Die Königin von Jerusalem - Eve Rudschies

  • Die Königin von Jerusalem, Eve Rudschies, area Verlag, 2005, 476 Seiten, ISBN 3-89996-420-9, 12,95 €


    Klappentext:
    Fünfundzwanzig Jahre nach der blutigen Eroberung des Heiligen Landes durch die Kreuzritter wächst Prinzessin Melisendis als Erbin des Königreiches Jerusalem auf. Während der Gefangenschaft ihres Vaters beweist sie Klugheit, Heldenmut und Tatkraft, und zusammen mit ihrer großen Liebe Balian von Jaffa strebt sie nach Frieden und Eintracht im Lande Christi. Doch ihr Vater zerstört diese Hoffnungen. Nicht sie soll herrschen, sondern der von ihm bestimmte Ehemann.
    Melisendis begehrt auf. Sie verbündet sich mit mächtigen Baronen, dem unterdrückten Volk und einflußreichen Geistlichen. Sie muß lernen, daß jede Niederlage und jeder Sieg ihren Preis fordern.


    Melisendis, deren wahre Geschichte dieser Roman erzählt, behauptete über dreißig Jahre den Thron Jerusalems. Sie schenkte dem ständig gefährdeten Königreich seine einzige Blütezeit.


    Autorin: (lt. Klappentext)
    Eve Rudschies, 1959 in Paris geboren, studierte Geschichte, Geographie, Philosophie und Alte Sprachen an der École Normale Supérieure und der Sorbonne. Seit frühester Jugend beschäftigt sie sich intensiv mit verkannten Persönlichkeiten in der Geschichte. Heute lebt und arbeitet die Autorin in München. "Die Königin von Jerusalem" ist ihr erster veröffentlichter Roman und gleichzeitig der erste Band einer Trilogie, die bis zum Ende des fränkischen Königreichs auf orientalischem Boden führt.


    Homepage: www.eve-rudschies.de


    Eve Rudschies ist Mitglied des Autorenkreises historischer Roman Quo Vadis


    Meine Rezension bei Amazon:
    „Die Königin von Jerusalem" ist der erste Band einer als Trilogie angekündigten Reihe über die zwar wenig bekannte, aber beeindruckende Melisendis, Tochter von Baldwin II., König von Jerusalem, und der armenischen Prinzessin Morphia von Melitene. Die Historikerin und Autorin Eve Rudschies widmet sich mit diesem Roman sowohl einer Person als auch einer Zeit, über die es nur wenige Sachbücher und scheinbar nur einen historischen Roman (Judith Tarr, Queen of Swords) gibt.


    Die Leser lernen die 9-jährige Melisendis kennen, die in diesem Alter zum ersten Mal ihre Heimatstadt verlassen muß, um ihrem Vater nach Jerusalem zu folgen, und können Melisendis Entwicklung, ihre Handlungen und ihr Schicksal bis zur umkämpften Übernahme der Regierung des Königreichs Jerusalem verfolgen. Melisendis wird von der Autorin als tatkräftige, entscheidungsfähige und kritische Persönlichkeit gezeigt, die politisches Verhalten erlernen und sich politischen Situationen stellen muß. Persönliche Herausforderungen, die Melisendis zu bewältigen hat, wie z. B. eine schwierige Beziehung zu ihrem Vater, beleuchten die emotionalen Seiten der Protagonistin. Die Nebenfiguren des Romans wie Melisendis Ehemann oder auch Hugo von Payns, Begründer des Templerordens, sind interessante Persönlichkeiten, deren Charaktere über die Beziehung zu Melisendis herausgearbeitet werden. Der geschichtliche Rahmen der Herrschaftsverhältnisse in den vier Kreuzfahrerstaaten, dem Fürstentum Antiochia, den Grafschaften Edessa und Tripolis und dem Königreich Jerusalem und vor allem das Spannungsfeld der drei großen monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam, die im und um das Königreich Jerusalem stattfindet, sind mehr als nur reizvoller Hintergrund dieses Romans.


    Aber nicht nur die spannende Geschichte und die faszinierenden Persönlichkeiten machen Eve Rudschies Roman zu einem echten Lesevergnügen. Mit einem umfangreichen Wortschatz beschreibt uns die Autorin Zeit, Menschen und Landschaften so farbenprächtig, plastisch und eindringlich, dass beim Leser unweigerlich Bilder im Kopf entstehen und Geschehenisse lebendig werden. Ihre Sprache ist flüssig und meines Erachtens auffallend dynamisch, ich würde sie aber keinesfalls als poetisch bezeichnen. Obwohl die Autorin mit sehr vielen historischen und geographischen Details aufwartet, stören diese in keiner Weise den Lesefluß.


