Marion Gibson – Hexen - Eine Weltgeschichte in 13 Prozessen vom Mittelalter bis heute / Witchcraft – A History in Thirteen Trials

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  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)

    […] In 13 Prozessen aus Geschichte und Gegenwart begegnet Marion Gibson Menschen vom Rand der Gesellschaft, meist Frauen, die als böse und gefährlich abgestempelt, als Hexen angeklagt, verurteilt und nicht selten getötet werden. Die Geschichte hat sie zum Schweigen gebracht, Marion Gibson gibt ihnen ihre Stimmen zurück. Sie erforscht die Überschneidungen von Geschlecht und Macht, indigener Spiritualität und kolonialer Herrschaft sowie politischer Verschwörung und individuellem Widerstand – und zeigt, wie in jeder Epoche und an jedem Ort Angst als Waffe gegen unliebsame Menschen eingesetzt werden kann. Ein unglaublich wichtiges Buch in Zeiten, in denen die Rechte von Frauen weltweit wieder auf der Kippe stehen. […]


    Autorin (Quelle: Verlagsseite)

    Marion Gibson ist Professorin für Renaissance und magische Literaturen an der Universität von Exeter, UK. Sie denkt über Hexen in der Geschichte nach, seit sie ihren ersten Bericht über einen Hexenprozess in einem Buch las, das ihr an einem dunklen, regnerischen Nachmittag im November 1991 geliehen wurde. Sie war so begeistert von der Geschichte, dass sie vergaß, das Buch zurückzugeben. Heute, dreißig Jahre später, ist sie Autorin von neun Büchern über Hexen in Geschichte und Literatur.


    Allgemeines

    Titel der Originalausgabe: „ Witchcraft – A History in Thirteen Trials“, ins Deutsche übersetzt von Karin Schuler und Thomas Stauder

    Erschienen am 14.02.2024 im Aufbau Verlag als HC mit 465 Seiten

    Gliederung: Einleitung – drei Hauptteile mit nummerierten Kapiteln – Kurzkapitel „Zwischenakt“ nach den Teilen 1 und 2 – Epilog – Danksagungen – Anmerkungen (Fußnoten) – Abbildungsnachweis – Personenregister


    Inhalt und Beurteilung

    Nachdem die Autorin in der Einleitung zu (er)klären versucht hat, was man unter einer Hexe versteht und wie es überhaupt zu Vorstellungen über Hexen, bzw. Hexerei kam, beschäftigt sie sich im ersten Teil mit bekannten historischen Hexenprozessen nach dem klassischen Muster, wie man sie seit der Publikation des „Hexenhammers“ (Malleus Maleficarum) des Heinrich Krämer (Institoris) führte. Das erste Kapitel beschäftigt sich dementsprechend mit diesem selbsternannten misogynen und fanatischen Hexenjäger und einem Prozess, den er gegen Ende des 14. Jahrhunderts in Innsbruck führte. Nachdem er dort gescheitert war und die Stadt verlassen musste, setzte er sein verhängnisvolles Treiben an anderen Orten fort. Ausgehend von seiner Lehre kam es in den nächsten Jahrhunderten auch in anderen Ländern zu Hexenverfolgungen und zahllosen Prozessen, die für viele der meist weiblichen Angeklagten tödlich endeten. Die Autorin berichtet über berühmte Prozesse in North Berwick, Vardø, England und Nordamerika, u.a. die Prozesse von Salem. Der gemeinsame Nenner dieser Verfolgungswellen besteht darin, dass in Zeiten von Krisen oder tragischen Ereignissen als „Sündenböcke“ Menschen, meist Frauen, die Außenseiterinnen waren oder nicht gesellschaftskonform lebten, verantwortlich gemacht wurden.

    Im Laufe des 17. Jahrhunderts kamen Zweifel an den Lehren der Dämonologie auf, dennoch spielten Hexerei und Magie bis ins 20. Jahrhundert weiterhin eine Rolle in Prozessen. Im zweiten Teil geht es um Prozesse des 18. bis 20. Jahrhunderts, bei denen Menschen getötet wurden, weil man sie selbst des Schadenszaubers verdächtigte oder sich ihrer Körperteile für die Verwendung bei magischen Ritualen bemächtigen wollte – schockierenderweise geschah dies noch im 20. Jahrhundert. Auch Menschen, die als Wahrsager oder Medium tätig waren, wurden vor Gericht gestellt. Im Gegensatz zu den früheren Prozessen erfolgten aber keine Verurteilungen wegen Hexerei, sondern wegen Mordes oder Betrugs. Im südlichen Afrika sind der Glaube an Magie und die brutale Verfolgung und Ermordung vermeintlicher Hexen noch im 21. Jahrhundert an der Tagesordnung.

    Im letzten Teil wird die Verfolgung von Menschen in modernen „Hexenjagden“ thematisiert, hier handelt es sich um Beschuldigung, Diskriminierung und Vernichtung der Reputation, oft auch in sozialen Medien.

    Die Autorin gibt einen interessanten Überblick über die Geschichte der Hexenverfolgung seit dem 15. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Die Modalitäten haben sich gewandelt, es wird niemand mehr wegen Hexerei hingerichtet, aber bei den Persönlichkeiten der Verfolgten zeigen sich durch die Jahrhunderte erstaunliche Gemeinsamkeiten. Oft handelt(e) es sich um Frauen, die die ihnen zugewiesenen Rollen in der Gesellschaft nicht erfüll(t)en, indem sie religiöse Vorschriften nicht befolg(t)en, politisch subversiv auftraten oder ihre Sexualität frei ausleb(t)en.

    Der Text ist durch zahlreiche Illustrationen aufgelockert und wird durch Zusatzmaterial in Form von Anmerkungen, Abbildungsnachweisen und einem Personenverzeichnis abgerundet.

    Leider haben die Übersetzer in der deutschen Ausgabe gegendert, was den Lesefluss zuweilen erheblich einschränkt, vor allem bei Aufzählungen mehrerer mittels Doppelpunkte gegenderter Berufsbezeichnungen, was dann an einer Stelle im Wort „Pastor:innenen“ gipfelt.


    Fazit

    Ein flüssig und verständlich geschriebenes, informatives Sachbuch zur Geschichte der Hexenverfolgung, dessen Lesekomfort in der deutschen Ausgabe leider stellenweise durch Gendern beeinträchtigt wird.

    8 Punkte

    ASIN/ISBN: 3351042221