Beiträge von Heidi Hof

    Ich habe nun diesen Teil auch beendet, und ich bin mir nicht so sicher, was ich von diesem Roman halten soll. Für mein Empfinden ist er nicht rund, er wird in allem zerstückelt. Teilweise halte ich ihn als Propagandamittel, dann werden wieder blumige Naturbeschreibungen eingeworfen, und mit den Figuren habe ich teilweise ein Problem. Das Voraussehbare Schicksal dieser Anna, dann dieser altkluge Kopf Iswarin - diesen so klugen Kopf, der die ganze weitere Entwicklung als ob der schon 50 Jahre weiter voraus leben würde, in das Buch einwirft. Wenn ich mir die Kritikpunkte zum Roman so betrachte, kann ich oft nur bejahend zustimmen.


    Ich nehme mir vom Buch auch eine Pause, weil mir dieses endlose Abschlachten stark an die Nieren geht und für meine momentane Gemütshaltung nicht so recht passend ist.

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    Original von KarthauseSie haben damit vielleicht eventuelle "Ansprüche" für die Zukunft bei ihren Bettpartner angemeldet und ihr Revier gegenüber weiblichen Konkurrentinnen abgesteckt. Denn was war eine alleinstehende Frau ohne Schutz wert?


    Damit könnte ich mich ein wenig anfreunden, obwohl das auch typisch einem Klischee entspricht, denn dann werden diese Frauen, diese Ehen allein auf den Sex reduziert, und bei Grischas Frau sieht man, dass es eben auch anders sein kann. Obwohl ich gestern bei wiki noch etwas von einer Abtreibung gelesen habe ;-)

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    Original von Karthause
    Nein, ein "roter" Roman ist "Der stille Don" wirklich nicht.


    Du siehst nicht die hundert kleinen Anspielungen des Erzählers, dass das Zarenregime den kleinen Mann unterjocht, dass die Offiziere des Zaren liebend gerne einen Bürgerkrieg entfachen möchten, wo dann Bauer gegen Kosak, ein Stand, auf kosten der Oberen, sich die Köpfe einschlagen sollen :gruebel (Was ja auch noch kommt.) Also für mich ist die Tendenz eindeutig rot. Von einen Roten-Roman habe ich niemals gesprochen.

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    Original von ClareWollte er vielleicht eine gewisse Unmoral verdeutlichen, eine Rüchschrittlichkeit, so eine Art Barbarei?


    Das ist mir auch irgendwie klar - Wildheit und Barbarei - aber ist dieses Klischee auch zutreffend, das habe ich mich gefragt oder ob es nur aus der Feder eines männliches Autors entspringt, der das gerne so hätte.

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    Original von Clare
    Meinetwegen kannst du ruhig deutlich werden, SiCollier! Ich glaube, wir sind doch hier recht beschaulich in kleiner Runde. Und die Möglichkeit, sich zurückzuziehen von einer Teildiskussion, hat man ja immer noch. :wave


    Nur immer raus damit! Ich schreibe auch immer das was ich denke, auch auf die Gefahr hin, da ich ja die Lektüre nicht beendet habe, Irrwege zu beschreiben, weil der Autor später einen anderen Weg einschlägt oder ich eines Besseren belehrt werde :grin

    Ich bin ganz froh gar nichts über den Autor gelesen zu haben, so kann ich das Buch auf mich wirken lassen und für mich ist der Erzähler bisher (kann sich ja noch ändern) sehr rot angefärbt. Ich denke auch, dass ein Intellektueller damals gar nicht anders konnte. Wir heute wissen wohin es geführt hat, doch die Menschen damals kannten doch nur die Zarenzeit, die Unterdrückung, das Joch.


    Jetzt verstehe ich eure Äußerung im anderen Thread ;-)

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    Original von Clare
    Ich sehe schon Stoff zum Diskutieren. Allerdings bieten sich vielleicht nicht so sehr die Geschehnisse im Buch an sie auseinanderzunehmen. Ich sehe solche Punkte eher im Gesamtbild, in der Einordnung der Ereignisse, dem Nachspüren nach Scholchows Position, in der Zerrissenheit seiner Figuren und ihres manchmal unlogisch wirkenden Handelns.


    Wenn es denn so wäre, warum diskutieren wir dann nicht? :gruebel Die Geschichte, also die historische Geschichte umspannt die Ereignisse, die Position Scholochow ist eindeutig und die Figuren stammen aus seiner Hand, er hat das Buch so geschrieben wie es steht - sicher hätte man auch jedes Buch anders schreiben können, doch das ist müßig sich darüber zu unterhalten.


    Im grunde ist das Buch eine historische Darstellung in Romanform mit ein paar fiktiven Gestalten. Das ist meinerseits keine Kritik am Buch, sondern eine reine Feststellung, dass für mich damit eigentlich jegliche Diskussion reine Spekulation ist. Tolstoi hat in seinen Werken immer auch philosophische Themen eingeflochten, besonders in "Anna Karanina" - das liefert dann automatisch viel Gesprächsstoff, bei "Krieg und Frieden" weniger, da sind es dann reine Gedankengänge der Figuren. In den letzten 150 Seiten lese ich aber gar nicht mehr von den Ausgangsfiguren - Thema ist jetzt der Umsturz.

