Julia Bähr - Hustle

  • Rache ist süß


    Hustle, Roman von Julia Bähr Ebook, Pola


    Nachdem Leonie das Büro ihres Chefs in eine Kressewüste verwandelt hat, bekommt sie in ihrem Job keinen Fuß mehr auf den Boden. Sie zieht nach München und merkt bald, dass dort das Leben mit ehrlicher Arbeit nicht zu finanzieren ist. Sie bekommt Kontakt mit einer Clique von Frauen die mit Betrügereien und illegalen Methoden ihr Luxusleben finanzieren. Und auch sie findet eine Möglichkeit, mehr Geld zu verdienen. Sie bietet Menschen, denen das Herz gebrochen wurde ihre Dienste an, um sich zu rächen.


    Das schwierige Leben junger Frauen in der modernen Konsumgesellschaft.


    Das Buch besteht aus 46 Kapiteln, in idealer Leselänge. Die Sprache ist modern und frech. Der Schreibstil ist raffiniert, aufregend flüssig und sehr schwarzhumorig. Der Beginn hat mich sofort in die Handlung hineingezogen, leider hat sich nach der Hälfte eine gewisse Eintönigkeit eingestellt. Im letzten Drittel hat die Spannung wieder angezogen. Insgesamt habe ich mich einigermaßen gut unterhalten gefühlt. Mir fällt es schwer das Buch zu beurteilen, denn ich fühle mich bei der Beurteilung zwiegespalten.
    Die Racheaktionen der Protagonistin fand ich klug und witzig ausgeführt, da musste ich immer wieder schmunzeln. Wobei ich mir mehr davon gewünscht hätte.
    In München führt die Gentrifizierung zu steigenden Mieten und zur Verdrängung einkommensschwächerer Bewohner, dies wurde hier sehr deutlich angesprochen, auch ist mir bekannt, dass eine einigermaßen menschenwürdige Wohnung, für einen Normalverdiener kaum zu bezahlen ist. Doch was diese Mädels-Clique anstellt um sich der Schickeria anzupassen, finde ich komplett übertrieben. Das Wohndilemma in München sollte hier im Buch auch keine so große Rolle spielen, ich habe eigentlich eine nicht ganz ernstzunehmende „Gaunerkomödie“ erwartet. So eine sozialkritische Lektüre habe ich nicht erwartet. Interessant fand ich die Arbeit der Protagonistin, auch durch ihr Hobby, habe ich über Schleimpilze einiges erfahren. Sehr gerne hätte ich ihre Racheakte ausführlicher beschrieben haben wollen, da war mir manchmal nicht so alles klar.
    Mit keiner der einzelnen Figuren, auch mit der Protagonistin nicht, bin ich warm geworden. Ihr Freund Nam und warum das nicht geklappt hat, habe ich nicht ergründen können, die Situation mit ihren Eltern, auch dafür bekommt der Leser keine befriedigende Antwort, was die Mädels der Clique genau anstellten, habe ich nicht so richtig herausgefunden, Ausnahme später Kim. Wer hat in der zoologischen Staatssammlung, was gestohlen? Was ist mit Alfred Mayer? Für meinen Geschmack blieben einfach zu viele Fragen offen. Die Protagonistin hat sich im Laufe des Buches kaum weiterentwickelt, zumindest nicht im Guten, dabei hätte sie genügend Möglichkeiten gehabt.
    Mir war alles zu skurril, auch nicht witzig genug. Von mir 6 Punkte.


    ASIN/ISBN: 375960028X

  • Leonie Hendricks, 30, ist eigentlich Pflanzengenetikerin, braucht aber einen beruflichen Neuanfang. Deshalb nimmt sie in München einen Job an, der nicht zu ihrer Expertise passt. Trotzdem ist das Geld knapp. Da lernt sie eine Frau kennen, die mit zweifelhaften Methoden ihren Lebensunterhalt verdient. Leonie ist fasziniert. Sie entschließt sich, künftig auch auf unkonventionelle und unmoralische Weise an Geld zu kommen…


    „Hustle“ ist ein Roman von Julia Bähr.


    Erzählt wird die Geschichte in 46 kurzen Kapiteln aus der Sicht von Leonie. Die chronologische Handlung umfasst etliche Monate.


    Die Sprache ist unauffällig und wenig kunstvoll, aber anschaulich und der Geschichte angemessen. Die Dialoge wirken sehr lebensnah.


    Leonie ist eine zugleich reizvolle, interessante und unbequeme Protagonistin. Nicht alle ihre Entscheidungen und Reaktionen konnte ich komplett nachvollziehen. Dennoch habe ich ihre Gedanken und ihr Handeln gerne verfolgt.


    Auf der inhaltlichen Ebene geht es vor allem um weibliche Wut und Selbstbefreiung. Freundinnenschaft und persönliche Weiterentwicklung spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Der Text ist zudem durchzogen von kritischen Passagen: an den absurd hohen Mieten und prekären Verhältnissen in Großstädten, am Kapitalismus, an der Konsumgesellschaft, an der Benachteiligung von Frauen, an der vorherrschenden Misogynie und ähnlichen Aspekten. Das alles macht den Roman facettenreich und äußerst aktuell. Die Geschichte liefert immer wieder Denkimpulse.


    Auf den wenig mehr als 300 Seiten ist der Roman unterhaltsam und kurzweilig. Zwar ist die Handlung nicht durchweg realistisch, allerdings sehr witzig. Auch das etwas überraschende Ende fühlt sich für mich stimmig an.


    Der Titel hat sich mir nicht auf Anhieb erschlossen, passt jedoch gut zum Inhalt. Das Cover, eine ebenfalls treffliche Wahl, finde ich sehr ansprechend gestaltet.


    Mein Fazit:

    Mit „Hustle“ ist Julia Bähr ein vielschichtiger, humorvoller und intelligenter Roman gelungen, der mich bestens unterhalten hat. Meine Neugier auf weitere Bücher der Autorin ist nun geweckt.


    Ich vergebe vier von fünf Sternen.