Kristina Pfister - Nach dem Sommerregen

  • Die Ritterburg


    Nach dem Sommerregen, Familienroman von Kristina Pfister, 350 Seiten, Fischer Verlag.
    Der neue Roman von Kristina Pfister.
    Die Familie Ritter trifft sich immer wieder in ihrem Ferienhaus, in dem sie früher den ganzen Sommer verbracht haben. Als sie zum 70. Geburtstag des Vaters dort zusammenkommen, ist es anders als gewohnt. Inzwischen sind die Kinder selbst erwachsen, Cecilia die Älteste und Vernünftige, die immer alles wuppt und alles im Griff hat. Jonas der mittlere, Lehrer aber im Innersten ein Kind geblieben und Marika die jüngste, das Nesthäkchen, die ungewollt schwanger ist. Die Eltern lassen sich scheiden und das Haus soll verkauft werden. Deshalb beschließen die Geschwister sich zu ein paar letzten Wochenenden dort zu treffen und das Ferienhaus, welches nicht nur voll von altem Gerümpel sondern auch voller Erinnerungen ist, auszuräumen.
    Jedes der Kinder, aber auch die Eltern haben ihre Probleme und Geheimnisse, welche nach und nach ans Licht kommen. Besonders für die Kinder ist es schwer loszulassen, da die Ferien und die Kindheit damals unbeschwert waren.
    Das Buch teilt sich in vier Teile, beginnt mit dem Sommer und endet im Frühling. Die Kapitel sind wie die Wochenenden in Freitag, Samstag und Sonntag eingeteilt. Dazu kommen die Leseabschnitte die mit einer den Inhalt zusammenfassenden Überschrift versehen sind. Der Erzählstil ist flüssig, lebensnah und mit viel Humor, jedoch sind immer wieder Abschnitte die nachdenklich und traurig machen. Die Autorin schreibt im auktorialen Stil, so werden die Ansichten der verschiedenen Personen gut herausgearbeitet.
    Die Figuren sind gut beschrieben und richtig authentisch, sie handeln nicht immer vernünftig aber glaubhaft. Meine Lieblingsfigur ist Cecilia, mit ihr konnte ich mich am ehesten identifizieren. Doch auch die anderen Personen sind sympathisch, eine Entwicklung war feststellbar. Nur Marianne, die Mutter mochte ich nicht, sie wirkt egoistisch und kalt. Hier werden eigentlich alltägliche Familienthemen äußerst gefühlvoll und lebensnah erzählt. Ehekrisen, überforderte Mütter, Spannungen im Geschwistergefüge, wie in so vielen Familien.
    Den am Kapitelanfang kursiv geschriebenen Unterhaltungen, Chats bzw. Briefen konnte ich nicht immer folgen. Das war manches Mal zusammenhanglos und verwirrend. Die Spannungskurve war nicht besonders hoch, doch zum Ende hin wollte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
    Eine schöne Urlaubslektüre, die ich empfehlen möchte. Wer humorvolle Familiengeschichten, mit kleinen Verwicklungen mag, wird hier gut unterhalten. Mir hat der Roman gefallen. 4 Sterne.


    ASIN/ISBN:

    ASIN/ISBN: ‎ 3596711231

  • Jede Menge Zündstoff im Sommerhaus


    kann man im Roman von Kristina Pfister "Nach dem Sommerregen" finden. Verlegt wurde er im S. Fischer-Verlag, Frankfurt, 2025 (TB, brosch., 349 Seiten).


    Marika ist von Berlin aus auf dem Weg in den Süden, zur Familie und ins Sommerhaus: Die drei erwachsenen Geschwister Cecilia (die Älteste und stets Verantwortungsbewussteste), Jonas (Sandwichkind, Lehrer wie Vater Walter und etwas lethargisch, passiv, der während des Romans dann doch plötzlich weiß, wo er hin will) und Marika, die Jüngste, der stets wenig zugetraut wurde und die deshalb (vielleicht) am weitesten wegzog, um sich in Berlin eine Existenz mittels eines Second-Hand-Shops aufzubauen.


    Alle drei haben wenig miteinander zu tun und sprechen kaum miteinander, ausser wenn sie sich im Sommerhaus der Familie treffen, wo sie viele Sommer ihrer Kindheit verbracht haben.


