'Das Amulett der Fuggerin' - Seiten 176 - 371

  • Zitat

    Original von milla
    :write Das entspricht ungefähr auch meiner Meinung, auch wenn mir immer noch nicht ganz klar ist, wieso er mit seiner eigenen Frau, die ja wohl strahlend schön ist und sich offensichtlich nach seiner körperlichen Liebe sehnt, nicht mal die Ehe vollziehen kann, bei anderen Frauen aber damit kein Problem zu haben scheint :fetch


    Ja, da könnten wir jetzt wild spekulieren. :grin Ich habe auch keine Idee............vielleicht äussert sich ja Peter Dempf nochmal dazu? :-)

  • *spekulier*


    Also:
    Jakob Fugger hat zuviel Respekt vor seiner Frau, die - trotz seines Reichtums - einen höheren gesellschaftlichen Rang als Tochter einer Ratsfamilie hat. Deshalb fühlt er sich unterlegen und hat bei ihr Potenzprobleme.
    Bei anderen Frauen, wie bei Prostituierten oder seiner Mätresse fühlt er sich überlegen und kann daher seinen Gelüsten ungehindert nachgehen.


    :gruebel

  • Zitat

    Original von Ikarus
    Wie willst Du bitte aus sehr wenigen Sätzen beurteilen können, ob ich in der Lage bin, über den berühmten und oft zitierten Tellerrand hinauszusehen?


    Ich habe nicht geschrieben, dass du dazu nicht in der Lage bist. Ich schrieb, dass es nicht schadet.


    Mit dem Buch hat es insofern etwas zu tun, weil Jakob Fugger in dieser Leserunde als "beziehungsunfähig" und sonstiges bezeichnet und dies direkt pauschal auf die "Machtmenschen" bezogen wurde und du dann geäußert hast, dass du solche "Ehrgeizlinge" nicht um dich haben willst.


    Es ist nicht gerade ein Ziel von mir, undurchsichtige Menschen zu durchschauen, aber es ist höchst interessant die Innenseiten manch "eiskalter Geschäftsleute" kennen zu lernen und diese Menschen einfach als Menschen zu sehen und zu verstehen.


    Ich sträube mich halt dagegen, Menschen (egal welche) nach Äußerlichkeiten zu beurteilen. Mehr nicht. Deshalb, somit sind wir immer noch beim Buch und der Leserunde- finde ich die gewählte Darstellung Jakob Fuggers unbefriedigend und die Spekulationen darüber etwas von Vorurteilen überladen.


    Frederike sagt es weiter unten treffend: Man tut ihm -und automatisch auch anderen Erfolgreichen- unrecht. So empfinde ich es auch und mag das eben nicht.


    Ob das jetzt für dich befriedigend ist, weiß ich nicht.


    Rest morgen. Ich muss ins Bett.


    Kalypso (überabeitete und momentan übermüdete Geschäftsfrau :grin)

  • Zitat

    Original von Friderike
    *spekulier*


    Also:
    Jakob Fugger hat zuviel Respekt vor seiner Frau, die - trotz seines Reichtums - einen höheren gesellschaftlichen Rang als Tochter einer Ratsfamilie hat. Deshalb fühlt er sich unterlegen und hat bei ihr Potenzprobleme.
    Bei anderen Frauen, wie bei Prostituierten oder seiner Mätresse fühlt er sich überlegen und kann daher seinen Gelüsten ungehindert nachgehen.


    :gruebel


    Könnte sein.... :gruebel


    Da bleibt mir nur zu sagen: :bruell ARMSELIG!



    EDIT: Übrigens, mir war gar nicht klar, WIE REICH an Geld er wirklich war:

    Zitat

    ...einer der reichsten Männer Europas mit einem Vermögen von über 2 Millionen Gulden. Dies entspräche heute ungefähr dem kumulierten Wert der drei größten Konzerne auf der Welt, also weit über eine Billion Euro.(Quelle: wikipedia)

  • Liebe Kalypso,


    an dem "beziehungsunfähig" bin ich Schuld. :-)
    So wird er aber meiner Meinung nach auch dargestellt.
    Ob dem so war und ob das richtig ist, keine Ahnung.
    Als Romanfigur ist er es in meinen Augen wirklich.


    Schlaf gut. :-)


    :wave

  • Zitat

    Original von milla


    Das ist enorm.
    Aber auch daran kann man erkennen, daß er ein guter Geschäftsmann war. Völlig wertungsfrei.


