Ava liebt noch - Vera Zischke

  • Klappentext

    Mutter werden und Frau bleiben. Über den Spruch kann Ava nur lachen. Ihr Leben wird schon seit Jahren komplett von der Familie bestimmt. Jetzt ist sie dreiundvierzig, das erste ihrer drei Kinder kommt in die Pubertät und ihr Mann macht Karriere. Und Ava? Funktioniert wie auf Autopilot.
    Als sie den neunzehn Jahre jüngeren Kieran kennenlernt, stürzt sie sich gegen alle Vernunft in eine Affäre. Zum ersten Mal seit langer Zeit erkennt sie die Frau wieder, die sie einmal war.
    Aber die heile Familie für ihr eigenes Glück opfern? Die Kinder dem Tratsch in der Kleinstadt aussetzen? Das kann Ava nicht. Und doch, die Liebe zu Kieran ist echt und die Sehnsucht nach Freiheit immer noch da.


    Über die Autorin

    Vera Zischke ist 1980 im Rheinland geboren und ausgebildete Journalistin. Nach vielen Jahren als Reporterin war sie sich sicher, dass ihr nichts Menschliches mehr fremd ist. Doch dann bekam sie drei Kinder und realisierte: Der Spaß hat erst begonnen. Sie lebt im Ruhrgebiet und ist noch immer Zeitungsredakteurin. Ava liebt noch ist ihr Debütroman.


    Mein persönliches Fazit

    Am Anfang war ich mir nicht so ganz sicher, ob mir das Buch gefällt und ich bis zum Ende am Ball bleibe. Ich hatte den Eindruck, gar nicht so wirklich die Zielgruppe für dieses Buch zu sein. Ich bin aber letztlich froh, doch durchgehalten zu haben und mit einer leisen, aber sehr gelungenen Geschichte belohnt worden.


    Bei Mutterschaft kann ich nicht mitreden, Care-Arbeit im Sinne von Familienarbeit fällt bei mir aus dem gleichen Grund raus. Was jedoch nicht hindert zu bemerken, dass bei Ava und Ralf eine Schieflage in der Ehe entstanden ist. Ralf kommt zwar in der Geschichte nicht sehr häufig direkt zu Wort, die beschriebenen Handlungen und Erwartungen seinerseits sprechen aber doch schon eine ziemlich deutliche Sprache. Eine Paarbeziehung auf Augenhöhe liest sich irgendwie dann doch anders.

    Den Beginn der Affäre zu Kieran, der ja das Schlüsselmoment des Buches ist, habe ich als gar nicht mal so aufregend erzählt empfunden. Es hätte für mich auch eine andere Situation sein können, die in Ava die Erkenntis auslöst, dass sie sich in ihrem eigenen Leben verloren und eingefroren fühlt. Ihr Wunsch nach Selbstverwirklichung steht dazu im Kontrast zu ihren familiären Verpflichtungen und den endlos scheinenden Aufgaben des Alltags. Vera Zischke bringt es mit einem Satz ziemlich auf den Punkt, in dem Avas Schwiegermutter fragt: "Und wer kocht dann das Essen?"


    Mir hat sehr gefallen, wie die Autorin Avas Aufbegehren gegen die starren Rollen schildert. Ihre inneren Konflikte, ihre Ängste und auch ihre Sehnsüchte. Und das ganz ohne übermäßig kitschig zu werden. Unaufgeregt, manchmal schon fast an der Grenze zur Sachlichkeit, aber trotzdem sensiel und emotional. In einem leisen, aber sehr leichten und auch unterhaltsamen Stil. Es liest sich sehr angenehm. Es hat eine Dynamik entwickelt, mit der ich am Anfang nicht gerechnet habe und die mich durch die Handlung getragen hat.


    Es gibt so einige Momente, in denen ich erst auf den zweiten Blick verstanden habe, dass in solchen Situationen zwischen Mann und Frau mit zweierlei Maß gemessen wird. Auch hier bringt Vera Zischke es auf den Punkt: "Warum glaubt jeder, uns seine Reaktion ungefiltert mitteilen zu müssen?"

    Es gibt auch humorvolle Momente, die die Handlung ein wenig auflockern.


    Ich fand es erfrischen zur Abwechslung mal zu lesen, dass eine Frau ihr bisheriges Leben in Frage stellt und sich in einen deutlich jüngeren Mann verliebt. Bisher war das in meiner Wahrnehmung eher auch den Männern "vorbehalten" - die Bewertung ist auch eine gänzlich andere als bei Frauen. Und gerade das machte das Buch für mich letztlich zu einer echten Entdeckung.


    ASIN/ISBN: 3471360786

  • Ich habe das Buch nun auch gelesen und bin etwas überrascht, dass ich erst die zweite Rezi zu diesem Buch schreibe.


    Wie auch Nyx kann ich bei Mutterschaft nicht mitreden und bin eher die "Britta" dieses Buchs, die irgendwie immer da ist, ein offenes Ohr hat und sich dahin manövriert, das zu sagen, was die Leute hören müssen, die sie lieb hat - und nicht das, was sie hören wollen. Das hat mir sehr imponiert.


    Die Perspektive der älteren Frau mit jüngerem Mann gefiel mir sehr gut, habe ich doch das Gefühl, dass das etwas "vorurteilsbeladen" ist und so aber in den Fokus gerückt wird. Mir gefielen die Motive, die Beweggründe für das alles und auch die Erklärungen, wie sehr Ava sich "kaputtgearbeitet" hat, obwohl sinnbildlich ja ihr Mann Ralf das Gefühl hat, sich kaputt zu arbeiten für die Familie, um den Lebensstandard zu halten.


    Das Buch war deswegen so traurig für mich, weil irgendwie immer alle Recht hatten. Das Leben hat eben nicht eine Perspektive, sondern jeder hat seine Perspektive auf etwas und das gefiel mir als Botschaft wiederum sehr gut.


    Schön war es, dass man auch die Kinder von Ava und Ralf genauso wie die Mutter von Kieran kennenlernte und man so immer auch etwas Bezug zur familiären Prägung und wie sie uns noch Jahre und Jahrzehnte danach beeinflusst, bekam.


    Bis auf ein paar Längen im letzten Drittel ein tolles Buch.


    8 Punkte.