Hier kann zu den Seiten 001 - 079 ( bis einschl. Mumbai Januar 1999) geschrieben werden.
'Wiedersehen in Rajasthan' - Seiten 001 - 079
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Ich bin gut in die Geschichte reingekommen, habe aber schon viele Fragen von denen ich hoffe, dass sie sich im Lauf der Lektüre auflösen.

Zentrale Frage ist natürlich: was hat seinerzeit zum Zerwürfnis zwischen Paulas Mutter Marion und Gesa Khandal geführt. Es scheint mit Indiskretionen zu tun zu haben, möglicherweise aber auch mit einer Tara, über die bislang außer dem Namen noch nichts bekannt ist.

Paula erscheint mir bislang als einziges Mitglied ihrer Familie (von den Großeltern mal abgesehen) sympathisch zu sein. Sowohl die Geschwister Conrad und Clara als auch die Eltern Marion und Günther erscheinen recht lieblos. Über den Vater heißt es ja an einer Stelle, er neigte früher zu Wutanfällen und Herumbrüllen und auch, er habe in seiner Kindheit schlimme Dinge erlebt. Vermutlich ist hier die Ursache für sein späteres Verhalten zu finden (was dies aber natürlich nicht entschuldigt!)? Hier blieb mir als charakteristische Beschreibung der Familie „es gab keinen Raum für Diskussionen, sondern immer nur schwarz-weiß“ haften.
Mutter Hanne Marion ist an Krebs gestorben, der Vater hat hier wohl ein wenig mit Morphium nachgeholfen – ich werte das bislang als Sterbehilfe.
Dass Clara die Beerdigung der Mutter auf den einzigen Tag legt, der ihr von Paula als „nicht machbar“ gesagt wird, läßt auch tief blicken, sowohl was Clara angeht als auch das Verhältnis der Schwestern zueinander.
Paula selbst erscheint mir zwar sympathisch, aber auch sehr problembehaftet. Ihre Kindheit arbeitet sie wohl mit Hilfe einer Therapeutin auf, vermutlich ebenso wie die Beziehung zu Max, ihrem Ex. Dieser scheint ein Widerling zu sein: so hatten sie ein gemeinsames Unternehmen, bei dem er sie wohl übervorteilte und dann auch noch mit einer anderen Frau betrog. Paula selbst meint über ihre Mitbewohnerin Penny, dass sie sich früher wohl einmal in Penny verliebt hätte, sich seit Max aber nur noch für Männer interessiert. Bezeichnend für sie ist vermutlich auch „statt wütend zu sein, ist sie lieber tapfer“.
Auch über Gesa Khandal, die einstige Freundin ihrer Mutter erfährt man in diesem Abschnitt schon einiges. So bekam sie bereits mit 16 ihren Sohn Ashok von ihrem Freund Ravi. Dass sie in dieser Zeit nach Indien zu Ravi auswandert ist angesichts der Entwicklung Deutschlands in diesen Jahren sicher nicht die dümmste Idee. Zuhause hätte sie auch nichts zu erwarten; ihre Geschwister Nils und Inken sind beides furchtbare Rassisten und sehr wahrscheinlich auch überzeugte Nationalsozialisten. Gerne wären sie das Kind durch Adoption losgeworden. Da ist Indien auf jeden Fall die bessere Wahl für Gesa.
Ich bin gespannt, wie Gesa darauf reagieren wird, dass Ravi in Indien bereits eine Ehefrau, Madhavi, hat. Diese Ehe war arrangiert und für Ravi die Bedingung, die er erfüllen musste, damit er das Stipendium „im Land der Unreinen“ annehmen durfte.
Ich frage mich, warum Paula anscheinend erst später zu ihrer Familie nach Indien stößt und vorher noch in Deutschland „ihr Deutsch aufbessern muss“, ihre Geschwister aber nicht. Beim Wiedersehen sind sowohl ihre Mutter als auch ihre Schwester ekelhaft zu ihr (wegen ihres Gewichts), obwohl sie sich vorher viele Monate lang nicht sehen. Warum?
