Wo vielleicht das Leben wartet - Jusel Jachina

  • Wo vielleicht das Leben wartet

    Gusel Jachina


    übersetzt von Helmut Ettinger


    Aufbau Verlag, gebunden, 591 Seiten


    ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3351038984


    Die Autorin: (Amazon)


    Gusel Jachina, geboren 1977 in Kasan (Tatarstan), russische Autorin tatarischer Abstammung, studierte an der Kasaner Staatlichen Pädagogischen Hochschule Germanistik und Anglistik und absolvierte die Moskauer Filmhochschule. Ihr Roman “Suleika öffnet die Augen“ wurde in 31 Sprachen übersetzt, ihr zweiter Roman „Wolgakinder“ in 14 Sprachen. Ihr dritter Roman „Wo vielleicht das Leben wartet“ wird in 19 Sprachen erscheinen und ist wie alle ihre Bücher in Russland ein Bestseller. Gusel Jachina lebt mit ihrer Familie in Moskau.



    Inhalt: (Amazon)


    Kasan 1923: Im Wolgagebiet herrscht große Hungersnot. Dejew, ein ehemaliger Soldat auf der Seite der Roten, soll fünfhundert elternlose Kinder mit einem Zug nach Samarkand schaffen, um sie vor dem sicheren Hungertod zu retten. Aber es fehlt an allem für den Transport: Proviant, Kleidung, Heizmaterial für die Lokomotive, Medikamente. Ein Roadmovie durch ein total zerrüttetes Land beginnt, in dem in weiten Teilen immer noch der Bürgerkrieg wütet. Dejew, der selbst ein dunkles Geheimnis mit sich herumträgt, scheut kein Wagnis und keine Gefahr, um die Kinder ins Land des Brotes und der Wunderbeere Weintraube zu bringen.


    Meine Meinung:


    Schon während der Gründung der Sowjetunion gab es im Wolgagebiet eine große Hungersnot. Der Bürgerkrieg und hohe Zwangsabgaben nahmen der Bevölkerung die Lebensgrundlagen und den Bauern sogar das notwendige Saatgut.

    Die Dörfer sind entweder verlassen oder von fast verhungerten Gespenstern bewohnt. Eltern, die ihre Kinder nicht mehr ernähren können, versuchen, sie zu Sammelstellen zu bringen, in der Hoffnung, ihnen dadurch das Überleben zu ermöglichen.


    Aus einer solchen Sammelstelle soll Zugführer Dejew, ein ehemaliger Rotarmist, 500 halbverhungerte Kinder mit dem Zug nach Süden, nach Samarkand bringen.

    Ein Zug wird zusammengestückelt, aus fast nichts. Es gibt kaum Kohle, Verpflegung, Arzneien oder gar Pritschen und Bettzeug.

    Auch Betreuer gibt es kaum. Einige Frauen, die die Not in den Zug treibt, der ehemalige Feldscher Bug und die Volkskommissarin zur "Verbesserung" des Lebens der Kinder", Belaja, sollen ihn unterstützen.

    Dejew ist ein Idealist, der bereit ist, auch sein eigenes Leben einzusetzen, um die Kinder ans Ziel zu bringen. Belaja ist die Realistin, die immer wieder versucht, ihn von seinen allzu wagemutigen Versuchen, die notwendigen Vorräte herbeizuschaffen, immer wieder Kinder im Zug aufzunehmen, abhalten will.


    In kleinen Episoden wird erzählt, wie Belaja, Bug und Dejew in diesen Zug gekommen sind und dabei erfahren wir viel über die grausamen Vorgänge im russischen Bürgerkrieg zu Beginn des 20 Jahrhunderts. Von Station zu Station wird es schwieriger, auch nur Heizmaterial für die Lokomotive aufzutreiben, trotz Dejews schier unglaublichem Einfallsreichtum und Wagemut.

    Die Cholera bricht aus und Dejew begräbt jedes tote Kind selber.

    Auch von den Kindern wird erzählt. Einige sind mehr tot als lebendig, als Dejew sie gegen den Widerstand Bugs und Belajas mitnimmt. Von einigen wenigen erfahren wir mehr über ihr Leben.


    Der Autorin gelingt das Kunststück, inmitten der Grausamkeiten und des Elends dieser Zugfahrt immer wieder die Hoffnung aufleben zu lassen, dass vielleicht doch für die Überlebenden ein besseres Leben möglich sein könnte.

    Die Hoffnung, dass die Opferbereitschaft, der Mut und der Einsatz von Einzelnen wenigstens für einige Wenige die Rettung bedeutet.


    Manchmal kann man das Elend kaum aushalten, so genau und farbig erzählt Gusel Jachina diese Zugfahrt, und nur durch die Menschlichkeit dieser Einzelnen habe ich es bis zum Ende durchgehalten.


    Im Anhang listet Jachina Publikationen auf, die ihr als Quellen dienten und zeigen, dass ihre Schilderung auf Tatsachen beruht.


    ASIN/ISBN: 3351038984