John Green / Tuberkulose

  • Ein Augen öffnendes Buch


    Tuberkulose ist seit Anbeginn der Menschheit eine Krankheit mit tödlichem Verlauf. Im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts dachte man, nur Weiße können daran erkranken, alle anderen Menschen, ob Schwarze, Asiaten oder Indigene können gar nicht daran erkranken,w eil sie zu dumm und ungebildet dafür seien. Tuberkulose wird nur durchgeistigte Menschen befallen, wie z.B. Frederic Chopin oder John Keats und Percy Shelley. Die Krankheit wurde romantisiert, “das Bild der geläuterten Erscheinung, des blühenden Geistes, während der Körper welkt” (S. 66).

    Doch dann, mit der einsetzenden industriellen Revolution, als die Städte rasant anstiegen und die Tuberkulose in den Armenvierteln der Städte grassierte, war die Krankheit auf einmal nicht mehr so edel.

    Leider sterben auch heute noch jährlich 1,5 Millionen Menschen daran. Tuberkulose ist seit gut 70 Jahren behandelbar und komplett heilbar. Aber, wie Green so treffend sagt: das Heilmittel ist da, “wo die Krankheit nicht ist und die Krankheit da ist, wo das Heilmittel nicht ist” (S.11). Sprich, in Westeuropa, Canada, Japan, Australien und USA ist die Krankheit rückläufig, in Osteuropa, Südostasien, Südamerika und vor allem Afrika ist TB auf dem Vormarsch.

    In Deutschland, genauer, in Bad Schönborn nahe Heidelberg wurde bei einem Schüler Tuberkulose diagnostiziert. untersuchungen ergaben, der Schüler hatte seinen gesamten Jahrgang unwissentlich infiziert und insgesamt 109 Schüler und Lehrer angesteckt. Die Krankheit wurde schnell und effizient behandelt, heute sind alle geheilt. Aber das war jetzt, im 21. Jahrhundert in Deutschland. Der gleiche Fall in einer Schule in Afrika wäre komplett anders verlaufen.

    John Green deckt diese versteckten Zusammenhänge auf, die zwischen der Krankheit, den Patienten, dem sozialen und nationalen Milieu, in denen die Menschen leben, vorherrschen.

    Was dem Buch etwas von dem schrecklichen Aura nimmt, sind Anekdoten über die Tuberkulose: ob es das Attentat von Sarajevo ist, oder der 47. Bundesstaat der USA, New Mexico, die Entstehungsgeschichte des Stetson Hutes. Robert Koch und Louis Pasteur haben in diesem Buch auch Ehrenplätze, genau wie der Arzt und Schriftsteller Dr. Arthur Conan Doyle.

    Am meisten hat mich die Geschichte von Henry Reider, dem jungen Tuberkulose-Patient aus Sierra Leone. John Green beginnt das Buch mit ihm, im Laufe des Buches kommt er immer wieder vor, mal lebt er auf, mal geht es ihm so schlecht, dass wir um sein Leben bangen. Zum Schluss erfahren wir, Henry ist vollständig genesen, er hat den Schulabschluss gemacht, hat studiert und bestreitet heute mit seinen Videos auf YouTube und TicToc den Lebensunterhalt für sich und seine Mutter. Henrys Geschichte macht Mut, den Kampf gegen die Tuberkulose aufzunehmen.


    Vor neuen, unbekannten Krankheiten können wir uns innerhalb eines Jahres schützen. Aber was ist mit Krankheiten, die seit Jahrtausenden die Menschheit bedrohen?


    ASIN/ISBN: 3446284435

    Edit: ISBN angepasst Gruß Herr Palomar

  • Im Jahr 2019 in einem Krankenhaus in Lakka (Sierra Leone): Als John Green bei einem Besuch zufällig auf den 16-jährigen Henry Reider trifft, macht ihn das Schicksal des jungen Patienten betroffen. Bis zu diesem Tag hielt der Schriftsteller Tuberkulose für eine Krankheit der Vergangenheit. Nach der Begegnung beginnt Green zu recherchieren und zu realisieren, wie wichtig der Kampf gegen die unterschätzte Infektion ist…


    „Tuberkulose - Es ist Zeit, die tödlichste Infektion der Welt zu besiegen“ ist ein Sachbuch von John Green.


    Von einem Vorwort und einem Nachwort eingerahmt, besteht das Sachbuch aus 23 kurzen Kapiteln. Jedes widmet sich unterschiedliche Aspekten.


    Der Schreibstil ist angenehm anschaulich, einfühlsam und lebhaft. Obwohl viele Daten, Zahlen, Fachbegriffe und sonstige Fakten in den Text eingearbeitet sind, ist er keineswegs trocken oder sperrig. Er richtet sich an medizinische Laien und ist sehr gut verständlich.


    Aus inhaltlicher Sicht ist das Buch trotz der nur knapp 200 Seiten umfangreich und gehaltvoll. Es beleuchtet die Historie der Tuberkulose, insbesondere ihre Deutung und Behandlung im Verlauf der vergangenen Jahrhunderte. Prominente Opfer werden genannt. Zudem geht es um einen Teil der Familiengeschichte des Autors.


    Natürlich geht John Green außerdem auf die aktuelle Forschung und die heutigen Therapien gegen Tuberkulose ein. Er führt eindrücklich vor Augen, wie viele Menschen immer noch der Infektion erliegen und wie viel besser die Krankheit besiegt werden könnte, wenn Medikamente und Fachpersonal gerechter verteilt würden. Dass er mit Herzblut für eine bessere Versorgung von Betroffenen kämpft, wird vor allem zum Schluss des Buches deutlich. Green informiert nicht nur über Tuberkulose, sondern richtet seinen Appell an die breite Öffentlichkeit: Es muss gehandelt werden.


    Wie die Krankheit heutzutage verläuft, schildert Green anhand des jungen Patienten Henry. Erschütternd und bewegend wird das Sachbuch vor allem bei diesen Passagen. Das Leiden des jungen Mannes, dessen Fotos abgedruckt sind, ging mir während des Lesens nahe.


    Das moderne Covermotiv entspricht zwar nicht ganz meinem Geschmack, passt allerdings gut. Der deutsche Titel weicht deutlich ab vom englischsprachigen Original („Everything is Tuberculosis: The History and Persistence of Our Deadliest Infection“). Er gefällt mir jedoch sogar besser.


    Mein Fazit:

    Mit „Tuberkulose - Es ist Zeit, die tödlichste Infektion der Welt zu besiegen“ hat John Green ein kurzweiliges Sachbuch geschrieben, das nicht nur aufklärt und informiert, sondern auch aufrüttelt und berührt. Er nutzt seine Popularität, um für die Bekämpfung einer oft tödlichen verlaufenden Krankheit zu werben. Ein begrüßenswertes Anliegen und ein empfehlenswertes Buch!


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