Ich habe diese Geschichte ebenfalls vor ein paar Jahren gelesen und habe sie als beeindruckend zwar aber durchaus auch langatmig in Erinnerung. Ich meine mich zu erinnern, dass sich die Story nach ca. 1/3 des Buches sehr zieht (ich glaube auch, dass es um diesen Stützpunktabschnitt ging). Ich habe es damals zur Seite gelegt und nach einer Weile wieder angefangen, in Folge dann aber sehr gerne zu Ende gelesen.
Ein bisschen Durchhaltevermögen ist auf jeden Fall nützlich, im Großen und Ganzen erhält man mit diesem Buch jedoch eine beeindruckende Geschichte mit viel Stoff zum Nachdenken.
Beiträge von SueTown
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Vielen Dank für die Rezension! Ich bin so neugierig geworden, dass ich mir das Buch selbst zugelegt und auch gleich gelesen habe.
Der Rezension von Lille gibt es kaum etwas hinzuzufügen. Ich bin ebenfalls begeistert von dieser Geschichte. Eine Geschichte, die kaum 130 Seiten hat, extrem minimalistisch aufgebaut ist (knappe Sätze, kurze Kapitel, große Schrift) und dabei einen tiefen Eindruck hinterlässt.
Sehr interessant finde ich die Motivation der Autorin zu diesem Buch. Sie selbst hat diese Frau gekannt und beobachtet. Diese Beobachtungen hat sie nun ohne Verrat an der Protagonistin zu begehen auf eine ergreifende Art und Weise aufgenommen und festgehalten, wobei sie nie den Fokus auf den Hintergrund der Ich-Erzählerin verliert.
Ein bisschen bemängeln würde ich einige wenige Ansätze, die Pagano meiner Meinung nach, nicht zu Ende gedacht hat. Die Abschnitte über den Ausbruch der Ich-Erzählerin aus ihrem konventionellen Umfeld berühren weit weniger als die über ihre wachsende Mutterrolle. Generell steckt schon im Stil der Erzählung eine große Passivität, der sie an diesen Stellen nicht genügend entgegen kommt.
Im Speziellen meine ich damit z.B. die Vergewaltigungen, die zu ihrer zweiten Schwangerschaft führten. Mir persönlich war die Handlung hier zu kalt, zu beobachtend.Fazit: Ein stark beeindruckendes Buch über eine junge, alleinerziehende Mutter, ihrem täglichen Alltagskampf und der späten aber starken Mutterliebe zu ihrem behinderten Kind. Absolut lesenswert!
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Ich bin auch schon sehr gespannt und freue mich

Caia :
Klingt auf jeden Fall vielversprechend, was du schreibst.![:-]](https://www.buechereule.de/images/smilies/pleased.gif)
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Das ist ja klasse! Herzlichen Glückwunsch, Herr Palomar, und viel Spaß bei der Arbeit

