Arnaldur Indriðason – Wand des Schweigens / ÞAGNAMÚR

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)

    Dieser Fund, mitten in Reykjavík, ist ein Schock für die Bewohner: Hinter der Kellerwand ihres Wohnhauses entdecken sie ein menschliches Skelett. Offenbar wurde hier vor Jahrzehnten ein Mordopfer eingemauert und vor der Welt verborgen. Die Kripo Reykjavík nimmt die Ermittlungen auf, eine Vermisstenmeldung, die passen würde, finden sie jedoch nicht. Wer bloß ist das Opfer? Welches Verbrechen wurde hier begangen? Als der pensionierte Kommissar Konráð sich einschaltet, blocken die ehemaligen Kollegen ab. Sie vermuten, dass Konráð ihnen wichtige Infos bei früheren Ermittlungen verschwiegen hat. Konráð forscht daraufhin auf eigene Faust weiter. Hat das lange zurückliegende Verbrechen tatsächlich etwas mit seiner eigenen Familiengeschichte zu tun – mit dem Mord an seinem Vater?


    Autor (Quelle: Verlagsseite)

    Arnaldur Indriðason, 1961 geboren, graduierte 1996 in Geschichte an der University of Iceland und war Journalist sowie Filmkritiker bei Islands größter Tageszeitung Morgunbladid.

    Heute lebt er als freier Autor mit seiner Familie in Reykjavik und veröffentlicht mit sensationellem Erfolg seine Romane. Arnaldur Indriðasons Vater war ebenfalls Schriftsteller. […]


    Allgemeines

    Vierter Band der Reihe um Kommissar Konráð

    Titel der Originalausgabe.“ ÞAGNAMÚR“, ins Deutsche übersetzt von Kristof Magnusson

    Erschienen bei Bastei Lübbe am 30.September 2022 als HC mit 400 Seiten

    Gliederung: Roman in 65 Kapiteln

    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven und auf unterschiedlichen Zeitebenen

    Handlungsort und -zeit: Reykjavík in der Gegenwart, mit Rückblenden auf die Sechzigerjahre


    Inhalt

    In einem älteren Wohnhaus in Reykjavík wird ein in einem Kellerraum eingemauertes Skelett entdeckt. Konraðs Bekannte Eygló erinnert sich sofort daran, dass sie in ihrer Eigenschaft als „Medium“ von einer Hausbewohnerin vor Jahrzehnten gebeten wurde, durch das Haus zu gehen, weil diese Frau in dem Haus immer ein unerklärliches Unwohlsein befiel. Auch Eygló spürte etwas Unangenehmes, konnte sich jedoch keinen Reim darauf machen. Während der längst pensionierte Polizist Konrað, von Eygló über den makaberen Fund informiert, an dem Fall nur mäßiges Interesse zeigt, versucht die Mordkommission alle noch lebenden ehemaligen Hausbewohner ausfindig zu machen und zu vernehmen.

    Konrað ist nach wie vor von dem ungeklärten Fall seines Vaters, der 1963 ermordet wurde, besessen. Er hat inzwischen neue Erkenntnisse über das Leben seines Vaters gewonnen und stößt zu seiner Verwunderung auch auf eine Verbindung seines Vaters zu einem Kriminalfall aus den frühen Sechzigerjahren, in dem es um ein ertrunkenes, möglicherweise ertränktes, zwölfjähriges Mädchen namens Nanna ging – ein Fall, mit dem Konrað sich selbst schon befasst hat.


    Beurteilung

    Der vierte Band um Kommissar Konrað thematisiert mehrere lose miteinander verbundene Kriminalfälle. Dabei ist nur das Geheimnis um das eingemauerte Skelett „neu“, der Tod des zwölfjährigen Mädchens wurde bereits im zweiten Band der Reihe (Das Mädchen an der Brücke) behandelt und die Ermittlungen Konraðs im Hinblick auf den Mord an seinem Vater ziehen sich durch die gesamte Reihe. Diese Ermittlungen nehmen den Löwenanteil der Handlung ein, deshalb ist es unbedingt empfehlenswert, bei der Lektüre dieser Reihe die korrekte Reihenfolge einzuhalten.

