Die rätselhaften Honjin-Morde - Seishi Yokomizo

  • Die rätselhaften Honjin-Morde von Seishi Yokomizo


    Hardcover, 206 Seiten

    Blumenbar Verlag, Berlin - 1. Auflage 2022

    Originalausgabe Honjin Satsujin Jiken, 1973, Kadokawa Corporation, Tokio

    Übersetzt aus dem Japanischen von Ursula Gräfe


    Das Buch (Buchrückseite)


    Im Winter 1937 wird ein Dorf von einem schrecklichen Verbrechen erschüttert: Der Sohn der bedeutenden Ichiyanagi-Familie und seine frisch angetraute Frau sind tot. Der Fall gibt viele Rätsel auf. Allen voran die Tatsache, dass der Raum, in dem das Verbrechen stattfand, von innen verschlossen war. Ein echtes "Locked-Room-Murder-Mystery", und der Privatdetektiv Kosuke Kindaichi ist entschlossen, es zu lösen.


    Der Autor (Buchklappentext)


    Seishi Yokomizo, 1902 - 1981, ist einer der berühmtesten und beliebtesten japanischen Autoren von Kriminalromanen. Er wurde in Kobe geboren und las als Junge unzählige Detektivgeschichten, bevor er selbst mit dem Schreiben begann. Allein seine Serie um Kosuke Kindaichi besteht aus 77 Büchern. Die rätselhaften Honjin-Morde ist der Auftakt dieser Reihe und gewann sogleich den ersten Preis für Kriminalautoren Japans.

    Die Übersetzerin (Buchklappentext)

    Ursula Gräfe hat Japanologie, Anglistik und Amerikanistik in Frankfurt am Main studiert. Seit 1989 arbeitet sie als Literaturübersetzerin aus dem Japanischen und Englischen und hat neben zahlreichen Werken Haruki Murakamis auch Sayaka Murata und Asako Yuzuki ins Deutsche übertragen.


    Meine Meinung


    Auf der Rückseite des Buches steht ein Zitat der Japan Times: „… Vergleiche mit Sherlock Holmes sind absolut gerechtfertigt.“ Mit dem legendären Sherlock Holmes möchte ich das Buch nun nicht unbedingt vergleichen, aber mit einer anderen Meisterin des Cosy-Krimis, Agatha Christie, kann es meiner Meinung nach auf jeden Fall mithalten.


    Wie bei Agatha Christie geht es vielmehr um genaue Beobachtungsgabe und schlaues Kombininieren als um blutige Tatbeschreibungen oder raffinierte technische Hilfsmittel. Vergleichbar ist auch die Handlungszeit 1937, nur dass dieses Buch nicht in England oder im Orient, sondern im ländlichen Japan spielt. Seishi Yokomizo ist ein bekannter japanischer Krimiautor, der diesen Auftaktband um den Detektiv Kosuke Kindaichi bereits 1973 in Japan veröffentlichte. Doch genau wie bei den Krimis von Agatha Christie ist die Handlung und ihre Aufklärung zeitlos und lässt sich heute noch genauso gut lesen wie damals. Natürlich gibt zahlreiche falsche Fährten, wobei von Anfang an der Kreis der Begrenzten begrenzt ist, was zum Miträtseln und Ermitteln einlädt.


    Der sehr sympathische Erzähler ist der Autor selbst, der immer wieder die Leser auch direkt anspricht und mit an den Tatort nimmt. Er weist von Beginn an auf die Besonderheit des „Locked-Room-Murder-Mystery“ hin und wird nicht müde, zahlreiche andere (literarische) Kriminalfälle dieser Art zum Vergleich heranzuziehen. Dieses Vorgehen hat mir immer wieder ein Schmunzeln entlockt, lockert es doch auf und bietet viele Querverweise.


