6 aus 49, von Jacqueline Kornmüller

  • 6 aus 49, von Jacqueline Kornmüller


    Cover:

    Das Cover hat mir gleich gefallen und passt auch zur „Lottosüchtigen“ Lina.


    Inhalt und meine Meinung:

    Der Einstig ist gelungen und macht mich betroffen. Aber je mehr die Geschichte voranschreitet, desto mehr von seiner Strahlkraft verliert sie und fühlt sich an als sind einfach nur beliebige Episoden aneinander gereiht. Am Ende denke ich: Ok die Autorin hat mir jetzt viel erzählt, auch über sich, aber Lina (die Oma) habe ich nicht kennengelernt, so mit ihren Gefühlen und dergleichen.

    Die Gefühle als sie erkannte das ihre große Liebe ein Bigamist war, oder die Gefühle als die tatsächlich 6 Richtige hatte.


    An die Schreibweise musste ich mich erst gewöhnen. Nicht immer war mir gleich klar, ob das jetzt die Erinnerungen der Enkelin oder der Oma waren. Auch an die immer wieder kehrenden Wiederholungen beim Erzähle konnte ich mich bis zum Schluss nur schlecht gewöhnen.

    Das Ganze ist mir auch viel zu sachlich erzählt. Die ganzen Emotionen sind mir zu wenig eingebaut und kommen zu wenig bei mir an.


    Autorin:

    Jacqueline Kornmüller ist Regisseurin, Schauspielerin und Autorin. Sie lebt und arbeitet in Wien,


    Mein Fazit:

    Ein starker Einstig der jedoch bald nachließ

    Von mir 3 Sterne


    ASIN/ISBN: 3869713151

    Edit: ISBN angepasst, damit das Cover angezeigt wird. Gruß Herr Palomar


  • Nachdem ich begeistert "Das Haus verlassen" von Jaqueline Kornmüller gelesen hatte, war ich sehr gespannt auf ihren neuen Roman, den sie ihrer geliebten Großmutter widmete: "6 aus 49" bezieht sich auf die leidenschaftliche (System)lottospielerin Lina, die hier eine liebenswerte und weise, unerschütterliche und starke Hauptprotagonistin ist und die man im Roman peu à peu besser kennenlernen kann. Erschienen ist der Roman bei Galiani Berlin (HC, geb., 223 S.) und das wunderschöne Buchcover mit Lina und Maria, die zeitlebens unzertrennliche "Schwestern im Geiste" bleiben sollten, wurde von niemand Geringerem als von Kat Menschik gestaltet.


    Die Großmutter der Autorin, Lina, entstammt tiefster Armut; "einer Armut, die verboten gehört", wie sie selbst zeitlebens sagte und diese nie vergaß. Es gelingt ihr, eine Stelle in einem Hotel des in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts aufstrebenden Partenkirchen zu finden, in der sie zuerst in der Küche Pfannen schrubbt. Bis Fanny, eine Hotelangestellte, sie im Service anlernt und Lina immer mehr Gefallen am Hotelwesen findet. Hier sollte sie auch Maria begegnen, der sie zeitlebens verbunden war. Durch einen Zufall verpachtet ein Chemiker, der nach Berlin zieht, das schönste Haus am Platz: Die "Amalie"; hier sollten beide Frauen ihr Glück finden, in dem sie Zimmer (und später mehr Zimmer) vermieteten und Lina die Gastfreundlichkeit in Persona war; Maria dagegen eher schüchtern und im Hintergrund. Dafür ist sie jedoch kreativ und entwirft eigene Daunenbettdecken für das Hotel, mit dem sie sich selbständig machten (was ein Glück war, da Lina schwanger war), die solch' einen Erfolg haben, weil man himmelsgleich in ihnen schläft, dass sie später mit der Werkstatt und der Herstellung expandieren sollten. Der Tourismus kommt im bayrischen Partenkirchen, das später nach Hitlers Wunsch mit Garmisch zusammengelegt werden sollte, in den 20er Jahren in Fahrt und Personal wird überall gesucht. Doch es ist auch die Zeit der beginnenden Verfolgung von Juden: An einigen Beispielen weist die Autorin und Enkeltochter Linas darauf hin, wie unmenschlich mit Juden umgegangen wurde und die "Juden-Abwehrschilder" vor Wettkämpfen und Winter-Olympiaden flugs abgebaut wurden, um sie später wieder (und Schlimmeres) aufzustellen.