Hier hatte ich eine mögliche Erklärung für diese Lieblosigkeit: Ist Paula vielleicht ein uneheliches Kind ihres Vaters und wird deswegen von der Mutter abgelehnt? Ich glaube es zwar nicht, werde den Gedanken aber erst mal im Hinterkopf behalten.
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Es ist deutlich über zehn (eher fünfzehn) Jahre her, daß ich zuletzt lesemäßig in Indien war. Inzwischen bin ich sogar (meist) von Darjeeling-Tee auf solchen aus Nepal umgestiegen.
Insofern bin ich gespannt, wie mir dieses Buch gefallen wird (und ob ich mich nach so langer Zeit wieder mit Indien „anfreunden“ kann), zumal es auf zwei Zeitebenen spielt, was ich eigentlich
recht gerne lese.Ich überlege allerdings schon seit geraumer Zeit (genauer seit Seite 14), ob ich mich hier gleich zu Beginn unbeliebt machen soll. (Ich habe vor vielen Jahren mal in einer Leserunde ganz vorsichtig ähnliche Ansichten geäußert und ziemlichen Protest geerntet - hier im Forum und sogar Angriffe durch Unbeteiligte außerhalb, weshalb ich normalerweise nur noch innerhalb der eigenen vier Wände Äußerungen dazu fallen lasse, aber da es hier im Buch auftaucht und dies eine offizielle LR ist, sei es drum.) Andererseits dienen diese Leserunden (zumindest verstehe ich das so) auch dazu, daß Autoren ehrliche Rückmeldungen von Lesern erhalten.
Also denn: Hätte ich eine Leseprobe gelesen, und da wären Martin und Bernie als Paar vorgekommen, wäre die Geschichte damit für mich zu Ende gewesen. Ich hättre das Buch ins Regal zurück gestellt oder nicht bestellt. Gedankengänge wie auf Seite 63 („(...) aber seit Max interessierte sie sich nur noch für Männer.“ Und zuvor?) kann ich - offen gesagt - überhaupt nicht nachvollziehen. Es gibt Dinge und Themen, mit denen ich nicht in Berührung kommen möchte und schlicht und einfach davon verschont werden will. Und das ganze „queere Thema“ gehört dazu. Das taucht inzwischen sogar in ansonsten schönen Weihnachtsfilmen auf. (Gut, das dürfte sich ab diesem Jahrgang ändern - Stichwort Donald Trump und die „Hörigkeit“ der US-amerikanischen Industrie auf ihn.) Jeder möge so leben, wie er will. Aber er möge mich damit verschonen. „In meinem Staate kann jeder nach seiner Façon selig werden.“, hat schon der Alte Fritz (Friedrich II. der Große, 1712 - 1786) gesagt. Kann das nicht heute genau so sein? Ohne daß man groß Aufhebens darum macht?
Mehr werde ich von mir aus dazu nicht äußern.
Abschnitt durch - um dabei zu bleiben: die Familie von Paula erinnert mich an eine deutsche aus einem deutschen Weihnachtsfilm: unharmonisch, dysfunktional, konfliktbeladen. Drum gucke ich deutsche Weihnachtsfilme ja auch in aller Regel nicht - zumindest die neueren, die älteren sind oft ganz ordentlich.
Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich im Buch „angekommen“ bin, was daran liegen könnte, daß die letzten beiden Romane, die ich gelesen habe, auf Englisch waren, oder auch daran, daß der direkte Sprung vom Manhatten der Weihnachtszeit des Jahres 1947 nach 1999 (bzw. 1935) in zudem völlig andere Umgebungen recht krass ist und etwas „Umgewöhnungszeit“ benötigt.
Bei Paula und ihrer Familie blicke ich noch nicht so richtig durch, irgendwie eine seltsame Familie mit seltsamer Interaktion. Ich schätze, da wird sich im Laufe des Buches noch einiges aufklären und besser verständlich werden. Die Geschwister scheinen sich jedenfalls nicht sonderlich nahe zu stehen. Paula war anscheinend die einzige, die in einem Internat leben mußte? Auch die Ankunft in Indien 1965 war irgendwie seltsam.