    Der für mich exotische Handlungsort Japan macht einen zusätzlichen Reiz der Geschichte aus. Ganz automatisch erfährt man viel über das Leben japanischer Höhergestellten auf dem Land kurz vor dem 2. Weltkrieg. Zahlreich auftretende japanische Wörter werden entweder leser/innen-freundlich direkt im Text erklärt oder lassen sich im Glossar nachschlagen. Auch ein Personenregister hilft bei der Orientierung. Zwar sind zumindest mir manche Handlungen der Protagonisten fremd, doch kann ich sie zumindest nachvollziehen. Auch der Plot ist zufriedenstellend, so dass ich das Buch mit befriedigt zugeklappt habe.


    Fazit: Ein gut geschriebener solider japanischer Krimi im Stile Agatha Christies. Kein Highlight, aber ein schönes Lesevergnügen. Daumen hoch und acht von zehn Eulenpunkten.


    ASIN/ISBN: 3351051093

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Japan 1937: Die bekannte Familie Ichiyanagi feiert die Hochzeit des ältesten Sohnes, doch am nächsten Tag findet man das Brautpaar tot vor. Genzi Kubo, der Onkel der Braut, zieht den Privatdetektiv Kosuke Kindaichi hinzu.


    Seishi Yokomizo (1902 – 1981) war ein in Japan sehr bekannter, erfolgreicher und mehrfach ausgezeichneter Kriminalautor, „Die rätselhaften Honjin-Morde“ ist der erste Roman einer Reihe von 77 Bänden mit Kosuke Kindaichi und erschien erstmals 1946.


    Mir hat vor allem die Erzählweise sehr gut gefallen, der Autor erzählt fast dokumentarisch, teilweise in Ich-Form, er habe von dem Fall gehört, der ein Locked-Room-Rätsel beinhaltet, und da das ein klassisches Motiv in der Kriminalliteratur sei – hier listet er eine ganze Reihe entsprechender, vor allem nicht-japanischer Autor:innen auf – habe ihn das fasziniert und er wollte unbedingt einen Roman daraus machen. Er sei an den Originalschauplätzen gewesen und habe mit Zeugen gesprochen. Immer wieder unterbricht er die Erzählung, um auf dies und das hinzuweisen, das er erfahren habe, ja, er habe sogar Berichte der Zeugen wörtlich übernommen.


    Von Anfang an gibt es einen Tatverdächtigen, doch als geübte Krimileserin habe ich das natürlich in Zweifel gezogen – man hat tatsächlich die Möglichkeit selbst mitzurätseln, und kurz vor dem Ende hatte ich dann die Eigebung, wie es gewesen sein könnte, zumindest im Groben, denn die tatsächliche Auflösung hat dann schon noch ein paar Überraschungen parat.


    Im Anhang gibt es ein Personenverzeichnis und ein Glossar, ersteres könnte für jene, die mit den japanischen Name Probleme haben, nützlich sein, das Glossar allerdings ist unbedingt nützlich, denn die japanischen Bezeichnungen bleiben in der Übersetzung erhalten, manche betreffen z. B. die klassische japanische Architektur. Manche Begriffe, wie „Honjin“ werden aber auch direkt erklärt, wenn sie für den Kontext wichtig sind.


    Klassische Krimis und ihre Autor:innen sind wichtiger Bestandteil des Romans, und dieser ist im Grunde selbst einer, erstmals erschienen ist er 1946. Japanische Traditionen sowie das Leben auf dem Land in jener Zeit spielen eine Rolle, wobei die Familie Ichiynagi privilegiert, was sich schon aus dem Namen Honjin im Titel ergibt (hier möchte ich nicht vorgreifen), und auch über das Leben dieser Familie erfährt man einiges.


    Weitere Romane der Reihe sind noch nicht ins Deutsche übersetzt, schade, ich würde mich freuen, wenn das nachgeholt würde.


    „Die rätselhaften Honjin-Morde“ bietet einen wahrhaft rätselhaften Fall, einen interessanten Erzählstil und einen klugen Protagonisten, der hier seinen ersten Fall von vielen löst, zumindest in Romanform. Als Leser:in kann man miträtseln, wird aber am Ende wahrscheinlich überrascht sein. Besonders gut hat mir auch gefallen, mehr über das frühere Japan und seine Kultur zu erfahren.