Beiträge von Demosthenes

    Seltsam, wenn ich diese Diskussion hier so sehe, dann fällt mir doch gleich die kontroverse Diskussion um Sartre in den 50ern und 60ern ein. Auch seine politischen Aussagen zeugten damals stellenweise von einer Naivität, die ihresgleichen suchte. Und seine Kontrahenten ereiferten sich genau so, wie Doc es grade tut. :lache

    Eigentlich hätte jetzt BJ anworten sollen, denn gerade bei ihr und ihren Kollegen trifft das Jammern auf hohem Niveau besonders zu, sollte man meinen. Tatsache ist aber, daß viele ihrer Kollegen als Dienstanfänger sich erstmal die Eingeweide aus dem Leib kotzen, wenn sie ihren ersten Straßentoten oder Schwerverletzten nach einem Unfall sehen. Mit der Zeit gibt sich das, denn man stumpft ab (zumindest glauben das viele). Tatsächlich aber ist die Anzahl der alkoholkranken Polizisten bedenklich. Eben weil sie einen Job erledigen müssen, der seine psychischen Spuren hinterläßt. Ich vergesse nie, wie ich als kleiner Junge in den 50ern mit meinen Eltern nach Italien in den Urlaub fuhr und neben mir vor dem Rücksitz der Schuh eines Toten mit einem halben Fuß lag. Mein Vater (damals Gendarm und in der Nacht noch vor Ort bei einem Unfall) hatte ihn schlicht vergessen beim Beladen rauszunehmen. Und die Situation der Polizisten hat sich seither nicht verbessert.
    Und wie sieht die Realität bei den Verwaltungsbeamten aus? Eine besonders hohe Anzahl an Herzinfarkten und Magenerkrankungen. In manchen Bereichen (Sozialämter etc) kommt ebenfalls eine große Anzahl an Alkoholkranken hinzu. Ständig den Mist der hohen Politik gegen besseres Wissen umsetzen zu müssen und als Dank von allen Seiten Prügel zu beziehen (auch von denen, die das ja angeleiert haben), das frustriert enorm. Das sind Dinge, die immer unter den Teppich gekehrt werden, weil ja nicht sein kann, was nicht sein darf. Auch hier haben sich die Arbeitsbedingungen permanent verschlechtert.
    Wer nicht die Mühle des öffentlichen Dienstes am eigenen Leib erlebt hat, kann sich da kaum ein treffendes Urteil erlauben.

    Zitat

    Original von churchill
    @ Demo


    Ich habe diese von dir beschriebene Definition von "Dorf" im Gegensatz zu dir eigentlich nie kennengelernt. Das liegt vielleicht auch daran, dass wir mit der Familie (sowohl in meiner Herkunftsfamilie als auch in der selbst "gegründeten") mehrfach den Wohnsitz wechselten. Deine Beschreibung ist demnach nicht an eine Gemeindestruktur geknüpft.


    Das ist schade, denn du hast etwas sehr wertvolles nicht kennen gelernt. Ich bin zwar auch in meiner Kindheit mehrfach umgezogen, doch landete ich stets in diesen dörflichen Gemeinschaften. Somit fiel es mir nie schwer, sofort wieder Fuß zu fassen.

    Zitat


    Unsicher bin ich mir in der Bewertung deiner Definition von Dorf: Was einerseits sehr einladend, "menschlich" und heimatsichernd sein kann, wirkt vielleicht auf "Zugereiste" auch abweisend und ausgrenzend.
    Anders gesagt: Wie oft hört man, dass die "Fremden" sich nicht ins Dorfleben einbringen, aber wehe, es wagt einer von denen, im örtlichen Vereinsleben aktiv sein zu wollen und womöglich sogar noch einen Vorstandsposten zu ergattern...