Gesa muß doch schon ziemlich alt sein, so Mitte 80 würde ich schätzen.
Den ersten Abschnitt betrachte ich als eine Art Ouvertüre, in der handelnde Personen wie Gegenden vorgestellt und eingeführt werden. Ich bin jedenfalls gespannt, wie sich alles fügen wird.
Ach so, ich hatte recht früh vermutet (noch bevor es im Buch erwähnt wurde), daß Ravi in Indien schon verheiratet ist, was sich dann ja bestätigt hat. Ich bin mir nicht sicher, ob in Indien (damals) Doppelehen erlaubt waren, aber das wird sicherlich bald Thema sein. Vor allem dürfte Gesa, wenn sie es erfährt, ziemlich perplex sein. Auf die Reaktion bin ich gespannt.
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Ich möchte zum Thema Queerness auch kein Fass aufmachen, denn es scheint mir auch kein zentrales Thema des Buches zu sein, möchte aber dennoch zumindest ganz kurz darauf eingehen: „Jeder möge nach seiner Fasson glücklich werden“ (aber Dich damit verschonen).
Genau das wird aber auch heute noch ganz vielen Menschen erschwert. Queerness wird ja nicht nur im Schlafzimmer gelebt, die Menschen möchten ganz genau wie Du und ich einfach nur in Ruhe leben und akzeptiert werden, so wie sie sind und sie möchten einen Alltag erleben, in dem sie nicht diskriminiert oder gar angegangen werden.
Ich empfinde Paulas Familie auch als dysfunktional und ich bin gespannt zu erfahren, warum sie alle so eigenartig sind, wie sie sind.
Gesa müßte ca. 1919 geboren worden sein, ich schätze sie daher auf Anfang 80.
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denn es scheint mir auch kein zentrales Themades Buches zu sein,
Nein, ist es (bisher) überhaupt nicht.
: „Jedermöge nach seiner Fasson glücklich werden“ (aber Dich damitverschonen).
Genau das wird aber auch heute noch ganz vielen Menschen erschwert.
Was mich - zunehmend - nervt ist schlicht, daß das Thema inzwischen anscheinend auftauchen muß (nach dem Motto "Ach, was sind wir so divers"), zumindest empfinde ich es so. Da mache ich zunehmend "dicht", so daß solche Bemerkungen für mich Ausschlußkriterien sind. Das wollte ich lediglich als Rückmeldung an die Autorin (und vielleicht den Verlag) verstanden haben, denn wie ich oben schrieb, bin ich der Meinung, daß solche Leserunden ehrliche Rückmeldungen für Autor (und vielleicht auch Verlag) sein können - eben "live" aus der Leserschaft.Im Übrigen gibt es solches bei uns in direkter Nachbarschaft - und keinerlei Probleme (wieso auch). Eben nach dem Motto "Jeder nach seiner Vorstellung, ohne den anderen zu belästigen - denn wie ich leben will, geht nur mich etwas an". Eher im Gegenteil, wir haben teils freundschaftlichen Kontakt.
Gesa müßte ca. 1919 geboren wordensein, ich schätze sie daher auf Anfang 80.
Stimmt, ich habe nochmals nachgelesen, das hatte ich falsch in Erinnerung.
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Ich bin jetzt auch mit dem ersten Abschnitt durch.
Sowohl Paula, als auch Gesa kommen aus recht merkwürdigen Familien.
Die Geschwister Paula, Clara und Conrad scheinen sich nicht sehr nahe zu stehen und da scheint es auch noch andere Probleme zu geben. Denn warum sollte sonst Clara (wie ich es empfunden habe) absichtlich den Termin für die Beisetzung der Mutter ausgerechnet an dem Tag ansetzen, den Paula als einzigen ausgeschlossen hatte. Und sie hatte ja auch gute Gründe dafür.
