Die Lavendelfarm - Irene Hannon

  • Wir können uns noch so sehr anstrengen, den Status quo zu erhalten, die Welt um uns herum verändert sich trotzdem. Und dabei verändert sich auch unsere Welt. (Seite 270)


    352 Seiten, kartoniert

    Originaltitel: Driftwood Bay

    Aus dem Amerikanischen von Silvia Lutz

    Verlag: Verlag der Francke Buchhandlung GmbH, Marburg 2020

    ISBN-10: 3-96362-149-4

    ISBN-13: 978-3-96362-149-9



    Zum Inhalt (eigene Angabe)


    Nach dem Tod seines Bruders wurde Logan West Vormund seiner fünfjährigen Nichte Molly. Um ihr ein ruhiges Zuhause zu ermöglichen, zieht er mit ihr nach Hope Harbor. Aber es wird nicht so einfach, denn Molly ist nach dem Verlust sehr abweisend und in sich gekehrt.

    Nur gegenüber der Nachbarin Jeannette Mason ist sie etwas aufgeschlossener. Diese wiederum lebt sehr zurückgezogen und kümmert sich eigentlich nur um ihre Teestube und ihre Lavendelfarm, Beziehungen zu anderen Menschen stehen nicht auf ihrem Plan.

    Aber wie das mit Plänen so ist - die werden von außen durchkreuzt. Zum Einen ist da der Kontakt mit Molly, zum Anderen hilft sie in der Gemeinde aus und gibt einer Flüchtlingsfamilie Sprachunterricht. So wird sie langsam, aber sicher aus Ihrer Isolation herausgeführt. Durch den häufigeren Kontakt mit Logan entsteht eine gewisse Vertrautheit, die auf mehr hindeuten könnte. Wenn sie es denn zulassen würde.



    Über die Autorin


    Irene Hannon hat Psychologie und Journalistik studiert. Sie gab ihre hohe Stellung bei einem Weltunternehmen auf, um ganz als Schriftstellerin tätig zu sein. Sie hat zahlreiche Bücher geschrieben und etliche Preise gewonnen. Mit ihrer Familie lebt sie in Missouri.


    - Die Seite zum Buch beim Verlag (mit Leseprobe)

    - Die Übersichtsseite zur Autorin bei christliche-literatur.com




    Meine Meinung


    Seit einiger Zeit hatte ich ein kleines Leseloch, aus dem ich heraus wollte. Da schien mir ein Buch aus der „Hope Harbor-Reihe“ genau das Passende zu sein, womit ich auch richtig lag. Es hat nur weniger Zeilen bedurft, und ich war wieder zurück in der kleinen Küstenstadt an der Westküste der USA mit ihren freundlichen und hilfsbereiten Bewohnern, die Neuankömmlingen gegenüber meist wohlgesonnen sind.


    Aus dem Leseloch hat mich das Buch erfolgreich herausgeholt, die Geschichte hat mir wieder gut gefallen. Dennoch kommt dieser vierte Band für mich nicht an die Vorgänger heran. So schön die Geschichte ist - es ist, bezogen auf die Reihe, erneut ein Thema mit Variationen. Menschen, die in der Vergangenheit mentale Verletzungen durch andere erlitten haben, sondern sich ab, kommen in Kontakt mit einem anderen, der meist auch nicht ohne solche Vergangenheit ist, und gehen entgegen ihrer Vorsätze doch eine Beziehung ein. Sicher ist das eine oft vorkommende Thematik, es kommt dann halt darauf an, wie sie erzählt wird. Und das war mein Problem mit dem Buch.


    Ich empfand die Geschichte als routiniert geschrieben, fast schon - überspitzt ausgedrückt - „wie vom Fließband“, den Schreibstil irgendwie etwas abgehackt (was möglicherweise an den vielen, relativ kurzen Sätzen liegt). Ich habe zwischenzeitlich in die vorherigen Bände hineingelesen - dort erschien mir das nicht so. Ob die „Lavendelfarm“ anders geschrieben ist oder ich es nur anders empfinde, vermag ich momentan nicht zu beurteilen. In der Hinsicht hat es mich an den „Weihnachtswunsch“ von Richard Paul Evans erinnert. Von diesem Autor habe ich seither kein Buch mehr gelesen, Irene Hannon wird allerdings eine weitere Chance bekommen, dafür habe ich schon zu viele wirklich gute Bücher von ihr gelesen. Die Leseprobe des sechsten Bandes erschien mir wieder im von der Autorin gewohnten, gut lesbaren Stil geschrieben zu sein.


