise sind ihre Absichten von Anfang an bekannt und der genötigte Gatte bittet Cyrion um Beistand.
Die Geschichten lassen sich alle locker lesen, sind nicht ohne Tiefgang und damit - wie ein Rezensent auf der US-Amazon-Seite bemerkte - beste Pulp Fiction.
Schade, dass niemand das Buch kennt, das Cover finde ich auch nicht so reizend.
Nach zwei Geschichten fand ich den Zufall etwas arg bemüht, nach der dritten Geschichte wird jedoch klar, dass das Teil des Konzepts ist. Nachdem zunehmend klar wird, dass Cyrion unkaputtbar ist, wird Spannung nicht mehr daraus bezogen, ob alles gut ausgeht, sondern es entsteht lustvolle Spannung auf die Höllenfahrt der Bösen.
Wie bei Tanith Lee üblich top aussergewöhnlich.