Mordshass. Remstal-Krimi - Simone Dorra, Ingrid Zellner

  • Simone Dorra, Ingrid Zellner: Mordshass. Remstal-Krimi, Tübingen 2019, Silberburg-Verlag, ISBN 978-3-8425-2190-2, Softcover, 318 Seiten, Format: 12,1 x 3 x 19 cm, Buch: EUR 14,99, Kindle: 11,99.


    Man hat’s ihm schon gesagt, dem indischstämmigen Stuttgarter Surendra Sinha, der in Friedrichshafen als Kriminalkommissar arbeitet: Seine Empathie ist seine Stärke, aber wenn er nicht aufpasst, kann sie auch sein Untergang sein.


    Sieht ganz so aus, als sei es jetzt so weit. Sinha hat sich im Dienst zu einer Eigenmächtigkeit hinreißen lassen und ist beurlaubt worden. Jetzt ist er bei seinen Eltern in Waiblingen untergekrochen, was wenigstens ein Gutes hat: Er trifft dort die indische Studentin Vidya Kapoor. Diese junge Frau wird zu einem Lichtblick in seinem derzeit recht chaotischen Leben. Doch der nächste Schicksalsschlag folgt auf dem Fuße: Vidya wird Opfer eines Gewaltverbrechens.


    Ein Kommissar unter Mordverdacht

    Der Täter wird aufgrund seiner DNS schnell identifiziert: Es ist der Serienvergewaltiger Pierre Meyer, dem Sinha mal zu einer mehrjährigen Haftstrafe verholfen hat. War Vidya also kein Zufallsopfer, sondern ein Teil von Meyers Racheplan? Das wird Sinha nie erfahren, denn als er zur Erinnerung noch einmal die Wege abgeht, die mit Vidya gegangen ist, findet er den Täter – ermordet.


    In den Augen von Kriminalkommissar Malte Jacobsen (45) von der Kripo in Waiblingen kann das kein Zufall sein. Für ihn ist der smarte Kollege aus Friedrichshafen der Hauptverdächtige. Und je deutlicher wird, dass seine Kollegin Melanie Brendel (35) anderer Meinung ist, desto mehr schießt er sich auf Sinha ein. Und das nicht nur aus beruflicher Eitelkeit: Ein Schuss Eifersucht ist auch mit dabei.



    Ermittlungen in eigener Sache

    Durch einen Unfall – ja, die Tücken der schwäbischen Kehrwoche! – ist Jacobsen erst einmal außer Gefecht gesetzt und dann zum Innendienst verdonnert. Hilflos muss er zusehen, wie Melanie sich mit dem illegal in eigener Sache ermittelnden Kommissar Sinha zusammentut und Pierre Meyers Vergangenheit durchleuchtet. Nicht nur Sinha hätte Grund gehabt, sich an Meyer zu rächen, auch seine früheren Vergewaltigungsopfer und deren Angehörige, deren Leben nachhaltig zerstört worden ist, kommen in Frage. Die beiden Polizisten klappern alle ab, deren sie habhaft werden können. Aber kennen sie überhaupt alle Opfer?

    Malte Jacobsen verfolgt, zunächst halbherzig, eine ganz andere Spur …


    Gefährliche Alleingänge


    Dass sie sich mit ihren kleinlichen Streitereien keinen Gefallen getan haben, bekommen die beiden Ermittler bald schmerzhaft zu spüren.



    Die Sache mit der professionellen Distanz

    Malte Jacobsen kommt recht sympathisch rüber, solange für ihn nichts auf dem Spiel steht. Im Umgang mit seiner Schwester und deren Familie ist er ein ganz normaler Kerl, den das Leben ein bisschen zerzaust hat. Liebenswert und fürsorglich ist er, wenn es um seinen Ziehsohn Lukas von Weyen geht, der ihm in seinem ersten Waiblinger Fall „zugelaufen“ ist. Aber sobald jemand oder etwas seinem Ziel im Weg steht, wird er offenbar zur rasenden Wildsau, die blindwütig alles niederwalzt. Das ist ziemlich beängstigend und es hat nicht den Anschein, als könne er dieses Verhalten kontrollieren. Ich weiß nicht, welche Schwachstelle gefährlicher ist: Malte Jacobsens verbissene Sturheit oder Surendra Sinhas übermäßiges Einfühlungsvermögen. Die professionelle Distanz verlieren dadurch beide.


