Mona Horncastle - Peggy Guggenheim

  • Klappentext

    Peggy Guggenheim, der Venedig eines der aufregendsten Museen der Moderne zu verdanken hat, galt lange als skandalöses »armes reiches Mädchen« und wurde als »hässliches Entlein« verspottet. Zu Unrecht, wie Horncastles neue Biografie beweist. Als junge Frau im Paris der 1920er Jahre ist sie Teil der literarischen und künstlerischen Avantgarde, wird 1941 zur Fluchthelferin und rettet sich selbst und ihre Sammlung »entarteter Kunst« vor den Nazis nach Amerika. Ihre Galerie in New York wird zum Anlaufpunkt europäischer Künstler:innen im Exil und zum Flaggschiff des Abstrakten Expressionismus, den sie 1948 nach Europa bringt. Sie war emanzipiert, engagiert und immer unerschrocken. Eine außergewöhnliche Frau, die den Zeitgeist des 20. Jahrhunderts gefördert hat, als Museen vom Louvre bis zum MET sich einig waren: Das ist keine Kunst.


    Über die Autorin

    Mona Horncastle ist promovierte Kunsthistorikerin. Von 2005 bis 2018 war sie Verlegerin des Horncastle Verlages, bis 2022 leitete sie zudem ein gemeinnütziges Unternehmen für Bildungsprojekte. Seit 2016 ist sie als freischaffende Autorin und Kuratorin tätig. Im Molden Verlag veröffentlichte sie Biografien über Margarete Schütte-Lihotzky sowie über Josephine Baker.


    Mein persönliches Fazit

    Um Peggy Guggenheim ranken sich Geschichten, Gerüchte, Vermutungen und Anekdoten. Nicht immer schmeichelhaft. Mal wird sie als Femme fatale betitelt, die die Männer reihenweise verschlingt. Als unkonventioneller Freigeist, die nicht viel auf gesellschaftliche Normen gibt. Und auch als Kunstkäuferin mit wenig Verstand und großem Geldbeutel. Also durchaus eine Frau mit einer ziemlich großen Projektionsfläche. Umso besser gefällt mir, dass der Focus in dieser Kurzbiografie auf ihrem Schaffen liegt und nicht auf ihrem Privatleben. Ganz ohne einen Einblick ins Private geht es natürlich nicht, wenn man über den Werdegang eines Menschen schreibt. Liegt die Prägung doch oft in den Erlebnissen der Kindheit und Jugend. Aber der Autorin ist eine weitgehend neutrale Schilderung von Peggys Familienleben gelungen. Die ein oder andere etwas humoristische Formulierung bei der Patchwork-Konstellation sei da an der Stelle verziehen, auch wenn man es noch sehr versucht nüchtern aufzuschreiben. Es bleibt ein wenig ein Kuriosum.

    Horncastle deutet im Nachwort an, dass es nicht die einfachste Beziehung zwischen Peggy und ihren Kindern gab und lässt es bewusst heraus. Ich finde das gut, es geht in diesem Buch einzig und allein um das künstlerische Lebenswerk der Peggy Guggenheim.

    Und das ist als Kunstsammlerin, Galeristin, Entdeckerin und Mäzenin ein wahnsinnig starkes Vermächtnis. Das Buch vermittelt das Bild einer Frau, die einerseits ein Kind ihrer Zeit ist, andererseits auch den engen Vorstellungen der damaligen Gesellschaft zu entfliehen versucht, auch ein wenig ihrer Zeit voraus ist. Eine Frau, die im wahrsten Sinne des Wortes lebensfroh war, durch die Seiten aber auch unruhig und von einer Rastlosigkeit getrieben erscheint. Dafür auch zielstrebig, großzügig, loyal und ein kleines bisschen rachsüchtig. Und ein bisschen exzentrisch. Aber erwartet man das nicht auch irgendwie von jemandem aus der Kunstszene? Ich bin mir ziemlich sicher, dass in heutige Zeit Peggy Guggenheim auch ein Social Media Star wäre, der Kunst und Glamour ganz wunderbar miteinander Einklang gebracht hätte.


    Das Buch gibt einen umfassenden und guten ersten Eindruck zu Peggy Guggenheim als Kunstsammlerin und Galeristin. Gleichzeitig macht es auch Lust, sich noch eingehender mit der Person und ihrer Arbeit zu beschäftigen. Nur das Name-Dropping artet an der einen oder anderen Stelle für meinen Geschmack etwas zu sehr aus.


    ASIN/ISBN: 3222151296

  • Peggy Guggenheim, eine Frau, die Geschichte geschrieben hat


    Im Allgemeinen bin ich nicht für Biographien zu haben. Aber bei Peggy Guggenheim und der Buchautorin mache ich gerne eine Ausnahme. Der nüchterne, klare Stil ist passend zum Sachbuch und zum Thema. Sie scheut sich nicht, den Finger tief in die Wunde zu drücken und den Antisemitismus in den Vereinigten Staaten im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts offen zu legen. Mit anderen Worten, der Antisemitismus ist nicht eine deutsche Erfindung.

    Mona Horncastle romantisiert und beschönigt nichts. Peggy Guggenheim polarisiert. Für die einen ist sie die große Mäzenin, die die moderne Kunst im 20. Jahrhundert gefördert hat, hat vielen Künstlern zum Durchbruch verholfen, hat sie gefördert, hat sie aus Deutschland und Frankreich zur Zeit des Nazi-Terrors herausgeholt, hat ihre “entartete” Kunst durch die Wirren des Krieges gerettet und mit Ausstellungen, Retrospektiven, Gründung von Museen und Sammlungen die Kunst gerettet. Für die anderen ist sie nur ein Vamp, eine Frau mit zu vielen Liebschaften, eine schlechte Mutter, schlechte Ehefrau, usw. Das sind aber nur die, die einer Frau ein eigenes Leben aberkennen, sie auf die Rolle des Heimchens am Herd und der Mutter reduzieren wollen. Aber das wollte Peggy Guggenheim nie. Als junge Frau weigert sie sich, einen der “begehrenswerten jungen Männern aus jüdischen Kreisen” (S. 34) zu heiraten.

    Nach dem Ersten Weltkrieg reist Peggy nach Europa, verbringt viel Zeit in Paris, lernt die jungen angesagten Künstler kennen und beginnt damit ihre Karriere als Mäzenin. Das Buch verfolgt akribisch ihr Leben, ohne voyeuristisch zu wirken. Zahlreiche Bilder zeigen Peggy auf ihren Stationen im Leben.

    Mona Horncastle hat bewusst einige Themen aus Peggy Guggenheims Leben ausgelassen, so z.B. ihr Liebesleben, denn das “gehört in den Boulevard”. (S. 194)

    Sie stellt auch die Frage, wenn Peggy Guggenheim ein Mann gewesen wäre, wie er dann beurteilt worden wäre? Niemand hätte ihn nach Ehefrauen, Kindern, Geliebten oder Aussehen gefragt. Man hätte sich nur für seine Sammlungen und Kollektionen, für sein Lebenswerk interessiert. “Das steht auch Peggy Guggenheim zu”. (s. 194)