    Ich will nicht sagen abweisend oder gar ausgrenzend. Es ist völlig normal, daß in einer gewachsenen Dorfgemeinschaft die "Clans" ihren Dunstkreis abgesteckt haben. :lache Du darfst nicht vergessen, diese Leute kennt man von Kindesbeinen an, man kennt ihre Eltern und Großeltern und weiß, was man von ihnen zu erwarten hat. Fremde hingegen sind lange nicht so "transparent" wie die Alteingesessenen. Hinzu kommen vielleicht noch Statusprobleme, die natürlich auf dem Dorf viel gravierender zu Buche schlagen. Ich darf dich daran erinnern, daß unser Känguruhviertel bis heute nicht integriert ist und von sich auch diesen Schritt nie unternommen hat. Dort ist man "unter sich" und "seinesgleichen". In meinem Teil des Dorfes, der ja auch mehr nach dem Krieg entstand, kümmert sich einer um den andern und man hält zusammen, ohne sich gleich die Tür gegenseitig einzulaufen. Da kannst du auch getrost mal in Urlaub fahren, denn irgendein Nachbar kümmert sich sofort um deine Haustiere, schaut nach dem Haus, wässert die Blumen und den Garten und so weiter. So haben auch viele von anderen den Hausschlüssel, falls mal die Tür zufällt oder was los ist. Kurz, eine gut funktionierende Gemeinschaft. Einzelne Ausnahmen gibt es immer wieder mal, doch die werden einfach ignoriert.

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    Original von Voltaire
    Für mich ist Geschichte eine unendlich interessante Sache, aber es gibt halt Menschen die sich nicht dafür interessieren. Ich kann doch niemanden zwingen, sich für etwas zu interessieren. Es gibt doch auch Dinge für die ich mich nicht interessieren, Malerei bespielsweise. Bin ich deswegen nun "kunstverdrossen?".


    Wie wäre es mit Kulturbanause? :lache
    Aber im Ernst, gerade in jungen Jahren sollte man auch Dinge erfahren, die nicht interessant zu sein scheinen. So etwas nennt man Selbstdisziplin und daran haperts heute leider an allen Ecken und Kanten. Eine breite Wissensgrundlage ist immer wichtig im Leben, auch wenn einzelne Teile anöden mögen. Sich dem zu verweigern, zeugt von wenig Respekt vor den Leistungen anderer. :-(

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    Original von magali


    Aber was genau ist das, 'Dorf'? Ist es überhaupt noch eine Siedlungsform, die unseren heutigen Produktionsbedingungen angemessen ist? Ist ein Dorf mehr als fünf strohgedeckte Häuschen und grüne Wiesen drum herum? Wie verhalten sich Neubaugebiete und 'alte' Dorfkerne?
    hat es mit unserem verqueren Verhältnis zu 'Natur' zu tun?
    Ist Dorf eine Lebensform? Ausdruck einer Sehnsucht nach dem Gestrigen? Oder Möglichkeit für eine neue Form von Gemeinschaft?
    Worum geht es also, wenn es heißt, das Dorf stirbt?


    Die Frage ist interessant, Magali. Eigentlich würde ich "Dorf" als eine Lebensgemeinschaft definieren, in der jeder jeden kennt, in der ein Miteinander leben normal ist und in der alle Prozesse überschaubar sind. Durch den Zuzug von Menschen, die das Dorf lediglich als Schlafstätte nutzen wollen, wird diese Eigenheit natürlich mehr oder weniger verwässert. Ich denke, daß in den allermeisten Dörfern heute diese Definition nur noch teilweise zutrifft, weil sich die Umstände doch drastisch geändert haben. Der Nachbar, der mal eben vorbei kommt und sich etwas ausleiht, oder dir etwas ausleiht, stirbt langsam aus, weil viele ihre Nachbarn gar nicht mehr kennen. Ebenso ist mit den Nachbarn, die sich mal rasch um die Oma des Nachbarn kümmern, damit der ein paar Besorgungen machen kann.
    Da ich zeitlebens in solch dörflichen Gemeinschaften lebte, kann ich diesen Wandel durchaus feststellen. Und ich finde, daß damit ein Stück Menschlichkeit schwindet.

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    Original von Tanzmaus
    So, ich habe es durch ...