    Berührend sind in diesem Krimi die Schicksale der Gewaltopfer. Im Zuge der Ermittlungen kommt ans Licht, welche verheerenden Folgen die Taten des Pierre Meyer auf die vergewaltigten Frauen und auf ihr gesamtes persönliches Umfeld hatten.


    Spannend, nachvollziehbar und tragisch

    Am Schluss gibt’s rund um die Familie M. doch ziemlich viele Zufälle. So klein, dass jeder jedem über den Weg läuft, ist Waiblingen nicht. Aber die Geschichte ist spannend, nachvollziehbar – und tragisch.


    Sollten die Kommissare aus Friedrichshafen und Waiblingen wieder ermitteln, egal ob getrennt oder in einem Crossover-Team, bin ich auf jeden Fall wieder dabei. Ich hoffe, dass Malte Jacobsen bis dahin von seinem Egotrip wieder runter ist und dass das Schicksal in Gestalt des Autorinnenteams dem Kommissar Sinha nicht wieder so übel mitspielt! Nur gut, dass seine super-emotionale Mutter nicht alles mitgekriegt hat!


    Und wer passt eigentlich in Friedrichshafen künftig auf die Katze auf, wenn ihr Dosenöffner dauernd unterwegs ist?


    Die Autorinnen

    Simone Dorra erblickte 1963 in Wuppertal das Licht der Welt und ist seit 1983 in Baden-Württemberg zu Hause. Die gelernte Buchhändlerin arbeitete zunächst in einem Stuttgarter Verlag und gestaltete dann als Sprecherin und Journalistin Radioprogramme für den Privatrundfunk. Mit ihrem Mann und ihren drei Kindern lebt sie in Welzheim, wo sie heute als Lokaljournalistin für die örtliche Tageszeitung arbeitet.


    Ingrid Zellner wurde 1962 in Dachau geboren. Nach ihrem Theaterwissenschafts-,Literatur- und Geschichtsstudium in München war sie am Stadttheater Hildesheim und zwölf Jahre an der Bayerischen Staatsoper München Dramaturgin. Heute lebt sie als Übersetzerin (Schwedisch) und Schriftstellerin, Regisseurin und Theaterschauspielerin wieder in Dachau. Sie hat bereits Romane, ein Kinderbuch, Kurzgeschichten und Theaterstücke veröffentlicht. www.ingrid-zellner.de


    ASIN/ISBN: 3842521901

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Simone Dorra erblickte 1963 in Wuppertal das Licht der Welt und ist seit 1983 in Baden-Württemberg zu Hause. Die gelernte Buchhändlerin arbeitete zunächst in einem Stuttgarter Verlag und gestaltete dann als Sprecherin und Journalistin Radioprogramme für den Privatrundfunk. Mit ihrem Mann und ihren drei Kindern lebt sie in Welzheim, wo sie heute als Lokaljournalistin für die örtliche Tageszeitung arbeitet.


    Ingrid Zellner wurde 1962 in Dachau geboren. Nach ihrem Theaterwissenschafts-, Literatur- und Geschichtsstudium in München war sie am Stadttheater Hildesheim und zwölf Jahre an der Bayerischen Staatsoper München Dramaturgin. Heute lebt sie als Übersetzerin (Schwedisch) und Schriftstellerin, Regisseurin und Theaterschauspielerin wieder in Dachau. Sie hat bereits Romane, ein Kinderbuch, Kurzgeschichten und Theaterstücke veröffentlicht.