    Aus dem Buch ging ja auch hervor, daß er Politik machen konnte und diese Möglichkeiten auch nutzte. Sowohl in der Kirche als auch bei Maximilian.
    Da wird es schon kritischer: Er nutzte die Politik, um für sein Geschäft ein ideales Umfeld zu schaffen. Er hatte da sicher nur sein eigenes geschäftliches Wohl im Auge und nicht das Wohl der Allgemeinheit.
    Wobei es ja auch Theorien gibt, die besagen, daß jede Eigenwohlmaximierung zu einer Maximierung des gesellschaftlichen Wohlstandes führt. (Adam Smith/Liberalismus) *malsodahinstell*

  • Zitat

    Original von Friderike
    Wobei es ja auch Theorien gibt, die besagen, daß jede Eigenwohlmaximierung zu einer Maximierung des gesellschaftlichen Wohlstandes führt. (Adam Smith/Liberalismus) *malsodahinstell*


    Interessanter Ansatz... Funktioniert aber meiner Meinung nach auf den ersten Blick nur dann, wenn die Eigenwohlmaximierung jedem möglich ist, oder? :gruebel

  • Zitat

    Original von milla


    Interessanter Ansatz... Funktioniert aber meiner Meinung nach auf den ersten Blick nur dann, wenn die Eigenwohlmaximierung jedem möglich ist, oder? :gruebel


    Und dann auch nicht. Das Perpetuum mobile der Wirtschaft gibt es nicht.

  • Kalypso , das sehe ich ...fast...alles genauso wie Du. Deswegen habe ich mich auch gleich etwas gesträubt, nun umgekehrt von Dir mit Vorurteilen belegt zu werden :grin


    Hand drauf...war doch nur ein kleines Mißverständnis :knuddel1


    Zum Thema: hm, Peter Dempf schreibt in dem Thread "Fragen an Peter Dempf", dass Jakob Fugger quasi nur das Beiwerk war, um Sybilla Fugger besser darzustellen.
    Wie hier schon etwas anklang, finde auch ich, dass das dann nicht so doll gelungen ist. Mir bleibt sie auch etwas zu blaß...und - da muß ich nun Kalypso zustimmen - es werden durch den Roman eher die Vorurteile gegen manche mächtige Männer geschürt, wie man an mir wohl auch sieht.;-)


    Auf jeden Fall hatte ich mir von dem Roman mehr Hintergrundwissen-Vermittlung versprochen.
    Du kannst mir jedenfalls ruhig zugestehen, dass ich bestimmt nicht zu den Menschen gehöre, die sofort - ohne zu hinterfragen - alle Geschäftsleute und mächtigen Menschen in der Geschichte über einen Kamm schere.


    Mir ist durchaus bewußt, dass man gewiß einen gewissen Biss und sehr oft Ellenbogen im Übermaß benötigt, um etwas zu bewegen und von mir aus auch hehre Ideale und neue Ideen durchzusetzen, wie es ja auch bei dem Fugger-Roman anklingt (Verringerung der Machtausübung durch schlichte Willkür bei Kirche und König/Kaiser per Verlagerung auf die Marktwirtschaft).


    Allerdings denke ich schon manchmal, dass sich manche mit der Notwendigkeit dieses Bisses selbst etwas antun...und sei es auch nur, dass es sehr schwer wird für andere, hinter dieser harten und rauhen Schale den mit Sicherheit auch vorhandenen Gefühlsmenschen zu erkennen.


    Die Frage bleibt natürlich im Raum, ob das in Form eines Romans überhaupt möglich ist, jemandem völlig gerecht zu werden. :gruebel


    Mit freundlichen Grüßen
    Ikarus

  • Gehört zwar von der Seitenzahl her in den nächsten Thread, ich erwähne es aber trotzdem hier, weil es passt.


    Jakob Fugger, Seite 438: "Vielleicht habe ich im Laufe der Zeit tatsächlich den Menschen verloren, Sibylla. Wer herrschen möchte wie ein Monarch, der muss auf vieles verzichten."

  • Das ist eine sehr schöne Textstelle, Rosenstolz :-)


    Ich finde auch die Textstelle, wo Jakob Sybilla das alte Geschmeide anlegt und die Art, wie er das macht und wie Sybilla reagiert, sehr gut geschrieben und sehr bezeichnend dafür, dass es wohl immer das Schwerste überhaupt ist für Menschen, das richtige Gleichgewicht...eben die eigene Mitte...zu finden.


    Ich hoffe, ich komme heute noch ein gutes Stück weiter beim Lesen ... hab mir für heute wieder einmal ganz schön was vorgenommen :-( :-)


    :wave

  • :gruebel


    Ich versuche mal ein Zwischenfazit.


    Für mich -- das ist jetzt meine persönliche Ansicht -- bleibt dieser Roman auf einer Zwischenstufe zwischen "reiner" und anspruchsvoller Unterhaltung, aber nicht, indem bestimmte Eigenschaften beider zu einer Sysnthese gebracht werden, sondern nur durch Verzicht auf jeweils wohl als "negativ" empfundene Eigenschaften beider. Sprachlich gefällt er mir grundsätzlich sehr gut, allerdings finden sich zahllose unnötige und m.A.n. triviale Anachronismen und Modernismen ("Informationen" statt z.B. Kenntnisse" u.ä.), die mich persönlich stören.
    Die Erzählweise ist insgesamt sehr episodisch, wobei ich das eigentlich sehr mag, wenn zugleich die einzelnen Szenen miteinander verbunden werden, daß sich nicht nur eine Perlenkette, sondern ein Netz bildet. Hier stellt sich das Netz allerdings nicht recht ein; die Szenen sind aneinandergereiht wie kleine Einheiten, die das Ende der letzten Szene aufnehmen und ein Stück weiterführen. Erzähltechnisch erscheint mir das ein wenig sehr brav. Es stellt sich bei mir keine wirkliche Spannung ein. Ich kann das Buch immer sehr leicht weglegen.