Und auch Gesa hatte es nicht leicht. Ihre Mutter starb bei ihrer Geburt, ihre Geschwister geben ihr die Schuld dafür. Sie wird mit 16 schwanger - von einem "Schwarzen" auch noch - eine Schande für den Rest der Familie. Aber sie hat sich nicht unterkriegen lassen, hat Ravi, den Kindsvater geheiratet und folgt ihm nach Indien. Recht hat sie, was hält sie denn (ausser Friedel) in Deutschland. Mit dem aufkommenden Nationalsozialismus wäre sie als alleinerziehende Mutter eines farbigen Kindes nicht froh geworden.
Ravi hat ihr allerdings verheimlicht, dass er in Indien schon verheiratet ist. Was Gesa wohl davon halten wird ? Kann sie neben einer anderen Frau mit Ravi in Indien glücklich werden ? Oder verlässt sie ihn irgendwann und bestreitet ihr Leben selbst ?
Und ein bisschen übertrieben hat Ravi ja auch immer in seinen Briefen. Er stellt sich als recht wichtigen Ingénieur hin und ist dabei doch eher ein Bürohengst, der die meiste Zeit hinter seinem Schreibtisch sitzt. Was wird Gesa sagen, wenn sie herausfindet, dass ihr Ravi gar nicht so wichtig ist, wie sie denkt ?
Fragen über Fragen, da werde ich weiter lesen müssen.
Zurück zu Paula. Sie reist nach Indien um mehr darüber herauszufinden, warum sie damals so überstürzt aus Indien abgereist sind und warum die Freundschaft der Mutter mit Gesa zerbrochen ist. Ein Missverständnis soll der Grund für das Zerwürfnis sein. Was kann so schwerwiegend sein ?
Paula hat sich die vier Jahre in Indien sehr wohl gefühlt und wollte wohl auch nicht weg.
Paula war im Internat. Warum nur Paula ? Und sie war auch noch 9 Monate bei der Oma, obwohl der Rest der Familie schon in Indien weilt. Sie - und nur sie! - sollte ihr deutsch aufbessern. Clara brauchte das wohl nicht ?
Paula kommt mir als das ungeliebte Kind vor. Vielleicht ist sie ja nicht das leibliche Kind der Mutter. Das könnte ich mir als Erklärung vorstellen. Die Szene als die Familie nach Deutschland kam um sie abzuholen spricht ja für sich. Paula freut sich auf das Wiedersehen und ihre Mutter meint, total unterkühlt, dass sie "schwanger" also fett, wäre. Von Wiedersehensfreude keine Spur. Und auch Clara ist nicht nett zu ihr. Obwohl bei Clara wahrscheinlich Eifersucht der Grund ist. Schliesslich ist sie ja jetzt nicht mehr die "einzige" Tochter der Familie.
Allerdings belastet diese Situation Paula bis ins Erwachsenenalter und sie bekommt Hilfe von einer Therapeutin. Ich denke, es gibt viel aufzuarbeiten.
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mazian ,
das war mit Sicherheit Absicht von Clara, den Beerdigungstermin so zu legen.
Ich habe beim Lesen deiner Kommentare in mich hinein gelächelt, denn genau so habe ich es auch empfunden: Paula als das ungeliebte Kind – wobei mir ehrlich gesagt auch ihre beiden Geschwister nicht immer so geliebt vorkommen. Aber sie scheint definitiv auf dem letzten Platz gelandet zu sein und zwar sowohl bei den Eltern als auch bei den Geschwistern.
Und auch Gesa hat es nicht einfach im Leben. Ravi erscheint mir in D (vor allem auch in der Rückschau, wenn man ihn in Indien erlebt) als Aufsprecher, als Gernegroß, als Möchtegern. Doch zurück in Indien muss auch er sich wieder in seine Rolle fügen, was er – in meinen Augen – mit stetig abnehmendem Widerwillen macht.
Letztlich sind alle Protagonisten irgendwo Kinder ihrer Zeit und gefangen in den Sitten und Wertevorstellungen dieser Jahre und auch der Orte, an denen sie leben.