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Och, das muss ja gar nicht viel mit mögen oder nicht mögen zu tun haben (ich mag beide nicht so gerne - ich meine filmmäßig natürlich). Aber Leonardo DiCaprio hat definitiv eine gute Leistung abgegeben, während Brad halt einfach nur "im Film" war. Ich meine, was hat er schon gemacht? Selbst die Beerdigung der Mutter bleibt eher trocken. Und so Szenen wie Kate Blanchett: "Schlaf mit mir!" - Brad Pitt:"Unbedingt!" oder auch die ach so verliebte Meereszene sind nun wirklich keine Glanzleistungen.
DiCaprio hingegen hat die besten Wutausbrüche und die besten Emotionen auf die Leinwand geschmissen. Das hat man dem einfach abgenommen, was er da gespielt hat. Ich hätte ihm wirklich einen Preis gegönnt dafür. Und Shannon natürlich auch.![:-]](https://www.buechereule.de/images/smilies/pleased.gif)
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Zitat
Original von Sigrid2110
Ich hole den thread mal wieder hoch, da ich diese Geschichte gerade gelesen habe.
Oh, das freut mich! Hatte gar nicht mehr damit gerechnet, dass noch jemand anderes diese Kurzgeschichten liest.ZitatOriginal von Sigrid2110
Ich verstehe allerdings nicht, warum Wiley dann nicht gleich sagt, es war ein Weißer?ZitatOriginal von buzzaldrin
Vielleicht war ihm der Zwischenfall einfach zu peinlich, um die Wahrheit zu sagen. Grübeln
Hm, aber warum sollte ihm das peinlicher sein als von einem Schwarzen verprügelt zu werden? Oder meinst du, insgesamt war ihm das alles so peinlich, dass er einfach keine Lust hatte sich zu erklären? Dann allerdings ist es auch seltsam, weil er ja gespürt hat, welche rassistischen Äußerungen seitens der Schüler kamen.ZitatOriginal von Sigrid2110
Warum Kathleen ihm so eine derbe Abfuhr erteilt und vor allem das Telefonat am Schluss, als Kathleen sagt, sie will ihn nicht auf ihrer Arbeit sehen und Wiley daraufhin denkt, er habe bei Kathleen eine Chance, verstehe ich nun beim besten Willen nicht.
Ich auch nicht. Und vor allem, was hat das mit der Grundidee der Geschichte zu tun, die sich ja scheinbar um den Rassenkonflikt dreht? -
Zitat
Original von Gummibärchen
Und ich fand ihn dort besser als Brad Pitt in "Der seltsame Fall des Benjamin Button", der ja für den Oscar nominiert ist
Ja, wahrscheinlich für die größte Kitschdarstellung aller Zeiten.
Ne, ehrlich, es ist mir ebenfalls ein Rätsel, wie Brad Pitt als Benjamin Button eher ausgezeichnet werden kann, als DiCaprio für seine Frank Wheeler-Rolle. -
Wir waren ebenfalls gestern im Kino um uns den Film anzuschauen. Allerdings bin ich eher mäßig bis gar nicht begeistert. Der Anfang war recht interessant, zur Mitte hin wird's arg langatmig (es passiert ja nicht viel, außer, dass die Hauptfigur eben "jünger" wird und alle anderen älter und sterben). Dann kommt ein Abschnitt, der so schlimm hollywoodlastig kitschtig ist (Stichwort: im himmelblauen Meer baden, sich lieben, träumen mit Sunnyboy Brad etc.), dass ich fast schon das Gefühl hatte in einer Parodie gelandet zu sein und von einem Lachkrampf geschüttelt wurde. Ich hoffe sehr, dass war im Sinne des Filmemachers.

Es gab auch ein paar Unstimmigkeiten, die mir aufgefallen sind, an denen sich aber die anderen, die mit uns im Kino waren, nicht so gestört haben wie ich.
Das Ende war gar nicht so schlecht, passte sich dem anfänglichen Stil wieder an und rundete die Story schön ab. Was der Hurrican allerdings mit dem Film zu tun hat, bleibt mir ein Rätsel.
Alles in allem war mir das zuviel des Guten - Kitsch, Gefühl, Lebensweisheiten, Sterbende alte Menschen -, und der Film war vor allem eines: zu lang (da schmerzen die unbequemen Kinositze doppelt so sehr). Ne, das war nix für mich.
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Entscheide doch einfach spontan, Dany-Maus! Das ist doch kein Problem

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Ja, sehr gerne doch! Das freut mich natürlich ungemein nach der tollen Yates-Leserunde!

Ich trage dich ein.
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Klasse! Finde ich auch toll, dass es weitere Mitleser gibt!
Ich trage euch ein
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So schlecht, das Ende?
Wie abschreckend...
Aber ich muss mir dieses Buch unbedingt demnächst mal besorgen. Ich will das unbedingt lesen. -
Ich lese das Buch auch gerade und kann mich Clios Meinung bisher anschließen. Kehlmann hat einen interessanten Stil. Vor allem die (seine!) Geschichte der alten Dame hat mir sehr gefallen. Ich freue mich jeden Abend auf's Lesen!
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Zitat
Original von Charlotte
Alles läuft reibungslos und bequem: Ehe, Familie, Haushalt und Beruf.
Und war das jetzt schon alles, was uns das Leben zu bieten hat?
Ja, so ist es. Die Erwartungen an das Leben und das Umfeld sind hoch. Da kommt diese Geschichte wie ein zeitloser Spiegel daher und schockt uns mit dem schonungslosen Anblick.
ZitatOriginal von Charlotte
Ich habe mir gestern auch einen kleinen Traum erfüllt:
Ich habe früh morgens angefangen diesen Roman zu lesen und am späten nachmittag hatte ich ihn beendet.
Danach bin ich ins Kino und habe mir den Film dazu angeschaut.
Vergleichbares habe ich bisher noch niemals gemacht und war mit dem Ergebnis total zufrieden. Ein rundherum gelungener Sonntag :-).
Das klingt sehr schön! Dann waren wir sozusagen zeitgleich bei den Wheelers."Eine besondere Vorhersehung" ist als nächstes dran.
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Willkommen im Club übrigens