    Was mich auch etwas gestört hat war, daß über lange Strecken immer wieder nebulöse Andeutungen über schlimme Ereignisse in Jeannettes Leben kamen, aber kaum Hinweise, was das denn war. Ich weiß, daß solches die Spannung erhöhen soll, mich hat es hier allerdings eher genervt. Auch dieses Stilmittel ist genreüblich, doch wie oben allgemein erwähnt, empfand ich auch dieses als schlicht zu routiniert geschrieben, als ob es eine Vorlage gäbe, nach der man hier die Andeutungen sich steigern läßt.


    Als dann die Auflösung kam, hätte ich das Buch fast abgebrochen und in eine freie Ecke gepfeffert, denn da reichte es mir eigentlich. Es ist mir sehr bewußt, daß es eines auslösenden Ereignisses bedurfte, um alles aufzulösen.

    Ich verstehe zwar, weshalb es dieses (bzw. irgend eines sehr heftigen) auslösenden Ereignisses bedurfte, aber mir war das aus dem genannten Grund zu viel des Guten. Ich hatte an der Stelle so eine Distanz, daß mich Jeannettes Erzählung überhaupt nicht berühren konnte, obwohl das ein durchaus sehr schreckliches Ereignis ist, von dem sie berichtet.


    Das klingt jetzt vermutlich negativer, als es gemeint ist. Ich habe das Buch unvermeidlich mit den bisher aus dieser Reihe gelesenen verglichen, und da fällt es eben etwas ab. Abgesehen von dem zuvor Kritisierten hat mir die eigentliche Geschichte allerdings gefallen. Zumal es der Autorin trotz allem (wieder) gelungen ist, einen solchen Lesesog zu entwickeln, daß ich das Buch kaum aus den Händen legen konnte.


    Die Annäherung zwischen Logan und Jeannette geschieht nachvollziehbar (und glaubwürdig) langsam, ein Gleiches gilt für die Entwicklung der traumatisierten Molly. Wie schon im Vorgängerband gibt es auch hier eine Nebenhandlung, die eigentlich verdiente, eine Haupthandlung zu sein. Es geht um eine christliche Flüchtlingsfamlie aus Syrien, die dem Inferno eines Anschlages entronnen ist und nun ein neues Leben in fremdem Land aufbauen muß. Ohne auf die Tränendrüse zu drücken ist es der Autorin hier gelungen, die Probleme, die sich für eine solche Flüchtlingsfamilie ergeben (müssen), zu beschreiben und dem Leser nahezubringen. Dadurch ergibt sich eine völlig andere Perspektive und man kann wirklich nachvollziehen, was diese Menschen durchgemacht haben.


    Nur am Rande vermerkt sei, daß natürlich auch Charly mit seinen Weisheiten, die beiden Möven, die immer zum rechten Zeitpunkt an der richtigen Stelle auftauchen, und die beiden Geistlichen, die nie um ein freundliches Wortgefecht verlegen sind, ihren Platz im Buch haben. So habe ich das Buch am Ende denn doch einigermaßen zufrieden zugeklappt und freue mich auf den nächsten Band, dessen Leseprobe deutlich weniger Kritikpunkte als hier verspricht.



    Mein Fazit


    Gekonnt hat die Autorin auch in diesem doch als „Wohlfühlbuch mit leichten Einschränkungen“ zu bezeichnenden Roman leichtere mit ernsteren Themen in einer gelungenen Mischung gemixt, die mich, auch wenn ich es stellenweise als zu routiniert geschrieben empfunden habe, am Ende doch überzeugt hat.


    ASIN/ISBN: 3963621494

    ASIN/ISBN: 0800728815

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Juhu, es gibt schon einen Eindruck zu dem Buch, ich muss also nicht bei Null anfangen.


    Ich hatte zuvor Kobaltblaue Tage gelesen und dies ist daher mein zweites Hope Harbor Buch gewesen. Ich habe mich direkt in die Geschichte einfühlen können, Logans Bemühungen um seine Nichte Molly haben mir sehr gut gefallen, die Zurückweisungen tun einem auch als Erwachsenem weh. Zeitweise habe ich die Geschichte daher wie durch Jeanettes nachbarschaftliche Beobachterposition erlebt.


    Die Schicksale von Jeanette, Logan und der Familie Shabo, die ich insgesamt als tolle Nebenfiguren empfand, gingen mir nah, waren mir aber in der Häufung zu viel.


    Familie Shabos Geschichte hat mich im Mittelteil deutlich mehr interessiert als die Geschichte von Jeanette und Logan, erst am Ende, als die Kinder einen gemeinsamen richtungsweisenden Entschluss treffen, lebt die Geschichte auf und spült über vor Emotionen. Besonders berührt war ich allerdings die ganze Zeit über von Thomas Shabo.


    Charley war natürlich mit seinen Weisheiten wieder mit von der Partie und das war wunderbar.


    Ich habe irgendwie doch Interesse, mehr Bände zu lesen und schleiche daher jetzt mal um den Bestellknopf für Seesternmomente herum.


    8 Punkte.