    Der Roman enthält hilfreiches Material wie zwei historische Karten, ein Glossar und ein Namensverzeichnis, in dem die (wenigen) fiktiven Personen gekennzeichnet sind. Das einzige was ich mir noch gewünscht hätte, wäre eine von der Autorin vorgenommene Abgrenzung zwischen Fiktion und historischen Fakten gewesen. Die Homepage der Autorin gibt diesbezüglich zwar einige Hinweise was Melisendis und Hugo von Payns angeht, aber z. B. Balian von Jaffa wird auch dort nicht näher beleuchtet.


    Loben möchte ich an dieser Stelle auch den Area-Verlag, der diesen Roman mit den oben beschriebenen ergänzenden Materialien als gebundenes Buch mit Schutzumschlag zu einem attraktiven Preis herausgibt.


    „Die Königin von Jerusalem" ist ein Lesegenuß, der zeigt, wie gut Information und Unterhaltung verknüpft werden können. Ich freue mich schon auf die nächsten Teile über die ereignisreichen Regierungsjahre von Melisendis, aber auch auf weitere Romanprojekte von Eve Rudschies!


    Melisendis im Net:
    - Wikipedia (leider nur englisch)


    Extra für die Eulen:
    Es gibt eigentlich nur eines, was ich an diesem Roman bemängeln könnte, das führt aber für mich in keiner Weise zur Abwertung des Romans. Wie einige von Euch schon wissen, mag ich einen Sprachstil, der scheinbar mittlerweile etwas altmodisch geworden ist. Dazu gehören für mich auch lange Sätze. Eve Rudschies arbeitet ausschließlich mit eher kurzen Sätzen.


    Fazit:
    Ein informativer und im wahrsten Sinne des Wortes farbenprächtiger historischer Roman, den ich nur empfehlen kann!


    Bye
    Pelican :wave
    .

  • @ Morgana und Wolke:


    Übrigens ist dieser Roman m. E. hervorragend für eine Leserunde geeignet. Mir sind auch jetzt noch etliche Fragen im Kopf, die ich der Autorin gerne stellen würde. Abgesehen davon ist die Autorin, nach der Biographie und dem Interview in ihrer Homepage zu urteilen, bestimmt auch eine interessante Persönlichkeit.


    Bye
    Pelican :wave

  • Anläßlich einer Diskussion über Romantitel an anderer Stelle:
    Auch ich empfinde ja diese Übersättigung mit Titel wie "Die Hexe von Timbuktu", "Die Händlerin von Kairo", "Die Kräuterfrau aus Ostfriesland".
    Insofern war ich vom Titel dieses Buches (auch wenn er der Wahrheit entspricht) nicht gerade angetan, weil ich mich schon wieder in eine bestimmte Richtung gedrängt fühlte. Glücklicherweise hat sich das aber ja nicht bestätigt.


    Bye
    Pelican :wave

  • Danke Pelican für die außerordentlich tolle Rezension!


    Das bekräftigt mich in meinem Vorhaben, dieses Buch schnellstmöglich zu kaufen :grin


    Ich habe Eve Rudschies auf der historischen Lesenacht in Magdeburg gesehen. Sie ist noch nicht lange bei Quo Vadis und sprang auch nur für eine andere Autorin ein, die krank geworden war. Aber allein schon das Vorlesen mit dem leichten französischen Akzent war ein Hochgenuss, wie ich fand. Deshalb konnte ich auch besser zuhören (bei den vielen Vorstellungen an diesem Abend viel das mit der Zeit immer schwerer) und die Geschichte hörte sich auch toll an...!!


    Danke nochmals. An einer Leserunde würde ich mich wohl auch beteiligen, wenn sie zeitlich in meinen Rahmen passt.


    LG Angelcurse

  • Zitat

    Original von Kalypso
    Pelican :
    Du hast es mit deiner schönen Rezi wieder einmal geschafft, dass das Buch jetzt wieder ganz
    oben auf dem SuB liegt. Werde es also als nächstes lesen und berichten.


    Viele Grüße
    Kalypso


    Ahhhhhh, ich bin schon sehr gespannt, was Du sagen wirst.


    Bye
    Pelican :wave

  • Hi!


    Ja, ich bin nach der Rezi auch sehr gespannt auf das Buch! (Mich irritiert nur der Name "Baldwin". Wieso ein englischer Name für einen - was war er? Lothringer? Burgunder? - über den eine deutsche Autorin schreibt? Oder stammt das nur von Dir?)