    Abgesehen von Sibylla wird auf die Figuren, speziell ihr Innenleben, nicht sonderlich eingegangen. Eigentlich geschieht das nur in Beziehung zu Sibylla und Fugger. (Nachtrag:) Ich sehe das grundsätzlich eher positiv, da auch ich subjektive Erzählhaltungen als Leserin und als Schriftstellerin bevorzuge.
    In den Szenen mit Fugger wird das m.A.n. allerdings zum Problem, denn im Gegensatz zu Sybilla gewinnt er kein wirkliches Profil.
    Bei beiden fehlt mir die Schlüssigkeit ihres Handelns; für einen Unterhaltungsroman ist die Schilderung ihrer Beweggründe zu dürftig, für einen anspruchsvollen fehlt die charakterliche Tiefe. An Sibylla z.B. scheint der sexuelle Mißbrauch spurlos vorübergegangen zu sein. Das erachte ich als wenig glaubwürdig. Die Folge eines solchen Traumas muß ja keineswegs ein sexuelles Problem sein, aber mit einer gestörten Bindungsfähigkeit (Klammern oder Mißtrauen bzw. Unfähigkeit zu vertrauen, Angstzustände) wäre m.A.n. zu rechnen.


    Ich bleibe dabei: Abgesehen von ein paar ungewöhnlichen Formulierungen und gelegentlichen Doubletten sehr schön geschrieben, aber mit der Erzählstruktur und Figurenzeichnung habe ich Probleme ...

  • Seh ich vielfach ähnlich wie Du, Iris...außerdem finde ich es etwas schade, dass sich Peter Dempf nicht so stark beteiligt an der Leserunde :-(


    Ich hoffe, wir haben ihn nicht allzu sehr verschreckt? Das fänd ich schade.


    Zitat

    Original von Iris
    An Sibylla z.B. scheint der sexuelle Mißbrauch spurlos vorübergegangen zu sein. Das erachte ich als wenig glaubwürdig. Die Folge eines solchen Traumas muß ja keineswegs ein sexuelles Problem sein, aber mit einer gestörten Bindungsfähigkeit (Klammern oder Mißtrauen bzw. Unfähigkeit zu vertrauen, Angstzustände) wäre m.A.n. zu rechnen.


    Hm...zu dem Punkt erschien es mir so, als sei sich Sybilla selbst nicht so ganz im Klaren, was da eigentlich passiert war...und ob überhaupt. Vielleicht stand sie auch unter Drogen?


    Jedenfalls: Ihre Fähigkeit, irgendwas zu verdrängen, was sie nicht sehen will, scheint enorm gewesen zu sein.


    Der einzige richtige Ausbruch: als der Lebzelter gerädert wurde.

  • Ich habe zwar die weitere Diskussion einigermaßen überflogen, komme aber nicht dazu meine Gedanken zu Ende zu bringen, geschweige denn, sie in die Tasten zu hauen.


    @ Ikarus: Okay, Missverständnisse :knuddel1



    Zitat

    Original von Ikarus
    Die Frage bleibt natürlich im Raum, ob das in Form eines Romans überhaupt möglich ist, jemandem völlig gerecht zu werden. :gruebel
    Ikarus


    Wobei sich mir die Frage stellt, ob man das überhaupt muss?
    Und: Ist denn diese lückenhafte Darstellung gerecht?



    Viele Grüße
    Kalypso

  • Zitat

    Original von Kalypso


    Wobei sich mir die Frage stellt, ob man das überhaupt muss?
    Und: Ist denn diese lückenhafte Darstellung gerecht?


    Viele Grüße
    Kalypso


    Müssen wohl nicht, aber ich tue das offenbar genauso gern wie Du, Kalypso. Nicht immer, aber immer öfter. :knuddel1


    Zur zweiten Frage: Du meinst das vorliegende Buch?
    Hm...auf jeden Fall hat es bei mir die Neugier auf mehr Bücher über die Fugger und die Zusammenhänge hervorgerufen. Die Frage ist, ob ein Buch nicht im Prinzip sogar genau das bewirken soll?

  • Ich glaube, ich verstehe zumindest die erste Antwort von Ikarus auf Kalypsos Frage nicht. :gruebel


    Was mich interessiert hätte:
    Ursprünglich waren da die Weber. Viele Weber. Jeder kaufte selbst seine Wolle ein und veräußerte selbst sein gewebtes Tuch. Irgendwann erhob sich jemand aus der Familie der Fugger und kaufte für andere mit ein und veräußerte für andere Weber das Tuch. Offenbar erfolgreich.
    Am Anfang gab es doch Chancengleichheit, d.h. es hätte jeder andere Weber die Chance gehabt, wie die Fugger zu verfahren. Was gab den Fuggern diesen Vorsprung? Glück, Geschäftssinn, Klugheit, Pragmatismus?
    Was hatten die Fugger, was der durchschnittliche normale Weber nicht hatte?