    Eins könnte ich mal fragen, das ist mir gestern Abend so bewusst aufgefallen - die Frauen, die zurückgelassenen Frauen, nicht alle - aber warum laufen die mit jedem ins Bett :grin Manche sind ja richtig geil :lache
    Entspricht das einer Tatsache, oder sind das nur die Gedanken eines männlichen Autors :gruebel Waren die Ehen früher anders als heute, also mir kommt das sehr fremd vor.

    Diesen Teil habe ich nun auch beendet.


    Bei mir verhält es sich genau umgekehrt, denn erst durch den Krieg ist mir das Buch richtig ans Herz gewachsen, da es an Tiefe gewinnt. Und wenn man die Kriegsereignisse mit denen von Tolstoi "Krieg und Frieden" vergleicht, dann schreibt Scholochow detailiert über das menschliche Miteinander, Gefühle und die ganzen Gräuel, was mir persönlich wesentlich besser gefällt. >Tolstoi erklärt eher den Krieg, die Strategien, die Truppenbildungen.<
    Grischa wird verletzt, schwer verletzt, und schleppt trotzdem noch einen Offizier aus der Schusslinie und erhält dafür dieses Kreuz - damit wird er automatisch zum Helden. (Eigentlich müsste euch das doch gefallen, der Leser kann sich nun, wenn er möchte, an einer Figur festhalten.)
    Es werden ganz schreckliche Szenen beschrieben, und die Ängste, die Alpträume - die der kleine Soldat im Schützengraben erlebt. Der Zar und die anderen hohen Tiere sitzen bequem daheim...
    Gegen Ende kommt dann so nach und nach die Idee des Kommunismus ins Spiel, die Oktoberrevolution wird eingeläutet - also alles zusammen ergeben für mich ein brillantes Buch, welches ich sehr gerne lese.

    So, ich bin nun auch mit diesem Teil durch und stecke im ersten Drittel des nächsten Teils.
    Wahnsinnig viel ist nicht geschehen, es kamen ein paar Figuren hinzu, vor allem eine rote Socke :grin. Grischa und Axinja leben auf einem Gut zusammen, bis er zum Militärdienst muss. Der Vater hätte gerne, dass Grischa und Natascha wieder zusammen fänden. Ah ja doch noch was, das Kind von Axinja muss nicht unbedingt von Grischa sein ;-)
    Tja und dann kommt das Jahr 1914 ...


    Übrigens: Doktor Schiwago - Boris Pasternak --> muss ich auch noch lesen :lache

    Ich habe nun ein Beispiel gefunden - schöner, poetischer Satz einfach mitten in die Handlung gezwängt und dann noch irgendwie fehlerhaft, da Satzteile fehlen :wow


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    Am anderen Ende des Dorfes bellten die Hunde, schwere, undurchdringliche Finsternis dunkelte, durchzogen von gelben Lichtern.

    Die wichtigsten Personen des Buches


    DIE KOSAKEN


    Prokofi Melechow


    Pantelej Prokofjewitsch, auch Prokofitsch, Sohn des Prokofi Iljinitschna, Pantelejs Frau


    Pjotr Pantelejewitsch, auch Petro, ältester Sohn des Pantelej
    und der Iljinitschna


    Darja, seine Frau


    Grigori Pantelejewitsch, auch Grischa oder Grischka, Sohn des Pantelej und der Iljinitschna