    Zu diesem Balian (schon wieder ein eine Königin liebender Balian! :lache) von Jaffa, zu welcher Familie gehört der? Vielleicht findest Du ihn ja hier:


    http://insel.heim.at/hawaii/311812/kreuzzuege/familien.htm


    Nein, unter den Grafen von Jaffa ist er nicht, die führen hier aber auch nur die Regierenden an.


    Dafür findest Du hier noch was über Melisende:


    http://insel.heim.at/hawaii/31…n_von_jerusalem_1161.html


    Bye,


    Grisel

  • Zitat

    Original von Grisel
    (Mich irritiert nur der Name "Baldwin". Wieso ein englischer Name für einen - was war er? Lothringer? Burgunder? - über den eine deutsche Autorin schreibt? Oder stammt das nur von Dir?)


    Das hängt davon ab, was seine Muttersprache war: frühes Französisch (also eine romanische Sprache) oder mehr ein Dialekt des Deutschen. Wenn ersteres, dann -uin, wenn letzteres, dan -win (von wini - "Freund"). Die Autorin ist übrigens gebürtige Französin, die im Nahen Osten, in Frankreich und Deutschland gelebt hat (siehe Website von Eve Rudschies). Ich nehme also an, sie kennt sich aus. :grin


    Das Cover gefällt mir übrigens. Ganz in der Lübbe-Tradition und nicht dieser Müll, der die meisten Mittelalterromane verschandelt.

  • Hi Iris!


    Ach so, ich dachte, Baldwin wäre nur die englische Version des Namens. Wieder was gelernt, danke, auch für den Link!


    Nur, die Herkunft und/oder die Ausbildung eines Autors sind noch lange keine Gewährleistung. Nicht, daß ich Rudschies was am Zeug flicken will, denn gerade in dieser Hinsicht habe ich bislang nur gutes über das Buch gehört.
    Bei Namen findet man halt oft die interessantesten Kombinationen.
    Aber, Du weißt ja, in "meiner" Zeit bin ich einfach fürchterlich kleinlich. :-]


    Bye,


    Grisel

  • Zitat

    Original von Grisel
    Nur, die Herkunft und/oder die Ausbildung eines Autors sind noch lange keine Gewährleistung.


    Prägnantestes Beispiel war letzthin Celia L. Grace: In der Kurzbio stehn: »Celia L. Grace ist das Pseudonym einer englischen Historikerin, die sich bereits in ihrer Dissertation mit dem Thema "Frauen und medizinische Berufe im Mittelalter" beschäftigte.«
    In Wirklichkeit ist das eines von x Pseudonymen, unter denen Paul C. Doherty schreibt! :grin


  • Im Personenverzeichnis steht er mit


    Balian Hugues du Puiset, Graf von Jaffa, Sohn der normannischen Adligen Mabel von Roucy und des Franken Hugues I. du Puiset, eines Vetters König Balduins II.


    Bye
    Pelican :wave

  • Hi!


    Zitat

    Original von Pelican
    Im Personenverzeichnis steht er mit


    Balian Hugues du Puiset, Graf von Jaffa, Sohn der normannischen Adligen Mabel von Roucy und des Franken Hugues I. du Puiset, eines Vetters König Balduins II.


    Nun ist alles klar, danke!
    Finde ich ja köstlich, daß es da eine Rezi bei Amazon gibt, wo jemand fälschlich meint, das wäre das Buch zum Film von "Kingdom of heaven". Jaja, diese Balians, selbst wenn sie Hugo heißen. :-)


    Bye,


    Grisel

  • Zitat

    Original von Grisel


    Finde ich ja köstlich, daß es da eine Rezi bei Amazon gibt, wo jemand fälschlich meint, das wäre das Buch zum Film von "Kingdom of heaven".


    Jetzt kapier ich das, ich habe mich immer gefragt, von was für einem Film da die Rede ist! Erschien mir sehr seltsam!


    Bye
    Pelican :wave

  • Pelican, ich habe gestern Abend mit dem Buch angefangen und musste mich erst mal komplett umstellen. Nach "Miss Emily Paxton" ist das ja wieder eine total neue Welt und eine vollkommen andere Sprache (irgendwie enden die Sätze so abrupt :grin )
    Aber nach einigen Seiten war ich drin und ich denke, dass mir das Buch gefallen wird. interessant ist es auf jeden Fall!


    Viele Grüße
    Kalypso