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Ich finde, in diesem Fall ist es nur gut wenn man das Buch schon gelesen hat. Umso mehr kann man die Umsetzung als Film genießen.
Meist ist es ja so, dass man sich über die Verfilmung ärgert, wenn man die Buchvorlagen kennt. In diesem Fall, meiner bescheidenen Meinung nach, ist es ein noch größeres Erlebnis, wenn man das Buch vorher kennt.
Es ist definitiv gute Arbeit geleistet worden beim Film, aber noch besser kann diese gewürdigt werden mit den vertieften Kenntnissen des Buches.Allein der Anfang schon, der zwar auch im Film bei dem verpatzten Theaterstück beginnt, bei dem allerdings diese sich anbahnende Katastrophenstimmung mit der so super gelungenen Generalprobe und Yates vernichtenden Worten fehlt, die auf das Scheitern des Stückes hinweisen.
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Ich habe meine Meinung zum Film im Filmforum eingetragen

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Ich komme gerade aus dem Kino.
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Die Umsetzung hat mir sehr gut gefallen. Allerdings glaube ich, dass viele, die das Buch nicht kennen sich zu Beginn langweilen weil ja doch nicht wirklich viel passiert. Ich jedoch habe die Atmosphäre in mich aufgesogen und mich darüber gefreut die eigenen Vorstellungen der Zeit und der Atmosphäre des Buches im Film wiederzufinden.
Wirklich überragend ist Michael Shannon als John Giving. Ich hatte befürchtet, dass dieser Figur im Film bestenfalls eine kleine aber feine Nebenrolle erfüllen darf, schlimmstenfalls eine unbedeutende kleine Nebenrolle, aber weit gefehlt. Er tritt nur zweimal in Szene, aber sehr beeindruckend! Wirklich genial! Völlig verrückt und grotesk sind die Besuche der Givings bei den Wheelers - 1:1 aus dem Buch übernommen.
Höhepunkt ist natürlich das Filmende, das dem Buch in fast nichts nachsteht.
Alles in allem ein sehr guter Film, mit überragenden Schauspielern (Leonardo DiCaprio hat wider Erwarten meine Erwartungen an seine Rolle mehr als erfüllt) und beeindruckender Atmosphäre. Aber wie so oft, lohnt es, dass Buch zum Film zu kennen. Denn diese sich aufbauende Spannung, diese Monotonie und depressive Grundstimmung des Buches ist bei der Verfilmung lange nicht so zu spüren - man könnte es stellenweise sogar als langatmig bezeichnen beim Film, besonders wenn man nicht weiß, worauf es hinausläuft. Ausserdem finde ich, kommt Frank Wheeler besser weg als im Buch. Er schien mir zu "vernünftig" im Film, wenn jemand versteht was ich meine...

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Ich habe das gestern mal bei Thalia angelesen und als interessant empfunden. Aber 1400 Seiten - da muss man mal die Zeit finden, dass in Ruhe zu lesen.