    Eine flüssige und sehr spannende Geschichte zu einem durchaus interessanten Thema - Rembrandt.


    Ich habe das Buch sehr genossen und es auch gleich weitergereicht an Demo :-)


    Und der hat das Buch in einem Rutsch gelesen. Ich war fasziniert, das alte Amsterdam wieder auferstehen zu sehen und Suyhofs Spuren zu folgen. Die Handlung war spannend und flüssig und ich konnte den alten Rembrandt direkt an seiner Staffelei sehen.
    Das Buch muß man gelesen haben. :wave

    Selbstverständlich begann das Sterben der Dörfer schon vor dem Euro. Seit den 70er gab es eine Art "Stadtflucht" und die Menschen zogen in die ruhigeren Dörfer. Gleichzeitig begann aber auch die Mobilität der Arbeitnehmer. Dadurch bedingt, degenerierten die Ortschaften nach und nach zu reinen Schlaf- und Erholungsstätten.
    Ein weiterer Grund war der EU(EWG)-bedingte Rückgang in der Landwirtschaft. Die jungen Leute sahen keine Perspektiven mehr auf den Höfen ihrer Väter und wanderten in die Industrie aus. Gewachsene Strukturen wurden so zerstört. Ebenso ging es mit den "Tante Emma-Läden" in den Dörfern. Die Nachkommen wollten sich nicht mehr mit dem vergleichsweise bescheidenen Einkommen dieser Läden begnügen (was ja verständlich ist) und führten die z. T. schon alteingesessenen Läden nicht mehr fort.
    Leider wird der Trend jetzt auch noch seitens der Politik forciert. Das Saarland ist meines Wissens derzeit das einzige Bundesland, das auch noch die Grundschulen in den Dörfern dicht macht und damit die letzten natürlich gewachsenen kulturellen Zentren zerstört. Quantität geht hier vor Qualität.
    Anstatt der Entwicklung gegen zu steuern, beschleunigt die Politik somit noch den Verfall der dörflichen Gemeinschaften.
    Eine Lösung dieses Dilemmas sehe ich allerdings auch nicht, da hier ein genereller Wandel der Gesellschaft vonnöten wäre. Der aber wäre unter Umständen nicht gerade europaförderlich.

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    Original von churchill
    Richtig, Demo...


    Bei dem konkreten Beispiel aber sind die Städte noch eher betroffen gewesen als die Dörfer...insofern trifft es die Sache nicht.


    Und zu den Geschäftsschließungen muss man auch mal sagen, dass die Einwohner der Dörfer irgendwo auch eine Mitschuld haben: Wer alle Einkäufe beim Discounter oder dem großen Supermarkt tätigt, der 13 km entfernt ist, nur um einige cent zu sparen, zerstört sein Dorf selbst...


    Warum in die Ferne schweifen? :lache Der nächste Discounter ist nur 3 km entfernt auf dem Weg zur Innenstadt und Aldi und Lidl direkt daneben.
    Was heißt dabei, selbst schuld? Wenn ich in die Einzelhandelsläden gehe, habe ich am Ende meines Monatsgehaltes einfach zuviele Tage übrig. Es bleibt mir doch gar nichts anderes übrig, als in den Discounter zu gehen. Durch den Euro haben sich die Lebenshaltungskosten schlicht verdoppelt, nicht aber mein Einkommen. Und so dürfte es bei den meisten aussehen.

    Dann hast du aber Glück mit deinem Dorf gehabt, Ronja. In unserem Dorf gingen zuerst die Läden ein. Wir haben heute zwar noch ne Metzgerei und einen Zeitschriftenladen und das wars dann auch schon. Eine Poststelle wurde stundenweise eingerichtet und der Bahnhof ist schon lange zu, die Strecke dichtgemacht. Die Filialen der Kreissparkasse und der Raiffeisenbank standen schon einigemale zur Disposition. Vor einiger Zeit wurde auch die Pfarrerstelle nicht mehr besetzt und jetzt nimmt die Regierung mit ihrem Hang zu Schulzentren die Schule aus dem Dorf.
    His hat Recht, das Dorf stirbt.