    Die Eltern, Walter und Marianne, haben sich ebenso wie Sohn Jonas von ihren Ehepartnern entfernt, sich auseinandergelebt. Marianne, die hier als 'stark und bezaubernd' beschrieben wird, ist für mich kaum sichtbar und bleibt auch bis zur letzten Seite nicht sehr deutlich zu erkennen (und eher unsympathisch). Walter scheint ein Familienmensch zu sein, auch wenn er ansonsten "am liebsten seine Ruhe hat" und sich auch so verhält (er verschwindet, wenn ihm eine Situation zu viel wird), freut er sich doch sehr, seine "Kinder" um sich zu haben, wenn sich alle im Sommer treffen und er seinen 70. Geburtstag feiert.


    Diesen vorzubereiten, macht sich Cecilia (wie bei allem in ihrem Leben) den meisten Stress; Jonas hingegen ist völlig entspannt, rührt kaum einen Finger (ausser wenn es um die hübsche Nachbarin Billy geht, deren Sohn im Sommerhaus hilft, um sich etwas dazuzuverdienen) und Marianne glänzt erstmals durch Abwesenheit: Ihre Freundin Doro, die mit Dirk verheiratet ist, liegt im Hospiz im Sterben.


    Dass hier etwas schief liegt, ist erkennbar, als besagter Dirk auftaucht und ihn Walter recht erbost auffordert, zu gehen. Was für ein alter Konflikt ist hier die Wurzel dieses Verhaltens - und was hat Marianne damit zu tun, die er eigentlich sprechen will?


    Meine Meinung


    Ich hatte andere Erwartungen an diesen Roman, der mich leider nicht überzeugen konnte: Die Figuren ließen kaum eine wirkliche Annäherung des Lesers zu, die Dialoge (z.B. zum Thema Geschwister) blieben oberflächlich, sprachlich platt und ohne Tiefe.


    So liest man von den Vorbereitungen des Geburtstagsfests, von schwelendem Ärger unter der Oberfläche, von Eheproblemen und Trennungen, von Männern, die aus dem Haus geworfen werden (um sich im Sommerhaus wiederzutreffen); von einem abgefackelten Baumhaus, von einem Speed-Dating für Senioren, von Entscheidungen für oder gegen ein Kind (wobei man erstaunt ist, dass es nicht durch einen 'Ausrutscher' zu einer Fehlgeburt kam) und von drei Geschwistern, die völlig unterschiedlich sind und die dennoch ihre wertvollsten Erinnerungsstücke beim Ausmisten des Sommerhauses gemeinsam vergraben.


    Es gehört Marianne, die "damit tun kann, was sie will und ihren Kindern nichts schuldig ist", wie sie im Roman sagt: Die erwachsene Cecilia, Jonas und Marika dürfen zwar zum Ausmisten kommen, Entscheidungen, was mit dem Haus voller Erinnerungen passiert, kommen jedoch nur der Mutter zu. Dies fand ich etwas befremdlich (gelinde gesagt) und freute mich dann für die Geschwister, dass 'jemand' dann doch noch eine Lösung fand....


    Vieles bleibt auch nach dem Ende des Romans für mich im Dunkeln, auch die rückblickenden Einschübe fand ich nicht sehr erhellend. Vermutlich sollten sie für Spannung sorgen, doch bei mir haben sie eher das Gegenteil bewirkt. Zu viel war vorhersehbar und einige meiner Vorahnungen bestätigten sich leider; zudem konnte ich weder Spannung noch Humor erkennen. Manches war sehr überspitzt dargestellt: Ich kann mir z.B. kaum vorstellen, dass ein Mensch über zwei Jahre lediglich 3 Stunden schlafen kann, ohne mehr als einen burnout zu erleiden; vor allem mit einem Kleinkind wie Oskar, vieles erschien mir hingegen immer wieder fragmentarisch und die intensivere Ausleuchtung der Figuren fehlte.


    Themen dieses Romans sind Überforderungen im Alltag (besonders von Müttern), Geschwisterrivalitäten und -rollen, Familiengeheimnisse bzw. fehlende Offenheit, Trennungen und Neuanfänge. Besonders glänzte in letzterer Rolle Marianne, die Mutter, die alle Fenster aufreißt und das Bedürfnis hat, "mal ordentlich durchzulüften" - was man bestenfalls mit der Klärung von Beziehungen gleichsetzen kann. Eine Empfehlung kann ich hier nicht aussprechen und vergebe 2,5 *