Liebes Arschloch - Virginie Despentes
Übersetzt von Ina Kronenberger
Gesprochen von Johann von Bülow, Lisa Hrdina, Anke Reitzenstein
Spieldauer 8 Stunden und 58 Minuten
Audible.de Erscheinungsdatum 16 Februar 2023
Verlag Der Audio Verlag
Format Hörbuch
Version Ungekürzte Ausgabe
Sprache Deutsch
ASIN B0BSNVRK9D
Inhalt:
Rebecca, Schauspielerin, über fünfzig und immer noch recht gut im Geschäft. Oscar, dreiundvierzig, Schriftsteller, der mit seinem zweiten Roman hadert, und Zoé, noch keine dreißig, Radikalfeministin und Social-Media-Aktivistin. Diese drei, die unterschiedlicher nicht sein könnten, treffen nach einem verunglückten Instagram-Post Oscars aufeinander. Wie? Digital. Und so entsteht ein fulminanter Briefroman des 21. Jahrhunderts, in dem alle wichtigen gesellschaftlichen Themen unserer Zeit verhandelt werden. Rebecca, Oscar, Zoé, alle drei sind vom Leben gezeichnet, voller Wut und Hass auf andere – und auf sich selbst. Aber sie müssen erkennen, dass diese Wut sie nicht weiterbringt, sondern nur einsamer macht, dass Verständnis, Toleranz und sogar Freundschaft erlernbar und hin und wieder sogar überlebenswichtig sind.
Mein Eindruck:
Ich habe mich bei diesem Buch ganz bewusst für das Hörbuch entschieden, weil mein letzter "Briefroman" (Zwischen Welten von Juli Zeh und Simon Urban) mir in dieser Form außerordentlich gut gefallen hat. Und auch hier werden die Briefe bzw. Mails, wenn sie vorgelesen werden, wieder zu einem Gespräch, dem ich zuhören kann. Kleines Manko hier: die Stimmen von Rebecca und Zoé bzw. Lisa Hrdina und Anke Reitzenstein sind sich etwas zu ähnlich. Ich war am Anfang ziemlich irritiert, bis ich endlich die Feinheiten der Stimmen erkannt habe und sie besser unterscheiden konnte. Aber oft konnte ich am Inhalt des Gelesenen schneller erkennen, wer gerade spricht, als an der Stimme selbst. Das soll aber die Leistung der beiden Schauspielerinnen nicht herabwürdigen, beide lesen sehr gut, nur ihre Stimmen ähneln sich eben doch sehr.
Den Inhalt und die Sprache habe ich mir aufgrund des Titels und der Buchbesprechungen in Literatursendungen "skandalöser" vorgestellt, als beides sind. Ja, am Anfang wird noch frisch von der Leber weg gepöbelt, aber das lässt bald nach und am Ende werden die Mails/Gespräche zwar kritisch zueinander, aber doch einvernehmlich geführt, zumal ein Großteil der Mails von den jeweiligen eigenen Gedanken und Erlebnissen handelt, auf die der andere gar nicht unbedingt eingeht.
In der Hauptsache geht es in den Mails um die Themen #metoo, Drogen/Sucht und die Corona-Pandemie. Oscar ist das Ziel eines Social-Media-Shitstorms, weil er vor Jahren der (damaligen) Praktikantin Zoé hinterherstieg und Zoé dies nun veröffentlichte. Die Autorin zeigt hier sehr eindrücklich die Mechanismen der sozialen Medien auf, und auch, wie schnell sich Unterstützung in Vorwürfe bis hin zu Hass umwandeln kann. Nach dem Buch bin ich einmal mehr froh, dass ich mich schon vor Jahren aus den sozialen Medien so weit wie möglich herausgezogen habe. Sowohl Oscar wie auch Rebecca haben Suchtprobleme, die sie in ihren Gesprächen auch thematisieren und Oscars Berichte von seinen "Narcotics Anonymous"-Treffen fand ich sehr interessant. Am besten fand ich aber die Gedanken und Erlebnisse der Figuren bei der Corona-Pandemie, denn hier konnte ich sehr viel nachfühlen. Die Pandemie bricht im ersten Drittel des Buches aus, danach werden die Erlebnisse im Lockdown etc. in den Mails besprochen und wie die jeweiligen Figuren alles verarbeiten. Gut dass ich mich nie habe fragen müssen, wie ich im Lockdown an meine Stamm-Drogen komme ... Despentes ist eine der ersten Autorinnen, von denen ich so etwas lesen kann - schade dass sich erst so wenig Autorinnen und Autoren an dieses Thema literarisch herantrauen. Ich jedenfalls brenne für solche Geschichten. Aber vielleicht kommt das erst noch.
Von mir gibt es eine Leseempfehlung.
Bitte vom Titel des Buches nicht abschrecken lassen. 
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ASIN/ISBN: 3742427288 |