    Die Handlung wechselt zwischen verschiedenen Zeitebenen (Konraðs Ermittlungen in der Gegenwart und seine Erlebnisse zu Lebzeiten seines Vaters) und Handlungssträngen. Da in den Kapiteln weder Orts- noch Zeitangaben enthalten sind, erfordert es eine gewisse Konzentration, beim Lesen nicht die Orientierung zu verlieren.

    Das Erzähltempo ist größtenteils ruhig, in einem der Erzählstränge baut der Autor jedoch eine steile Spannungskurve auf und präsentiert auch – eher untypisch für sein sonstiges Vorgehen – Szenen brutaler Gewalt.

    Die Charakterisierung des Protagonisten ist differenziert und schonungslos, in diesem Band wird ein gewisser Egoismus deutlich, der nicht das beste Licht auf den pensionierten Kommissar wirft. Er tritt bei seinen privaten Ermittlungen sehr hartnäckig auf und schreckt im Falle nicht zufriedenstellender Antworten auch nicht vor Drohung und Erpressung zurück. Andererseits ist seine Verzweiflung nachvollziehbar, schließlich wurden seine Mutter und er selbst zu den Tatverdächtigen im Fall seines Vaters gezählt - ein Verdacht, der bisher nicht ausgeräumt werden konnte.

    Auch im vierten Band der Reihe werden gesellschaftliche Missstände wie z.B. häusliche Gewalt und Kindesmissbrauch thematisiert, außerdem erhält der Leser Einblick in die kleinkriminelle Szene Reykjavíks in den Sechzigerjahren.


    Fazit

    Ein komplex gestrickter, fesselnder und stellenweise hochspannender Krimi, für dessen Lektüre man Vorkenntnisse aus den vorherigen Bänden und viel Konzentration mitbringen sollte!

    9 Punkte

    ASIN/ISBN: 3785728247

  • Es ist mittlerweile Band 4 mit dem frisch pensionierten Kommissar Konráð, der immer noch den lange zurückliegenden Tod seines Vaters aufklären möchte. Er ermittelt auf eigene Faust, versucht seine früheren Kontakte bei der Polizei kurzzeitig aufzufrischen und bringt sich damit aber selbst in große Schwierigkeiten.


    Aktuell wurde durch einen blöden Zufall hinter einer vorgemauerten Kellerwand in einer Waschküche eine Leiche gefunden. Wer könnte das sein? Vermißtenmeldungen liegen keine passenden bei der Polizei in Reykjavik vor. Eigentümer- bzw. Mieterwechsel gab es in diesem Haus in größerer Zahl. Und einige Bewohner hatten gelegentlich ein ungutes Gefühl. Was ging hier vor und wer wurde hier eingemauert?


    Die Geschichte wird in verschiedenen Strängen aus Gegenwart und Vergangenheit erzählt, die oftmals schwer unterscheidbar sind. Am Ende überrascht der Autor mit einem Twist, den ich sehr gelungen fand.




    Ich habe schon einige Bücher des Autors gelesen, wobei mir ehrlicherweise die

    Bände um Erlendur besser gefallen haben. Indridason schreibt für mich flüssig, ruhig und trotzdem spannend. Es ist ein Buch, bei dem die Düsternis der skandinavischen Krimis richtig spürbar ist. Die einzelnen Figuren charakterisiert er sehr detailliert, sympathisch war mir eigentlich keine. Die einzelnen Stränge waren für mich oftmals vermischt, dadurch verwirrend und als Leser ist man schon gefordert, aufmerksam und konzentriert zu lesen. Das führte das ein oder andere Mal dazu, daß ich etwas nochmals lesen mußte, um es richtig einzuordnen. Die Beschreibung der Örtlichkeiten und der Atmosphäre fand ich lebendig und bildhaft. Konráð und sein unbedingter Wille, den Tod seines Vaters aufzuklären, führt zu Lügen und dadurch gerät er selbst ins Fadenkreuz seiner Kollegen. Ein vorherrschendes Thema ist Gewalt in der Familie, Mißbrauch, aber auch Kleinkriminelle und ihre Taten. Da bereits einige Zeugen verstorben sind, kommt es bei den Nachforschungen oftmals zu einer Wand des Schweigens. Bei der Reihe um Kommissar Konráð sollte man unbedingt in der richtigen Reihenfolge lesen, da vieles auf die Vorgängerbände aufbaut.


    Wer gerne typisch skandinavische Krimis liebt, ist hier gut aufgehoben.