    Auch wird nicht verschwiegen, dass Amtsleiter unbeschadet auch nach dem Krieg in Amt und Würden waren; diese Gesellschaftskritik fand ich sehr wichtig und fand es gut, dass sie (bei allem Glück der Großmutter) hier nicht ausgespart wurde. Im Gegenteil: Die Autorin springt oft in der Zeit und bringt dennoch das Wesen der Großmutter, die eine starke Persönlichkeit war, der geneigten Leserschaft näher. Lina's Rücken hatte die Enkelin "stets vor allen Unwägbarkeiten des Lebens geschützt" und dies bis ins hohe Alter; wenn auch die Kreise zwischendurch nicht immer eng waren. Dennoch hielt die enge Verbindung wohl ein Leben lang und es ist ein Roman voller Respekt und Ehrfurcht vor Lina, die immer zuversichtlich war, an ihr Glück glaubte (auch im Lottospiel) und dieses selbst in die Hand nahm. Die ein Lachen besaß, "das alles Schwere wegwischte", die aus Nichts etwas machen konnte und sich mitmenschlich und selbstlos zeigte: So wies sie einem jungen Amerikaner (Besatzungsmacht nach dem 2. WK in Bayern) an einem eiskalten Winterabend nicht die Tür, sondern ließ ihn in ihrem Wohnzimmer (mit Frühstück) übernachten: Dies sollte sich als weiteres Glück erweisen, da dieser junge Mann später ein weltberühmter Reisejournalist war, der in einem seiner Bücher Lina erwähnte. Woraufhin 'halb Amerika auf ihrer Couch übernachten wollte'. Das Hotel war also immer ausgebucht und Lina, die sich mit Fremdsprachen schwer tat, reichten sieben englische Wörter, um sich verständlich zu machen. Hier und da blitzt also immer wieder Humorvolles auf, das neben auch schwierigen Zeiten überwiegt. Zumal das Glück (sehr viel später auch in Form eines Sechsers im Lotto!) nie abwesend, sondern immer an der Seite Lina's bleibt. Nur auf die Liebe sollte sich dieses Glück nicht beziehen. Dennoch liebte Lina zeitlebens "das Zufällige, das Überraschende, das Unverfügbare" - und das Wesen des Glücks ist unverfügbar.


    Dies hat mir die Großmutter sehr sympathisch werden lassen, je mehr ich von ihr las. Im letzten Drittel erzählt J. Kornmüller auch aus ihrem Leben und mir gefiel die erste Hälfte des Romans noch besser als die zweite, da es interessant und spannend war, mit der Autorin auf das Leben einer sehr starken Frau zurückzublicken, die stets an ihr Glück glaubte. Es ist eine liebevolle Hommage an die Großmutter von J. Kornmüller, deren Liebe und Zuversicht, aber auch ihre Gastfreundschaft, ihr Humor und ihre Mitmenschlichkeit einen Roman durchaus verdienen. Die Kapitel sind kurz, die Handschrift der Autorin glasklar und schnörkellos, der Stil regt dazu an, gerne zwischen den Zeilen zu lesen (was ich sehr mag). Etwas befremdlich fand ich die Distanz zwischen der Autorin und deren Mutter, die im Roman nur mit "Linas Tochter" benannt wird: Der Grund dieser Distanz bleibt dem Leser jedoch verborgen.


    Da Lina stets bewusst war, wie viel Armut es gibt (der sie entrinnen konnte), hat sie auch das Leben geliebt, das sie führen konnte (Bali mit Maria im 5-Sterne-Ressort, dahinter die Wellblechhütten); die Schweiz, Venedig mit der Enkelin etc. "weil sie es bezahlen konnte". Hier hätte ich mir vielleicht einen kleinen Hinweis der Autorin gewünscht, dass Lina (z.B. nach dem 6er im Lotto) auch einen Teil des Geldes gerne - für Menschen, die nicht im Glück baden konnten - gespendet hätte. Das ist aber auch mein einziger Kritikpunkt; ansonsten habe ich den Roman sehr gerne gelesen und empfehle ihn gerne weiter! Von mir 4****