Trotzdem, auf der Wunschliste habe ich es schon mal. Vielleicht gibt's ja irgendwann ein günstiges Rest-/Mängelexemplar. -
buzzaldrin :
Das liegt daran, dass dieses Buch hier schon mal von geli vorgestellt wurde *schäm*, die es nicht so gut fand.
Ich denke jedoch, dass es dir auch sehr gut gefallen könnte - wenn ich das mal so anmerken darf.![:-]](https://www.buechereule.de/images/smilies/pleased.gif)
EDIT: Ich habe den Thread selbst schon an Wolke gemeldet zwecks Zusammenlegung.
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Suhrkamp - 176 Seiten - TB
Autor: Hans-Ulrich Treichel, am 12.8.1952 in Versmold/Westfalen geboren, lebt in Berlin und Leipzig. Er studierte Germanistik an der Freien Universität Berlin und promovierte 1984 mit einer Arbeit über Wolfgang Koeppen. Er war Lektor für deutsche Sprache an der Universität Salerno und an der Scuola Normale Superiore Pisa. Von 1985-1991 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Neuere Deutsche Literatur an der FU Berlin und habilitierte sich 1993. Seit 1995 ist Hans-Ulrich Treichel Professor am Deutschen Literaturinstitut der Universität Leipzig. (Quelle: Suhrkamp)
Kurzbeschreibung (laut Amazon): Eine Familie hat es nach der Flucht aus dem Osten im deutschen Westen zu etwas gebracht. Doch das alltägliche Leben wird von nur einem Thema beherrscht: der Suche nach dem auf dem Treck verlorengegangenen Erstgeborenen, Arnold. Der jüngere Bruder und Ich-Erzähler des Romans erfaßt schnell, daß ihm nur eine Nebenrolle zugedacht ist. In seiner Vorstellung wird das, was die Eltern ersehnen, nämlich die Rückkehr des Verschwundenen, zum Alptraum. Lakonisch-distanziert und zugleich ironisch-humorvoll erzählt Hans-Ulrich Treichel, Jahrgang 1952, die Geschichte seiner Generation.
Meinung: Diese kurze Geschichte von Treichel handelt von einer Familie, die aus Russland vertrieben wurden und dabei ihren Erstgeborenen verloren haben. Erzählt wird aus Sicht des jüngeren Bruders, der das verzweifelte Verhalten und die Ruhelosigkeit der Eltern in grotesken Szenen beschreibt, die erstaunlich bestürzen.
Viele Themen der Nachkriegszeit werden hier angegangen, nicht im Detail, denn aus Sicht eines Kindes sind es stets verschwommene, unklar bedrückende Geschehnisse, die nicht in Gänze erfasst werden können aber die bittere Realität, die dahinter steckt, erahnen lässt: die Schrecken der Flucht, die Vergewaltigung der Mutter, der Rassenhass. Und all dies immer mit Blick auf den verlorenen Sohn dessen "verloren gegangen sein" vor allem von der Mutter nicht überwunden werden kann. Die Selbstvorwürfe und das aus diesem Schuldgefühl heraus entstehende egozentrische Verhalten der Mutter sind nervenzerreißend für alle Beteiligten - vor allem aber natürlich für den Ich-Erzähler, der sich zunehmend nichts mehr wünscht, als das Arnold aus seinem Leben verschwindet.
"Damit war, für mich jedenfalls, Arnold ein weiteres Mal gestorben. Beziehungsweise das Findelkind 2307. So unwahrscheinlich es nun war, daß es sich bei dem Findelkind um meinen Bruder handelte, so unwahrscheinlich war es nun auch geworden, daß ich mit ihm mein Zimmer teilen mußte. Ich war beruhigt, auch ein wenig enttäuscht, aber mehr beruhigt als enttäuscht. "
Höhepunkt der Geschichte sind die Untersuchungen in Heidelberg, die die Eltern und der Ich-Erzähler über sich ergehen lassen müssen, um herauszufinden ob das "Findelkind 2307" der verlorene Sohn Arnold sein könnte. Es ist eine schmerzhafte Odyssee, die letztendlich ein ebenso schmerzhaftes aber absolut angemessenes Ende nimmt.
Und so, nämlich aus Sicht des kindlichen Erzählers, bringt es Treichel mit seiner Erzählung fertig, diese eigentlich furchtbare Geschichte - eine Atmosphäre voller Schuldgefühle - in eine tragikkomische Verpackung zu hüllen, die über den monotonen Stil Distanz bewirkt aber dabei mit dem bestechend klaren Blick des Erzählers spannend bis zuletzt einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Treichel ist ohne Zweifel ein ganz großer Erzähler.
Fazit: Eine schmerzhafte Suche nach dem verlorenen Sohn und der verlorenen Vergangenheit, die die Unmöglichkeit der Aufarbeitung dieser Geschehnisse vor Augen führt. Eine kurze aber sehr eindringliche Nachkriegserzählung.
Sehr empfehlenswert!