    Dunjaschka, Tochter des Pantelej und der Iljinitschna


    Miron Grigorjewitsch Korschunow


    Marja Lukinitschna, Mirans Frau Mitka Mironowitsch, Sohn des Miron und der Marja


    Natalja Mironowna, auch Natascha, Tochter des Miron und der Marja


    Grischaka, Mirons Vater


    Stepan Astachow


    Axinja, auch Axjutka oder Xuscha,


    Stepans Frau Fedot Bodowski


    Mischa Koschewoi, auch Mischka Maschutka Koschewaja


    Alexej Schamil }


    Martin Schamil Brüder Prochor Schamil


    Chrissan Tokin, gen. Christonja Iwan Tomilin


    DIE ARBEITER


    Dawydka, Müller Filka, Schuhmacher


    Iwan Alexejewitsch Kotlarow, Maschinist


    Jossif Dawydowitsch Stockmann, Schlosser


    Valet, Wiegemeister


    DIE KAUFLEUTE


    Jemeljan Konstantinowitsch Atjopin


    Sergej Platonowitsch Mochow Jelisaweta Sergejewna, auch Lisa, seine Tochter


    Wladimir Sergejewitsch, auch Wolodja, sein Sohn


    DIE GUTSBESITZER


    Nikolai Alexejewitsch Listnizki Jewgeni Nikolajewitsch,


    sein Sohn


    SOLDATEN UND KOSAKEN IM FELDE


    Buntschuk, Freiwilliger Garansh,


    Maschinengewehrschütze Jemeljan Groschew


    Michail Iwankow


    Kosma Krutschkow Jegorka Sharkow


    Prochor Sykow Tschegolkow


    Alexej Urjupin, gen. der »Lockige«

    So, nun habe ich die erste Einteilung auch gelesen. Wir werden zu Beginn in die Geschichte der „Türken“ Melechow eingeführt und springen dann gleich eine Generation weiter zu Pantelew und seinen Kindern: Pjotr auch Petro mit Darja, Grigori auch Grischa oder Grischka sowie Dunjaschja (habt ihr auch ein Personenverzeichnis?).
    Danach springt der Erzähler wieder etwas in die Zukunft, der Vater schimpft Grischa aus, er soll nichts mit verheirateten Frauen anfangen, und dann erst wird die Geschichte von Grischa und Axinja erzählt.
    Diese Konstellation ist natürlich sehr prekär. Denn Stepan, ihr Mann, musste schon diese Vergewaltigung von Axinja schlucken, jetzt geht sie fremd und im grunde seines Inneren liebt er sie sehr – blöde Situation für ihn. Axinja liebt Grischa, und Grischa heiratet Natascha, die ihn auch wirklich zum Mann haben möchte. Die Geschichte ist noch nicht ausgestanden ;-)


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    Original von Lipperin
    Schade, dass das Buch keine Anmerkungen oder Fußnoten hat. Man muss, wenn man es genau wissen will, schon eine Menge nachschlagen. Gleich am Anfang: „Sashen“. Eine Maßeinheit offensichtlich.


    Mein Buch hat Anmerkungen, sogar direkt als Fußnote unten drunter, so dass man gar nicht blättern muss. Ich besitze die Bertelsmann Lesering Ausgabe, Lizenzausgabe des Paul List Verlag, keine Jahresangabe, zwei Bände, einer 700 Seiten und der Zweite 900 Seiten lang. Übersetzung von Olga Halpern.


    Hm, das mit dem Duzen ist mir gar nicht aufgefallen, welche Übersetzung liest du denn?


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    Original von Lipperin
    Mir gefällt einiges nicht, unter anderem, wie die Frauen …


    Bisher habe ich aber noch niemanden entdecken können, der „meine Figur“ ist, dem meine uneingeschränkte Sympathie gehört. .


    Auch ich denke hierbei, dass du dich daran gewöhnen werden musst. Das ist die damalige Zeit, um diese Zeit sah es für Frauen in Deutschland, vielleicht nicht ganz so extrem, aber auch noch arg aus. Und das Buch spiegelt seine Zeit, sein Land und seine Leute wieder und nichts anderes möchte ich lesen.
    Vielleicht entwickelt sich Axinja noch zu deiner Lieblingsfigur, ich denke, von ihr kann der Leser noch etwas erwarten.


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    Original von Karthause
    Die Beschreibungen des Dons gefallen mir auch gut, da geht man horchen in welcher Lautstärke er fließt, um zu wissen, ob die Fische heute beißen. Schön.


    Ja, Scholochow hat sehr schöne Beschreibungen parat. Leider setzt er sie ein wenig unbedarf, manchmal wirklich unpassend. Wenn der Leser unbedingt weiter die Handlung verfolgen möchte, irgendwo mitten drin. Außer bei der Beschreibung vom Ackerfeld, die Umschreibung von Axinja, das fand ich dann wirklich sehr gekonnt und prägnant. Aber wie schon versucht zu umschreiben, irgendwie scheinen sie gesetzt zu sein, sie fließen nicht in die Handlung ein. Also wie nachträglich eingebaut – ja so, jetzt hab ich es.

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    Original von Lipperin
    „Nacht“ ist für mich ein extrem schonungsloses, ja verstörendes Buch. Deprimierend hingegen empfinde ich es nicht, was vielleicht ein wenig widersprüchlich erscheint.


    Ging mir fast ebenso mit "Das Märchen vom letzten Gedanken" - schonungslos offen, brutal und ohne Rücksicht auf Gefühle geschrieben, doch die Art "Ein Märchen halt" - fiktiv erdacht und dadurch verstörend, denn man weiß es ja besser ;-)


    "Nacht" wollte ich schon immer mal gelesen haben, danke für die Rezi :wave

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    Original von Clare
    Ich habe gestern schon mit dem Buch begonnen, denn ich wollte kein neues Buch mehr anfangen. Ich lege es aber nun doch wieder zur Seite, um nicht zu weit vor euch vorzupreschen. :grin
    Nur kurz gesagt: Ich bin sehr angetan und freue mich nun noch mehr auf die Leserunde!


    Mir geht es ebenso. Nach dem ersten Band von Proust wollte ich auch kein kurzes Buch dazwischenschieben. Ich habe die Handbremse allerdings noch angezogen, und mein erster Eindruck von der Lesbarkeit ist gut :-]