    Ich hab es eigentlich eher als Unterhaltungsliteratur gesehen, die man mal so zwischendurch lesen kann. Wirklich tiefgreifendes kam dabei leider nicht rüber. Schade, denn die Figur des Imhotep ist m. E. sehr geheimnisvoll und sollte doch ein wenig liebevoller und detaillierter behandelt werden.

    Was ich von Umfragen halte, brauche wohl nicht mehr zu wiederholen. :lache
    Außerdem, was soll der Unfug mit dem kurzfristigen Plebiszid. Du weißt genau, daß solche Entscheide nicht ad hoc erfolgen. Da sind Vorlaufzeiten zu berücksichtigen, in denen die Fakten pro und contra publiziert werden müssen, damit das Volk überhaupt weiß, worum es geht. Damit sind Momentaufnahmen wie "Turbo-Rolf" längst kalter Kaffee von vorgestern.
    Aber selbst wenn so eine Abstimmung direkt in Folge gekommen wäre, ich bin mir sicher, daß das Ergebnis völlig von den Stammtischparolen abgewichen wäre. Niemand ist heute mehr so dumm anzunehmen, auf diese Weise das Problem Kriminalität in den Griff zu bekommen. Gegen "Einsperren und den Schlüssel wegwerfen" hat dagegen niemand etwas.


    Du verkennst die menschliche Psyche. Einige wenige, die über alle anderen bestimmen, das führt zwangsläufig zu einem überzogenen Selbstwertgefühl und du weißt selbst, daß der Umgang mit der Macht korrumpiert. Der Mensch ist nun mal so veranlagt, daß er Versuchungen nicht immer widerstehen kann.
    Nicht umsonst sagt ein bekanntes Sprichwort, daß wer die Macht hat, sie mißbraucht.
    Hinzu kommt, daß unser Parteiensystem nun mal Leute mit verkrachten Existenzen nach oben spült, weil die anderen meist keine Zeit für all die vielen Veranstaltungen haben, die für den nötigen Bekanntheitsgrad sorgen.
    Ein kleines Beispiel für die Überheblichkeit der Mandatsträger, die aus diesem "Elitedenken" resultiert. Unser Landrat ist dir ja ein Begriff und jeder weiß, daß er netter Kerl ist und man mit ihm Pferde stehlen kann. Als wir anlässlich des Gedenkens der Revolutionsjahre ein kleines Arbeitsessen mit ihm hatten und ich im Hinblick auf die friedliche Revolution in der DDR bemerkte, wir hätten da einen gemeinsamen Neubeginn auf demokratischer Basis verpaßt, kam sofort die mittlerweile stereotype Antwort: "Um Himmels willen, dann hätten wir die Todesstrafe wieder!".
    Genau diese Reaktion trifft den Nagel auf den Kopf. Er hielt sich politisch gesehen für etwas besseres und schlauer als die große Masse. In Wirklichkeit würde heute nur eine kleine Minderheit noch nach dieser drakonischen Strafe rufen. Die große Mehrheit halte ich durchaus für so besonnen, daß niemand auf die Idee käme, so einen Schwachsinn nochmals einzuführen. Andererseits wäre vom Volk die Sicherheitsverwahrung wahrscheinlich schon sehr viel früher beschlossen worden.
    Die heute Regierenden sind genausowenig von Fehlern frei wie jeder andere Mensch auch. Nur in ihrem Fall hat das wesentlich tiefgreifendere Auswirkungen und in aller Regel hat das Volk dann die Chose auszubaden und nicht die Verursacher. Macht aber das Volk den Fehler, dann wird sich auch niemand beschweren können, wenn er dafür bluten darf. So einfach ist das.



    edit: was Regierende so anrichten können, kannst du hinter diesem Link sehen: http://www.20min.ch/news/kreuz_und_quer/story/20795948
    Das ist in etwa vergleichbar mit der derzeitigen Mobilfunkpolitik unseres Landes. :lache