    "Denn alles in der Welt hat seine Grenzen und von der Lieb´ zum Hass ist´s nur ein kleiner Schritt." (Johann Friedrich Bahrdt)

    In der Rems-Murr Kreisstadt Waiblingen wird die 24-jährige indische Studentin Vidya Kapoor vergewaltigt und anschließend getötet. Schnell findet man heraus, dass der Täter Vergewaltiger Pierre Meyer aus Konstanz ist, den man vor Kurzem erst aus der Haft entlassen hat. Als man wenig später Meyer tot auffindet und man den Zeugen Surendra Sinha befragt, wirkt er für Kommissar Malte Jacobsen schon sehr verdächtig. Den Surendra Sinha ist zwar ebenfalls Kripobeamte in Friedrichshafen, allerdings kannte er Meyer und zudem war er mit Vidya Kapoor so gut wie verlobt. Darum konnte es gut sein, dass der Kollege sich an Meyer für den Tod von Vidya gerächt hat. Doch Maltes Kollegin Melanie Brendel ist da ganz anderer Ansicht, sie kann sich nicht vorstellen, das Surendra sich an dem Täter Vidyas gerächt hat. Sie hat viel mehr den Verdacht, dass Meyer ein neues Opfer belästigt, das sich gewehrt hatte oder das ein ehemaliges Opfer sich an ihm gerächte hat. Das Meyer herzkrank war und er durch einen Elektroschocker verstirbt, könnte da reiner Zufall gewesen sein. Doch der Zwiespalt der Ermittler Jacobsen/Brendel bringt Unruhe in das Team, so das es sogar so weit kommt, das Malte alleine ermitteln muss.


    Meine Meinung:
    Das etwas unscheinbare Cover zeigt eine wütende Faust, die für Rache stehen könnte. Für mich war es das erste Buch des Autorinnenduos, das mich deshalb interessiert hat, da ich aus der Nähe Waiblingens komme. Der Schreibstil war lebendig, teils unterhaltsam doch leider fehlte dieses Buch zum größten Teil die Spannung. Was sicher auch daran lag, dass wir nun
    einen Täter suchen sollten, der einen Vergewaltiger und Mörder getötet hat. Aber es lag auch daran, das die Ermittlungen mehr durch die Probleme zwischen Malte und Melanie, der Eifersucht Jacobsen und der indischen Kultur beherrscht wurden. Dadurch wurden die Ermittlungen sehr oft in den Hintergrund gedrängt, was ich sehr schade empfand. Auch die gefundene Katze Saleti vom Tatort nahm bei manchen Kapiteln etwas zu viel Raum ein. Ich finde es ja schön, wenn man als Leser in das Privatleben und Umfeld der Ermittler mitgenommen wird. Doch wenn diese ein Buch bzw. dazu noch einen Krimi mehr ausfüllt, als das eigentliche Geschehen, dann ist es auch mir zu viel. Darum war mir das leider zu wenig Tiefe um den eigentlichen Tathergang, ich vermisste da ab und zu ein wenig die professionelle Kriminalarbeit. Lediglich in der Mitte und am Ende wurde es ein bisschen spannend so, das ich sah, das durchaus Qualität in den beiden Autorinnen steckt. Das Lokalkolorit hat mir natürlich besonders gefallen, da mir die Kreisstadt Waiblingen sehr bekannt ist und ich deshalb viele Stellen wiedererkannte. Die Charaktere haben ebenfalls Potenzial, um ein gutes Kripo-Duo zu sein. Im Gegenteil ich könnte mir sogar gut vorstellen, das sie jetzt als Trio funktionieren würden. Der reserviert, wortkarge, in sich gekehrte Malte Jacobsen, die smarte, aufgeschlossene, tolerante und sympathische Melanie und der ausgeglichene, charmante, kultivierte Surendra der gerne mal in seinem Job aus der Reihe tanzt, wären sicherlich gute Ermittler zusammen. Selbst wenn mich ein paar Dinge an dem Buch gestört haben, würde ich den beiden Autorinnen erneut eine Chance geben. Schon alleine deshalb, weil ich gerne einen weiteren Krimi aus Waiblingen lesen würde. Von mir gibt es 7 Eulen für dieses Buch.


    ASIN/ISBN: 3842521901

    "Lebe jeden Tag so, als ob du dein ganzes Leben lang nur für diesen einen Tag gelebt hättest."